ED 04/21 Dauerbrenner Flüssiggas (S.10-13)

Kartellverfahren gegen Flüssiggasunternehmen

Bundesgerichtshof

Etappensieg für Flüssiggaskartell

Bundesgerichtshof: Etappensieg für Flüssiggaskartell

Von Leonora Holling

(4. November 2019) Es dürfte sich um eines der aufwendigsten und wohl auch längsten Ermittlungsverfahren gehandelt haben, die das Bundeskartellamt in seiner Geschichte je geführt hat. Am Ende verhängte das Bundeskartellamt Strafen in Höhe von 272 Millionen Euro gegen Flüssiggasunternehmen, welche sich zu Lasten von Konkurrenten und Energieverbrauchern zu einem rechtswidrigen Kartell zusammengeschlossen hatten. Der Bundesgerichtshof hob die festgesetzten Bußgelder, die die Vorinstanz beim Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 4 Kart 2/10) noch erfolgreich passiert hatten, nun auf (Az. KRB 51/16).

2130 Flüssiggastank / Foto: Maciej / stock.adobe.com

Dabei hatte das Bundeskartellamt vorsätzliche Verstöße eindeutig festgestellt. Auch das OLG sah diese Verstöße als bestätigt an. Der überwiegende Teil der deutschen Flüssiggasunternehmen hatte sich über Jahrzehnte in einem Kartell organisiert. Die beteiligten Unternehmen hatten untereinander vereinbart, dass Kunden nicht durch ein anderes Unternehmen des Kartells abgeworben und beliefert werden. Dafür schufen die beteiligten Unternehmen sogar ein Meldewesen, um sich zu informieren, inwieweit ein etwaiger Neukunde bereits Bestandskunde eines anderen Kartellmitglieds ist. Entsprechend unterlagen die Preise innerhalb des Kartells keinerlei Wettbewerb mehr.

Um den Schaden für die betroffenen Verbraucher zu ermitteln und angemessene Bußgelder festzusetzen, hat das OLG einen Preisvergleich zwischen den Preisen der Kartellunternehmen und von freien Flüssiggasunternehmen angestellt. Mehrere Mitglieder im Bund der Energieverbraucher wurden durch das OLG aufgrund der Flüssiggaspreishotline des Vereins als Zeugen gehört. Diese Vergleichsmethode hat der BGH nun beanstandet und darauf hingewiesen, das OLG habe nicht den sogenannten „Preisschirmeffekt“ beachtet: Die nicht am Kartell beteiligten Unternehmen seien möglicherweise durch die Preise des Kartells auch in ihren eigenen Preisen beeinflusst worden. Deshalb genüge es nicht, einfach den Schaden anhand einer Schätzung aus der Differenz der Kartellpreise zu den Preisen auf dem übrigen Markt zu ermitteln.

Der BGH hat das Urteil des OLG deshalb aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung an einen anderen OLG-Senat zurückverwiesen. Dabei hat der BGH auch darauf hingewiesen, dass die Höhe der Bußgelder entsprechend der Schuld anzupassen sei.

Flüssiggas–Kartell: Betroffene Verbraucher gehen leer aus

Die Flüssiggaspreise vieler Verbraucher waren in den Jahren 1997 bis 2005 durch rechtswidrige Absprachen wichtiger Lieferanten überhöht.  Zwar mussten die Firmen einen Teil des rechtswidrigen Mehrerlöses als Bußgeld an die Staatskasse überweisen, immerhin mehr als 200 Millionen Euro. Die betroffenen Verbraucher bleiben allerdings auf ihrem Schaden sitzen.

(05. Januar 2017) Einige Verfahren liegen noch beim Bundesgerichtshof zur Entscheidung, andere sind abgeschlossen. Da ein betroffener Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast sowohl für den Verstoß gegen das Kartellrecht, als auch den Schaden und die Kausalität hat, ist er auf eine Akteneinsicht angewiesen. Aber sowohl das Bundeskartellamt als auch die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf verweigern betroffenen Verbrauchern die Akteneinsicht und die Bußgeldbescheide. Beide Behörden verweisen auf die Zuständigkeit der jeweils anderen Behörde. So bleibt den Verbrauchern am Ende nur eine Klage auf Akteneinsicht gegen eine oder beide dieser Behörden. Die Kosten einer solchen Klage übersteigen den Schadenersatzanspruch ganz erheblich, vom damit verbundenen Aufwand und dem Risiko ganz abgesehen.

ED 04/16 Flüssiggas–Kartell: Betroffene Verbraucher gehen leer aus (S.35)

So löblich es ist, dass Kartellbehörde und Staatsanwaltschaft sich kartellrechtlicher Absprachen annehmen: Durch ihr Verhalten schützen sie die Gesetzesbrecher vor Schadenersatzansprüchen betroffener Verbraucher. Die von Steuergeld finanzierten Beamten sollten im Interesse der Bürger handeln.

Der Bund der Energieverbraucher sieht keine Chance, mit vertretbarem Aufwand die Ansprüche der betroffenen Verbraucher durchzusetzen. Zudem dürfte bis zum Abschluss einer rechtlichen Klärung möglicherweise bereits Verjährung eingesetzt haben.

Fazit: Kein Glanzstück deutscher Justiz!

Flüssiggaskartell im Spiegel eines Urteils

180 Seiten umfasst ein Aufsehen erregendes Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Flüssiggaskartell im Spiegel eines Urteils

180 Seiten umfasst ein Aufsehen erregendes Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Es beschreibt im Detail, wie sich die großen Flüssiggasfirmen den Markt aufgeteilt und Verbraucher mit saftigen Preisen über den Tisch gezogen haben. Wir wollen Ihnen die Einblicke in die Flüssiggasbranche, die das Urteil bietet, nicht vorenthalten.

(1. April 2015) Überraschende Einblicke in die Flüssiggasbranche eröffnet ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 2013 (Az. V-4 Kart 2/13 (OWi)). Etwa 80 Prozent aller Flüssiggasverbraucher zahlten jahrelang um 40 bis 100 Prozent überhöhte Preise, weil sich die großen Flüssiggasfirmen untereinander die Kunden nicht streitig machten und auf einen Preiswettbewerb bewusst verzichteten. Das Bundeskartellamt kam diesem Kartell nach einer bundesweiten Razzia am 3. Mai 2005 auf die Schliche und verhängte zwischen 2007 und 2009 saftige Bußgelder von über 250 Millionen Euro (Az. B11-20/05) für den Tatzeitraum zwischen dem 1. Juli 1997 und dem 1. Mai 2005. 

84 2130 Flüssiggastank

Urteil wird vom BGH geprüft

Das Oberlandesgericht verhandelte und prüfte drei Jahre, um schließlich mit einem 180 Seiten langen Urteil den ursprünglichen Bußgeldbescheid zu bestätigen. Die Bußgelder wurden durch das Gericht sogar noch erhöht. Gegen dieses Urteil gingen die Firmen in Revision vor dem Bundesgerichtshof. Das Urteil des OLG ist also noch nicht rechtskräftig. Betroffene Flüssiggaskunden warten seit Jahren mit Ungeduld auf ein rechtskräftiges Urteil, weil sie erst dann Schadensersatzansprüche gegen die Firmen geltend machen können. Sie werden sich wohl noch einige Zeit gedulden müssen.

Die Täter

Der Bescheid gegen Thermogas und seinen ehemaligen Geschäftsführer ist rechtskräftig geworden. Gegen die übrigen Bußgeldbescheide des Bundeskartellamtes hatten die beschuldigten Unternehmen, namentlich die Drachen-Propangas GmbH Frankfurt, Friedrich Scharr KG Stuttgart, Sano Propan GmbH Nürnberg, Tyczka Energie KGaA Geretsried, Tyczka Totalgas GmbH Geretsried, Primagas GmbH Krefeld, Propangas GmbH & Co KG Dortmund, Transgas GmbH Dortmund, Westfalen AG Münster und die Propan Rheingas GmbH & Co KG Brühl Einspruch eingelegt.

Die Veröffentlichung des Urteils auf den Seiten des OLG erfolgte erst über ein Jahr nach dem Urteilsspruch. Wenige Tage später verschwand das Urteil wieder von den Seiten des OLG, weil es nach Meinung der betroffenen Firmen nicht ausreichend anonymisiert war. Tatsächlich ergibt sich für Branchenkenner aus der Tatbestandsschilderung zweifelsfrei, von welchen Firmen im Einzelnen die Rede ist. Die folgenden Urteilszitate sind gekennzeichnet mit einem Hinweis auf die Textziffer des Urteils („Tz“).

Das Geschäft mit den Miettanks

Die wenigen großen Flüssiggasfirmen sind im Deutschen Verband Flüssiggas e. V. (DVFG) organisiert. Sie verkaufen Flüssiggas über Miettanks, die der Kunde vom Flüssiggaslieferanten mietet. 80 Prozent aller rund 420.000 Flüssiggastanks sind Miettanks. Miettankkunden können den Flüssiggaslieferanten nicht frei wählen. Denn die Befüllung von Miettanks durch ein anderes Unternehmens ist in den Mietverträgen untersagt (Tz  333). Diese Praxis ist eine wesentliche Einschränkung des Wettbewerbs, wurde jedoch vom Bundesgerichtshof bestätigt (Tz 396). Dennoch ist auch für Miettankkunden ein Anbieterwechsel möglich. Das Vertragsverhältnis mit dem bisherigen Lieferanten kann beendet und der Tank zurückgegeben werden. Dann kann ein neuer Lieferant gesucht werden, von dem ein Tank gemietet wird. Oder es wird ein eigener Tank angeschafft, der dann fallweise vom günstigsten Anbieter am Markt befüllt werden darf. Die Flüssiggasfirmen versuchen jedoch mit allen Tricks, die Beendigung von bestehenden Miettankverhältnissen zu verhindern, zum Beispiel durch monatelange Verweigerung von Gaslieferungen auch im Winter oder durch Bestehen auf Herausgabe des Tanks – selbst wenn dafür Garten und Bäume zerstört werden müssen.

Transportgemeinschaft Transgas

„Die in Deutschland führenden Versorgungsunternehmen schlossen sich schon ab Beginn der 1960er Jahre zu regionalen Transportgemeinschaften in wechselnder Beteiligung zusammen, um steigenden Transportkosten für die Ausfuhr von Flüssiggas zu senken. Dabei bildete sich eine bundesweite Infrastruktur von Auslieferungslagern heraus“ (Tz 11).  Gemeinsam wurde die Firma Transgas gegründet, die kein eigenes Gas anbietet.

Neben den Kartellfirmen gibt es auch freie Flüssiggasanbieter, die nur Kunden mit eigenem Flüssiggastank beliefern dürfen. Die Preise liegen hier um 30 bis 50 Prozent unter den Preisen der Kartellanbieter (Tz 673).

Der Nichtangriffspakt

Die Kartellanbieter befürchteten einen Preisverfall angesichts der Ausbreitung von Erdgas und der Mengenrückgänge. „Sie beschlossen jedenfalls stillschweigend die den Gegenstand des Verfahrens bildende bundesweit wirkende Grundabsprache, während ihrer Zusammenarbeit in den Ausfuhrgesellschaften „nicht aktiv“ Bestandskunden der anderen Gesellschafter und Kooperationspartner abzuwerben (Nichtangriffspakt)“
(Tz 12). „Der Beitritt zu den Ausfuhrkooperationen war gleichbedeutend mit dem stillschweigenden Abschluss eines kartellrechtswidrigen gegenseitigen Kundenschutzes. […] Den Leitungspersonen war nicht nur bewusst, dass die Absprache geeignet war, den (Preis-) Wettbewerb um Bestandskunden zu verhindern, sondern es kam ihnen gerade auf diesen Effekt an“ (Tz 13). Die Betroffenen „hielten ihre Mitgeschäftsführer und Mitarbeiter der Call-Center dazu an, anfragenden Kunden anderer DVFG-Mitgliedsunternehmen keine oder überhöhte Flüssiggaspreise zu nennen“ (Tz 20).

Preistransparenz nur dank dem Bund der Energieverbraucher

„Die Flüssiggaspreise wurden für den preisbewusster gewordenen Endverbraucher erst transparenter, als der Bund der Energieverbraucher seit etwa dem Jahr 2000 auf seiner Internetseite eine sogenannte „Flüssiggasbörse“ mit wöchentlich aktuellen Preisen für Flüssiggas veröffentlichte. Zuvor gab er vierteljährlich eine Zeitschrift mit dem Titel „Energiedepesche“ heraus, in der die Flüssiggaspreise der vergangenen Monate veröffentlicht waren“ (Tz 361).

Tankdatenbank verhindert Wettbewerb

Im gemeinsamen Transportunternehmen der Kartellfirmen, der Transgas, existierte eine Datenbank aller Flüssiggastanks. Jeder Tank war einem bestimmten Versorgungsunternehmen, dem Erstlieferanten, zugeordnet (Tz 524). „Wurde der Bestandskunde von einem anderen Kartellunternehmen als neuer Kunde gemeldet, wurde eine sogenannte „Wettbewerbsmeldung“ an die Geschäftsführer der beteiligten Unternehmen gegeben und der Fall wurde einer einvernehmlichen Lösung zugeführt“ (Tz 524). „Das Wettbewerbsmeldewesen […] schuf eine gegenseitige potentielle und praktizierte Kontrolle der Kartellteilnehmer. Dadurch erhielt das Kartell, wie beabsichtigt, über die faktische Verbindlichkeit der Absprache hinaus eine zusätzliche innere Stabilität und Festigkeit“ (Tz 527). Jedes Wochenende erfolgte ein Stammdatenabgleich zwischen den Versorgungsunternehmen und der Transgas (Tz 541).

Kein Preiswettbewerb

„Aufgrund der Kundenschutzabrede fand ein wirksamer Preiswettbewerb in Bezug auf die Bestandskunden, die einen Anteil von über 80 Prozent aller potenziellen Kunden ausmachten, weithin nicht mehr statt. Insbesondere ab Ende der 1990er Jahre ging fast nur noch von den verstärkt auftretenden sogenannten freien Anbietern, die dem Kartell nicht angehörten und ihre Preissetzung auch nicht an dem Kartellpreisniveau orientierten, ein restlicher Wettbewerb aus. Zudem schuf die Kundenschutzabrede [...] einen erhöhten, nicht markt- und wettbewerbskonformen Verhaltensspielraum im Falle von Expansionen durch Zukauf von Kundenstämmen und Unternehmen“ (Tz 549).

Die Betroffenen leugnen

„Alle verurteilten Betroffenen [...] stellen die Beteiligung an einer Kartellabsprache in Abrede“ (Tz 557). Das Urteil zitiert aus einem Workshop-Protokoll vom 8. Juni 2000. „Es besteht ein „Gentlemen Agreement“, dass vorhandene Kunden nicht von einem Wettbewerber, der Gesellschafter von Transgas ist, beliefert werden, aber kleine Firmen [...] entwickeln sich wegen der niedrigen Preise (-30 bis -50 Prozent gegenüber den Tarifen von […]) zu immer ernsthafteren Wettbewerbern“ (Tz 673).

„Entscheidendes Motiv für den einvernehmlichen Verzicht auf Bestandskundenwettbewerb war danach die allseits geteilte Furcht vor wettbewerblichen Reaktionen und die Scheu vor („ruinösem“) Wettbewerb“ (Tz 714). „Es kam ihnen (den Managern des Kartells, Anm. d. Red.) auch darauf an, die Wettbewerbsbeschränkungen durchzusetzen. Nur so konnten sie die Margen aufrechterhalten und die sich bietenden Preissetzungsspielräume zur Expansion ihrer Unternehmen nutzen. Als erfahrene Kaufleute wussten sie auch, dass der Abschluss einer Kundenschutzabsprache [...] gegen das Kartellgesetz verstieß“ (Tz 765).

„Dem Senat ist dabei bewusst, dass kein unmittelbares Beweismittel die Existenz einer Kartellabsprache bestätigt hat. Indes ist nach einer Gesamtwürdigung der Vielzahl von Umständen und der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass eine solche Absprache [...] vorlag“ (Tz 768).

Das Bußgeld

Das Bußgeld bemisst sich nach dem Mehrerlös, den die Beschuldigten durch den Kartellverstoß erzielten. Den hypothetischen Wettbewerbspreis ermittelte das Gericht durch minutiöse Recherche und Datenauswertungen von insgesamt 137.363 Einzeltransaktionen (Tz 1042). Angesichts der 420.000 Tankgaskunden, 80 Prozent davon im Miettankbereich, der deutlichen Preisüberhöhung von 40 bis 100 Prozent und einem acht Jahre umfassenden Tatzeitraum ist die Höhe der Bußgelder trotz der hohen Summen verhältnismäßig gering.

Fazit

Das Urteil ist erfreulich klar. Die Missstände in der Branche sind jedoch noch nicht beseitigt: Überhöhte Preise für Miettankkunden und Behinderungen beim Ausstieg aus einem Tankmietvertrag gehören noch immer zur täglichen Beratungspraxis vom Bund der Energieverbraucher.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

§ 1 „Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten“.

Oberlandesgericht Düsseldorf erhöht Kartellstrafen gegen Flüssiggas-Kartell

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V. am 17. April 2013

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Oberlandesgericht Düsseldorf erhöht Kartellstrafen gegen Flüssiggas-Kartell

(17. April 2013) Der 4. Kartellsenat des Oberlandesgerichts hat am 15. April 2013 gegen Unternehmen der Flüssiggasbranche Geldbußen in Höhe von rund 244 Millionen Euro verhängt (Aktenzeichen: VI-4 Kart 2-6/10 (OWi)). Das Urteil ist noch nicht veröffentlicht und noch nicht rechtskräftig.

Das Bundeskartellamt hatte zwischen 2007 und 2009 gegen 11 marktführende Unternehmen der Branche und das von ihnen betriebene Transportunternehmen Transgas sowie 9 verantwortliche Manager Geldbußen in Höhe von insgesamt rund 250 Millionenhöhe festgesetzt (Az B11-20/05, vgl. Pressemitteilungen des Bundeskartellamts vom 19.12.2007 und 15.04.2009).

Die Bußgeldbescheide des Bundeskartellamts

Die Behörde hatte den Firmen vorgeworfen, zwischen 1997 und 2005 für die Produkte Tankgas und Flaschengas Vereinbarungen dahin getroffen zu haben, sich nicht gegenseitig Bestandskunden abzuwerben. Wechselwilligen Kunden sei auf Nachfrage kein oder ein überhöhter „Abschreckungspreis“ genannt worden. Zur Kontrolle der Absprachen hätten sich die Unternehmen über Kundenanfragen gegenseitig informiert. Der Bescheid gegen Thermogas und seinen ehemaligen Geschäftsführer ist rechtskräftig geworden. Gegen die übrigen Bußgeldbescheide des Bundeskartellamtes hatten die beschuldigten Unternehmen (Drachen-Propangas GmbH, Frankfurt, Friedrich Scharr KG Stuttgart, Sano Propan GmbH Nürnberg, Tyczka Energie KGaA Geretsried, Tyczka Totalgas GmbH Geretsried, Primagas GmbH Krefeld, Propangas GmbH & Co KG Dortmund, Transgas GmbH Dortmund, Westfalen AG Münster, Propan Rheingas GmbH & Co KG Brühl) Einspruch eingelegt.

Drei Jahre Verhandlung vor dem OLG

In den nunmehr zuerst verhandelten Verfahren gegen fünf der Unternehmen sowie das von ihnen betriebene Transportunternehmen Transgas erging jetzt das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf. Nach einer äußerst umfangreichen Beweisaufnahme über gut drei Jahre hat das Gericht unter dem vorsitzenden Richter Manfred Winterscheidt die Kartellvorwürfe im Bereich „Tankgas“ als im Kern erwiesen angesehen. Auf Basis einer Schätzung der kartellbedingten Mehrerlöse hat es gegen vier der Unternehmen Bußgelder in Höhe von 35, 43, 65 und 100 Millionen Euro verhängt. Diese fielen dabei um bis zu 85% höher aus als vom Bundeskartellamt festgesetzt. Bußgelderhöhend wirkten neben einer abweichenden Schätzung des Mehrerlöses u.a. die Dauer und Schwere der Tat betreffend ein Gut der allgemeinen Daseinsvorsorge. Auch das fünfte Unternehmen und das Transportunternehmen wurden mit Geldbußen belegt. Das Verfahren betreffend die vier weiteren Unternehmen wurde abgetrennt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es gilt als sicher, dass gegen das Urteil Revision beim BGH eingelegt wird.

Die Story

Im Jahr 2003 hatte eine Gemeinschaft freier Flüssiggasanbieter Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht. Das Bundeskartellamt leitete daraufhin unter seinem damaligen Präsidenten Ulf Böge ein Ermittlungsverfahren ein. Leider hat das Kartellamt seither viel von seinem damaligen Engagement für Verbraucher und Wettbewerb eingebüßt.

Razzia am 3. Mai 2005

Wegen des Verdachts gesetzwidriger Absprachen hat das Bundeskartellamt am 3. Mai 05 bei einer bundesweiten Razzia mehrere Unternehmen der Flüssiggasbranche durchsucht. Zwölf Objekte in fünf Bundesländern waren von Kriminalbeamten in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen durchsucht worden.

Der Bund der Energieverbraucher unterstützt Kartellamt und OLG

Der Bund der Energieverbraucher e.V. hatte das Bundeskartellamt bei der Aufklärung des Sachverhalts unterstützt. Besonders bei der Ermittlung des Schadens waren die laufenden vom Verein ermittelten Marktpreise freier Anbieter sehr wichtig.

Auch im vor dem OLG-Düsseldorf trug der Bund der Energieverbraucher e.V. zur Aufklärung bei. Aribert Peters als Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher, der Flüssiggasexperte des Vereins Gert Gaetke und andere Mitarbeiter des Vereins wurden als Zeugen vernommen. In den über Stunden und Tage andauernden Zeugenbefragungen versuchten die zahlreichen Anwälte der betroffenen Flüssiggas-Unternehmen mit allen Mitteln, die Zeugen unglaubwürdig erscheinen zu lassen und zu verunsichern. Das mag legal sein, spiegelt aber auch das Verhalten mancher Lieferanten im Umgang mit ihren Kunden sehr deutlich wieder.

Schadensersatz der betroffenen Verbraucher

Den durch das Kartell geschädigten Verbrauchern steht nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen § 33 Abs. (3) ein Ersatz des Schadens zu. Erst nach der Rechtskraft der Bußgeldbescheide sind jedoch Schadensersatzprozesse erfolgversprechend. Denn dann gilt der Kartellverstoß als erwiesen und muss nicht erneut unter Beweis gestellt werden.

Der Bund der Energieverbraucher sammelt derzeit die Ansprüche der betroffenen Verbraucher, um sie später dann gebündelt geltend zu machen. Die betroffenen Verbraucher, die zwischen 1. Juli 1997 und 1. Mai 2005 von Drachen-Propangas, Friedrich Scharr KG, Sano-Propan, Tyczka Energie, Tyczka Totalgas, Primagas, Progas, Transgas, Thermogas, Westfalen AG oder Propan Rheingas beliefert wurden, sollten sich unverbindlich melden und ihre Adresse hinterlegen. Dafür kann ein Formular auf www.energieverbraucher.de genutzt werden.

Hintergrund

In Deutschland heizen etwa 585.000 Haushalte mit Flüssiggas. Das sind rund drei Prozent aller Haushalte. Etwa 80 Prozent des Marktes werden von fünf kartellartig organisierten Firmen abgedeckt. Diese Firmen vermieten Tanks langfristig und verpflichten die Verbraucher mit dem Mietvertrag zum ausschließlichen Gasbezug zu dem vom Vermieter festgelegten Preis. Daneben gibt es einen freien Flüssiggasmarkt, auf dem die Preise etwa dreißig bis fünfzig Prozent unter den Preisen des Kartells liegen. Bereits durch eine einzige günstige Tankfüllung könnten Verbraucher den Kaufpreis eines eigenen Tanks erwirtschaften.

Jedoch wird Verbrauchern immer noch der freie Gasbezug auf dem Markt verwehrt und erschwert: Durch Tankmiet-und Lieferverträge schotten die Kartellfirmen ihren Markt ab und unterlaufen den Wettbewerb:

  • Die Kunden werden bei Vertragsabschluss meist falsch informiert und unterschreiben in dem Glauben, einen eigenen Tank erworben zu haben.
  • Viele Verträge haben eine unzulässig lange Laufzeit: Zulässig sind höchstens zwei Jahre, abgeschlossen wird oft auf zehn und mehr Jahre.
  • Die Verträge verpflichten meist zum ausschließlichen Gasbezug und schließen Fremdbetanken aus. Dieses Recht wird rigoros und mit allen Mitteln durchgesetzt.
  • Bei Vertragsende weigern sich die Kartellfirmen meist, die Tanks zu einem angemessenen Restwert abzugeben.
  • Die Verträge enthalten oft unzulässige Preisanpassungsklauseln. Dagegen hat der Bund der Energieverbraucher erfolgreich prozessiert

Der Bund der Energieverbraucher setzt sich seit drei Jahrzehnten für einen freien Flüssiggasmarkt ein. Er informiert im Internet ausführlich, auch über die Preise freier Flüssiggasanbieter.

"Sie niveauloser Kerl!"

Elf Flüssiggasunternehmen und neun Geschäftsführer sollen insgesamt 250 Millionen Euro Bußgelder berappen.

"Sie niveauloser Kerl!"

Elf Flüssiggasunternehmen und neun Geschäftsführer sollen insgesamt 250 Millionen Euro Bußgelder berappen. Das Bundeskartellamt wirft den Betroffenen Kundenschutzabsprachen vor. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf zeigen sich die Flüssiggasanbieter einmal mehr von ihrer unangenehmen Seite: Sie versuchen, Zeugen zu verunsichern und leisten sich außerhalb des Gerichtssaals deftige Entgleisungen.

(17. Dezember 2010) Nach seinen Durchsuchungen im Jahr 2005 kam das Kartellamt zu dem Schluss, dass die betroffenen Unternehmen Kundenschutzabsprachen mit einer Wirkung ähnlich einem Gebietskartell getroffen hatten - inklusive einzelnen Elementen von Preisabsprachen. Betroffen sind die führenden Flüssiggasanbieter, insbesondere die Mitglieder des Deutschen Verbandes Flüssiggas e.V. (DVFG). Seit mindestens 1997 hatten sie sich darauf verständigt, sich gegenseitig keine Kunden abzuwerben. Wechselwilligen Kunden wurde auf Nachfrage kein Preis oder nur ein überhöhter "Abschreckungspreis" genannt. Diese Absprachen schädigten die Verbraucher erheblich. Dies gilt besonders für Kunden, die einen Miettank der etablierten Flüssiggasanbieter nutzten: Sie waren den überhöhten Preisen schutzlos ausgeliefert.

Das Bundeskartellamt hat die Bußgelder nach der Mehrerlösberechnung ermittelt. Dabei hat es die Preise der freien Anbieter als Maßstab für die Berechnung der durch das Kartell erzielten erheblichen Mehrerlöse genommen. Für diese Berechnung hatte der Bund der Energieverbraucher seine Archive zur Verfügung gestellt, denn der Verein veröffentlicht seit vielen Jahren regelmäßig die regionalen Preise freier Flüssiggasanbieter.

Entgleisungen beim Einspruchsverfahren

Vor dem vierten Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird derzeit über die Einsprüche gegen die Bußgeldbescheide des Kartellamtes verhandelt (Az. VI-4 Kart 2-6/10 OWi). Die Flüssiggas-Lieferanten wehren sich gegen den Vorwurf, den Endverbraucher durch Preis- und Gebietsabsprachen übervorteilt zu haben. Das Kartellamt spricht von teilweise bis zu 100 Prozent überhöhten Preisen. In dem Verfahren wurde Aribert Peters als Vorsitzender des Bundes der Energieverbraucher, der Flüssiggasexperte des Vereins Gert Gaetke und Bernadette Hövelmann als Zeugen vernommen. In den über Stunden andauernden Zeugenbefragungen versuchten die zahlreichen Anwälte der betroffenen Flüssiggas-Unternehmen mit allen Mitteln, die Zeugen unglaubwürdig erscheinen zu lassen und zu verunsichern. Das mag legal sein, spiegelt aber auch das Verhalten mancher Lieferanten im Umgang mit ihren Kunden sehr deutlich wieder.

Dass die Nerven bei den Lieferanten blank liegen, ist verständlich - schließlich geht es um sehr, sehr viel Geld. In einem E-Mail-Schriftwechsel schrieb der Vorsitzende des DVFG Richard Hareiner und früherer Geschäftsführer von Tyczka an Gert Gaetke: "Ich verbitte mir jede weitere Kontaktaufnahme ... Sie niveauloser Kerl". Zu solchen Entgleisungen sollte es allerdings nicht kommen, nicht im Gerichtssaal und auch nicht außerhalb.

Die Bußgeldbescheide sind noch nicht rechtskräftig. Es ist damit zu rechnen, dass erst der Bundesgerichtshof die Verfahren endgültig entscheidet. Deshalb ist noch mit länger andauernden rechtlichen Auseinandersetzungen zu rechnen.

Flüssiggas-Kunden gesucht

Den durch das Kartell geschädigten Verbrauchern steht nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen § 33 Abs. (3) ein Ersatz des Schadens zu. Erst nach der Rechtskraft der Bußgeldbescheide sind jedoch Schadensersatzprozesse erfolgversprechend. Denn dann gilt der Kartellverstoß als erwiesen und muss nicht erneut unter Beweis gestellt werden.

Der Bund der Energieverbraucher sammelt derzeit die Ansprüche der betroffenen Verbraucher, um sie später dann gebündelt geltend zu machen. Die betroffenen Verbraucher, die zwischen 1. Juli 1997 und 1. Mai 2005 von Drachen-Propangas, Friedrich Scharr KG, Sano-Propan, Tyczka Energie, Tyczka Totalgas, Primagas, Progas, Transgas, Thermogas, Westfalen AG oder Propan Rheingas beliefert wurden, sollten sich unverbindlich melden und ihre Adresse hinterlegen. Dafür kann nachfolgendes Formular genutzt werden.

Schadensersatz für Flüssiggaskunden

Thermogas Verfügung rechtskräftig

Schadensersatz für Flüssiggaskunden

(23. Dezember 2009) Das Bundeskartellamt hat gegen elf Flüssiggasanbieter Bußgeldentscheidungen erlassen. Durch kartellrechtswidriges Verhalten sind viele hunderttausend Verbraucher betroffen, die in den vergangenen Jahren überhöhte Preise zahlen mussten. Die betroffenen Verbraucher können gegen die Flüssiggasanbieter Schadensersatzansprüche geltend machen.

Zuvor müssen jedoch die Bußgeldentscheidungen Rechtskraft erlangen. Zehn betroffene Unternehmen haben Einspruch eingelegt. Die Entscheidung steht beim Oberlandesgericht Düsseldorf an. Für den elften Anbieter - die Stuttgarter Thermogas GmbH - ist der Bußgeldbescheid bereits rechtskräftig.

Betroffene Kunden sollten sich beim Bund der Energieverbraucher melden, um weitere Schritte gemeinsam mit anderen Verbrauchern einzuleiten.

Bundeskartellamt verhängt Millionenbußen gegen weitere Flüssiggasunternehmen

Zum Schaden der Verbraucher: Die Unternehmen trafen illegale Preisabsprachen.

Bundeskartellamt verhängt Millionenbußen gegen weitere Flüssiggasunternehmen

(16. April 2009) Das Bundeskartellamt hat gegen die Westfalen AG, Münster, und die Propan Rheingas GmbH & Co. KG, Brühl, wegen der Teilnahme an Kartellabsprachen Bußgelder von insgesamt 41,4 Mio. € verhängt. Den Unternehmen wird zur Last gelegt, seit mindestens 1997 bis zur Durchsuchung im Mai 2005 auf den Märkten für Tank- und Flaschengas durch Kundenschutzabsprachen und flankierende Preisabstimmungen den Wettbewerb beschränkt zu haben.

Bereits im Dezember 2007 und im Februar 2008 waren gegen neun Unternehmen der Flüssiggasbranche sowie deren Geschäftsführer wegen derartiger Absprachen Bußgelder in Höhe von insgesamt rund 209 Mio. € Mio. Euro verhängt worden.

Die betroffenen Unternehmen sind in der Belieferung von Privat- und Gewerbekunden mit Flüssiggas in Kleintanks (bis 5,6 t) und mit Flaschengas tätig. Bei den am Kartell beteiligten Unternehmen handelt es sich um Flüssiggasanbieter aus dem Kreis des Deutschen Verbandes Flüssiggas e.V. (DVFG).

Der Bußgeldbescheid gegen eines der Unternehmen und ihren persönlich betroffenen Geschäftsführer ist rechtskräftig. Gegen die übrigen Bußgeldbescheide wurden Einsprüche eingelegt bzw. können noch Einsprüche eingelegt werden, über die das OLG Düsseldorf entscheiden wird.

04_ Flüssiggastank
Zum Schaden der Verbraucher: Die Unternehmen trafen illegale Preisabsprachen

Millionenbußen gegen Flüssiggasunternehmen

Verbraucher prüfen Rückzahlungsansprüche

Millionenbußen gegen Flüssiggasunternehmen - Verbraucher prüfen Rückzahlungsansprüche

(4. Januar 2008) Das Bundeskartellamt hat gegen sieben Unternehmen der Flüssiggasbranche sowie deren Geschäftsführer Bußgelder in Höhe von insgesamt knapp 208 Mio. Euro wegen Kundenschutzabsprachen verhängt. Bei den betroffenen Unternehmen handelt es sich um die folgenden Unternehmen:

  • Drachen-Propangas GmbH, Frankfurt
  • Friedrich Scharr KG, Stuttgart
  • Progas GmbH & Co KG,
  • Dortmund Primagas GmbH, Krefeld
  • Sano-Propan GmbH, Nürnberg
  • Tyczka Energie KGaA und
  • Tyczka Totalgaz GmbH, Geretsried

Gegen vier weitere Unternehmen sind Verfahren noch anhängig. Die betroffenen Unternehmen sind in der Belieferung von Privat- und Gewerbekunden mit Flüssiggas in Kleintanks (bis 5,6 t) oder mit Flaschengas tätig. Bei den am Kartell beteiligten Unternehmen handelt es sich zum Teil um deutsche Tochtergesellschaften von europaweit agierenden Flüssiggas- und Mineralölunternehmen.

Kartellamtspräsident Bernhard Heitzer: "Nach der Durchsuchung durch das Bundeskartellamt haben wir keine Zweifel am Vorsatz der beschuldigten Flüssiggashändler. Es handelt sich um eine Kundenschutzabsprache mit einer Wirkung ähnlich einem Gebietskartell, das sogar einzelne Elemente von Preisabsprachen enthält."

Die Auswertung der bei der Durchsuchung der betreffenden Unternehmen im Mai 2005 sichergestellten Unterlagen und Dateien hat ergeben, dass sich die führenden Flüssiggasanbieter, insbesondere die Mitglieder des Deutschen Verbandes Flüssiggas e.V. (DVFG), seit mindestens 1997 verständigt hatten, sich gegenseitig keine Kunden abzuwerben. Kunden von Wettbewerbern durften von Mitarbeitern anderer Lieferanten nicht abgeworben werden. Wechselwilligen Kunden wurde auf Nachfrage kein Preis oder nur ein überhöhter "Abschreckungspreis" genannt. Abgesichert wurde die Kartellabsprache im Tankgasgeschäft durch ein System von "Wettbewerbsmeldungen": Über Kundenanfragen informierte man sich wechselseitig bzw. sorgte bei doch erfolgtem Lieferantenwechsel für Kompensation. Meldestelle war das von mehreren Kartellbeteiligten gemeinschaftlich betriebene Transportunternehmen Transgas. Bei Flaschengas dienten sog. Flaschenpools als Basis der Kundenschutzabsprache. Damit ergab sich bei den an der Absprache beteiligten Unternehmen - diese machen ca. die Hälfte des deutschen Marktes aus - ein Preisniveau, das weit über dem Preisniveau kleinerer, sogenannten freier Anbieter lag. Obwohl Flüssiggas ein ebenso homogenes Gut wie z.B. Heizöl ist, ergaben sich bei Flüssiggas kartellbedingt Preisunterschiede von bis zu 100 %.

Kartellamtspräsident Bernhard Heitzer: "Durch die Kundenschutzabsprachen wurden die Verbraucher über viele Jahre hinweg in erheblicher Weise geschädigt. Dies gilt gerade für die Kunden, die einen Miettank der etablierten Flüssiggasanbieter nutzen. Sie waren den überhöhten Preisen schutzlos ausgeliefert."

Da die Verstöße noch vor in Kraft treten der neuen Bußgeldleitlinien stattgefunden haben, hat das Bundeskartellamt die Bußgelder nach dem alten System der Mehrerlösberechnung ermittelt. Dabei hat es die Preise der freien Anbieter als Maßstab für die Berechnung der durch das Kartell erzielten erheblichen Mehrerlöse genommen. Die Unternehmen trugen im Rahmen des rechtlichen Gehörs u.a. vor, dass derartig hohe Geldbußen sie in ihrer Existenz gefährden würden. Das Bundeskartellamt hat die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Unternehmen mindernd berücksichtigt, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass hinter den Unternehmen durchweg potente Muttergesellschaften stehen, die die Möglichkeit haben, ihre Marktstellung in Deutschland durch eine Zahlung der Geldbußen ohne weiteres sicherzustellen.

Die Bußgeldbescheide sind noch nicht rechtskräftig. Die betroffenen Personen und Unternehmen können gegen die Beschlüsse Einspruch beim OLG Düsseldorf einlegen.

Der Bund der Energieverbraucher hat die Bußgeldbescheide begrüsst. Der Verbraucherverein prüft derzeit die Schadensersatzansprüche, die den betroffenen Verbrauchern möglicherweise gegenüber den Flüssiggasfirmen zustehen.

Flüssiggaskunden aufgepasst:

Der Bund der Energieverbraucher prüft, wie geschädigte Kunden ihren Schadensersatzanspruch gegenüber den Unternehmen durchsetzten können.

Wer sich anschließen will, sollte dem Verein seinen Namen, seine Lieferfirma und die Bezugsmenge mitteilen.

Razzia bei Flüssiggas-Unternehmen

Wegen des Verdachts gesetzwidriger Absprachen hat dasBundeskartellamt am 3. Mai 05 bei einer bundesweiten Razzia mehrereUnternehmen der Flüssiggasbranche durchsucht.

Razzia bei Flüssiggas-Unternehmen

(3. Mai 2005) Wegen des Verdachts gesetzwidriger Absprachen hat das Bundeskartellamt am 3. Mai 05 bei einer bundesweiten Razzia mehrere Unternehmen der Flüssiggasbranche durchsucht. Zwölf Objekte in fünf Bundesländern seien von den durch Vertreter der Landeskriminalämter unterstützten Beamten in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen untersucht worden, teilte das Amt in Bonn mit. Angaben über die betroffenen Unternehmen machten die Kartellwächter nicht. Die Unternehmen stünden im Verdacht, den Markt aufgeteilt und sich "gegenseitig zugesichert zu haben, ihre jeweils bestehenden Kundenstämme zu respektieren", sagte Kartellamts-Präsident Ulf Böge in Bonn.

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1991-2003

 

Viele Kunden wollten nach den Preiserhöhungen der vergangenen Jahre (Bild) zu einem günstigeren Anbieter wechseln, hatten jedoch keinen anderen Anbieter gefunden und hatten daraufhin das Kartellamt eingeschaltet. Bereits im Jahr 2003 hatte eine Gemeinschaft freier Flüssiggasanbieter Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht.

In Deutschland heizen etwa 585.000 Haushalte mit Flüssiggas. Das sind rund drei Prozent aller Haushalte. Etwa 80 Prozent des Marktes werden von fünf kartellartig organisierten Firmen abgedeckt. Diese Firmen vermieten Tanks langfristig und verpflichten die Verbraucher mit dem Mietvertrag zum ausschließlichen Gasbezug zu dem vom Vermieter festgelegten Preis. Daneben gibt es einen freien Flüssiggasmarkt, auf dem die Preise etwa dreißig bis fünfzig Prozent unter den Preisen des Kartells liegen. Bereits durch eine einzige günstige Tankfüllung könnten Verbraucher den Kaufpreis eines eigenen Tanks erwirtschaften.

Jedoch wird Verbrauchern immer noch der freie Gasbezug auf dem Markt verwehrt und erschwert: Durch Tankmiet-und Lieferverträge schotten die Kartellfirmen ihren Markt ab und unterlaufen den Wettbewerb:

  • Die Kunden werden bei Vertragsabschluss meist falsch informiert und unterschreiben in dem Glauben, einen eigenen Tank erworben zu haben.
  • Viele Verträge haben eine unzulässig lange Laufzeit: Zulässig sind höchstens zwei Jahre, abgeschlossen wird oft auf zehn und mehr Jahre.
  • Die Verträge verpflichten meist zum ausschließlichen Gasbezug und schließen Fremdbetanken aus. Dieses Recht wird rigoros und mit allen Mitteln durchgesetzt.
  • Bei Vertragsende weigern sich die Kartellfirmen meist, die Tanks zu einem angemessenen Restwert abzugeben.
  • Die Verträge enthalten oft unzulässige Preisanpassungsklauseln. Dagegen hat der Bund der Energieverbraucher erfolgreich prozessiert (www.energieverbraucher.de/seite1521.html)

 

Der Bund der Energieverbraucher setzt sich seit mehr als zehn Jahren für einen freien Flüssiggasmarkt ein. Er informiert im Internet ausführlich (www.energieverbraucher.de/seite83.html) und hat auch ein Diskussionforum für betroffene Verbraucher eingerichtet (http://forum.energienetz.de/index.php?board=5.0).

Der Bund der Energieverbraucher berät und unterstützt Verbraucher, die aus ihrem Flüssiggasvertrag aussteigen wollen (www.energieverbraucher.de/seite333.html)

Er hat eine Flüssiggas-Anwalts-Hotline zu einem erfahrenen Rechtsanwalt geschaltet (Tel: 0900 123 33 80 Mo 10.00-12.00 Uhr, Di - Fr 16.00-18.00 1,86 Cent/Min).

Der Bund der Energieverbraucher informiert im Internet auch laufend über die Preise freier Flüssiggasanbieter (www.energieverbraucher.de/seite1101.html).

 

letzte Änderung: 04.11.2019