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Während die solare Stromerzeugung in aller Munde ist, fristet die Sonnenwärme in der Öffentlichkeit ein Schattendasein.

Was ist los mit der Solarwärme?

Während die solare Stromerzeugung in aller Munde ist, fristet die Sonnenwärme in der Öffentlichkeit ein Schattendasein. Ursache sind neben hohen Preisen fehlende und falsche Informationen. Dabei gibt es mehr Sonnenwärme als Photovoltaik-Anlagen auf Deutschlands Dächern. Ein Viertel des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs wird von Haushalten für die Wärmeerzeugung verbraucht. Dies könnte größtenteils die Sonne übernehmen.

(25. September 2013) Diesen Monat habe ich mich beim Ablesen aller Zählerstände im Haus gefreut. Die Energiemenge von hundert Litern Öl hat die Solaranlage geliefert und damit den Gaskessel für einen ganzen Monat stillstehen lassen. Bevor das Haus wärmegedämmt und die große Solaranlage montiert wurde, gab es auch in den Sommermonaten einen Gasverbrauch von 70 kWh täglich. Doch mit meiner Freude stehe ich allein, denn kaum jemand kann die Zahl glauben und richtig einordnen. Deshalb hier nochmal die Grundlagen für den Unterschied zwischen Sonnenwärme und Sonnenstrom.

425 Zeitungsannonce in USA um 1892

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Sonnenwärme und Sonnenstrom

Es gibt zwei physikalisch grundverschiedene Arten der Sonnenenergienutzung. Beide sind sinnvoll und notwendig. Die Unterschiede zwischen Solarthermie und Photovoltaik erklärt Prof. Timo Leukefeld:

Solarthermie nutzt die Sonnenstrahlen, um Wasser zu erwärmen, um damit zu duschen oder zu heizen. Solare Wärmeenergie nutzt man vorzugsweise dort, wo sie gewonnen wird, denn Wärme lässt sich besser speichern als transportieren (bei der Elektrizität ist es umgekehrt). Für Altbauten wird die Anlagenanschaffung durch einen Zuschuss gefördert. Die Förderung spielt bei Sonnenwärme kaum eine Rolle: Nur ein Viertel aller Anlagen werden gefördert. Und nur 1,4 Prozent aller Verbraucher wissen von der Fördermöglichkeit.

Photovoltaik verwandelt in Modulen Sonnenenergie zu elektrischem Strom; er wird selbst verbraucht oder gegen Vergütung ins Netz eingespeist. Der erzeugte Strom erhält eine garantierte Vergütung über 20 Jahre, die aber geringer ist, als der Strombezug aus dem Netz kostet. Deshalb lohnt sich Eigenverbrauch.

Wärme lässt sich viel einfacher und günstiger speichern als Strom: Etwa 40 Euro je Kilowattstunde kostet ein wenige Tage überbrückender Wärmespeicher, ein Stromspeicher kostet zwischen 1.000 und 3.000 Euro je Kilowattstunde.

Mehr Sonnenwärme- als PV-Anlagen

Im Neubau setzt sich die Sonnenwärme langsam als Stand der Technik durch: Bereits 20 Prozent aller Neubauten nutzen Sonnenwärme – das waren im Jahr 2011 über 20.000 Anlagen. Insgesamt waren 2011 etwa 1,7 Millionen Solarwärmeanlagen installiert (PV-Anlagen: 1,6 Millionen 2013), etwa zwei Drittel davon zur reinen Trinkwassererwärmung. Sie stellten 5,6 Terawattstunden an Wärme bereit. Insgesamt waren 2009 in etwa neun Prozent aller bestehenden Wohngebäuden solarthermische Anlagen installiert, in etwa 12 Prozent aller Ein- und Zweifamilienhäuser und nur in drei Prozent aller Mehrfamilienhäuser. Der Anteil der Sonnenwärme an der Bereitstellung von Wärme aus erneuerbarer Energie liegt aber nur bei rund vier Prozent, 86 Prozent entfallen auf Biomasse (Quelle: Erfahrungsbericht Erneuerbare-Wärme-Gesetz, Bundestagsdrucksache 17/11957).

Die installierte Kollektorfläche steigt laut diesem Bericht Jahr für Jahr stetig an. Zwischen 1995 und 2000 verdreifachte sich die Anlagenzahl innerhalb von fünf Jahren: Der rasche Zuwachs in diesen Jahren ist sicherlich nicht zuletzt auch dem Phönix-Projekt des Bundes der Energieverbraucher e.V. geschuldet: Es halbierte seinerzeit die Anlagenkosten für Verbraucher und machte die Anlage damit erschwinglich.

425 Funktion einer Sonnenwärme- Anlage

Zukunftsvisionen

Das Potential der Solarwärme ist noch lange nicht ausgeschöpft. Durch Solarwärmeanlagen lassen sich theoretisch bis zu 80 Prozent des Heizwärme-Endverbrauchs eines Haushalts decken, insbesondere im Neubau. Das Kompetenzzentrum Solar der Fachhochschule Trier schätzt, dass langfristig 30 bis 40 Prozent des Heizwärmeverbrauchs durch Solarthermie abgedeckt werden sollten. Derzeit sind es 0,4 Prozent.

Wirtschaftlichkeit

Kleine Warmwasseranlagen erwärmen Warmwasser schon heute zu Kosten, die dem Gaswärmepreis entsprechen. Größere Anlagen, die auch zur Heizungsunterstützung dienen, sind meist noch unwirtschaftlich. Bei steigenden Heizöl- und Gaspreisen verbessert sich die Wirtschaftlichkeit der Solarthermie. Nachholbedarf gibt es besonders bei Mehrfamilienhäusern. Solares Wärme-Contracting sollte systematisch entwickelt werden.

Sonnenwärme oder PV plus Wärmepumpe?

Wärmepumpe und PV sind keine Alternative zur Solarthermie, solange es nicht überwiegend erneuerbaren Strom im Netz und keine saisonalen Speicher für überschüssigen Strom gibt. Wärmepumpen benötigen Strom im Winter, also wenn PV-Anlagen kaum Strom liefern. Dann steht allerdings auch eine Sonnenwärme-Anlage meist still.

Saisonale Speicher notwendig

Weil 75 Prozent der Solarstrahlung im Sommerhalbjahr anfallen, der Wärmebedarf jedoch zu 80 Prozent im Winterhalbjahr liegt, sind Langzeitspeicher wichtig – sowohl für Sonnenwärme als auch für PV-Anlagen. Größere Kollektoren und Speicher erhöhen zwar den Deckungsgrad, verschlechtern aber die Wirtschaftlichkeit. Das gilt auch für Nahwärmenetze mit Saisonspeichern. Seit Jahrzehnten entwickelt man an besseren Speicherkonzepten (Latentwärmespeicher, chemische Speicher, Sorptionsspeicher), marktreife Produkte gibt es noch nicht. Hier ist mehr Forschung und Förderung notwendig.

Einbruch in Deutschland

Im Jahr 2012 ging der Inlandsmarkt für Solarwärme um knapp zehn Prozent zurück. Der Trend im Neubau geht derzeit klar zur Wärmepumpe. Auch die anderen regenerativen Wärmetechnologien können die derzeit bestehende Solarwärme-Lücke nicht kompensieren. Anstatt die finanziellen Mittel zu erhöhen, um den Ausbau der Solarwärme zu beschleunigen, wird die Förderung der erneuerbaren Wärme im kommenden Jahr um acht Prozent auf 374 Millionen Euro gekürzt, da von einem weiteren Rückgang der Mittel aus dem Energie- und Klimafonds auszugehen ist.

Im EU-Vergleich rangiert Deutschland beim Pro-Kopf-Zubau 2012 nur auf dem sechsten Platz, deutlich abgeschlagen hinter Zypern, Österreich, Griechenland, Dänemark und Malta. Jährlich werden in Deutschland 115.000 Quadratmeter Kollektorfläche montiert. In China waren es 2012 64 Millionen Quadratmeter, fast tausend Mal mehr als in Deutschland. Selbst pro Kopf bleibt Deutschland weit hinter China zurück, wobei in China im Gegensatz zu Deutschland die weit effizienteren Vakuumröhrenkollektoren überwiegen. Bei PV schneidet Deutschland im Vergleich mit China nicht viel besser ab.

Dänemark geht einen anderen Weg: Seit Anfang 2013 ist dort der Einbau von Öl- und Erdgasheizungen untersagt. Ab 2016 werden auch die Altbauten umgestellt. Bis 2050 will man völlig ohne fossile Energie auskommen und der Heizwärmebedarf soll um 40 Prozent zurückgehen. 80 Prozent davon soll aus solarer Nah- und Fernwärme kommen. Dadurch wuchs der dänische Solarwärmemarkt schon 2012 um 81 Prozent.

Die Kostenfalle

Die Produktionskosten für Solarkollektoren sind seit 1995 auf ein Viertel gesunken. Jede Verdoppelung der Kollektorflächen reduziert die Kosten um 23 Prozent (Hüttmann, Sonnenenergie 4/2013). Zwar sind die Anlagenkosten je Quadratmeter Kollektorfläche zwischen 1994 und 2000 gesunken (Phönix-Effekt) und lagen 2006 bei 800 Euro einschließlich Mehrwertsteuer und Montage. Seither steigen die Anlagenpreise aber wieder an. Sie liegen derzeit bei rund 1.000 Euro.

50 Prozent des Preises für eine Solaranlage mit Heizungsunterstützung entfällt auf das Handwerk, bei einfachen Warmwasseranlagen ist der Anteil sogar noch höher. 34 Prozent streicht der Handwerker als Provision nur für den Weiterverkauf ein (Solarthemen August 2013). Die reinen Materialkosten machen nur 25 Prozent des Anlagenpreises aus. Der Großhandel verdient 12 Prozent, die Montage schlägt mit 16 Prozent zu Buche.

Günstiger selbst einkaufen

Wer also die Komponenten im Internet selbst günstig beschafft oder erfolgreich mit seinem Installateur verhandelt, der kann den Anlagenpreis drastisch reduzieren. Mit den hohen Preisen bremst die Branche den Absatz und steht sich selbst im Weg. Insbesondere der bei Heizungen und Bädern übliche dreistufige Vertriebsweg (Hersteller – Großhändler – Handwerker) treibt die Kosten in die Höhe und verhindert günstige Preise. Diese heilige Kuh, an der alle Beteiligten der Branche bestens verdienen, wird wohl erst fallen, wenn die Verbraucher aufwachen und deutlich günstigere Beschaffungswege wählen.

Verbraucherschutz durch Sonnenwärme

Ein – allerdings unzureichender – politischer Ansatz ist das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, das seit 2009 für Neubauten die Nutzung erneuerbarer Wärme vorschreibt, einschließlich Wärmepumpe und Biomasse. Deutsche Solarverbände fordern ein Vergütungsprogramm für erneuerbare Wärme, wie es als RHI (Renewable Heat Incentive) 2011 in Großbritannien eingeführt wurde. Finanziert werden soll das Programm haushaltsunabhängig durch eine Prämie je verkaufter Einheit fossiler Energie.

Die Misere der Solarthermie ist schlecht für die Verbraucher und die Energiewende. Die Heizkosten belasteten schon jetzt den Bürger sehr viel stärker als etwa der Strompreis. Heizungen auf Basis von erneuerbarer Energie könnten die Bürger vor der Heizkostenexplosion wirksam schützen

letzte Änderung: 19.07.2023