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Neue Energie - November 2002 - Vorsicht vor falschen Zahlen

Bundesverband WindEnergie will mit neuem Anlegerinfo für mehr Transparenz auf dem Kapitalmarkt sorgen

Papier ist geduldig - und vor allem unschuldig. Auch das, auf dem die Neue Energie gedruckt wird, in der im März 2000 zu lesen war:
"Der Windpark Himmelreich ist ein Beispiel dafür, wie eine private Initiative für den Einsatz von Windenergie in ein erfolgreiches Projekt münden kann."
"Vor knapp einem Monat hat die Windenergieversorgung GmbH & Co Windpark Himmelreich KG Insolvenz beim Amtsgericht Coburg angemeldet".

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Energie durch Wind!

Gefragt, warum nach den beiden Anlagen in Windischeschenbach (Neue Energie 8/2001) nun bereits der zweite Windpark im Nordosten Bayerns Schiffbruch erlitten hat, sagt Planer und Geschäftsführer Franz Baier: "Uns hat der Wind gefehlt, den ich auch nicht herbei zaubern kann."
Rund 3,1 Millionen Kilowattstunden sollten die beiden AN-Maschinen mit jeweils 600 Kilowatt Leistung sowie die eine Ein-Megawatt-Mühle der Bremer Windschmiede, die zusammen Anfang Oktober 1998 in Steinbach am Wald (Landkreis Kronach) ans Netz gingen, nach dem Beteiligungsprospekt jährlich produzieren - was auch schon nicht gerade viel ist.
Doch es kam noch schlimmer: Durchschnittlich lag der Jahresertrag nur bei etwa 1,9 Mio. kWh. Finanziert worden ist das 4,4-Millionen-Mark-Projekt aber auf Basis der vermeintlich knapp 40-prozentig höheren Windernte.

Franz Grießl, der Beiratsvorsitzende der Betreibergesellschaft, hat nach eigenen Worten schon lange vor der Katastrophe gewarnt: "Schon nach dem ersten Betriebsjahr zeichnete sich die Schieflage ab, da den Aufwendungen von 440.000 Mark für Zinsen und Tilgung nur Einnahmen von etwa 300.000 Mark durch den Stromverkauf gegenüberstanden."

Grießl, der in Bamberg mit seinem Ingenieurbüro vor allem Photovoltaikanlagen plant und aufbaut, wirft Geschäftsführer Baier "Versagen und Verschleppung" vor.
Baier selbst hält dem Beirat eine langjährige Obstruktionspolitik vor: "Mehrmals habe ich seit dem Jahr 2000 das Gremium um ein Nachschießen neuer Gelder gebeten, um den Windpark Himmelreich umzufinanzieren."

Das Zerwürfnis zwischen ihm und dem Beirat ist tief: "Die Herrschaften wollten an mir vorbei die Anlagen verkaufen. Wie es aussieht, wird wohl ein Gericht klären müssen, wer die Insolvenz des Windparks zu verantworten hat." Ihm könne niemand vorhalten, den Windpark bewusst in die Pleite geführt zu haben, da er mit rund 290.000 Mark an dem Projekt beteiligt ist.

Auch bei Franz Grießl ist die Verbitterung groß: "Von Baier haben wir seit Jahren falsche Liquiditätsvorschauen bekommen." Ihn ärgert nicht nur, dass 56 Kommanditisten ihre Einlagen von insgesamt rund 1,1 Millionen Mark in den Wind schreiben können: "Auch die Gemeinde Steinbach war mit einer kleinen Einlage an dem Windpark beteiligt. Windkraft ist nicht nur dort zum roten Tuch geworden, auch im gesamten Landkreis Kronach wird sich beim Ausbau nichts mehr tun." Grießls sarkastische Reaktion nach dem Insolvenzantrag: Den Rücken der Aktenordner, in denen er bislang seine Unterlagen über den Windpark Himmelreich sammelte, hat er umbeschriftet: Statt "WiWi Himmelreich" steht da jetzt "Lehrgeld".

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Von den Vorgängen in Oberfranken ist Peter Ahmels geschockt: "Wir müssen alles tun, damit sich so etwas künftig nicht wiederholt." Der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie (BWE) hat deshalb zusammen mit dem im Februar 2002 gegründeten Anlegerbeirat die Neuauflage der Broschüre "Mit einer grünen Anlage schwarze Zahlen schreiben" erarbeitet, die nun rechtzeitig zum Jahresendgeschäft des Fondsvertriebes in aktualisierter Version vorliegt (siehe Kasten):

Auf das wachsende Interesse an der Kapitalanlage Windkraft-Fonds reagiert der Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) mit einer Neuauflage der Broschüre "Mit einer grünen Anlage schwarze Zahlen schreiben". Denn wie bei jeder anderen Geldanlage, so sind auch für die erfolgreiche Beteiligung an einem Windfonds Hintergrundwissen und unhängige Informationen wichtig und notwendig.

Der BWE hat deshalb für alle Kapitalanleger, die sich an einem Windfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG beteiligen wollen, alle wichtigen Tipps zusammengestellt. Die Broschüre enthält dabei erstmals eine leicht verständliche Checkliste mit den wesentlichen Entscheidungskriterien, mit der jeder private Investor einzelne Projekte miteinander vergleichen kann. Dabei sind die angegebenen Werte Empfehlungen, die auf langjährigen Erfahrungen basieren.
Es wird aber immer wieder Einzelfälle geben, bei denen es abzuwägen gilt, ob nicht eine andere Bewertung vorgenommen werden muss.

Die Checkliste wendet sich in erster Linie an interessierte Laien und Privatanleger, die noch nicht über Detailkenntnisse für Windpark-Beteiligungen verfügen. Um eine möglichst praktische Handhabung zu gewährleisten, beschränkt sich diese Checkliste bewusst auf die wesentlichen Aspekte eines Beteiligungsangebotes. Die Liste soll nicht zu einer abschließenden Gesamtbewertung des Beteiligungsangebotes führen oder gar ein "Prüfsiegel" im Sinne einer Empfehlung darstellen. Es handelt sich um ein erstes summarisches Prüfschema, das in keinem Falle eine individuelle rechtliche und steuerliche Beratung ersetzt.

"Wir haben alle Punkte, die für Anleger zu einem Problem werden könnten, aufgelistet und bewertet. So wird das Risiko für von der Windkraft begeisterte Anleger überschaubarer."

Zu den grundsätzlichen Überlegungen des BWE sagt Ahmels: "Die Anleger müssen sich auf Chancen und Risiken einstellen können. Dabei haben wir als Branchenverband in erster Linie im Auge, dass für das übergeordnete Ziel - nämlich den Ausbau der erneuerbaren Energien - auch weiter Geld in Milliardenhöhe benötigt wird. Das kann nur dann eingeworben werden, wenn die Branche insgesamt überzeugende, auf Langfristigkeit ausgelegte, seriöse Angebote macht."

Der BWE-Mann hat recht: Nach derzeitigen Erkenntnissen sollen in den nächsten acht Jahren etwa 11,7 Milliarden Euro in Windpark-Projekte an Land und auf See investiert werden. Dies ergibt bei einer Eigenkapitalquote von durchschnittlich 30 Prozent und einer üblichen Zeichnungssumme von 12.500 Euro nicht weniger als 274.000 Kapitalanleger im Bereich der Windenergie.

Für den bundesweit größten Verband im Bereich der erneuerbaren Energien ist das neue Anlegerinfo deshalb auch eine Vorwärtsstrategie. Obgleich private Kleinanleger mittlerweile Milliardenbeträge als Kommanditkapital in Immobilien-, Schiffs-, Flugzeugleasing-, Medienfonds und seit einigen Jahren auch zunehmend in Windkraft investieren, fehlt bis heute ein wirkungsvoller Anlegerschutz. Denn ob strengere Richtlinien für Wirtschaftsprüfer oder das so genannte Vierte Finanzmarktförderungsgesetz, das mit Wirkung vom 1. Juli dieses Jahres in Kraft getreten ist, tatsächlich zu mehr Anlegerschutz führen, ist zumindest zweifelhaft.
Fakt ist vielmehr, dass ein bedeutender Teil des inländischen Kapitalmarktes, nämlich der gesamte Bereich der so genannten Publikumsgesellschaften in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, von diesen Regelungen überhaupt nicht erfasst wird - genau die Konstruktion, die für Windfonds in der Regel gewählt werden.

Dazu Peter Ahmels: "Mehr Transparenz im "grauen Kapitalmarkt", zu dem auch Beteiligungen bei Windfonds zählen, und eine umfassende Informationen des Anlegers sind für uns allemal eine effektivere Möglichkeit des Anlegerschutzes als die nachträgliche, oft schwierige gerichtliche Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen."

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Mit Kapital aus Wind in den Wind!

So hat das Landgericht Oldenburg unlängst einem enttäuschten Anleger Recht gegeben und verurteilte erstmals Initiatoren eines Windfonds in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung auf der Grundlage so genannter Prospekthaftungsansprüche zur vollständigen Rückabwicklung der Kommanditbeteiligung (Neue Energie 10/2002).

Bei diesem einen Fall dürfte es nicht bleiben: Nach Informationen des Juristischen Beirates im BWE sind mindestens ein halbes Dutzend ähnlicher Gerichtsprozesse in nächster Zeit zu erwarten.
Gleichwohl dürften Prospekthaftungsansprüche ebenso wenig wie die Vorschrift des Kapitalanlagebetruges im Strafgesetzbuch (§ 264a StGB), die bereits im Jahre 1986 in Kraft trat, ein effektives Instrumentarium des Anlegerschutzes darstellen. Aber selbst die Durchsetzung von Prospekthaftungsansprüchen ist mit erheblichen Prozessrisiken und -kosten verbunden.
BWE-Präsident Ahmels: "Wir brauchen aber den grauen Kapitalmarkt, um den Windkraft-Ausbau zu forcieren. Das schaffen wir aber nur, wenn die Renditeerwartungen und Risken einer Windfonds-Beteiligung in Einklang gebracht werden können." Sollte das nicht der Fall sein, drohen die privaten Kapitalanleger in andere (vermeintlich) sichere Anlageformen abzuwandern.

Das neu aufgelegte BWE-Anlegerinfo gibt insgesamt sieben konkrete Empfehlungen, die die potenziellen Windfonds-Zeichner beachten sollten, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Dabei legen die Autoren des BWE-Anlegerbeirates großen Wert auf eine korrekte und vorsichtige Berechnung des Windertrages.

"Das ist das A und O für alle weiteren Berechnungen", sagt deren Sprecher Jens-Peter Wolters (siehe Interview).
Das Anlegerinfo gibt außerdem Orientierungswerte für die Höhe der Investitions- und Betriebskosten bei einem Windpark, um den Lesern so die Hintergründe einer Renditeberechnung zu erklären. Diese Daten basieren auf einem gemeinsamen Gutachten des BWE und des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (Neue Energie 6/2002).

Das wichtigste Ergebnis dieser Expertise, das die Fachleute vom Deutschen Windenergie-Institut in Wilhelmshaven errechnet haben: Über 20 Jahre gesehen liegen die Ersatzinvestitionen für Windturbinen bei rund 54 Prozent - ein Wert, der sich so in kaum einem Anbieterprospekt findet.

Erstmals enthält die Broschüre auch eine übersichtliche Check-Liste, die eine erste summarische Prüfung eines Beteiligungsangebotes möglich macht. Das Prüfschema ersetzt jedoch keinesfalls eine individuelle Beratung durch einen branchenerfahrenen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer.

Geld in den Wind investieren!
Anlegerinfo mit Checkliste soll Investoren die Entscheidung erleichtern

Hier auf einen Blick die sieben Tipps für ihre Beteiligungen:

  1. Prüfen Sie genau, auf welcher Basis das Windpotenzial für den Windpark-Standort ermittelt worden ist. Greifen Sie zum Taschenrechner, um nachzuprüfen, ob der Netto-Energieertrag korrekt berechnet worden ist. Achten Sie darauf, dass der Fondsanbieter bei der Berechnung des prognostizierten Windertrages ausreichende Sicherheitsabschläge für die verschiedenen Risiken berücksichtigt hat.
  2. Ermitteln und vergleichen Sie die so genannten spezifischen Investitionskosten des Windpark-Projektes. Berücksichtigen Sie dabei alle für die Investitionen notwendigen Aufwendungen wie Agio oder sonstige Kosten der Beteiligung. Setzen Sie die spez. Investitionskosten des Windparks ins Verhältnis zum Netto-Energieertrag und zur install. Leistung in MW.
  3. Prüfen Sie, ob der angegebene Zeitpunkt für die Inbetriebnahme des Windparks realistisch ist, wobei Sie den Fondsanbieter nach möglichen Verzögerungsrisiken fragen sollten. Entsprechen die Betriebskosten über den Prognosezeitraum den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und ist mit einer konservativen Preissteigerungsrate gerechnet worden? Betrachten Sie auch das Verhältnis der Investitions- und Betriebskosten in den verschiedenen Prospekten.
  4. Beachten Sie nicht nur die Rendite nach dem so genannten internen Zinsfuß. Das so ausgewiesene Ergebnis kann durch Einzeleffekte eine zu optimistische Wirtschaftlichkeit vorspiegeln. Prüfen Sie deshalb auch die Gesamthöhe der Ausschüttungen und gegebenenfalls den Zeitpunkt, wann Sie nach den Planrechnungen des Prospektes Ihr eingesetztes Kapital zurückerhalten haben.
  5. Lesen Sie den Gesellschaftsvertrag. Prüfen Sie insbesondere, welche Rechte Sie als Kommanditist haben, welche Rechte und Pflichten die Geschäftsführung hat, und ob Sie Ihre Beteiligung übertragen können oder nicht. Achten Sie auf ausreichende Aufsichts- und Kontrollrechte, eventuell auch über die Gründung eines Beirates.
  6. Fordern Sie beim Fondsinitiator eine Prospektbeurteilung durch einen Wirtschaftsprüfer nach dem IDW Standard sowie aussagefähige Leistungsbilanzen an.
  7. Prüfen Sie das Gesamtkonzept insbesondere bei der Mittelverwendungskontrolle, der Eigenkapitalsicherheit, der Bonität und Erfahrung der Vertragspartner. Lassen Sie sich bei Unklarheiten vor Unterzeichnung einer Beteiligung von einem branchenerfahrenen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer auch im Hinblick auf die individuellen steuerlichen und rechtlichen Konsequenzen beraten

Dass der BWE "windige" Prospekte und Fondsinitiatoren ins Visier nimmt, ist ganz im Interesse von Reinhard Ernst: "Die Rendite, die bei den Fonds zu erwarten ist, steht in keinem Verhältnis zu dem Risiko, auf das sich die Anleger meist unbewusst einlassen." Der Mann aus Diepholz hat so seine Erfahrungen gemacht. Als Beiratsvorsitzender des Windparks Nordleda (Landkreis Cuxhaven) kämpft er seit Monaten mit der Energiekontor-Gruppe um Schadensersatzzahlungen, da der Stromertrag der zehn Anlagen infolge von diversen Fehlern weit unter den ausgewiesenen Berechnungen liegt:
"Viele Anleger durchblicken gar nicht, wie verschachtelt und eng bei einem Windfonds oft das Verhältnis zwischen dem Initiator, der Geschäftsführung der Betreibergesellschaft und selbst mit den beauftragten Windgutachtern ist." Gnadenlos würden einige Fondsanbieter die "positive Grundstimmung vieler Privatanleger zur Windkraft ausnutzen, was mich wütend und traurig zugleich macht."

Er selbst würde heute nicht mehr den Fehler aus Anfangstagen machen und gleich einen größeren Betrag wie bei Nordleda in ein einziges Projekt investieren. Ernst hat sich jüngst mit 5.000 Euro am Windpark Bimolten in der Grafschaft Bentheim beteiligt, in dem im Sommer der BWE den Durchbruch der 10.000-Megawatt-Marke bei der installierten Windkraft-Leistung feierte (Neue Energie 9/2002): "Ich bin nicht nur dahin gefahren, um mir alles genau anzugucken. Den Prospekt habe ich sehr gründlich analysiert und gesehen, dass die Leute sehr konservativ kalkuliert haben."

Neu kalkuliert, und zwar nach hausinternen Qualitätskriterien, seit kurzem auch das Grüne Emissionshaus GmbH seine Fonds. Die Freiburger waren Anfang Oktober in einem Beitrag des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus an den Pranger gestellt worden. Das Autoren-Duo des Bayerischen Fernsehens hatte als eines der Negativbeispiele vor allem den sächsischen Windpark Bockelwitz gezeigt, den die Breisgauer vertrieben hatten. Dort wird auf Dauer wohl die Stromproduktion um 10 bis 15 Prozent hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Marcus Brian, Sprecher des Emissionshauses: "Das trifft aber nicht im gleichen Umfang auf die Rendite zu, da die höhere Stromvergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und niedrigere Zinsen für das Fremdkapital einen Teil der Mindereinnahmen kompensieren."

581 Kinder auf einer Wiese, Pusteblumen

Für das kommende Jahr ist geplant, in Bockelwitz eine weitere Mühle aufzustellen, um die "Ertragssituation spürbar zu verbessern." Bauherr der neuen Anlage soll die Fondsgesellschaft sein, die durch das Grüne Emissionshaus vertreten wird.

Da auch in drei weiteren, älteren Parks die Winderträge hinter Plan liegen, sehen die neuen Qualitätskriterien der Freiburger mindestens zwei Windgutachten sowie "eine Verifizierung der Windgutachten durch Messungen am Standort oder den Abgleich mit benachbarten Windenergie-Anlagen" vor.

Marcus Brian: "Bei unserem aktuellen Projekt Wansleben am See beruht die Ertragsprognose sogar auf vier Windgutachten und Windmessungen am Standort. Außerdem hat uns der Generalunternehmer eine Ertragsgarantie gegeben." Als "ersten Schritt in die richtige Richtung" bewertet BWE-Präsident Ahmels solche Anstrengungen à la Emissionshaus: "Es kann nicht im Interesse der Windkraft-Branche sein, dass einige wenige unseriöse Unternehmen und Anbieter für Negativschlagzeilen sorgen."

Solche Schlagzeilen hofft die Osnabrücker BWE-Zentrale mit dem aktualisierten Anlegerinfo künftig zu vermeiden. Da zahlreiche BWE-Beiräte und -Regionalverbände an der zweiten Auflage beteiligt waren, ist sich Ahmels sicher: "Das Werk wird sich zum Branchenstandard entwickeln - wer sich nicht an die Empfehlungen und die geforderten Standards hält, kickt sich selbst aus dem Markt."

"Neue Standards werden gesetzt"
Interview mit Jens-Peter Wolters vom BWE-Anlegerbeirat


Neue Energie: Rechtzeitig zum Jahresendgeschäft veröffentlicht der Bundesverband WindEnergie die zweite Auflage des Anlegerinfos, das in Teilen völlig überarbeitet worden ist. Warum?
Jens-Peter Wolters: Nach dem bundesweit großen Erfolg der ersten Auflage sehen wir uns selbst in der Pflicht, die Informationen für die Windkraft-Freunde und Branchenpartner stets zu aktualisieren. Seit dem August 2001, als "Mit einer grünen Anlage schwarze Zahlen schreiben" zum ersten Mal erschien, hat sich einiges in und um die Windbranche getan. Bei dieser rasanten Dynamik wollen wir auch künftig stets aktuell auf die Marktentwicklungen reagieren.

NE: Woran denken Sie da?
Wolters: Nicht nur die Steuergesetze ändern sich ständig, was auch Auswirkungen auf die Fondsangebote hat. Im Windsektor stehen wir mit den ersten Auslandsprojekten deutscher Initiatoren und den künftigen Offshoreparks vor neuen Herausforderungen. Diese Aktivitäten, aber auch die noch vielen zu realisierenden Standorte im Binnenland, erfordern solch große Kapitalvolumina, dass fachkundige, neutrale Informationen zu solch einer Geldanlage unverzichtbar sind.

NE: Besteht denn wirklich die Notwendigkeit für eine Beratungsbroschüre wie das Anlegerinfo oder sind Windpark-Beteiligungen nicht längst ein alter Hut?
Wolters: Nein, die Bereitschaft von Bundesbürgern, ihr Geld in Windfonds anzulegen, wächst weiter. Viele Kapitalanleger wechseln aus Aktien, aus Schiffs- und Immobilienfonds in die Windkraft. Da ist ein großer Informationsbedarf vorhanden.

NE: Sind die Rechte der Kapitalgeber bei Windfonds nicht durch ein jüngstes Urteil des Landgerichtes Oldenburg gestärkt worden, das einen Initiator zur Rückabwicklung einer Beteiligung verurteilt hat (Neue Energie 10/2002)?
Wolters: Grundsätzlich begrüße ich dieses Urteil, da die Branche aufwacht. Diese Gerichtsentscheidung bekräftigt im wesentlichen die seit Jahren gängige Rechtssprechung zur Prospekthaftung. Wir haben es jetzt mit dem ersten Urteil dieser Art zu tun, dass die Windszene betrifft. Es konkretisiert die Prospektpflichten speziell für Windpark-Beteiligungen. Bislang hatten viele Beteiligte in der Windszene gehofft, dass es so etwas nicht geben würde. Das Urteil erinnert an die Verpflichtung der Projektierer und Initiatoren, die potenziellen Geldgeber über Chancen und Risiken bei Windpark-Beteiligungen aufzuklären. Hätte in dem vorliegenden Fall der Prospekt dem Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland (IDW) entsprochen, wäre es meines Erachtens zu keiner Verurteilung wegen Prospekthaftung gekommen. Aber auch ein Prospekt nach IDW-Standard ist keine Gewähr gegen eine finanzielle Bruchlandung.

NE: Erwarten Sie, dass der BWE mit diesem neuen Anlegerinfo in eine Art von Stiftung Warentest für Windfonds hineinwächst?
Wolters: Dem BWE wird von vielen Seiten eine sehr hohe Branchen- und Fachkompetenz attestiert. Die erste Auflage des Anlegerinfos hat einiges in Bewegung gesetzt. Deshalb gehe ich stark davon aus, dass die Neuauflage mit der Check-Liste neue Standards für Windprospekte setzen wird.

letzte Änderung: 24.11.2011