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Albtraum Jahresrechnung

Viele Strom- und Gasrechnungen sind falsch. Wer glaubt, wenigstens die Zählerstände wären korrekt, der täuscht sich. Wie manche Energieversorger ihre Kunden einfach in die Kostenfalle laufen lassen, darüber berichtet unsere Rechtsanwältin Leonora Holling.

(20. September 2016) Verbraucher sollten ihre Rechnung sehr genau kontrollieren, bevor sie diese akzeptieren. Versorger schätzen, obwohl sie das oft nicht dürfen, zu niedrige Verbräuche, um dann später umso kräftiger zu kassieren. Dieses Abrechnungsverhalten vieler Billiganbieter und auch etablierter Versorger ist nicht akzeptabel.

Die Energierechnung basiert auf dem Strom- oder Gasverbrauch. Die dafür ausschlaggebende Ablesung der Zählerstände erfolgt jedoch nicht durch den Versorger, sondern durch den Messstellenbetreiber – in der Regel der lokale Netzbetreiber. Dies trifft sogar in den Fällen zu, in denen Netzbetreiber mit Messdienst und Versorger „quasi unter einem Dach, dennoch wirtschaftlich und rechtlich getrennt als selbständige Gesellschaften“ agieren. Es ist daher der Netzbetreiber, dessen Ableser bei Verbrauchern persönlich vorstellig wird oder diese zur Selbstablesung auffordert, nicht der Versorger. Dies sogar dann, wenn der Kunde seinen Zählerstand online seinem Versorger übermittelt hat.

Rechtlich gesehen kommt es nur darauf an, welchen Zählerstand der Netzbetreiber(!), nicht der Verbraucher, an den Versorger gemeldet hat. Viele Verbraucher haben sich aus diesem Grunde bereits gewundert, warum sie nicht nur ihrem Versorger den Zählerstand übermitteln sollten, sondern auch noch ein Ableser des Netzbetreibers zusätzlich vor der Tür stand. Das klingt zunächst unverfänglich, eröffnet aber Tür und Tor für Manipulationen, die leider bereits Realität geworden sind.

Unzulässige Schätzung

Oft kommen zu mir Verbraucher, weil die in der Jahresrechnung aufgeführten Verbräuche nicht mit den in der Ablesung/Selbstablesung ermittelten Verbräuchen übereinstimmen. In der Jahresrechnung steht im Kleingedruckten ein Hinweis darauf, dass die fehlerhaften Zählerstände geschätzt wurden. Der Versorger behauptet damit indirekt, ihm habe tatsächlich keine konkrete Ablesung vorgelegen, weshalb er den Verbrauch schätzen dürfte. Dies ist rechtlich zulässig, solange der Verbraucher seinen Verbrauch nicht an den Netzbetreiber gemeldet hat.

Teure Schätzungen

Teuer wird es, wenn die Schätzung sehr weit unter dem tatsächlichen Jahresverbrauch liegt. Dann ist zwar zunächst wenig zu zahlen. Das dicke Ende kommt, wenn der Verbrauch dann später tatsächlich abgelesen wird. Dann behauptet der Versorger meist, der große Verbrauch sei erst unlängst zu den viel höheren Tarifen angefallen.

Was ist zu tun?
  • Wenn ein Ablesetermin ansteht, stets prüfen, welche „Art“ der Ablesung ansteht. Wenn ein Ableser vorstellig wird, nicht nur den Zählerstand, sondern auch den Namen und den Auftraggeber des Ablesers notieren.
  • Wenn eine Selbstübermittlung des Zählerstandes angefordert wird, diesen unter Beiziehung von Zeugen ermitteln und nicht nur an den Versorger, sondern auf jeden Fall auch an den Netzbetreiber übermitteln. Vorzugsweise persönlich oder durch Boten und sich die Übermittlung des Zählerstandes durch den Netzbetreiber quittieren lassen.
  • Nicht allein auf Online-Portale zurückgreifen, denn diese betreibt nur der Versorger.
  • Die Jahresrechnung unbedingt bezüglich der Anfangs- und Endzählerstände genau prüfen. Den Anfangszählerstand dabei durch den Vergleich mit dem Endzählerstand der letzten Jahresabrechnung und den aktuellen Endzählerstand mit den eigenen Aufzeichnungen zur Ablesung kontrollieren.
  • Bei Abweichungen in einem oder beiden Bereichen die Rechnung sofort monieren und eine Korrektur verlangen. Keinesfalls vor erfolgter Korrektur Zahlungen leisten.
  • Regelmäßig jeden Monat alle Zählerstände aufschreiben und aufbewahren. Das hilft als Beweis vor Gericht, sollte es einmal Probleme geben.
  • Bei Erhalt der Rechnung prüfen, ob alle Abschlagszahlungen berücksichtigt wurden.
  • Darüber hinaus sollten Sie bei Unregelmäßigkeiten den Bund der Energieverbraucher informieren! Denn Verbraucherschutz kann nur effektiv arbeiten, wenn wir Kenntnis von den Vorgängen erhalten, die gegen Verbraucherschutzrichtlinien verstoßen.

letzte Änderung: 19.04.2023