ED 01/11
Zankapfel Energiepass Deutsche Energieagentur verwässert Anforderungsniveau

Zankapfel Energiepass: Deutsche Energieagentur verwässert Anforderungsniveau

(9. Januar 2004) - Bundesweit gibt es mehr als 30 verschiedene Wärme- und Energiepässe. Bis 2006 erzwingt die EU-Richtlinie 2002/91 einen einheitlichen Pass für alle Neu- und Altbauten.

Das Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) hat ein Klassensystem entwickelt, das für die A-Klasse einen Primärenergiebedarf von unter 40 kWh/qm fordert (Download im geschützten Mitgliederbereich). Dadurch können Alt- und Neubauten mit einem einheitlichen Label bewertet werden.

Für den gegenwärtig stattfindenden Feldversuch der Deutschen Energieagentur (DENA) wurde nun die Anforderungen an den Primärenerigebedarf für die A-Klasse von vorher 40 auf nunmehr nur 80 kWh/qm gesenkt (Grafik). Alternativ bietet die DENA auch ein relatives Label zur Auswahl, das ohne Klasseneinteilung auskommt.

Klasseneinteilung für den Feldversuch der DENA

Diese Aufweichung der Anforderungen wird nun sehr kontrovers diskutiert, wie u.a. die Zeitschrift Sonne Wind&Wärme in ihrer Januarausgabe berichtet.

650 DENA Label 80 Energieeffizienzklassen Energieausweis

Die strengere Klasseneinteilung wurde teilweise als nicht praxisgerecht beurteilt: Es hätten nur sehr wenige Gebäude in die Klassen A und B fallen können, und das auf lange Sicht: ein Gebäude ist kein Kühlschrank, es steht 50 oder 100 Jahre...

Kritisch vom Bundesbau- und Bundeswirtschaftministerium wurde gesehen, dass Neubauten, die die EnEV-Anforderungen erfüllen, nur in Klasse D und E gefallen wären. Wie sollten sie das mitunterstützen, wo doch die EnEV als Niedrigenergiehausstandard verkauft wurde? Besonders kritisch war aber, dass bei der Modernisierung von Altbauten in der Praxis eine bessere Klasse als D kaum erreicht werden konnte. Viele schon gut modernisierte Gebäude (12 cm Wärmedämmung Außenwände usw) hätten trotz etwa 60 -70 %-iger Energieeinsparung gegenüber dem unmodernisierten Zustand nur die Klassen E bis D erreicht.

Die Wohnungs- und auch die Heizungswirtschaft haben mit Recht darauf hingewiesen, dass das Label dann kaum einen Anreiz bieten würde, von den Vermietern auch aktiv eingesetzt zu werden. Wie soll man eine Wohnung bewerben, die "Klasse D " hat, wo der Verbraucher bei den Kühlschränken mittlerweile mit den Klassen A, A+ und A++ konfrontiert wird? Kurz: So ein Label würde nicht benutzt und wie viele andere Label zu wenig bekannt werden.

Man sieht in der nachstehenden Darstellung des Heizenergiebedarfs (Quelle: Prof. Erhorn), dass ein Heizenergiebedarf von 80 kWh/qm das Niveau der Energieeinsparverordnung für Neubauten ist. Dies ist weit entfernt von Niedrigenergiehäusern oder gar Passivhäusern, dem heutigen Standard energiesparenden Bauens.

Nun darf man den Heizenergiebedarf nicht mit dem Primärenergiebedarf verwechseln. Letzterer enthält auch die Energie für Warmwasser und bezieht den für Heizung und Warmwasser eingesetzten Strom mit in die Betrachtung ein. Der Primärenergiebedarf wird gerade bei geringem Heizenergiebedarf deutlich über dem Heizenergiebedarf liegen.

650 Diagramm Meilensteine des energiesparenden Bauens

Hans Hertle vom IFEU-Institut fordert eine Rückkehr zum ursprünglichen Konzept des IWU. Die Förderung der KfW für das "Energiesparhaus 40" und das "Energiesparhaus 60" zeige, dass dieser Standard durchaus erreichbar sei und dies wäre als Messlatte durchaus vernünftig.

Klaus Michael rät von eine gemeinsamen Bewertung von Gebäude und Heizung ab, weil die Gebäudesubstanz langlebig und die Heiztechnik von wesentlich kürzerer Lebensdauer sei. Daher müsse der Energiepass die Schwachstellen bei Gebäude und Heiztechnik einzeln untersuchen und bewerten.

Siegfried Rehberg vom Vorstand des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen kritisiert in dem genannten Artikel aus der Perspektive der Wohnungswirtschaft den hohen Aufwand von 300 bis 1.000 Euro je Gebäude für einen Energiepass. Es wird ein einfaches und kostengünstiges Verfahren vorgeschlagen, das auch die Daten von Messdienstleistungen und Wärmelieferungsfirmen nutzt. Als Beispiel wird das vom BBU und der Brandburgischen Energiesparagentur entwickelte Verfahren genannt. Die Stufung der DENA lehnt die Wohnungswirtschaft ab, weil eine Diskrimierung von Gebäuden befürchtet wird, die entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen errichtet wurden.

Es gibt als noch viel zu diskutieren und auszuprobieren. Letztlich geht es um die Schaffung von Transparenz über die wärmetechnische Beschaffenheit und Vergleichbarkeit von Gebäuden.

 Download EU-Richtlinie 2002/91/EG von Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden 08.01.2003

letzte Änderung: 05.11.2018