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Kein anderes Gesetz ist für die Zukunft der Energieversorgung so wichtig wie das Energiewirtschaftsgesetz.

Regulierung mit Wattehandschuhen?

Kein anderes Gesetz ist für die Zukunft der Energieversorgung so wichtig wie das Energiewirtschaftsgesetz. Derzeit wird es komplett neu erarbeitet. Dann berät und beschließt der Bundestag und Bundesrat. Weil die Materie komplex ist, folgt hier ein kurze Einführung.
Von Aribert Peters

(6. Juni 2004) - Das Energiewirtschaftsgesetz regelt die Erzeugung und Verteilung von Strom und Gas. Es steht neben dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, das den Missbrauch marktbeherrschender Stellungen regelt, dem Energieeinsparungsgesetz, das die rationelle Energieverwendung, insbesondere im baulichen Bereich bezweckt (Energieeinsparverordnung), und dem Erneuerbare Energieen Gesetz.

Das Energiewirtschaftsgesetz regelt den Zugang zu den Strom- und Gasnetzen sowie die Verfahren für die Festlegung der Entgelte für die Nutzung der Leitungsnetze sowie der Tarife und Versorgungsbedingungen für Haushaltskunden.

Die Geschichte des Energiewirtschaftsgesetzes

Das Stromnetz ist ein natürliches Monopol. Der Netzbesitzer kann in seinem Netzgebiet Strom zu beliebigen Preisen verkaufen, weil andere Stromanbieter seine Stromkunden nicht beliefern können. Um diesen Missbrauch der Stromnetze zu beenden, erließ die EU 1992 eine Stromrichtlinie. Danach mussten die Strom- und Gasnetze zu gleichen Bedingungen ("diskriminierungsfrei") allen Anbietern zur Verfügung gestellt werden.

Von allen EU-Staaten erlaubte nur Deutschland mit der Energierechtsnovelle 1997 den Netzbesitzern die freie Festlegung der Netztarife, den so genannten "verhandelten Netzzugang". Die industriellen Stromkunden und die Stromversorger legten gemeinsame Prinzipien der Netznutzung in Form einer unverbindlichen Vereinbarung, der so genannten "Verbändevereinbarung" fest, ohne daran die Haushalts- und Gewerbekunden oder deren Verbände zu beteiligen.

Das Ergebnis war eine saftige Erhöhung der Netztarife. Nur wenige gebietsfremde Anbieter konnten sich deshalb nach anfänglichen Erfolgen am Markt halten. Die Versorger verdienten an den Netztarifen und konnten fehlende Deckungsbeiträge des eigenen Stromverkaufs dadurch mehr als wettmachen.

Im Jahr 2003 wurden die Kalkulationsgrundsätze der Verbändevereinbarung durch eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes zur "guten fachlichen Praxis" erklärt, zeitlich begrenzt bis Ende 2003. Diese Kalkulationsgrundsätze hatten Kartellbehörden und Verbraucherverbände zuvor als überhöht abgelehnt.

Die EU verschärfte daraufhin 2003 die Stromrichtlinie gegen den entschiedenen Widerstand Deutschlands. Sie schrieb eine staatliche Aufsicht zumindest über die Methoden der Festlegung der Netztarife vor, einzurichten bis spätestens Juli 2004. Auch schrieb die Richtlinie eine rechtliche Trennung von Stromvertrieb und Betrieb des Leitungsnetzes zumindest für große Unternehmen mit über 100.000 Kunden zwingend vor ("Entflechtung" = "unbundling").

Kleine Versorger müssen für die Bereiche Vertrieb und Netzbetrieb getrennte Konten und Gewinn- und Verlustrechnungen führen und der Regulierungsbehörde bekanntgeben. Im Gasbereich wurden die Leitungsnetze bisher nur sehr unzureichend dem Wettbewerb geöffnet.

Als Folge gibt es in Deutschland für Haushalte keine Möglichkeit zum Wechsel des Gasanbieters. Auch für gewerbliche Abnehmer ist der Wettbewerb kaum in Gang gekommen. Doch auch für den Gasbereich schreibt eine neue verschärfte EU-Richtlinie die wettbewerbliche Öffnung vor.

Stand der Gesetzgebung

Das federführende Bundeswirtschaftsministerium hat zur Umsetzung der EU-Richtlinie am 25. Februar 2004 ein komplett neues Energiewirtschaftsgesetz als Entwurf zur Diskussion gestellt (EnWG RE). Dieser Entwurf wird derzeit mit den Verbänden, den beteiligten Bundesministerien und den Bundesländern abgestimmt.

Nachdem sich die Bundesregierung auf einen Entwurf geeinigt und diesen beschlossen hat, muss dieser noch von Bundestag und Bundesrat beraten und beschlossen werden. Strittig zwischen Bundesregierung und den Ländern ist, ob das Gesetz in die Kompetenz der Länder eingreift und damit der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Allein die Abstimmung innerhalb des Bundeskabinetts dürfte frühestens Ende Mai erledigt sein.

Cartoon Lobby Energiekonzerne EnWG

Allerdings könnten Konflikte alle Zeitplanungen um Monate hinausschieben. Experten rechnen mit einem Inkrafttreten des Gesetzes frühestens Anfang 2005. Aus der Erfahrung früherer Novellen und anderer Gesetze zu schließen, könnte aber schnell auch ein weiteres Jahr vergehen, bis man sich auf ein neues Gesetz geeinigt und es in Kraft gesetzt hat. Es gab in den letzten Jahrzehnten kein vergleichbar umfangreiches Gesetzgebungsvorhaben.

Zudem ist die Materie höchst umstritten. Es geht um milliardenschwere Interessen von Industrie, Stromwirtschaft und von Millionen Privatkunden. Unterdessen wird aller Voraussicht nach die Regulierungsbehörde für Telekommunikation RegTP ab Juli 2004 auf Grundlage einer vorläufigen Regelung zumindest für den grenzüberschreitenden Stromhandel ihre Tätigkeit aufnehmen.

Ziele des Gesetzes

Die Festlegung der Gesetzesziele im ersten Paragrafen ist von herausragender Bedeutung. Denn alle Paragraphen und Verordnungen ordnen sich dem Gesetzesziel unter und werden daraufhin interpretiert. Das Gesetzesziel bildet auch die Richtschnur für die Rechtssprechung. Deshalb lohnt es sich, über die Gesetzesziele eine ausführliche Diskussion in der Öffentlichkeit zu führen.

Die EU-Richtlinie erlaubt der Strom- und Gaswirtschaft wichtige allgemeine politische Anliegen als so genannte "gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen" aufzuerlegen. Das Ziel des ersten Energiewirtschaftsgesetzes von 1935 war eine sichere und preisgünstige Stromversorgung. In den 90er Jahren wurde das Gesetz um den Schutz der Umwelt ergänzt. Bei diesen Zielsetzungen belässt es der Gesetzentwurf.

Die kommenden Jahrzehnte bringen aber Herausforderungen, denen man mit den bisherigen alten Zielen nicht mehr gerecht werden kann. Das neue Gesetz muss dem in den vergangenen Jahren gewandelten energiepolitischen Verständnis gerecht werden:

  • Die Strom- und Gasversorgung muss von fossilen beziehungsweise nuklearen Energieträgern auf erneuerbare Energien übergehen. Dies muss als Gesetzesziel hinzugefügt werden.
  • Statt der reinen Bereitstellung von Energie muss auch die Nachfrage in die Betrachtung eingehen, weil nur so das Gesamtsystem optimiert werden kann. Oft ist die Erhöhung der Energieeffizienz günstiger als die Ausweitung des Angebots. So beziffert die Effizienzrichtlinie der EU die Kosten der Angebotsausweitung mit 3,9 Cent, die der Effizienzerhöhung dagegen mit 2,6 Cent pro Kilowattstunde. Deshalb muss sowohl die Erhöhung der Stromeffizienz als auch die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien zu den Zielen des Gesetzes gehören.
  • Die privaten Haushaltskunden sind in der Beziehung zwischen Stromversorger, Stromgroßkunden und Haushaltskunden der weitaus schwächste Partner und daher besonders schutzwürdig. Der Schutz der Haushaltskunden muss als Ziel des Gesetzes ausdrücklich festgelegt werden, um die in der Vergangenheit eingetretenen Benachteiligungen der Haushaltskunden abzubauen und nicht stärker werden zu lassen. Die Strom- und Gasversorgung sind für Haushaltskunden von herausragender Bedeutung. Der Schutz der Haushaltskunden ist auch ein besonderer Auftrag der EU-Binnenmarktrichtlinien Strom und Gas, denen ein besonderer Artikel dieser Richtlinie gewidmet ist. EU-Parlament und Kommission tragen damit der wachsenden Bedeutung des Verbraucherschutzes gerade in der Energieversorgung Rechnung.
  • Der Ausbau der dezentralen Strom- und Gaserzeugung entspricht den umweltpolitischen Zielen der Energieeffizienz und der Ressourcenschonung. Dezentrale Erzeugung erhöht die Versorgungssicherheit und verdient auch deshalb Priorität. Auch wird das Marktgeschehen nachhaltig belebt und der Wettbewerb gestärkt, indem durch dezentrale Erzeugung die Markteintrittsschranken herabgesetzt werden. Die Förderung dezentraler Erzeugung folgt nicht automatisch aus den Zielen des Umweltschutzes und der Sicherheit. Sie muss deshalb als eigenständiges Ziel gesetzlich fixiert werden.

Cartoon Lobby EnBW

Der Artikelentwurf

Der vom Bundeswirtschaftsministerium am 25. Februar 2004 vorgelegte "Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Energiewirtschaftsrechts" ist ein "Artikelgesetz" und besteht aus fünf Artikeln. Der erste Artikel enthält statt der bisher 19 Paragrafen 106 Paragrafen eines neuen Energiewirtschaftsgesetzes. Artikel Zwei enthält Übergangsregelungen. Artikel Drei regelt die Organisation der künftigen Bundesregulierungsbehörde. Artikel Vier passt eine Vielzahl anderer Rechtsvorschriften der neuen Regelung an. Und der fünfte Artikel regelt das Inkrafttreten des Gesetzes und das Außerkraftreten des bisherigen Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer Regelungen.

Das "Verordnungsunwesen"

Die Regelungen des Gesetzentwurfs legen für die meisten kritischen Bereiche nur allgemeine Grundsätze fest. Wesentliche inhaltliche Details sollen in zahlreichen Verordnungen geregelt werden. Diese Verordnungen kann das Bundeswirtschaftsministerium mit Zustimmung des Bundesrates erlassen.

Die Zustimmung des Bundestags zu den Verordnungen ist nicht erforderlich. Damit werden die Inhalte der Verordnungen dem Willen des Gesetzgebers, dem Bundestag, entzogen: Er kann darauf keinen Einfluss nehmen. Deshalb ist es unumgänglich, dass die wesentlichen Inhalte der Verordnungen im Gesetz konkretisiert werden.

Das parteiische Wirtschaftsministerium

Das Bundeswirtschaftsministerium ist eine Behörde ohne Gesetzgebungskompetenz. Es steht der Versorgungswirtschaft nahe und entscheidet unter deren Einfluss. Das hat sich bei der Ministererlaubnis zur Fusion E.on und Ruhrgas gezeigt, die das Ministerium im Interesse der beteiligten Firmen gegen anderslautender Beschlüsse von Bundeskartellamt, Monopolkommission, dem zuständigen Oberlandesgericht und auch entgegen geltendem EU-Recht durchgesetzt hat.

Auch die personellen Verflechtungen zwischen Wirtschaftsministerium und Versorgungswirtschaft belegen die Abhängigkeit: Zahlreiche Beamte des Ministeriums kommen aus der Versorgungswirtschaft oder wechseln aus dem Ministerium dorthin, vom Referenten bis zum Wirtschaftsminister selbst.

Einen fairen Ausgleich zwischen Interessen der Versorgungswirtschaft und der Haushaltskunden kann das Wirtschaftsministerium aufgrund seiner Parteilichkeit schwerlich herstellen. Ebensowenig ist es "unabhängig von den Interessen der Versorgungswirtschaft", wie die EU-Richtlinie von der Regulierungsinstanz fordert.

Die Regulierungsbehörde

Der Gesetzentwurf überträgt auf Bundesebene die Regulierung der Strom- und Gasnetze der bisher nur für die Telekommunikation und Post zuständigen Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in Bonn, kurz RegTP. Die Länder können nur über die Vetretung im Beirat der RegTP mitwirken.

Der Aufbau und die Arbeitsweise der RegTP werden im Gesetz detailliert geregelt. So darf das Bundeswirtschaftsministerium der Regulierungsbehörde fachliche Weisungen erteilen. Weder das Umwelt- noch das Verbraucherschutzministerium erhalten durch den Entwurf irgendwelche Befugnisse. Den Beschlusskammern der RegTP dürfen Angehörige von Versorgungsunternehmen angehören, solange sie dort keine leitende Funktion innehaben.

Cartoon Lobby RWE

Netztarif-Festlegung durch "Methodenregulierung"

Die Netztarife sollen nach dem Entwurf weiterhin ohne jede Genehmigung von den Unternehmen festgelegt werden können. Die Regulierungsbehörde darf im Verdachtsfall im Nachhinein (ex post) prüfen, ob die vom unternehmensfreundlichen Wirtschaftsministerium festgelegten Methoden eingehalten wurden.

Nach §20 des Gesetzentwurfs können die Methoden für die Bestimmung von Entgelten für die Netznutzung von der Regulierungsbehörde festgelegt werden oder durch eine Verordnung des Bundeswirtschaftsministeriums. Der Entwurf legt lediglich fest, dass die Entgelte "kostenorientiert auf der Grundlage energiewirtschaftlich rationeller Betriebsführung" zu bilden sind.

Bei Gasversorgungsnetzen soll davon abgewichen werden können. In anderen Ländern erfolgreich und von Experten auch für Deutschland gefordert ist eine Effizienzregulierung. Nicht die um fiktive Bestandteile und überhöhte Gewinne aufgeblähten Kosten dürfen die Netztarife ausmachen, sondern die Kosten einer "effizienten Leistungserbringung", wie auch im Telekommunikationsbereich vorgeschrieben.

Auch muss es der Regulierungsbehörde möglich sein, Höchstpreise für die Netztarife festzusetzen. Die im Entwurf vorgesehene Regulierung mit Wattehandschuhen kann die Netznutzungsentgelte nicht auf ein sinnvolles Niveau senken. Immer noch sind die überhöhten Netztarife Strafgebühren für gebietsfremde Anbieter.

Zwei Zahlen machen die Größenordnung deutlich und belegen auch, dass sinkende Netztarife die Versorgungssicherheit nicht gefährden: Laut einem Papier des Bundeskartellamtes nehmen die Stromversorger jährlich 18 Milliarden Euro an Netznutzungsentgelten ein. Laut Angaben der Stromwirtschaft werden aber nur jährlich etwa zwei Milliarden Euro in Erhalt und Ausbau der Stromnetze investiert.

Verteilte man die mindestens zehn Milliarden Euro, um die Netznutzungsentgelte zu hoch sind, auf alle Stromverbraucher, sinkt der Strompreis um circa drei Cent je Kilowattstunde. Das dadurch freigesetzte Konsumvolumen würde circa 115.000 dauerhafte neue Arbeitsplätze schaffen, wobei die in der Stromversorgung nicht mehr erforderlichen Arbeitsplätze bereits abgezogen wurden (vergleiche Seite 34).

Entflechtung und Kennzeichnung

Der Gesetzentwurf setzt die durch die EU-Richtlinie vorgegebenen Entflechtungsvorschriften in deutsches Recht um. Bis allerdings die ersten Bilanzen entsprechend den Entflechtungsbestimmungen vorliegen, werden noch viele Jahre strafloser Quersubventionen vergehen, bis das Gesetz in Kraft tritt, die großzügigen Übergangsregelungen auslaufen, die ersten neuen Abschlüsse erstellt und veröffentlicht werden. Die EU-Auflagen zur Stromkennzeichnung sollen nach dem Entwurf von den Stromversorgern völlig ohne staatliche Kontrolle umgesetzt werden.

Cartoon  Lobby EON

Strompreise für Haushalte

An die Stelle der bisherigen Anschluss- und Versorgungspflicht gegenüber Haushaltskunden tritt im Entwurf eine so genannte "Grundversorgungspflicht". Zur Grundversorgung ist anders als bisher der Stromversorger verpflichtet, der in einem Netzgebiet die meisten Haushaltskunden beliefert. Das wird alle drei Jahre empirisch ermittelt.

Bisher mussten die allgemeinen Tarife für Haushaltskunden zuvor ("ex ante") durch die Preisaufsichtbehörde des Landes genehmigt werden. Der Gesetzentwurf will künftig eine besondere Missbrauchsaufsicht der Landesbehörden ermöglichen, nachdem die Tarife gültig geworden sind ("ex post").

Es soll geprüft werden, "ob die allgemeinen Preise des Grundversorgers in Anbetracht der gesamten Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich sind" (§ 35). Von dieser Prüfung ausgenommen sind die Durchleitungsentgelte, die als konform anzusehen sind, solange nicht eine abweichende Entscheidung der Regulierungsbehörde oder eines Gerichts vorliegt. Damit würde die Tarifgenehmigung zum Nachteil der Verbraucher wesentlich abgeschwächt werden.

Die Anschluss- und Versorgungsbedingungen für Haushaltskunden sollten durch zwei neue Verordnungen geregelt werden. Als einzige Vorgabe verlangt der Entwurf: "Hierbei sind die beiderseitigen Interessen angemessen zu berücksichtigen" (§ 34). Diese Vorgaben sind unbefriedigend dünn, denn sie garantieren keinen ausreichenden Verbraucherschutz

 In einem früheren Entwurf dieser Verordnung vom 28. März 2003 hat das Wirtschaftsministerium erkennen lassen, was es sich unter einer "angemessenen Berücksichtigung von Verbraucherbelangen" vorstellt. Insbesondere muss im Gesetz die Vorgabe für die Verordnung gemacht werden,

  • dass Kunden Anspruch auf Ersatz von Schaden durch Versorgungsstörungen haben,
  • dass die Unverletzlichkeit der Wohnung unangetastet bleibt,
  • dass die Verbrauchsmessung eine fachkundige Firma übernehmen darf,
  • dass die Lieferunterbrechung nur bei akuter Gefahr zulässig ist,
  • dass die dezentrale Strom- und Gaserzeugung nicht behindert werden darf.

Analoges gilt für die Verordnung, die den Anschluss von Haushaltskunden an das Stromnetz regelt (§ 17).

Cartoon Lobby Vattenfall

Verfahrensfragen

Verbrauchern eröffnet die EU-Richtlinie und der Gesetzentwurf die Möglichkeit, Beschwerde gegen vermuteten Missbrauch einzulegen. Die Regulierungsbehörde entscheidet darüber spätestens nach zwei Monaten. Dafür dürfen dem Verbraucher jedoch keine Kosten entstehen, wie es der Gesetzentwurf vorsieht.

Die Regulierungsbehörde soll nach dem Entwurf sehr eng an die Weisungen des Wirtschaftministeriums gebunden werden. Damit verliert die Regulierung die von der EU-Richtlinie geforderte Unabhängigkeit. Als Rechtsinstanz gegen die Entscheidungen der Regulierungsbehörde sieht der Entwurf das OLG Düsseldorf vor.

Der Kartellsenat dieses Gerichts wurde neu besetzt und hat in sich in den vergangenen Monaten durch eine Rechtssprechung im Sinne der Versorgungswirtschaft hervorgetan. Die Besetzung der Beschlusskammern der Regulierungsbehörde mit Angehörigen der Versorgungswirtschaft ist nach dem Gesetzentwurf zulässig und widerspricht der geforderten Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde.

Energieeffizienz

In den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird ein Großteil der heutigen Stromerzeugungskapazitäten durch Kraftwerksneubauten ersetzt. Die Verminderung der Stromnachfrage und dezentrale Erzeugungskapazitäten werden wirtschaftlich interessant, weil sie nicht gegen bezahlte und abgeschriebene Kraftwerke konkurrieren, sondern gegen neu zu bauende Kraftwerke.

Das neue Energiewirtschaftsgesetz definiert die Bedingungen, unter denen dieser Wettstreit stattfindet. Die vier Verbundunternehmen, die über 90 Prozent der derzeitigen Erzeugungskapazitäten verfügen, werden sich gegen neue Konzepte entschieden wehren.

Obwohl das Energiewirtschaftsgesetz mit Kraftwerksneubauten und Stromeffizienz auf den ersten Blick kaum etwas zu tun hat, setzt es doch die entscheidenden Rahmenbedingungen auch für diese Bereiche. Zu nennen ist die Gestaltung der Stromtarife, die Möglichkeit von Genehmigungsbehörden, Versorger zu Einsparbemühungen zu verpflichten, oder die volkswirtschaftliche Kostenminimierung zur Genehmigungsvoraussetzung für neue Kraftwerke zu machen.

Von erheblicher Bedeutung könnten sehr rasch dezentrale kleinteilige Stromerzeuger werden, wenn das Stromnetz diskriminierungsfrei genutzt werden kann. Jährlich werden 700.000 Heizungen in Privathäusern ersetzt. Würden nur 30 Prozent dieser neuen Heizungen auch Strom erzeugen, entstünde jährlich zusätzlich die Erzeugungskapazität eines Kernkraftwerkes.

Das politische Kräftefeld

Die Bundesländer werden um die Beschneidung der Kompetenz ihrer Preisaufsichts- und Kartellbehörden kämpfen. Die Kartellbehörden des Bundes und der Länder sind nach den Vorstellungen des Gesetzentwurfs an die von der Regulierungsbehörde festgestellte Rechtmäßigkeit von Netztarifen gebunden (§ 106). Die großen Stromverbraucher und Kommunen wollen die Regulierungsbehörden mit größerer Kompetenz ausstatten, um die Netztarife zu vermindern.

Letztlich leben aber die Kommunen und deren Stadtwerke überaus gut mit den überhöhten Netztarifen und profitieren deutlich davon. Widerstand ist an dieser Stelle also nicht zu erwarten. Die Interessen von Verbrauchern und von Umweltbelangen sind also dadurch gefährdet, dass das Gesetz Regelungen vorsieht, die für eine genügende Mehrzahl der wichtigen Akteure annehmbar sind.

Cartoon Lobby Verbraucher

Verbraucherrechte

Im Entwurf kommen die Rechte oder der Schutz der Verbraucher an keiner Stelle vor. Auch der Schutz der erneuerbaren Energien und der dezentralen Stromerzeugung findet keine ausreichende Berücksichtigung. Auch handwerklich und gesetzestechnisch ist der Gesetzentwurf unbefriedigend, beginnend bei unklaren sachlichen Definitionen in § 2.

Ein Beispiel mag zur Veranschaulichung genügen: § 105 Absatz 2: "Dieses Gesetz findet Anwendung auf alle Verhaltensweisen, die sich im Geltungsbereich dieses Gesetzes auswirken, auch wenn sie außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes veranlasst werden".

Was ist zu tun?

Durch Leserbriefe, Einflussnahme auf Bundestagsabgeordnete durch Schreiben, E-Mail oder persönliche Gespräche und durch aktiven Einsatz in anderen Umwelt- und Verbraucherverbänden muss für die Belange von Umwelt und Verbrauchern im Gesetz Einfluss genommen werden. Dazu finden Sie hier ausführliche Informationen . Darüber hinaus bietet der Bund der Energieverbraucher ein Informationspaket, dass per Post gegen fünf Euro Kostenerstattung versandt wird.

letzte Änderung: 27.03.2015