ED 02/10

Bad Salzuflen

Abgeblitzt

Mit 10 617 Ja- und 1780 Nein-Stimmen hat die überwiegende Mehrheit beim ersten Bürgerentscheid in der Geschichte Bad Salzuflens den Verkauf von Anteilen der Stadtwerke abgelehnt. Damit ist der Beschluss der CDU-Ratsmehrheit für einen Anteilsverkauf gekippt und die Stadtwerke bleiben weiter in alleiniger Hand der Stadt. Das Stadtparlament ist zwei Jahre an dieses Votum gebunden, außer eine Ratsmehrheit beschließt einen erneuten Bürgerentscheid.

4:1 für Selbständigkeit

Noch vor dem Bürgerentscheid um einen Teilverkauf der Stadtwerke Bad Salzuflen führte die Lippische Landeszeitung eine Telefon-Abstimmung zum Thema durch. Das Ergebnis: 883 Anrufer von insgesamt 1093 waren gegen eine Partnerschaft, nur 210 dafür. Die Stadt soll also alleiniger Gesellschafter der Stadtwerke GmbH bleiben. Der echte Bürgerentscheid, übrigens der erste in der Geschichte Bad Salzuflens, beginnt heute und läuft bis Sonntag.

Steinzeit-Bürgerentscheid in Bad Salzuflen

Bad Salzuflen/Köln - Morgen beginnt in Bad Salzuflen ein Bürgerentscheid über die Privatisierung der Stadtwerke. Von 21. Februar bis 2. März [2003] können die Bürgerinnen und Bürger der Stadt ihre Stimme für oder gegen den Verkauf abgeben. Die Abstimmung findet dabei unter denkbar ungünstigen Bedingungen statt. Zwar haben die Bad Salzufler zehn Tage Zeit, ihr Votum abzugeben, dazu aber nur das Rathaus als Abstimmungslokal zur Verfügung. Bei Wahlen ist dagegen die Stimmabgabe an 27 Orten möglich. Über den Bürgerentscheid wurden die Bürger weder mit einer Benachrichtigungskarte informiert, noch können sie ihre Stimme per Brief abgeben. Auf der Internetseite der Stadt findet sich zur Abstimmung kein einziges Wort.

"Man kommt sich vor wie in der Steinzeit der Demokratie" kritisierte Daniel Schily, Geschäftsführer der Initiative Mehr Demokratie in NRW das Verfahren am Donnerstag in Köln. Der Verein wirft CDU und FDP als Befürwortern des Verkaufs vor, das Bürgerbegehren durch eine niedrige Beteiligung zu Fall bringen zu wollen. Damit das Bürgerbegehren erfolgreich ist, muss nicht nur eine Mehrheit der Abstimmenden, sondern auch mindestens ein Fünftel aller Stimmberechtigten - rund 8.600 Bürger - diesem zustimmen.

CDU, FDP und Freien Wähler (FWG) befürworten den Verkauf der Stadtwerke. Derzeit führt die Stadt Verhandlungen mit potenziellen Käufern. Nachdem im letzten Jahr für ein Bürgerbegehren gegen die Privatisierung über 5.200 Unterschriften gesammelt worden waren, hatten CDU und FDP im Dezember gegen die Stimmen von SPD, Grünen und FWG die jetzt umstrittenen Abstimmungsregeln beschlossen. "Erst letzte Woche hat Innenminister Behrens an die Gemeinden appelliert, die Briefabstimmung einzuführen, und das nicht ohne Grund", sagte Schily. Ebenso müsse eine Benachrichtigung an alle Stimmberechtigten und eine ausreichende Zahl von Abstimmungslokalen bei Bürgerentscheiden zur Grundausstattung gehören. "Wir hatten Bürgermeister Kleemann (CDU) und den Fraktionen vor der Entscheidung über das Verfahren entsprechende Vorschläge zukommen lassen, sind damit bei CDU und FDP aber auf taube Ohren gestossen", bedauerte Schily. . Bei der Bundestagswahl im letzten Jahr hatte in Bad Salzuflen jeder fünfte Wähler seine Stimme per Brief abgegeben. Es sei auch bei fairen Bedingungen schon schwer genug, die Abstimmungshürde von 20 Prozent zu überwinden, so der Geschäftsführer. Bei bisher 83 Bürgerentscheiden in Nordrhein-Westfalen seien 39 Bürgerbegehren trotz Abstimmungsmehrheit zu "Quorumsopfern" geworden.

Auch die Arbeiterwohlfahrt hatte Anfang Februar die Benachteiligung von Behinderten und Kranken durch das Abstimmungsverfahren kritisiert. Für viele Bettlägrige oder auch Pflegebedürftige sei es wegen der fehlenden Briefabstimmung schlicht unmöglich, am Bürgerentscheid teilzunehmen. Dies sei eine bewusste Ausgrenzung von kranken und stark behinderten Menschen. Bürgermeister Kleemann hatte erklärt, dass das Verfahren rechtmäßig sei. "Nicht alles was formal rechtmäßig ist, ist politisch auch wünschenswert", erwiderte der Geschäftsführer von Mehr Demokratie darauf. Auch die Stadtverwaltung rechne wohl mit einer niedrigen Beteiligung, denn sie habe für rund 44.000 Stimmberechtigte nur 10.000 Stimmzettel drucken lassen.

Mehr Demokratie ruft Gegner wie Befürworter des Bürgerbegehrens dazu auf, den Boykotteuren einen Strich durch die Rechnung zu machen und sich trotz aller Widrigkeiten an der Abstimmung zu beteiligen. "Über das Bürgerbegehren sollte die Mehrheit und nicht das Quorum entscheiden", meinte der Geschäftsführer.

Kontakt: Uwe Wieman, Tel: 05222 944 389,

Mail an Uwe Wiemann

Plakat-Kampf

In Bad Salzuflen kämpfen die "Bürger für die Stadtwerke" mit Plakaten mit dem Slogan "Wir lassen uns nicht verkaufen" gegen einen Anteilsverkauf der Stadtwerke. Nun will die CDU mit dem Slogan "Bürger für starke Stadtwerke" mit "Gegen"-Plakaten kontern. Am 21. Februar findet der Bürgerentscheid über einen Anteilsverkauf statt.

letzte Änderung: 25.03.2015