HanseWerk verliert Prozess
Von Hermann Michael Hell
(28. März 2020) Seit fünf Jahren streiten Fernwärmekunden in Hamburg mit ihrem Versorger HanseWerk Natur über die Gültigkeit drastischer Preiserhöhungen sowie eine einseitige Anpassung der Preisgleitklauseln durch den Lieferanten. Die einstmals unter den Namen „Hamburger Gaswerke“ und „Heingas“ mit den Hausbesitzern geschlossenen Verträge wollte der Versorger in wesentlichen Teilen ändern, ohne die Zustimmung der betroffenen Kunden einzuholen. Der Versorger teilte den Kunden in seinem Schreiben lediglich mit, dass „die Wärmelieferungsverträge mit öffentlicher Bekanntmachung gemäß § 4 Absatz 2 der AVBFernwärmeV umgestellt werden müssen“. Die Auswirkungen der verklausulierten Änderung hätten die meisten Verbraucher vermutlich kaum begriffen, wenn nicht kurz darauf die durch die Änderung der Preisgleitklausel möglich gewordene Erhöhung der Preise um teilweise bis zu 48 Prozent in die Häuser geflattert wäre.
Nach einer ersten fruchtlosen Abmahnung verklagte die Verbraucherzentrale Hamburg den Versorger konsequenterweise auf Unterlassung. Am 29. November 2019 wurde nach mehr als vier Jahren des Prozessierens ein Urteil gesprochen (Az. 312 O 577/15). Das Landgericht Hamburg erklärte die Änderung der Preisgleitklauseln und der Preiserhöhungen durch den Versorger für ungültig. Weiterhin verurteilte das Gericht HanseWerk Natur, ein Schreiben mit unter anderem folgendem Inhalt an die betroffenen Energieverbraucher zu versenden: „Zu der von uns beabsichtigten einseitigen Änderung der Preisgleitklauseln in Ihrem Wärmelieferungsvertrag waren wir nicht berechtigt. Die einseitig abgeänderten Preisgleitklauseln sind daher unwirksam.“
Die Hamburger Richter folgten mit ihrer Entscheidung zwei Urteilen des OLG Frankfurt in vergleichbaren Verfahren (Az. 6 U 190/17, Az. 6 U 191/17). HanseWerk Natur hat bereits Berufung beim OLG Hamburg eingelegt (Az. 3 U 192/ 19). Das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig. Da auch gegen mindestens eine der Frankfurter Entscheidungen Revision eingelegt wurde, muss wohl auf ein abschließendes Votum des inzwischen beim ersten Senat des Bundesgerichtshofes anhängigen Verfahrens gewartet werden (Az. I ZR 86/19). In diesem Verfahren wird die spannende Frage zu beleuchten sein, ob § 4 Absatz 2 AVBFernwärmeV ein Recht zur einseitigen Erhöhung der Preise gewährt oder nicht.