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Geothermische Stromerzeugung

Man muss nur tief genug bohren, um auf Temperaturen zu stoßen, die sich für die Stromgewinnung eignen. Die dafür benötigten Technologien wurden in den letzten Jahren entwickelt und sollen nun zum Einsatz kommen. Auch die rot-grüne Bundesregierung hat inzwischen ein Forschungsprogramm aufgelegt.
Hot-Dry-Rock-Verfahren

Das grundlegende Verfahrensprinzip für eine Stromgewinnung ohne Dampf- und Heißwasserlagerstätten klingt einfach: Das in der Tiefe vorhandene heiße Gestein wird über Bohrungen erschlossen. Zwischen den Bohrungen werden mit Wasserdruck Fließwege aufgebrochen oder vorhandene aufgeweitet. So wird eine Art unterirdischer Wärmetauscher erzeugt, in denen von der Oberfläche eingepresstes Wasser sich erhitzen kann, um, wieder nach oben gefördert, eine Turbine anzutreiben. Für dieses Verfahren wurde in der Vergangenheit der Name Hot-Dry-Rock (HDR) - "heißes, trockenes Gestein" - geprägt.
Die Zirkulation in diesen Systemen erfolgt in einem geschlossenen Kreislauf. Dieser steht unter Druck, so dass das Sieden der Wärmeträgerflüssigkeit verhindert wird. Dampf entsteht also erst an der Turbine. Ein nach heutigen Maßstäben wirtschaftlich zu betreibendes HDR-Kraftwerk muss eine Leistung zwischen 25 und 100 MWth über einen Zeitraum von 20 Jahren garantieren. Dies erfordert eine Wärmeaustauschfläche von 3 bis 10 km2, die bei einem Bohrlochabstand von etwa 500 m mit Fließraten zwischen 50 und 100 Litern pro Sekunde durchströmt werden muss.

Geothermisches Kraftwerk mit 23,5 MW Leistung in Matsukawa, Japan

Der Preis geothermischen Stroms

Der Strom aus den ersten Pilotkraftwerken könnte mit einem Preis von 15-20 Pf/kWh zur Verfügung gestellt werden.
Aufgrund der gewaltigen Potenziale und der Umweltfreundlichkeit könnte die Geothermie eine wichtige Rolle beim Ausstieg aus der Atomenergie spielen.

Pionierphase: Soultz-sous-Forêts

Zur Einsatzreife gebracht wurde dieses Verfahren vor allen Dingen im europäi-schen Hot-Dry-Rock-Forschungsprojekt in Soultz-sous-Forêts im französischen Teil des Oberrheingrabens (Elsaß). Soultz wurde als Standort dieses Vorhabens gewählt, weil es im Zentrum der größten Wärmeanomalie in Mitteleuropa liegt. Das ermöglichte, die Arbeiten in relativ geringer Tiefe von rund 3.000 - 4.000 Metern durchzuführen.

Auch an anderen Stellen wird inzwischen an dieser zukunftsträchtigen Technologie gearbeitet: Die Schweizer Bundesregierung z. B. hat beschlossen, im Raum Basel ein erstes eigenes Kraftwerk zu errichten. In Bad Urach, am Rande der Schwäbischen Alb, soll das erste kommerzielle deutsche Kraftwerk entstehen. Ein ähnliches Vorhaben entwickelt derzeit das Geo-Forschungs-Zentrum Potsdam in Groß-Schönebeck nordöstlich von Berlin. Dort wird seit Dezember 2000 über eine 4.200 m tiefe Bohrung der Untergrund auf seine Tauglichkeit für die Produktion geothermischen Stroms untersucht.

ORC-Anlagen liefern Erdwärme-Strom

Bis vor wenigen Jahren galt es auch unter Energiefachleuten als unumstritten, dass die in Deutschland angetroffenen Thermalwasserressourcen für eine Stromerzeugung nicht geeignet sind. Dank der technischen Entwicklung beginnt sich das zu ändern. Bei Thermalwassertemperaturen von über 100 °C und entsprechenden Förderraten ist nämlich auch der Einsatz moderner ORC-Turbinen möglich. Turbinen nach dem Organic Rankine Cycle, kurz ORC, nutzen ein Arbeitsmittel, das bereits bei 90 °C verdampft. Eine neu entwickelte Maschine speziell für diesen Temperaturbereich wurde in diesem Jahr in Altheim/Oberösterreich installiert. Entsprechende Temperaturverhältnisse werden jedoch auch entlang des gesamten deutschen Alpenrands, im Oberrheintal, aber auch in einigen Bereichen der Norddeutschen Tiefebene angetroffen. Nach Aufnahme der Geothermie in das Erneuerbare Energie Gesetz ist nun eine wirtschaftliche Grundlage gegeben, solche Projekte auch in Deutschland anzugehen. Es ist davon auszugehen, dass noch in diesem Jahr mit ersten Vorhaben begonnen werden wird.

letzte Änderung: 19.04.2010