Der Stromzähler im Wohnzimmer: Wattcher für den Verbraucher

Mit Smart Metern lässt sich vielleicht das letzte Geheimnis in deutschen Haushalten lüften: Wer verbraucht wann und wofür wie viel Strom? Wer nicht auf einen intelligenten Zähler von seinem Netzbetreiber warten will, kann sich bereits heute seine Stromzählerinformation auf ein schickes Anzeigegerät in seine Wohnung holen. Es gibt dazu bereits mehrere Modelle.
Ein Praxisbericht von Oliver Stens.

(6. Dezember 2010) Es gibt zwei Möglichkeiten, um dem eigenen Stromverbrauch auf die Schliche zu kommen: Einen intelligenten Stromzähler neu einbauen lassen. Oder den eigenen Zähler zum Sprechen bringen.

Intelligente Zähler

Bundesweit bieten derzeit zwei Unternehmen intelligente Zähler an: Yello und Discovergy. Beide System arbeiten ähnlich: Für einmalig 79 Euro (Yello) beziehungsweise 69 Euro (Discovergy) ersetzt der "Smart Meter" den vorhandenen Zähler und schicktdie Verbrauchsinformation über das Stromnetz im Haus an einen DSL-Anschluss - ohne den geht es nicht. Die reinen Verbrauchsinformationen werden an den Stromlieferanten übertragen, Details zeigt der heimische PC für die Auswertung.

Smarte Sensoren

Wer will, kann auch selbst den eigenen Zähler anzapfen. Dabei gibt es drei Möglichkeiten. Alle beruhen auf dem gleichen Messprinzip: Ein Sensor wird auf den Stromzähler im Keller geklebt. Er erkennt den Stromverbrauch daran, wie schnell sich die Scheibe mit der roten Markierung dreht. Der Sensor kann alternativ auch den Gasverbrauch messen: Die meisten Gaszähler haben an der letzten Kommastelle eine Reflexionsmarkierung. Beispielsweise ist die Null mit einer Spiegelfolie ausgefüllt, die der Sensor ebenfalls erkennt.

Stets den Stromverbrauch im Blick

Nach jeder Umdrehung sendet er ein Funksignal an eine Anzeigeeinheit. Diese wertet das Signal aus und zeigt das Ergebnis in ansprechender Form an. An der Frage, wie ansprechend diese Anzeige aufgebaut ist, entscheidet sich vermutlich, ob das Gerät ein hilfreiches Einspar- und Verständnis-Werkzeug wird, oder nach kurzem Anfangsinteresse unbemerkt vor sich hin misst.

Die Zählerkonstante macht's

Auf jedem Stromzähler ist eine Zählerkonstante aufgedruckt. Bei den üblichen, schwarzen Ferrariszählern besagt sie, wie viel mal sich das Metallrädchen dreht, bis eine Kilowattstunde verbraucht ist. Oft liegt die Zahl bei 75 oder bei 150 Umdrehungen für eine Kilowattstunde. Neuere Digitalzähler senden über eine Leuchtdiode (LED) oft 1000 Blinksignale oder noch mehr für jede Kilowattstunde. Je höher die Signalhäufigkeit, desto besser ist das für den Kunden, denn das erleichtert die Einstellung und erlaubt eine Energieüberwachung in kürzeren Zeitabschnitten. Wer einen Zähler mit geringer Zählerkonstante hat, wartet länger auf das nächste Signal. Dann ist es hilfreich, einen bekannten Großverbraucher wie Heizlüfter oder Fön während der Installation einzuschalten, damit die Einstellung in akzeptabler Zeit erfolgen kann.

Alle Sensoren senden die Daten per Funk an das Display. Ist der Weg zu weit oder sind zu viele Mauern im Weg, kommt beim Empfänger kein Signal mehr an. Alle Geräte melden daher in der Anzeige, dass die Funkverbindung gestört ist. Im Praxistest in verschiedenen Häusern war das leider häufig der Fall. Im Zweifelsfall hilft nur: ausprobieren und gegebenenfalls zurücksenden.

Der Wattcher: Einfach und schön

Der Designer Marcel Wanders hat mit dem Wattcher den ITC Umweltpreis 2010 gewonnen. Das Amsterdamer Produktentwicklungsbüro Innovaders setzt mit dem Gerät nicht auf technische Raffinessen, sondern legte eher Wert auf die Ästhetik und die Funktionalität: Auspacken, montieren und loslegen geht sehr schnell. Los geht's mit der Sensormontage am Stromzähler.

Einer für Alle

An einem kleinen Wahlschalter im Batteriefach des Sensors wählt man seinen Zählertyp. Der Sensor benötigt zwei Batterien, die etwa ein Jahr lang reichen. Der Sensor erkennt sowohl die Markierung normaler Ferraris-Stromzähler als auch das LED-Blinken neuerer Digitalzähler. Die Befestigung des Sensors am Zähler erfolgt mit dem mitgelieferten Klebe-Klettband.

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Der Wattcher beobachtet den Stromzähler- die momentan bezogene Leistung kann an jeder Steckdose sichtbar gemacht werden.

Ein großer Vorteil des Wattchers ist, dass er die Sensorempfindlichkeit automatisch einstellt - man muss ihn "nur" an die richtige Position kleben. Kommt kein Blink-Signal, nachdem die Markierung vorbeilief, muss man die Position optimieren. Dank des Klettbandes geht das schnell.

Verständliche und deutliche Anzeige

Die Bedienungsanleitung ist in einfachen Worten klar und verständlich beschrieben. Das Display selbst ist batteriefrei: Man steckt es in eine beliebige Steckdose des Haushalts, die man gut im Blick hat. Zur Bedienung gibt es nur eine Taste, mehr ist nicht nötig. Da alle gängigen Zählerkonstanten gespeichert sind, ist die passende schnell ausgewählt.

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Leicht zu montieren: Der Wattcher beobachtet ständig, wie schnell sich die Zählerscheibe dreht.

Fertig. Messung und Anzeige beginnen. Der Wattcher zeigt die momentane Leistung des Haushalts in Watt an. Es macht Spaß, auf Erkenntnisreise zu gehen. Die fünfstellige helle Digitalanzeige ist auch von Weitem noch gut erkennbar. Es ist sehr beeindruckend, zu sehen, wie die Anzeige je nach gemessener Leistung wie ein Herzschlag schneller oder langsamer pulsiert. Alternativ ist die Tagessumme (Verbrauch der letzten 24 Stunden) auf dem Display darstellbar, wahlweise in Kilowattstunden oder als Prozentwert eines vorher gesetzten Zielverbrauchs.

Nützlicher Nebeneffekt: Nach einiger Zeit erkennt man allein an der Anzeige, ob ein Stromverbraucher wie der Trockner oder die Waschmaschine fertig gelaufen ist.

Der EM1010 PC: Was für Technikfans

Dieses Gerät vom Elektronikversand ELV bietet zwar die meisten Möglichkeiten, ist aber auch das komplizierteste der drei vorgestellten Geräte. Der Weg zu den Daten ist mühsam. Das beginnt mit der Installation und Inbetriebnahme. Man legt Batterien ein und klebt den Sensor mit doppelseitigem Klebeband auf den Zähler.

Leider erkennt der Sensor nicht auf Anhieb jedes Vorbeikommen der Markierung, denn neben der optimalen Position muss man auch die Sensorempfindlichkeit richtig einstellen - ein schwieriges Unterfangen. Nach dem Ankleben kann man den Sensor kaum noch ablösen. Insgesamt kostet die Installation viel Zeit und Nerven, wenn sie überhaupt gelingt. Als Belohnung zeigt das Display zwei Verbrauchsangaben gleichzeitig an. Wählbar ist die Leistung in Kilowatt oder die Energie in Kilowattstunden als zurückliegende Stunden-, Tages-, Wochen-, Monats- oder Jahresverbrauchswerte. Auch eine Anzeige in Euro ist möglich.

Im Lieferumfang ist eine Auswertesoftware enthalten. Per USB-Kabel lassen sich die Daten an den PC übertragen und als Diagramm anzeigen. Als Messdaten werden Fünfminuten-Werte der letzten Monate gespeichert. Die Software dient zur Interpretation und Archivierung. Für Präsentationen kann man Gesamt- oder Einzeldaten exportieren, um sie beispielsweise in Excel zu formatieren. Die Auswertemöglichkeiten am PC scheinen eher für den professionellen Einsatz hilfreich. Mit einer Einzelsteckdose EM 1000 FM für etwa 40 Euro als Zubehör lassen sich einzelne Verbraucher oder Verbrauchsgruppen an einer einzelnen Steckdose untersuchen.

Die Energiespar-Ampel

Die Energiespar-Ampel ist die aktuellere Entwicklung von ELV. Da die Anzeige und die Eingabefunktionen in deutscher Sprache erfolgen, erleichtert dies das Verständnis und die Bedienung. Das Gerät gibt eine möglichst präzise Verbrauchs- und Kostenanalyse samt einer Prognose. Dazu muss man dem Gerät zahlreiche Angaben mitteilen: Strompreise mit Arbeits- und Grundkosten, Zählerstände und Daten bei Rechnungsstellung und bei der Installation.

Zudem soll man festlegen, auf welche Weise der momentane Verbrauch kommentiert und signalisiert werden soll.

Die Installation ist ähnlich umständlich wie bei dem EM 1010 PC. Immerhin wird die Sensorempfindlichkeit auf einer kleinen Digitalanzeige am Sensor angezeigt. Eine verlässliche Installation ist mit dem Gerät leider nicht möglich und bleibt eine reine Glückssache. Die Energiespar-Ampel, sollte sie denn einmal funktionieren, zeigt auf dem Display den laufenden Tagesverbrauch und den von gestern und vorgestern. Zusätzlich werden Monats- oder Jahressumme in kWh angezeigt.

Ausblick

Alle drei vorgestellten Smart-Displays haben Charme und das Potenzial, den Stromverbrauch transparent zu machen. Der Wattcher ist am besten für eine breite Bevölkerungsschicht geeignet: Das Gerät macht den Stromverbrauch auch ohne technisches Vorwissen sichtbar. Man erkennt so nebenbei und mühelos, ob das eigene Verhalten viel oder wenig Strom verbraucht und kann so Strom einsparen. Ob es gelingt, die Smart-Displays zu Massenprodukten zu entwickeln, wird die Zukunft zeigen.

Für 112 Euro (99 Euro plus Versandkosten) auf www.wattcher.nl/deutsch bestellbar.
Achtung: Suchtgefahr!

letzte Änderung: 04.07.2013