ED 04/12 Eine Welt ohne Öl (S.30-31)
Bestechung in Deutschland

Gesetzeslücke: Bestechung in Deutschland

(13. Dezember 2016) Deutschland hat kein Gesetz gegen die Bestechung von Abgeordneten, auch die maßgebliche Konvention der Vereinten Nationen gegen Korruption ist nicht ratifiziert, kritisiert Verfassungsrechtler Hans Herbert von Arnim.

Mandatsträger erhalten Diäten, die ihre politische Unabhängigkeit sichern sollen. Ein Politiker, der gleichzeitig als Cheflobbyist bezahlt wird, verkauft aber eben diese Unabhängigkeit.

Dadurch verlieren die Bürger ihr Vertrauen in die Politik. Politische Amtsträger sollten das Gemeinwohl im Blick haben, nicht die Interessen einzelner Unternehmen oder Branchen – und sich schon gar nicht von diesen dafür bezahlen lassen.

„Die Bekämpfung von Korruption und unethischem Verhalten ist für das Überleben demokratischer freiheitlicher Gesellschaften die größte Herausforderung unserer Zeit“, sagt Prof. Edda Müller, Vorsitzende von Transparency International in Deutschland.

Industrieverbände richten ganze Abteilungen ein, nur um passende Argumente im Sinne ihrer Interessen aufzubereiten und diese strategisch geplant an Medien und Politiker heranzutragen.

Lobbyisten schwärmen gezielt aus, um bestimmte Politiker auf Tagungen und Events zu beeinflussen. Dabei schreckt man auch vor der Verbreitung von Unwahrheiten nicht zurück. Zu wichtigen Themen werden alle Medienäußerungen registriert und die Industrieargumente werden in Gesprächen an die Redaktionen herangetragen.

All dies geschieht im Verborgenen, ist jedoch völlig legal und zeitigt den gewünschten Erfolg. Es geht schließlich um viele Milliarden.

Warum ist Lobbyismus überhaupt ein Problem?

Die Organisation LobbyControl hat dazu zehn Thesen aufgestellt:

  1. Lobbyismus in Deutschland und der EU findet vor dem Hintergrund wachsender gesellschaftlicher Ungleichheiten und verfestigter Machtstrukturen statt.
  2. Lobbyismus in seiner gegenwärtigen Form benachteiligt diejenigen, die über weniger Ressourcen oder Zugänge verfügen.
  3. Der Lobbyismus ist vielfältiger, partikularer und professioneller geworden.
  4. Lobbyismus ist mehr als die direkte Beeinflussung politischer Entscheidungsträger: Wissenschaft, Medien und die breite Öffentlichkeit sind längst im Fokus von Lobby- und PR-Kampagnen.
  5. Der Staat öffnet sich mehr und mehr für Lobbyeinflüsse.
  6. Zunehmende finanzielle und personelle Verflechtungen gefährden die Unabhängigkeit demokratischer Institutionen und die Ausgewogenheit politischer Entscheidungen.
  7. Die zunehmende Verlagerung vieler wichtiger Entscheidungen nach Brüssel führt zu einem strukturellen Vorteil für starke Lobbyakteure.
  8. Intransparenz erschwert demokratische Kontrollmöglichkeiten.
  9. Bürgerinnen und Bürger stehen dem Lobbyismus weitaus kritischer gegenüber als ihre (Volks-)VertreterInnen.
  10. Die Demokratie ist in Gefahr – Lobbyregulierung ist eine Zukunftsaufgabe.

Das gesamte Thesenpapier finden Sie unter: bdev.de/lobbycontrol10

letzte Änderung: 27.04.2019