ED 04/12 Eine Welt ohne Öl (S.30-31)

Arbeitslosengeld II

Hartz IV

Heizkosten sind Sozialausgaben

Heizkosten sind Sozialausgaben

(5. Januar 2018) Das Bundesverfassungsgericht hat in zwei wichtigen Fragen die Rechte von Hartz-IV-Empfängern gestärkt (Az. 1 BvR 1910/12).

Zum einen stellen Heizkosten einen Teil der Grundsicherung dar, auf die ein Anspruch im Rahmen des SGB II besteht. Zum zweiten müssen Sozialgerichte in Eilverfahren zur Übernahme von Wohn- und Heizkosten künftig prüfen, welche negativen Folgen die Ablehnung eines vorläufigen Rechtsschutzes für die Betroffenen haben könnte. Und ob durch zeitnahe Zahlungen das soziale Umfeld des Anspruchsberechtigten erhalten werden könnte. Die Eilbedürftigkeit darf demnach nicht „schematisch“ beurteilt und die Anforderungen an ihre Glaubhaftmachung nicht „überspannt“ werden.

2418 Geldschein und Münzen / Foto: pixabay.com/peter-facebook

Geklagt hatte ein Mann, der nur reduzierte Leistungen bekommen hatte, weil das Jobcenter davon ausgegangen war, dass er sich den Haushalt mit einer anderen Person teilte. Seinen Eilantrag auf höhere Bezüge für Alleinstehende lehnte das Landessozialgericht ab. Da noch keine Räumungsklage erhoben sei, drohe dem Mann keine Obdachlosigkeit.

Die Verfassungsrichter stellten nun klar, dass es bei der Übernahme von Wohn- und Heizkosten nicht nur darum gehe, eine Obdachlosigkeit zu verhindern. Vielmehr solle ein Existenzminimum gesichert werden. Dazu gehöre, möglichst in der gewählten Wohnung bleiben zu können.

Untersuchung für den MDR

Hartz IV reicht nicht für Stromkosten

Hartz IV reicht nicht für Stromkosten

(7. September 2011) Hartz-IV-Empfänger bekommen zu wenig Geld für Strom. Das ergab eine Studie der Gemeinnützigen Gesellschaft für Verbraucher und Sozialberatung (GVS) im Auftrag des MDR.

2418 leere Hosentaschen

Der Studie zufolge sind im aktuellen Hartz-IV-Satz für einen Single-Haushalt jährlich 321,80 Euro für Strom vorgesehen. Der Strom des günstigsten Anbieters für einen Ein-Personen-Haushalt in Sachsen kostet aber jährlich 435,50 Euro – in der Haushaltskasse bedeutet das ein Manko von 113 Euro pro Jahr. In Thüringen liegt der Fehlbetrag sogar bei 147 Euro. Für eine vierköpfige Familie in Sachsen bedeutet dies, dass jedes Jahr theoretisch Stromschulden bis zu 524 Euro angehäuft werden. In Thüringen beträgt der Fehlbetrag 346 Euro, in Sachsen Anhalt 393 Euro. Hochgerechnet auf ganz Mitteldeutschland werden demnach an die Hartz-IV-Haushalte fast 70 Millionen Euro zu wenig ausgezahlt.

Zwang zur Grundversorgung

Erschwerend kommt für die Hartz-IV-Empfänger hinzu, dass sie in der Regel auf den kommunalen Grundversorger angewiesen sind. Ein Wechsel zu einem möglicherweise günstigeren Anbieter ist oft nicht möglich, weil private Unternehmen meist die Bonität von Neukunden prüfen.

Gezwungen, am Essen zu sparen

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert die Entwicklung. Sie führe dazu, dass Hartz-IV-Empfänger gezwungen seien, an Essen und anderen Dingen zu sparen, um ihren Strom bezahlen zu können. In den vergangenen Jahren sei der Strompreis jedes Jahr im Schnitt um acht Prozent gestiegen, Hartz-IV-Empfänger seien daher finanziell unterversorgt. Auch der Deutsche Caritasverband fordert mehr Flexibilität, um die Preissteigerungen auffangen zu können.

Problem verschärft sich im Osten

Die Unterdeckung der Hartz-IV-Sätze besteht bundesweit. Die Situation verschärft sich jedoch in den neuen Ländern, da die Strompreise dort besonders hoch liegen und gleichzeitig die Arbeitslosenquote überdurchschnittlich ist. Dennoch ignoriert die Bundesregierung trotz Vorgaben der EU das Problem der Energiearmut.
Mehr dazu Neues Energiewirtschaftsgesetz in Kraft getreten

Zu wenig Geld für Strom

Sozialhilfe

Zu wenig Geld für Strom

(20. Mai 2011) Das unabhängige Verbraucherportal Verivox ermittelte, dass bedürftige Haushalte überdurchschnittlich hohe Strompreise bezahlen müssen, für die die staatlichen Zuwendungen nicht ausreichen.

668 2345 2416 2418 2421 Geldmünzen in Hand gereicht s/w

Im April 2011 bekamen laut Bundesagentur für Arbeit rund 6,5 Mio Menschen, die in insgesamt 3,5 Mio Bedarfsgemeinschaften leben, Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld. Der Regelbedarf für Alleinstehende beläuft sich derzeit auf 364 Euro pro Monat.

Davon werden vom Gesetzgeber 30,42 Euro für Strom, Kochgas und Wohnungsinstandhaltung eingeplant. Dass der Regelsatz von 30,42 Euro zu gering angesetzt sei, zeige ein Blick auf den Verivox-Verbraucherpreisindex Strom, so das Portal.

Ein Single-Haushalt mit einem jährlichen Stromverbrauch von 2000 kWh bezahle im Mai 2011 durchschnittlich 26,43 Cent je kWh, das entspreche monatlichen Kosten von 44,05 Euro. Damit überstiegen die reinen Stromkosten den Regelsatz bereits um 45%, die Ausgaben für Kochgas und Wohnungsinstandhaltung kämen noch dazu.

Deckt das Arbeitslosengeld II die tatsächlich anfallenden Energiekosten ab?

Dazu die Verbraucherzentrale NRW, Claudia Bruhn:

Was steht wem zu?

(21. August 2008) Die im Sozialgesetzbuch II (SGB II) geregelte Grundsicherung für Arbeitssuchende, das Arbeitslosengeld II (Alg II) ersetzt die frühere Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für Erwerbsfähige. Berechnungsgrundlage für die Leistungen nach Alg II ist die Einkommens- und Verbrauchsstudie (EVS), die alle 5 Jahre durchgeführt wird und die einen Einblick in die wirtschaftliche Situation der bundesdeutschen Haushalte geben soll. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende wird vor allem durch die Regelleistung bestimmt und umfasst -unter Vorbehalt der Angemessenheit- auch die jeweiligen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung. Während die Kommunen die Kosten für Unterkunft und Heizung bezahlen, trägt die Agentur für Arbeit die Regelleistung. Die Regelleistung beträgt für Alleinstehende, alleinerziehende Personen und volljährige Personen, deren Partner unter 18 Jahre alt ist, seit dem 1. Juli 2008 bundeseinheitlich 351 €.

Kosten für Haushaltsenergie

Ca. 6 % der Regelleistung (seit 1. Juli 2008 sind es 21,87 €) entfallen auf die Position "Strom (auch Solarenergie)". Bei dieser Position wurde ein Abschlag von 15 % eingerechnet, weil davon ausgegangen wird, dass 15 % der bundesdeutschen Haushalte Strom zum Heizen verwenden. Da zu Heizungszwecken gelieferter Strom tendenziell in Nacht-Speicher-Heizungen eingesetzt wird, verursachen 15% der gesamtdeutschen Strommenge allerdings nicht 15% der Stromausgaben. Darüber hinaus fehlt jeglicher Nachweis, dass auch bei der EVS-Referenzgruppe für die Bemessung der Regelleistung Strom für Heizungszwecke eingesetzt wird. Im Übrigen stellt die Berechnung der Kosten für Haushaltsenergie nur auf die Stromausgaben von Mieter-Haushalten ab. Eigentümer-Haushalte gehören allerdings ebenfalls zur EVSReferenzgruppe; deren Ausgaben bleiben dennoch unberücksichtigt.

Kosten der Unterkunft und Heizung

Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Die Höhe der Angemessenheit wird zwar von der Regierung festgesetzt (siehe Existensminimumbericht), die ausführenden kommunalen Träger entscheiden aber letztendlich darüber, ob sie die Kosten vollständig übernehmen oder nicht. Die Heizkosten berechnen sich auf der Basis der in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) ausgewiesenen Aufwendungen für Heizung und Warmwasser im gesamten Bundesgebiet. Von diesen Aufwendungen wird bei der Festsetzung der Heizkosten eine Pauschale von 25 % in Abzug gebracht, da die Kosten für die Warmwasserbereitung vom Bund getragen werden und somit in den Regelleistungen enthalten sein müssten.

Kosten für die Warmwasserbereitung

Die Kosten für die Warmwasserbereitung werden in der Regelleistung allerdings unter keiner Position geführt. Ausschließlich die bei Kochfeuerung, Waschmaschine und Geschirrspüler entstehenden Energiekosten zur Warmwassererwärmung finden Berücksichtigung. Anscheinend wird davon ausgegangen, dass die Warmwasserbereitung in den Bedarfsgemeinschaften ausnahmslos elektrisch erfolgt und die anfallenden Kosten in den Regelleistungen somit durch die Position "Strom (auch Solarenergie)" abgegolten werden. Erfolgt die Warmwasserbereitung in den Haushalten nicht elektrisch (sondern z.B. über die Zentralheizung) und/oder wird nicht mit elektrischer Energie gekocht (sondern z.B. mit einem Gasherd), müssen die ausführenden kommunalen Träger diese Positionen von den Erstattungen für Heizenergie abziehen. Die Höhe des Abzuges dürfen die Kommunen selbst bestimmen. Dass die Kosten für die Warmwasserbereitung nicht in der Regelleistung enthalten sind, wird von den Kommunen nicht beanstandet. Der Grund dafür liegt im § 27 des SGB II, der besagt, dass der Bund die Höhe der von den Kommunen zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung festlegen darf. Die Kommunen wollen sich anscheinend nicht ins eigene Fleisch schneiden und ihr Selbstbestimmungsrecht wahren.

letzte Änderung: 24.01.2018