Urteil des Landgerichts Hannover vom 19. Februar 2007
Az: 21 O 88/06
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Unter Abweisung der Klage wird festgestellt, dass der Beklagten kein weiterer Anspruch auf ein Entgelt für die Gasversorgung zusteht, das die im Urteil genannten Preise übersteigt; Gaspreise um 30 Prozent überhöht.
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Urteil des Landgerichts Hannover vom 19.02.2007
Az.: 21 O 88/06:
Sachverhalt
Mehrere Verbraucher wenden sich gegen die ihrer Meinung nach überhöhten Gaspreise der Stadtwerke Hannover. Sie verlangen mit ihrer Gestaltungsklage, die Festlegung des der Billigkeit im Sinne von § 315 BGB entsprechenden Erdgaspreises, der mindestens 30 % unter dem von den Stadtwerken verlangten liege.
Weiter fordern die Kläger den in der Vergangenheit zuviel gezahlten Betrag zurück. Zur Begründung führen die Verbraucher an, dass das Unternehmen zu den teuersten Anbietern der Region gehöre und es bislang abgelehnt habe, die Kalkulation des Gaspreises offen zu legen. Die Stadtwerke halten die Klage nicht für zulässig. Im Falle einer Billigkeitskontrolle sei ein Vergleich mit den Preisen anderer Versorger ausreichend. Eine Offenlegung der Kalkulation sei nicht erforderlich. Da der ursprüngliche Preis zwischen den Parteien frei vereinbart worden sei, beschränke sich die Billigkeitskontrolle zudem auf die Preiserhöhung.
Urteil
Das Landgericht bestätigte den Anspruch der Kläger auf Festlegung des billigen Entgelts, dieser sei nicht durch das Kartellrecht ausgeschlossen. Dem Versorger stehe aus § 4 AVBGasV ein einseitiges Bestimmungsrecht für den Gaspreis zu. Die Verbraucher seien zudem auf die Belieferung durch das Unternehmen angewiesen, da es keinen anderen Anbieter für Erdgas gebe und ein Wechsel des Wärmeenergieträgers nicht in Betracht komme.
Aufgrund des nicht vorhandenen Wettbewerbs kommt dem Argument der Marktüblichkeit nach Ansicht des Gerichts keine Bedeutung bei der Kontrolle der Billigkeit zu. Es sei nicht auszuschließen, dass die Gaspreise und Netzentgelte in Deutschland systematisch überhöht sind. Das Landgericht forderte deshalb zum Nachweis der Billigkeit die Offenlegung der Preiskalkulation. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen stehe dem nicht entgegen.
Da das Unternehmen die Beweisanforderungen nicht erfüllte, war es dem Gericht nicht möglich einen angemessenen Preis zu bestimmen. Es ging deshalb von einer Preisüberhöhung von 30 % aus und verbot dem Unternehmen ein 70 % des Preises übersteigendes Entgelt zu verlangen. Dies gelte allerdings erst ab dem Zeitpunkt des Widerspruchs. Für die Vergangenheit sah das Gericht die Rückforderungsansprüche der Kläger als verwirkt an. Im Hinblick auf die Festlegung des billigen Preises für die Zukunft war die Klage also zulässig und begründet, für die die Vergangenheit betreffenden Rückforderungen wurde sie als unbegründet abgewiesen.
Stellungnahme
Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist der seltene Mut des Gerichts dem Gedanken des § 315 BGB zu folgen und selbst den billigen Preis zu bestimmen, also nicht nur die Unbilligkeit festzustellen oder einen Zahlungsanspruch zurückzuweisen. Dies ist das Ziel der gerichtlichen Billigkeitskontrolle und sollte von den Gerichten noch deutlicher praktiziert werden, statt sich zu eng an den Vorgaben der Parteien (geforderter Preis, gekürzter Preis) zu orientieren. Getrübt wird das Bild nur von den nicht überzeugenden Ausführungen des Gerichts zur Verwirkung.
schließen- .1: BGB § 315.
- .2: BGB § 307.
- .3: BGB 315 für Mieter.
- .4: FAQs zu § 315.
- .5: Urteilssammlung.
- .6: Musterschreiben an Versorger.
- .7: Rechenhilfe Rechnungskürzung.
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- .9: Einwender-Liste.
- .10: Protestgruppen.
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- .13: Versorger klagt.
- .14: gaspreise- runter.de.
- .15: strompreise- runter.de.
- .16: Geld zurückholen.
- .17: Kartellrecht als Waffe.
- .1: Urteil OLG FFM 13.12.07.
- .2: Urteil LG Oldenburg 29.11.07 9 S 574/06 .
- .3: Urteil LG Oldenburg 29.11.07 9 S 59/06.
- .4: Urteil LG Oldenburg 22.11.07.
- .5: Urteil OLG Bremen 16.11.07.
- .6: Beschluss OLG SH 15.11.07.
- .7: Urteil BGH 15.11.07.
- .8: Urteil LG Rostock 09.11.07.
- .9: Urteil AG Gotha 09.11.07.
- .10: Urteil LG Köln 24.10.07.
- .11: Urteil BGH 11.10.07.
- .12: Beschluss LG Magdeburg 05.10.07.
- .13: Urteil AG Lingen 04.10.07.
- .14: Urteil LG München I 27.09.07.
- .15: Urteil LG Rostock 26.09.07.
- .16: Urteil LG Limburg 24.09.07.
- .17: Urteil AG Lingen 19.09.07.
- .18: Urteil AG Wilhelmshaven 18.09.07.
- .19: Urteil LG Lübeck 13.09.07.
- .20: Urteil LG Düsseldorf 15.08.07.
- .21: Urteil AG Wipperfürth 03.07.07.
- .22: Urteil BGH 13.06.07.
- .23: Urteil LG München II 24.05.07.
- .24: Urteil LG Duisburg 10.05.07.
- .25: Urteil AG Lübeck 08.05.07.
- .26: Urteil LG Rostock 26.04.07.
- .27: Urteil LG Essen 17.04.07.
- .28: Verfügung OLG Bremen 13.04.07.
- .29: Urteil BGH 28.03.07.
- .30: Beschluss LG Düsseldorf 28.03.07.
- .31: Beschluss OLG Düsseldorf 22.03.07.
- .32: Beschluss BGH 14.03.07.
- .33: Urteil LG FFM 07.03.07.
- aktive Seite ist .34: Urteil LG Hannover 19.02.07.
- .34: Hinweisbeschluss LG Düsseldorf 14.02.07.
- .35: Urteil LG Kassel 05.02.07.
- .36: Urteil LG FFM 19.01.07.
- .37: Urteil LG Köln 11.01.07.