ED 01/11
Mangelhafte Energieberatung

Mangelhafte Energieberatung

Teurer Rat ist nicht immer gut: Auch nach einer teuren Energieberatung bleiben viele Verbraucher ratlos zurück. Zu diesem Ergebnis kommt die Stiftung Warentest, die Energieberatern auf den Zahn gefühlt hat (test 5/2012).

(24. Juni 2012) Die Warentester wählten in drei Regionen für drei unterschiedliche Gebäude je drei Energieberater aus der jeweiligen Region aus. Alle Berater waren als Berater zum Vor-Ort-Beratungsprogramm des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zugelassen. Das BAFA bezuschusst solche Beratungen mit bis zu 300 Euro. Es handelte sich laut Amt um „Ingenieure und Architekten, die durch ihre bisherige berufliche Tätigkeit oder Fortbildungsmaßnahmen die für eine Energieberatung notwendigen speziellen Fachkenntnisse erworben haben“.

Katastrophales Ergebnis der Tester: Die Abschlussberichte waren schwach und lückenhaft, selbst wenn der Energieexperte dreimal zu Besuch war. Sie enthielten nur wenige Details, erläuterten die erforderlichen Energiesparmaßnahmen nur unzureichend oder unverständlich. In einem Fall sollte ein vierseitiger Abschlussbericht 714 Euro kosten. Nur selten wurde die Wirtschaftlichkeit von Spartipps berechnet. Die Experten der Stiftung Warentest stießen teilweise sogar auf falsche Berechnungen. Bei den Beratern handelte es sich um Architekten, Bauingenieure, einen Geschäftsführer eines Ingenieurbüros, Handwerker sowie Sachverständige. Die Bewertung der Tester: Viermal unzureichend, ein totaler Flop, für 714 Euro eine Dreistigkeit, einmal „Preiswert und hilfreich“ sowie: „Bericht lobenswert aber Besuch unangenehm“.

Konsequenzen für Verbraucher

Nach dem verheerenden Testergebnis der Warentester stellt sich die Frage nach der Qualifikation und der Arbeitsweise von Energieberatern. Welchem Berater können Verbraucher überhaupt vertrauen?

2209 Energieberater

Das Thema ist deshalb besonders brisant, weil es für die Verbraucher um sehr hohe Investitionsbeträge geht, bei denen Beratungsfehler Auswirkungen über Jahrzehnte haben. Überdies ist die Beratung unabhängig von einem etwaigen Anbieter (zum Beispiel Heizungsinstallateur). Daher erwarten Verbraucher eine besonders hohe fachliche Kompetenz. Zudem stellt eine energetische Sanierung die wirksamste Waffe gegen künftige Energiepreissteigerungen dar und ist unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende.

Tipps der Warentester

Die Verbraucherschützer empfehlen allen Verbrauchern, die sich für eine Energieberatung interessieren:

  • Pochen Sie auf ein vollständiges Gutachten, in dem auch die Schwachstellen des Gebäudes aufgeführt sind sowie die Sparmaßnahmen. Bezahlen Sie erst, wenn Sie einen brauchbaren Bericht erhalten haben.
  • In der Regel bieten auch geschulte Handwerker einen groben kostenlosen Energiecheck oder verlangen lediglich kleine Summen. Meist erfolgen solche Checks im Zusammenhang mit einer größeren Reparatur.
  • Vereinbaren Sie ein unverbindliches Vorgespräch mit dem Energieberater. Fragen Sie nach den Qualifikationen und Referenzen. Wenn Sie der Berater nicht überzeugt, dann suchen Sie sich einen anderen.

Der Bund der Energieverbraucher rät, sich selbst sachkundig zu machen: „Die beste Versicherung gegen einen schlechten Energieberater ist ein gut informierter Verbraucher. Fühlen Sie dem Berater ruhig auf den Zahn“, empfiehlt Dr. Aribert Peters, der Vorsitzende des Vereins. Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat eine Liste mit kritischen Fragen für Sie zusammengestellt. Mit Hilfe dieser Fragen können Sie sich selbst ein Bild von den Kompetenz eines möglichen Beraters machen. Unsere Empfehlung:

  • Erteilen Sie den Beratungsauftrag erst, nachdem der Berater die Fragen der Checkliste beantwortet hat. Scheuen Sie sich nicht, auch zwei oder drei Berater mit der Checkliste zu testen, bevor Sie den Auftrag erteilen. Ein guter Berater wird keine Bedenken haben, Ihre Fragen zu beantworten.
  • Notieren Sie die Antworten des Beraters direkt auf der Checkliste.
  • Entscheiden Sie sich nur für den Berater, wenn Sie mit den Antworten zufrieden sind.
  • Die Beratungskosten sollten für Sie kein Kriterium für die Auswahl des Beraters sein: Eine Kostendifferenz von ein paar Hundert Euro fallen angesichts der hohen Maßnahmekosten nicht ins Gewicht. Ein guter Berater darf ruhig auch mehr kosten. Nicht unbedingt ist aber der teuerste Berater auch der beste. Bei der Stiftung Warentest gab es gute Beratung auch zu einem günstigen Preis und selbst teure Beratung war meist schlecht.

Die Berufsbezeichnung „Energieberater“ ist nicht geschützt – jeder darf sich so nennen. Es gibt etliche „Gütesiegel“ für Energieberater, die für Verbraucher eine Orientierung sein können.

Es gibt drei formelle Qualifikationen für Energieberater:

  • Zulassung zur Ausstellung von Energieausweisen für bestehende Gebäude nach § 21 EnEV
  • Zulassung als Berater zur Vor-Ort-Energieberatung des Bundes
  • Eingetragen bei www.energie-effizienz-experten.de als Experte für das Bundesprogramm „Energieeffizientes Bauen und Sanieren“

2209 Wärmebild eines Wohnhauses

Hilfestellung aus dem Internet

Das BAFA hat in einer Checkliste die Mindestanforderungen an Beratungsberichte veröffentlicht. Außerdem liegt dort ein Musterberatungsbericht bereit. Ferner hat das BAFA die wichtigsten Fachbegriffe eines Beratungsberichts erläutert.

Das BAFA prüft ständig eine Stichprobe von fünf Prozent aller Beratungsberichte. Etwa ein Drittel aller geprüften Berichte werden dabei vom BAFA als unzureichend abgelehnt und erhalten keine Förderung.

Mehr Infos bei der Fachhochschule Wolfenbüttel:

Einfache Excel-Programme zum Selbstrechnen:

CASAnova 3.3

K60 - Die 60 Minuten Energieberatung

Energieberatung unter der Lupe

Eine Studie der Wüstenrot-Stiftung analysiert die Lage der Energieberatung in Deutschland:
Zukunft der Energieberatung in Deutschland

Auch co2online hat eine entsprechende Untersuchung durchgeführt:
Evaluation des Online-Modernisierungsratgebers

Aus dem Jahr 2005 stammt eine stationäre Beratung der Verbraucherzentralen:
Energieberatung Verbraucherzentralen

Darüber hinaus gibt es eine Evaluation der Vor-Ort-Beratung aus dem Jahr 2008:
Evaluation des Förderprogramms "Energieeinsparberatung vor Ort"

Die Studie kommt zu folgendem Schluss:

Die Beratung von Energieberatern und Verbraucherzentralen wird nur von einem relativ geringen Prozentsatz der Bauherren mit Sanierungsvorhaben als Informationsquelle genutzt.

Die Wüstenrot-Studie kommt zu folgenden Empfehlungen:

  • Die Energieberatungsangebote sind inhaltlich und institutionell zu stark zersplittert (private, öffentliche Anbieter, Handwerker, Versorger, Architekten, Bundes-, Landes- und kommunale Angebote) und verwirren deshalb Ratsuchende.
  • Die Energieberatung sollte auf der Ebene von Wohnquartieren vernetzt und mit der Stadtentwicklung verzahnt werden.

letzte Änderung: 18.09.2023