ED 02/10
Elektroautofahrende haben Grund zur Freude: Die positiven Umweltaspekte ihrer Fahrzeuge werden neuerdings nicht nur über den Umweltbonus für die Anschaffung eines Stromers ­honoriert, sondern die, verglichen mit einem Diesel oder Benziner, eingesparten Emissionen lassen sich mit der „THG-Quote“ neuerdings auch nochmal jährlich versilbern.

Elektroautoprämie: Hohe Preise für THG-Quoten

Elektroautofahrende haben Grund zur Freude: Die positiven Umweltaspekte ihrer Fahrzeuge werden neuerdings nicht nur über den Umweltbonus für die Anschaffung eines Stromers ­honoriert, sondern die, verglichen mit einem Diesel oder Benziner, eingesparten Emissionen lassen sich mit der „THG-Quote“ neuerdings auch nochmal jährlich versilbern.
Von Louis-F. Stahl

(31. Mai 2022) Seit Beginn des Jahres 2022 werden Elektroautos durch das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungsquote“ in den THG-Quotenhandel einbezogen. Das Instrument der Treibhausgasminderungsquote verpflichtet Unternehmen – insbesondere aus der Mineralölwirtschaft – fossile Energieträger durch erneuerbare Energien zu ersetzen und steuert somit die Energiewende im Verkehrssektor. Stark vereinfacht betrachtet, zwingt die THG-Quote Unternehmen für das Inverkehrbringen fossiler Kraftstoffe, eine entsprechende Emissionsminderung an anderer Stelle zu bewirken oder durch Dritte bewirken zu lassen. Dies kann beispielsweise durch die Beimischung von Biokraftstoffen, die Herstellung synthetischer Kraftstoffe aus erneuerbaren Energien oder den Absatz von Ökostrom für E-Fahrzeuge erfolgen. Der letztgenannte Grund ist mit einer der Auslöser dafür, dass zahlreiche Tankstellen inzwischen auch mit Schnellladesäulen um die Gunst von E-Auto-Fahrenden werben. Für die genannten und weitere Maßnahmen entstehen THG-Quoten, die gehandelt werden können. Mineralölunternehmen, die ihre Verpflichtungen nicht erfüllen, können auf diesem Wege beispielsweise von Ladestationsbetreibern THG-Quoten erwerben, die diese nicht benötigen, da sie keine fossile Verschmutzung auszugleichen haben, was indirekt den Ausbau von Ladestationen sowie von umweltfreundlichen Mobilitätsangeboten fördert.

THG-Quote handelbar

Neu seit diesem Jahr ist, dass für Elektroautos angenommen wird, dass die Halter dieser Fahrzeuge, basierend auf einer Untersuchung des Umweltbundesamtes, im Durchschnitt 2.000 kWh über nichtöffentliche Lademöglichkeiten beziehen. Entsprechend dem Ökostromanteil am Strommix ergibt sich eine THG-Quote, die Elektroautofahrer erstmals im Jahr 2022 veräußern können. Da die Mineralölkonzerne ihren Bedarf an THG-­Quoten nicht bei einzelnen E-Auto-Fahrenden einkaufen werden, die Quoten erst durch eine Zertifizierung entstehen und es zudem keine Handelsbörse für THG-Quoten gibt, haben sich neue Dienstleister gegründet, die jeweils die Ansprüche von vielen tausend E-Auto-Fahrenden bündeln und gesammelt zertifizieren lassen sowie anschließend vermarkten (siehe „Einnahmequelle für E-Auto-Fahrer“).

Wert der THG-Quote

Der Wert einer solchen THG-Quote pro E-Auto ist seit unserem letzten Bericht im Oktober 2021 von rund 130 bis 160 Euro auf etwa 300 bis 440 Euro im März 2022 drastisch gestiegen. Da es keinen Börsenhandel der THG-Quoten gibt, ist der genaue Wert nicht transparent zu verfolgen und hängt auch vom Verhandlungsgeschick der THG-Quotenhändler ab. Aufgrund des beschriebenen – teilweise Monate dauernden – Prozesses ist der im Ergebnis zu erzielende Preis der THG-Quote zum Zeitpunkt der Beauftragung eines Dienstleisters nicht genau bezifferbar. Die meisten THG-Quotenhändler berechnen eine erfolgsabhängige Provision in Höhe von 9 bis 25 Prozent, wobei die genaue Ausgestaltung oft im Kleingedruckten oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) versteckt ist und zudem mitunter von der Eingabe eines Rabattcoupons abhängt. Alternativ bieten einige Anbieter auch feste Prämien an, die teilweise binnen weniger Tage vorab ausgezahlt werden.

Steuerwahnsinn

Steuerexperten geben zu bedenken, dass die Auszahlung der THG-Quote als „sonstige Leistung“ im Sinne von § 22 Nr. 3 EStG gewertet werden könnte, was bei Überschreiten der Freigrenze in Höhe von 255,99 Euro im Rahmen der Einkommensteuererklärung zu deklarieren wäre und zudem eine Steuerpflicht des kompletten Betrages auslösen würde. Einige Steuerexperten gehen hingegen davon aus, dass die Vermarktung der THG-Quote keine „sonstige Leistung“, sondern ein „Verkauf“ sei. Hierbei kursieren wiederum im Detail unterschiedliche Ansichten, wobei eine vertritt, dass dieser Verkauf „nicht steuerbar“ – daher steuerfrei – sei, da es keinen Anschaffungsvorgang der THG-Quote gibt. Die Finanzbehörden haben sich zu dieser Frage bisher nicht positioniert und selbst wenn die Finanzbehörden eine Besteuerung der kompletten THG-Quote bei Überschreiten von 255,99 Euro annehmen, dürfte es Jahre bis zu einer abschließenden gerichtlichen Klärung durch den Bundesfinanzhof dauern. Steuerberater empfehlen derzeit überwiegend, die Einnahme aus der THG-Quote in der Steuererklärung anzugeben, aber nur unter dem Hinweis, dass man der Ansicht ist, dass die Leistung „nicht steuerbar“ ist. Diese Unsicherheit machen sich zahlreiche THG-Quotenhändler zunutze und bieten privaten E-Auto-Besitzern eine „steueroptimierte“ Auszahlung in Höhe von 255 Euro an. Den übrigen Wert streichen die Dienstleister bei dieser Variante üblicherweise als Gewinn ein. Einige wenige Anbieter wie Polarstern und Smartificate bieten an, den über 255 Euro hinausgehenden Betrag für eine gute Sache zu spenden.

Fazit

Da es sich beim THG-­Ablasshandel um ein neues Phänomen handelt, kann der Bund der Energieverbraucher noch keine Empfehlungen für konkrete Anbieter aussprechen. E-Auto-Fahrer sind jedoch bei der Wahl eines THG-Quotenhändlers in jedem Fall gut beraten, das Kleingedruckte und die AGB genau zu studieren. Teilweise versuchen trickreiche Anbieter bereits Verbrauchern, Verträge über zwei oder drei Jahre beziehungsweise mit automatischer Vertragsverlängerung unterzuschieben. Auch die verlangten Provisionen unterscheiden sich erheblich. Im Hinblick auf die noch unklare Besteuerungslage könnte eine Auszahlung von 255 Euro und Spende des Restbetrages für einen guten Zweck eine sinnvolle Option für das Jahr 2022 sein.

letzte Änderung: 26.02.2024