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Atomkraft in Finnland

Olkiluoto wieder verschoben

(31. Dezember 2010) Beim finnischen EPR in Olkiluoto starte die Stromproduktion nicht Anfang, sondern erst in der zweiten Jahreshälfte 2013, meldet das Baukonsortium Areva-Siemens bzw. der finnische Energiekonzern TVO.

Als 2000 der Bau des ersten europäischen Druckwasserreaktors mit 1600 MW beschlossen worden war, war 2009 als Jahr der Inbetriebnahme genannt worden. In der Zeit haben sich auch die Baukosten ausgehend von 3 Mrd Euro mehr als verdoppelt.

Finnischer Fall

(11. Mai 2009) Die finnische Strahlenschutzbehörde droht beim Neubau von Finnlands fünftem Atomreaktor "Olkiluoto 3" mit einem Baustopp, weil das Baukonsortium Areva/Siemens keine detaillierten Pläne über das elektronische Sicherheits- und Kontrollsystem des Reaktors vorgelegt hat.

Acht finnische Umweltschutzorganisationen fordern den sofortigen Abbruch der Bauarbeiten: Schon wegen der im Laufe der Jahre öffentlich bekannt gewordenen Baumängeln dürfe der Block nie in Betrieb gehen. Ursprünglich sollte der 3 Mrd Euro teure Reaktor bereits arbeiten. Bauherren und Auftraggeber streiten vor Gericht, weil sich die Kosten fast verdoppelt hatten.

 

Massive Sicherheitsmängel bei finnischem Atomreaktor-Bau

Die zunächst für 2009 geplante Fertigstellung ist zunächst bis Mitte 2011 ausgesetzt worden. Ein weiteres Jahr Verspätung gilt als denkbar.

Massive Sicherheitsmängel bei finnischem Atomreaktor-Bau

(14. August 2008) Die Umweltorganisation Greenpeace verlangt einen sofortigen Baustopp beim finnischen Atomreaktor Olkiluoto 3 wegen "Missachtung fundamentaler Sicherheitsregeln". Wie Greenpeace am Mittwoch in Helsinki mitteilte, hätte die Einsicht in vertrauliche technische Dokumente eindeutig erwiesen, dass Schweißarbeiten am Reaktor über ein Jahr lang ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsregeln sowie anschließende Kontrollen ausgeführt worden seien. Ähnliche Vorwürfe hatte am Vortag auch der finnische Rundfunksender YLE erhoben.

Der Druckwasserreaktor vom neu entwickelten Typ ERP mit einer geplanten Leistung von 1600 Megawatt ist der erste Neubau eines Atomkraftwerkes in Westeuropa seit der Katastrophe von Tschernobyl 1986. Er wird im Auftrag des Energiekonzerns TVO vom französisch-deutschen Konsortium Areva errichtet, an dem Siemens 34 Prozent hält. Vom deutschen Konzern kommen auch Turbinen und Generatoren. Die zunächst für 2009 geplante Fertigstellung ist zunächst bis Mitte 2011 ausgesetzt worden. Ein weiteres Jahr Verspätung gilt als denkbar.

Die zunächst auf 3,2 Milliarden Euro veranschlagten Kosten sind auf vorläufig über vier Milliarden Euro gestiegen. Hintergrund sind zahlreiche Verzögerungen bei den Bauarbeiten. Finnland verfügt bisher über je zwei Atomreaktoren in den Kraftwerken Olkiluoto an der Westküste des Landes und in Loviisa im Südosten. Geplant, aber noch nicht endgültig beschlossen ist der Bau eines sechsten Reaktors.

AKW-Neubau in Finnland: Zukunft der Atomkraft?

(5. Oktober 2006) Im finnischen Olkiluoto baut der Atomkonzern Framatome-Siemens das erste Atomkraftwerk in Westeuropa seit der Tschernobyl-Katastrophe vor 20 Jahren. Für die Atomlobby in Europa ist der Reaktor in Olkiluoto damit das Vorzeigeprojekt.

AKW-Neubau in Finnland: Zukunft der Atomkraft? Seitenwechsel von Framatome-Siemens?

(5. Oktober 2006) Im finnischen Olkiluoto baut der Atomkonzern Framatome-Siemens das erste Atomkraftwerk in Westeuropa seit der Tschernobyl-Katastrophe vor 20 Jahren. Für die Atomlobby in Europa ist der Reaktor in Olkiluoto damit das Vorzeigeprojekt.

Ein Jahr im Verzug

Die Grundsteinlegung war im September 2005, Fertigstellung sollte im September 2009 sein. Aber nach einem Jahr Bauzeit ist das Projekt ein Jahr im Verzug. Einweihungstermin soll jetzt im September 2010 sein. Framatome-Siemens hat mit der Finnischen Regierung einen Festpreis von 3 Milliarden Euro vereinbart.

Ursachen für die Verzögerung

Der Bericht der finnischen Reaktorsicherheitsbehörde zählt eine Vielzahl von Problemen auf:

Bei den Ausschreibungen wurden bevorzugt die Bieter mit dem billigsten Angebot ausgewählt. Auf der Baustelle werden ungefähr 20 Sprachen gesprochen. Baustellensprache ist zwar Englisch, aber viele Beschäftigte beherrschen die englische Sprache nicht gut genug.

- Viele der ausgewählten Subunternehmer haben keine Erfahrung im Bau von Atomkraftwerken.

- Die Bauplanung für den Reaktor wurde in nur einem Jahr durchgeführt. Von der Antragsstellung bis zum Baugenehmigung.

- Die schnelle Planung, die unerfahrenen Subunternehmer und die Verständigungsschwierigkeiten führen zu qualitativen Mängeln in der Bauausführung.

- Ein Fehler, der bisher größte, ist ein verändertes Mischungsverhältnis des Betons für den Druckbehälter. Dieser erfüllt nicht mehr alle Sicherheitsansprüche. Wie weiter verfahren wird ist noch unklar.

Renaissance der Atomkraft?

Wenn dies die angekündigte Renaissance der Atomkraft ist, stellt sich die Frage, ob Framatome-Siemens nicht heimlich, still und leise in das Anti-AKW-Lager gewechselt sind. Die Ankündigung in den nächsten Jahren Dutzende von AKWs zu bauen, erscheint vor diesem Hintergrund als gewaltige Drohung.

Bericht der finnischen Reaktorsicherheitsbehörde STUK

Finnlands neuer Atomreaktor umstritten

(16.10.03) Am 24. Mai hat das finnische Parlament dem Bau eines fünften Atomkraftwerks zugestimmt.

Finnlands neuer Atomreaktor umstritten

Am 24. Mai hat das finnische Parlament dem Bau eines fünften Atomkraftwerks zugestimmt. Vorausgegangen war eine intensive Diskussion. Die Kampagne gegen das neue Atomkraftwerk wurde von Umweltministerin Satu Hassi von den Grünen angeführt. 700 finnische Frauen haben sich dem Kampf mit einem vierjährigen Geburtenboykott angeschlossen, sollte der Neubau vom Parlament beschlossen werden: "Das betrifft die Menschen und nicht nur die Industrie".

794 Satu Hassi / Foto: Helsingin Sanomat

Finnlands Umweltministerin, Poetin und Atomkraftgegnerin Satu Hassi

(16. Oktober 2003) Die Atomkraftgegner haben einen schweren Stand in dem Land, das billigen Strom gerne und üppig verbraucht. Die finnischen Haushalte zahlen mit 8,6 C/kWh für den Strom fast nur halb soviel wie die deutschen Haushalte. Und die Industrie bekommt den Strom dort für den halben Preis, den Haushalte zahlen. Der Industriestrompreis liegt mit gut vier Cent jedoch gleichauf mit den Strompreisen der deutschen Industrie.

Im Finnland sind trotz dünner Besiedlung gut 50% der Gebäude an die Fernwärme angeschlossen. Finnland belegt diesbezüglich einen Spitzenplatz in Europa. Dennoch werden derzeit die neuen Einfamilienhäuser zu mehr als 50% mit Strom beheizt. Die Autos werden morgens für zwei Stunden mit Strom vorgewärmt.

Bezogen auf das Bruttosozialprodukt liegt der Stromverbrauch Finnlands um das Doppelte über dem EU-Durchschnitt und sogar über den USA, nur noch übertroffen von Polen und Tschechien. Der wirtschaftliche Erfolg des Landes und die geringen Strompreise ließen den Stromverbrauch im Jahr 2001 um unglaubliche neun Prozent wachsen, witterungsbereinigt um fünf Prozent. Dieses überaus rasche Wachstum lässt die Erzeugungskapazitäten schnell an ihre Grenzen stoßen. Derartiger Strom-und Energiehunger ruft nach höheren Importen und Ausbau der Erzeugungskapazitäten. Wasserkraft kann anders als in den Nachbarstaaten nur einen begrenzten Teil beitragen. Die Windkraftnutzung steckt noch in den Anfängen.

Atomkraft oder Effizienz?

Eine Studie im Auftrag des Industrieministeriums hat zwei Möglichkeiten künftiger Verbrauchsdeckung ausgemacht: Den Zubau von Gaskraftwerken oder den Bau eines fünften Atomkraftwerks. Die finnischen Umweltorganisationen Greenpeace, WWF und die Finish Association for Nature Conservation haben einen "dritten Weg" aufgezeigt und diese Studie der Öffentlichkeit vorgestellt.

794 Finnische Landschaft / Foto: A. Peters

Finnische Landschaft: 75 % Finnlands sind von Wald bedeckt. Trotz dünner Besiedlung sind die Stromverteilkosten deutlich geringer als in Deutschland

Auf der Basis der regierungsamtlichen Studien kann laut dieser Studie die Energieeffizienz noch deutlich erhöht und der Einsatz von Holz, Biogas und Wind gegenüber den Regierungsszenarien verdoppelt werden. Das wäre mit staatlicher Hilfe nicht nur zu heutigen Preisen möglich, sondern hätte darüber hinaus sehr positive Beschäftigungseffekte.

Wegen der geringeren Importabhängigkeit und den niedrigeren Kosten setzen die Stromhersteller und die Industrie des Landes auf ein neues Kernkraftwerk und stellen dies als unausweichlich dar. Man möchte an einem der beiden vorhandenen Kernkraftwerksstandorte ein fünftes Kraftwerk mit 1.000 bis 1.600 MW neu bauen. Den Strom möchte man dann auch an die skandinavischen Nachbarländer Schweden und Norwegen verkaufen, die zwar über reichlich Wasserkraft verfügen, im Winter aber einen Erzeugungsengpass haben.
Für diesen Neubau glaubt man mit 1,7 bis 2,5 Mrd. Euro Investitionskosten auszukommen. Üblicherweise rechnet man in Westeuropa mit deutlich höheren Investitionskosten.

794 AvestoPolarit Stahlwerk Torneo / Foto: A. Peters

AvestoPolarit Stahlwerk Torneo, Südlapland. Das Werk verbraucht so viel Strom wie die Hauptstadt Helsinki

Die finnische Regierung hat einem entsprechenden Antrag bereits zugestimmt, ungeachtet der grünen Regierungsbeteiligung. Am 24. Mai gab es dazu eine Abstimmung im finnischen Parlament. Die von der Industrie gestützten Atombefürworter erhielten eine knappe Mehrheit.

Die Atomkraftbefürworter halten das neue Atomkraftwerk für unabdingbar. Solange man den Stromverbrauchszuwachs für unvermeidlich oder gar für notwendig hält und die Einsparpotenziale nicht ausreizt, trifft dies sicherlich auch zu. Das Beispiel Dänemark zeigt, dass es auch ohne Atomkraft geht. Dort sind die Strompreise zwar zweieinhalb mal höher als in Finnland. Der auf das Bruttosozialprodukt bezogene Stromverbrauch beträgt jedoch nur ein Drittel des finnischen Werts.

794 Tabelle Erzeugung, Strom Finnland, Kraft-Wärme-Kopplung

Eine Studie der Umweltverbände zeigt deutlich, wie die Entscheidung für oder gegen die Kernenergie den Zubau der Kraft-Wärme-Kopplung entweder bremst wie zu Beginn des Atomkraftwerksbau zu Beginn der achtziger Jahre oder beschleunigt wie die Entscheidung im Parlament gegen die Atomenergie im Jahr 1993.
Energieeffizienz ist also das Ergebnis einer politischen Entscheidung für oder gegen die Atomenergie. Die Entscheidung zwischen einem bequemen und einem zukunftssicheren Weg hat das finnische Parlament nun getroffen.

Becken
ED 02/2002 Finnlands neuer Atomreaktor umstritten S. 30-31
ED 02/2002 Das Jahrzehnt der Entscheidung S.28

Der Innenraum des Reaktors 1 in Atomkraftwerk Olkiluoto: Sind die Kostenschätzungen realistisch? Die offizielle Sicherheitsstudie rechnet mit zwei Großunfällen in 100.000 Jahren.

letzte Änderung: 12.08.2017