Balkon-PV kann zulässig sein
Von Louis-F. Stahl
(3. Dezember 2021) Ob Mieter mit einem Photovoltaikmodul auf ihrem Balkon selbst Strom erzeugen und die Energiewende voranbringen dürfen, ist umstritten. Zuletzt berichtete die Energiedepesche über ein Urteil des Amtsgerichtes Weimar, das einem Vereinsmitglied den Betrieb eines sogar farblich zum Balkon passenden PV-Moduls verbot, weil die Aufstellung eines PV-Moduls auf dem Balkon einer Mietwohnung keine „sozial übliche Nutzung“ darstelle und die optische Erscheinung beeinträchtige (siehe „Mietrecht: Urteil gegen Balkon-PV“). Die zuständige Richterin am Amtsgericht Weimar führte in ihrem Urteil gleichwohl auch aus, dass diese Frage möglicherweise „in einigen Jahren mit zunehmendem Umweltbewusstsein anders zu beurteilen sein“ wird.
In Stuttgart scheint man bereits in dieser vom Amtsgericht Weimar vorhergesagten Zukunft angekommen zu sein. Mit Urteil vom 30. März 2021 hat das Amtsgericht Stuttgart einem Mieter den Betrieb seiner Balkon-PV-Anlage gestattet (Az. 37 C 2283/20). Die Vermieterin hatte – ähnlich wie im Weimarer Fall – auf einen Rückbau der Anlage geklagt. Das Amtsgericht Stuttgart stellte in seiner Entscheidung darauf ab, dass bei Nutzungsfragen von Mietsachen „ein Wandel der Nutzungsgewohnheiten und technischen Entwicklungen“ zu berücksichtigen sei und PV-Anlagen inzwischen üblich seien. Die Nutzung von Solarstrom führe darüber hinaus zu „einer Einsparung von Energiekosten der Mieter“ und einer „Einsparung von Energie“. „Auch unter dem Aspekt des Umweltschutzes, welcher als Staatsziel in Artikel 20a Grundgesetz verankert ist“, erbringe eine Balkon-PV-Anlage einen „wenn auch kleinen“ Beitrag und sei daher „objektiv vorteilhaft“. Im Ergebnis habe die Vermieterin daher die Nutzung des Balkons durch den Mieter mit dessen PV-Anlage als bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache zu dulden, auch wenn eine solche Nutzung nicht ausdrücklich im Mietvertrag vorgesehen ist.