Archiv: News aus 2009
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Neuer Trend in der Rechtsprechung?
(23. Dezember 2009) Das Landgericht Dortmund hat die Zahlungsklage der Stadtwerke Hamm gegen einen Protestkunden abgewiesen. Es sei unerheblich, ob ein Tarif- oder Sonderkundenverhältnis vorliege, denn eine wirksame Preiserhöhung setze in jedem Fall die Billigkeit der Erhöhung nach § 315 BGB voraus.
Aufgrund der laufenden Kürzungen könne man nicht von einem Einverständnis des Kunden ausgehen. Der Versorger sei seiner Beweispflicht hinsichtlich der Billigkeit der Preise nicht nachgekommen. Das vorgelegte Wirtschaftsprüfergutachen beweise nicht, dass vermeidbare Kostensteigerungen nicht weitergegeben worden seien.
Die Weitergabe vermeidbarer Kosten hätte gemäß BGH-Rechtsprechung die Unbilligkeit der entsprechenden Preiserhöhung zur Folge. Das bereits am 20. August 2009 gefällte Urteil liegt erst seit dem 9. November 2009 vor und ist noch nicht rechtskräftig.
Urteil des Landgerichts Dortmund vom 20. August 2009 - Az 13 O 179/08 Kart
Protestkunden droht Verjährung
(15. Dezember 2009) Die Verjährungsfrist für überhöhte Strom- oder Gaspreise beträgt drei Jahre. Mit Ablauf des Jahres 2009 verjährt also der Anspruch für 2006 in Rechnung gestellten Strom- und Gaspreise. Betroffene sollten noch vor Jahresende einen gerichtlichen Mahnbescheid oder eine Rückforderungsklage gegen den Versorger einreichen.
Die Ansprüche der Verbraucher drohen zu verjähren
Ein Mahnschreiben an den Versorger reicht nicht aus. Das Amtsgericht Dannenberg hält sogar Rückforderungen für einen Zeitraum von zehn Jahren für rechtens nach § 199 BGB, wenn die Ansprüche nur drei Jahre ab Kenntnis geltend gemacht werden. (Urteil vom 18. August 2009, Az 31 C 202/09)
Die Verbraucherzentrale Berlin hat einen Leitfaden zusammengestellt, der erklärt, wie Betroffene ihre Ansprüche gerichtlich durchsetzen können:
www.vz-berlin.de Gerichtliche Durchsetzung von Rückforderungsansprüche (PDF)
Hinweis: Der Bund der Energieverbraucher wird keine Rückforderungsklagen für seine Mitglieder anstrengen. Es gibt jedoch einen neuen Verein, der sich die Durchsetzung von Rückforderungsansprüchen zum Ziel gesetzt hat: www.ig-energiekunden.de
Klausel- und Billigkeitskontrolle auch ohne Monopolstellung
(14. Dezember 2009) Die Anwendung der Klausel- und Billigkeitskontrolle auf die Gas- und Strompreise von Haushalten setzt keine Monopolstellung voraus. Darauf weist Prof. Markert in einem Fachartikel in der ZMR 2009, 89 hin.
Download: Fachartikel Prof. Markert ZMR 2009
Gutachten sind keine Beweise
(16. Dezember 2009) Viele Versorger versuchen, die Billigkeit ihrer Preise durch Gutachten von Wirtschaftsprüfern zu beweisen. Das ist unzulässig, entschied der Bundesgerichtshof in einem Urteil am 8. Juli 2009 (Az VIII ZR 314/07).
Denn bei diesen Gutachten handle es sich um Parteigutachten, die das Gericht nicht ohne eigene Überzeugungsbildung übernehmen darf. Auch ein Vergleich der kritisierten Gaspreiserhöhungen mit den Preiserhöhungen anderer Unternehmen sei als Beweis untauglich, denn die Regionen seien untereinander nicht vergleichbar. Zudem müsse geprüft werden, ob der Versorger nicht hätte billiger Gas einkaufen können. Denn das Recht zur einseitigen Preiserhöhung darf laut BGH-Urteil nicht dazu führen, das der Versorger zu beliebigen Preisen einkauft und diese an die Verbraucher weitergibt, ohne günstigere Beschaffungsmöglichkeiten zu prüfen. Das Bundesverfassungsgericht hat ähnlich mit Beschluss vom 28. Dezember 1999 festgestellt: „Eine Beweisführung durch einen neutralen, zur Verschwiegenheit verpflichteten Sachverständigen scheidet aus.“ (Az 1 BvR 2203)
Auch das Amtsgericht Pinneberg setzt sich kritisch mit einem Wirtschaftsprüfergutachten auseinander: Das fragliche Gutachten erreichte laut Urteil nicht einmal die Stufe eines qualifizierten Parteivortrags und wurde daher als Beweismittel zurückgewiesen. Auch die Tatsache, dass es sich um eine vereidigte Wirtschaftsprüfung handelt, ändere daran nichts. Diese sei zwar besonderen berufsrechtlichen Regeln unterworfen. Das böte aber keine Gewähr dafür, dass die Angaben in der schriftlichen Zusammenfassung richtig seien. Der unterzeichnende Wirtschaftsprüfer habe die Unterlagen nicht einmal selbst eingesehen, sondern nur über einen Mittelsmann. Der Wirtschaftsprüfer kannte die Unterlagen daher nur vom Hörensagen und hat dennoch diese Daten ungeprüft in sein Gutachten übernommen (Amtsgericht Pinneberg am 4. September 2009 – Az 2 C 272/09)..
Widerspruch vorsorglich
(11. Dezember 2009) Damit Gaskunden von einem möglichen BGH-Urteil gegen Preiserhöhungen profitieren können, müssten sie gegen die Jahresrechnung der Gasversorger, die in den nächsten Monaten verschickt werden, Einspruch einlegen. Das empfiehlt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Nur so könnten später Rückforderungen gestellt werden. Entsprechende Musterschreiben gebe es unter www.vz-bw.de. Nach einem Urteil des OLG Frankfurt erklären sich Verbraucher mit dem Preis einverstanden, wenn sie die Jahresrechnung einfach akzeptieren.
Mitte Januar wird der BGH erneut ein Urteil zu den Gaspreiserhöhungen vorlegen. Angesichts der aktuellen Preiserhöhungen sei derzeit praktisch allen Strom- und Gaskunden ein Widerspruch zu empfehlen, so die Verbraucherzentrale.
Auch, wer zu einem anderen Versorger wechsle, könne Preiserhöhungen des alten Versorgers, die in der Jahresrechnung ausgewiesen seien, widersprechen.
Kartellbehörden greifen ein
(12. Dezember 2009) Die bayerische Landeskartellbehörde hat Energieversorger wegen des Verdachts überhöhter Gas- und Heizstrompreise untersucht. Insgesamt zehn Unternehmen erklärten sich daraufhin zu Preissenkungen, Verzicht auf geplante Preiserhöhungen oder zu Rabatten bereit.
Der erreichte Preisnachlass beträgt bei den Gaspreisen bis zu 7% und bei den Heizstromtarifen bis zu 10%. Die Behörde untersuchte vor allem Stromtarife für den Betrieb von Wärmepumpen.
E.ON-Klauseln versenkt
(6. Dezember 2009) Das Landgericht Hannover erklärte Gaspreiserhöhungen der Helmstedter E.ON Avacon AG für unwirksam.
Die Klausel in den Verträgen der Kunden, dass bei einer "nachhaltigen Preisänderung" im Heizölmarkt die Gaspreise entsprechend angepasst werden, sei zu ungenau. Geklagt hatten mehr als 50 Kunden. E.ON Avacon will in Berufung gehen.
Ende Oktober hatte die E.ON-Regionaltochter E.ON Hanse vor dem Hamburger Landgericht einen ähnlichen Prozess gegen 52 Kunden verloren.
VZ Hamburg - Rückforderungsklage gegen E.on
(4. Dezember 2009) Noch in diesem Jahr will die Verbraucherzentrale Hamburg eine Sammelklage gegen die E.ON Hanse AG, Quickborn, einreichen, um für bis zu 50.000 Kunden Erstattungsansprüche wegen überhöhter Gaspreise durchzusetzen.
Hintergrund ist ein Urteil des Landgerichts Hamburg, in dem eine Preisänderungsklausel in den Verträgen für ungültig erklärt wurde.
54.000 Kunden hatten Widerspruch gegen die Preisbestimmungen erhoben, 50.000 davon aber kein Geld einbehalten, sondern unter Protest und Vorbehalt gezahlt. Diesen Vorbehaltszahlern stehe ein Anspruch auf Erstattung der überzahlten Beträge zu, meint die Verbraucherzentrale.
Rückforderungsverein gegründet
(06. November 2009) Um die Rückforderungsansprüche gemeinsam besser durchsetzen zu können, hat sich am 22.10.2009 die Interessengemeinschaft geschädigter Energiekunden e.V. (IGE) gegründet.
Vorsitzender ist der Koblenzer Anwalt Oliver Mogwitz. Die IGE will die Rückforderungsansprüche bündeln und von den Versorgern einfordern. Man strebt Druck auf die Versorger aufbauen, um den Versorgern Rückzahlungen abzuringen, ohne gegen sie gerichtlich vorzugehen. Interessant ist der Beitritt für alle Sondervertragskunden. Die Aufnahmegebühr beträgt 35 Euro, der Jahresbeitrag 25 Euro (www.ig-energiekunden.de).
Strompreisklauseln ungültig
(29. Oktober 2009) Über Preisgleitklauseln dürfen Stromversorger sich nicht zusätzlich bereichern. Das wurde nun erstmals auch für Stromlieferverträge gerichtlich festgestellt. Geklagt hatte der Bund der Energieverbraucher e.V. gegen eine Preisgleitklausel der E.on-Tochter Stadtwerke Gelnhausen. Der Vorsitzende Richter Ball des achten Senats des Bundesgerichtshofs erklärte die Stadtwerke des Rechtsmittels der Revision für verlustig, nachdem diese ihre Revision gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt zurückgezogen hatten (Aktenzeichen VIII ZR 31/08, Beschluss vom 20. Oktober 2009, Vorinstanz , Landgericht Frankfurt, Urteil vom 19. Januar 2007.
Damit ist aktenkundig, dass die E.ON Tochter die Strompreise unberechtigt erhöht hatte.
Es handelt sich um das erste Verfahren bundesweit gegen unzulässige Preisgleitklauseln in Stromlieferverträgen. Indirekt betroffen sind Millionen von Stromkunden, die den Stromanbieter oder den Tarif gewechselt haben und danach Preiserhöhungen hinnehmen mussten Diese Preiserhöhungen dürften in den meisten Fällen ebenso unwirksam sein, wie im vorliegenden Fall. Auch die Wechselmöglichkeit zu einem anderen Anbieter und die Kündigungsmöglichkeit ändert daran nichts, so das Gerichtsurteil. „Kunden der Grundversorgung sind vom Urteil nicht betroffen“, sagte der Vorsitzende des Vereins, Dr. Aribert Peters heute. Alle anderen Stromkunden sollten ihrer Stromrechnung schnellstens widersprechen und die laufende Rechnung um die zuviel bezahlten Beträge kürzen“.
Mit Spannung erwartet der Verein eine weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofs am 18. November 2009: Geklagt hat der Bund der Energieverbraucher e.V. gegen die Ölpreisbindung einer Gaspreisklausel der Rheinenergie Köln. Er obsiegte damit bereits vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht Köln. „Die aktuellen Gerichtsentscheidungen lassen immer deutlicher erkennen, dass die Gas- und Strompreiserhöhungen der vergangenen Jahre größtenteils rechtswidrig waren und zurückzuzahlen sind“, sagte Peters.
Schlappe der swb vor dem Bundesgerichtshof
(28. Oktober 2009) Der Bundesgerichtshof hat heute in dem von der Verbraucherzentrale initiierten „Sammelklageverfahren (Aktenzeichen VIII ZR 320/07) den über 50 Bremer Gasverbrauchern im Rechtsstreit gegen die swb Recht gegeben.
Auf der Grundlage der heute für unwirksam erklärten Preisänderungsklauseln hat die swb zwischen 2004 und 2006 vier Preissteigerungen durchgesetzt. Insgesamt erhöhten sich die Gaspreise allein in diesem Zeitraum um 38%.
Das Landgericht und das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen erklärten die Preiserhöhungen für unwirksam, weil die Klauseln die Gaskunden unangemessen benachteiligten und intransparent seien.
Sammelklage Hamburg siegt vor dem Landgericht
(27. Oktober 2009) Das Landgericht Hamburg hat am 27. Oktober 2009 der Sammelklage von 52 Gas-Kunden des Versorgers E.on Hanse stattgegeben (Urteil vom 27.10.2009 - Az. 301 O 32/05). Die Klage wurde im April 2005 als erste Sammelklage gegen einen Energieversorger in Deutschland eingereicht. Das Gericht hält die Preisänderungsklausel für unwirksam und damit alle darauf gegründeten Preiserhöhungen seit September 2004. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor.
Die Verbraucherzentrale Hamburg werten dieses Urteil als einen Sieg für alle Gas-Kunden in Deutschland. Die Zahlungsverweigerer brauchen nichts nachzuzahlen. Die Vorbehaltszahler können nach Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils Erstattung verlangen. Und für alle Gas-Kunden gilt: Mit solchen Preisänderungsklauseln kann kein Versorger jemals wieder die Preise erhöhen.
Dieser Erfolg war nur möglich durch den langen Atem der Kläger und durch die Unterstützung vieler Verbraucher, die als Zahlungsverweigerer bei der Stange geblieben sind. Viele Verbraucher haben anderen mit Rat und Tat bei der Überprüfung der Abrechnungen und der Formulierung von Briefen geholfen. Besonders zu erwähnen ist hier die engagierte Arbeit der Landesgruppe Hamburg des Bundes der Energieverbraucher. Nicht zuletzt ist der Erfolg nur möglich geworden durch zahlreiche Spender. E.on Hanse hat Berufung angekündigt.
(ergänzt am 11.11.09)
Energieprotest traf sich in Bonn
(13. Oktober 2009) Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat am 10. Oktober 2009 in Bonn ein Fachtreffen zum Energiepreisprotest veranstaltet. Viele Anwälte, Verbraucherzentralen und Protestgruppen nutzten die Chance zum intensiven Erfahrungsaustausch.
Die Energieversorger verlieren derzeit in großen Umfang ihre Prozesse gegen Verbraucher und sind an geräuschlosen Konfliktlösungen interessiert. In vielen hundert Fällen wurden den Protestkunden bereits Geld zurückerstattet und Kürzungen der vergangenen Jahre akzeptiert. Die Anwälte waren sich einig, dass auch die jüngsten Urteile des BGH noch keine Möglichkeit für rechtlich einwandfreie Preiserhöhungsklauseln geschaffen haben. Die Versorger reagieren darauf mit Kündigungswellen, um mit neuen Verträgen auch neue Preisvereinbarungen zu treffen.
Zur Fachtagung am 10. Oktober 2009 in Bonn diskutierten die Vertreter der Protestgruppen gemeinsam Probleme und Fragen.
Wer die neuen Verträge nicht akzeptiert und auch der Grundversorgung widerspricht, rutscht in die Ersatzversorgung und muss nach drei Monaten mit einer Einstellung der Versorgung rechnen, wenn er keinen neuen Versorger findet. Aus diesem Grunde empfiehlt sich die Annahme der Grundversorgung unter Vorbehalt der Rechtmäßigkeit der Preise. Auch sollten Verbraucher prüfen, ob die Kündigung des alten Vertrags rechtens war. Entweder muss der Verbraucher dann die Kündigung und einen neuen Vertrag akzeptieren, oder er sollte mit einer Feststellungklage gegen die Kündigung vorgehen. Es gibt noch kaum Rechtsprechung zur Frage, wann eine Kündigung zulässig ist. Ein Wechsel der Produktpalette als Kündigungsgrund dürfte nach Ergebnis des Fachtreffens als unsinnig einzustufen sein.
Erfolgversprechend ist es, Versorger mit schriftlichen Aussagen zu fixieren . Wenn der Versorger nämlich nicht unverzüglich widerspricht, dann erlangt dies Verbindlichkeit, weil nach § 362 Handelsgesetzbuch der Versorger zu einer unverzüglichen Ablehnung verpflichtet ist.
Die Kürzung überhöhter Preise muss nun bald zur Normalität werden wie in anderen Bereichen mit einseitigem Preisbestimmungsrecht, so Vereinsvorsitzender Peters. Gerade die aktuellen Strompreissteigerung trotz sinkender Grosshandelspreise sowie die nur teilweise Weitergabe sinkender Gasbeschaffungskosten provoziert weiteren zivilrechtlichen Widerstand der Verbraucher. Das Fachtreffen hat gezeigt, dass die Verbraucher gute Chancen haben, ihre zivilrechtlichen Möglichkeiten auch erfolgreich gegen Versorger durchzusetzen.
Sondervertrags- oder Tarifkunde?
(14. September 2009) Die Unterscheidung zwischen Tarif- und Sondervertragskunden ist bei der Gasversorgung von ausschlaggebender Bedeutung: Bei Sondervertragskunden fehlt regelmäßig eine vertraglich vereinbarte Möglichkeit zur Preiserhöhung, die den gesetzlichen Erfordernissen entspricht und damit gültig ist. Die Preiserhöhungen sind folglich nichtig. Für Tarifkunden oder Kunden der Grundversorgung hat der Versorger ein gesetzliches Recht zur Preiserhöhung. Die Erhöhung muss sich aber im Rahmen der Billigkeit bewegen.
Ob es sich um einen Tarifkunden oder einen Sondervertrag handelt, muss ein Gericht entscheiden, denn es handelt sich dabei nicht um eine Tatsachenfrage, sondern um eine komplexe rechtliche Wertung. Es kommt deshalb dabei nicht darauf an, was der Versorger oder der Kunde behauptet oder welchen Namen der Vertrag hat (OLG Düsseldorf Urteil vom 24. Juni 2009 - ).
Die Abgrenzung hat nach objektiven Kriterien stattzufinden. Nur die Versorgung zu allgemeinsten Tarifen ist als Tarifkundenvertrag anzusehen. Im vorliegenden Fall war eine Bestabrechnung zwischen verschiedenen Tarifen angekündigt. Dadurch handelt es sich nicht mehr um einen Tarifkundenvertrag. Auch die Vereinbarung einer Vertragslaufzeit macht ein Versorgungsverhältnis klar zu einem Sonderkundenverhältnis (OLG München, Urteil vom 12. März 2009 - ).
Wird eine Verbrauchsgrenze festgelegt, ab der alle Kunden eine Sonderpreisregelung bekommen, so werden die Kunden dadurch zu Sonderkunden, auch wenn kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde und dies für alle Kunden gilt (OLG Oldenburg, Urteil vom 9. Juli 2009 - ).
Werden über den allgemeinen Tarif hinaus günstigere Preise angeboten, dann werden die so versorgten Kunden zu Sondervertragskunden (Kammergericht Berlin, Urteil vom 28. Oktober 2008 - ).
Der BGH sieht in der Vereinbarung einer Preisanpassungsklausel ein Zeichen für einen Sondervertragsverhältnis, weil für Tarifkunden ohnehin ein gesetzliches Preisänderungsrecht besteht ( Tz 16).
Durch Entnahme von Gas wird ein Tarifkundenverhältnis begründet. Ein Sonderkundenverhältnis entsteht immer dann, wenn besondere vertragliche Regelungen vereinbart werden (BGH Urteil vom 15. Juli 2009 - Az VIII ZR 225/07).
Neue Gerichtsurteile
Stand: 06. September 2009
Billigkeit nicht erwiesen
Die Klage der Bad Honnef AG gegen drei Protestkunden wurde abgewiesen. Ein gerichtliches Sachverständigengutachten bestätigte, dass nicht nur gestiegene Bezugskosten weitergegeben wurden. Die Billigkeit konnte nicht nachgewiesen werden.
Landgericht Köln am 14. August 2009 - , 49/07 und 50/07
Fernwärme
Fernwärmeversorger Stadtwerke Ludwigsburg hat kein Recht auf Preisänderung. Denn die Preisklauseln verstossen gegen BGB § 307. Die Klage des Versorgers wird deshalb abgewiesen.
Amtsgericht Ludwigsburg am 5. August 2009 -
E.on unterliegt
Das Amtsgericht Hamburg-Blankenese weist die Zahlungsklage von E.on Hanse gegen einen Gasprotestkunden auf Zahlung der zurückbehaltenen 1.941 Euro zurück. E.on muss sämtliche Anwalts- und Gerichtskosten tragen.
Amtsgericht Hamburg-Blankenese am 31. Juli 2009 -
Unwirksame Preisklausel
Im Sondervertrag war die AVBGasV nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Darum war die die Preiserhöhung unwirksam, eine Klage des Gasversorgers wurde abgewiesen. Noch nicht rechtskräftig.
Amtsgericht Starnberg am 27. Juli 2009 - Az 1 C 2058/08,
auch Amtsgericht Ludwigsburg am 5. August 2009 -
Nichtige Preisgleitklauseln
Der Bundesgerichtshof hat gleich in zwei Fällen die Preisgleitklauseln für nichtig erklärt. Das Gericht beanstandete die Einseitigkeit der entsprechenden Vertragsklauseln. Die unveränderte Übernahme der Preisänderungsklausel von Tarifkunden in Sonderverträge sei jedoch zulässig.
Darin weicht das Urteil von allen bisherigen BGH-Urteilen und denen des BGH-Kartellsenats ab.
Bundesgerichtshof am 15. Juli 2009 - Az und
Urteil pro Versorger
Das Amtsgericht Ravensburg gibt einem Versorger Recht, der gegen einen Protestkunden klagt. Aufgrund des Streitwerts ist eine Berufung nicht möglich.
Amtsgericht Ravensburg am 9. Juli 2009 -
Ohne Vertrag keine Preisklausel
Die Zahlungsklage des Versorgers scheitert daran, dass es sich um Sondervertragskunden handelt. Es liegt kein schriftlicher Vertrag vor, daher gibt es auch keine vereinbarte Preiserhöhungsklausel. Da es an einer Grundlage für die Preiserhöhungen fehlt, sind diese nicht wirksam. Lediglich die Kunden, die den Preiserhöhungen nicht widersprochen haben oder diese anstandslos gezahlt haben, müssen gemäß dem Urteil die Preiserhöhungen zahlen (siehe ).
Landgericht Oldenburg am 9. Juli 2009 -
Verbraucher unterliegt GASAG
Das Amtsgericht Wedding gibt dem Gasversorger GASAG mit seiner Zahlungklage gegen einen Protestkunden recht: Es stuft den Kunden als Tarifkunden ein und hält die Billigkeit der Preiserhöhungen aufgrund der Darlegungen des Versorgers für gegeben.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Bund der Energieverbraucher übernimmt die Kosten der Berufung, da das Urteil in einer ganzen Reihe von Punkten von der gängigen Rechtssprechung abweicht.
Amtsgericht Wedding am 29. Juni 2009 -
Wettbewerbswidrige Neuverträge
Viele Versorgungsunternehmen übersenden ihren Kunden neue Lieferverträge. Melden sich die Verbraucher nicht, interpretiert der Versorger dies als Zustimmung. Das ist wettbewerbswidrig (siehe ).
Landgericht Leipzig am 26. Juni 2009 - Az 01 HK O 2049/09
Düsseldorf ändert Urteil
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat das Urteil des Landgerichts Düsseldorf geändert. Für das OLG war der Kunde eindeutig Sondervertragskunde und nicht Tarifkunde. Da eine Preisänderungsklausel nicht vereinbart wurde, sind die Preiserhöhungen unwirksam. Die Revision zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Oberlandesgericht Düsseldorf am 24. Juni 2009 -
Zuviel kassiert
Stadtwerke Lübeck haben zuviel für Fernwärme kassiert. Ein Verbraucher hatte auf Rückzahlung geklagt und zum überwiegenden Teil recht bekommen, weil die Preiserhöhungsklausel den Anforderungen der AVBFernwärme nicht genügt und damit nichtig ist.
Amtsgericht Lübeck am 22. Juni 2009 -
Versorger darf Preise nicht festsetzen
Das Amtsgericht Hagen entscheidet, dass kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Energieversorgers vorliegt. Preisanpassungsbedingungen wurden nicht vereinbart, da mit keinem der verklagten Kunden ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Amtsgericht Hagen am 15. Juni 2009 -
Landgericht zuständig
Das Amtsgericht Nordhorn erklärt sich für sachlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit gemäß §102 Abs. 1 Satz 2 EnWG an das ausschließlich zuständige Landgericht Osnabrück - Kammer für Handelsachen.
Amtsgericht Nordhorn am 11. Juni 2009 -
RWE muss zurückzahlen
Die Rückforderungsklage gegen RWE Westfalen-Weser-Ems war erfolgreich:
Das Oberlandesgericht Hamm urteilte, dass die Gaspreiserhöhungen für Haushaltskunden der Jahre 2003 bis 2006 keine wirksame Rechtsgrundlage hatten. Diverse Preisanpassungsklauseln in den Verträgen seien unwirksam. Damit gaben die Richter der Sammelklage der Verbraucherzentrale NRW statt und verurteilten den Energieversorger, 25 Verbrauchern rund 16.000 Euro aus überhöhten Gasrechnungen zurückzuzahlen.
Es gab während der Vertragslaufzeit keine Einigung auf Preiserhöhungen, und zwar unabhängig davon, ob Kunden die erhöhten Preise unter Vorbehalt oder vorbehaltlos gezahlt haben.
Die Revision beim BGH läuft unter AZ:VIII ZR 162/09
Oberlandesgericht Hamm am 29. Mai 2009 -
Amtsgericht verweist ans Landgericht
Das Amtsgericht Lichtenberg erklärt sich für sachlich unzuständig (§ 102 Abs. 1 S. 2 EnWG) und verweist den Rechtsstreit an das sachlich zuständige Landgericht Berlin. Dieses soll nach dem EnWG entscheiden, ob der Beklagte Kunde einer Grundversorgung im Sinne von § 36 EnWG ist oder als Sondervertragskunde gemäß § 41 EnWG gilt.
Amtsgericht Lichtenberg am 22. Mai 2009 -
Zuständigkeitsstreit in Bayern
Das Amtsgericht Passau hat sich gemäß §102 EnWG für sachlich unzuständig erklärt und an das Landgericht Passau verwiesen. Dieses hat sich ebenfalls für sachlich unzuständig erklärt und das Oberlandesgericht München um Bestimmung des zuständigen Gerichts ersucht. Das OLG München beschloss, dass das AG Passau gem. §23 Nr. 1 GVG sachlich zuständig ist, da eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit mit einem Streitwert unter 5000 Euro vorliegt.
Oberlandesgericht München am 15. Mai 2009 -
Unwirksame Preisklauseln
Das Gericht erachtete die beanstandeten Preisklauseln in den Sondervertrag der HEW für unwirksam. Ebenso stellte es fest, dass die AVBGasV keine Anwendung als ErsatzAGB findet. Auch findet keine ergänzende Vertragsauslegung statt.
Landgericht Hof am 13. Mai 2009 -
Düsseldorf gibt Verbrauchern Recht
Das Landgericht Düsseldorf hatte die Klage von 41 Bürgern gegen die Gaspreiserhöhung der EVD am 20. Februar 2008 abgewiesen. Zu Unrecht, entschied jetzt das Oberlandesgericht: Der zweite Kartellsenat unter Vorsitz von Richter Heinz-Peter Dicks hob das Urteil des LG Düsseldorf auf und stellte fest, dass die Preiserhöhungen unwirksam sind.
Oberlandesgericht Düsseldorf am 6. Mai 2009 -
Berufung der Verbraucher abgewiesen
Das Oberlandesgericht Celle hat die Berufung der gegen die Preiserhöhung klagenden Verbraucher zurückgewiesen. Das OLG hat die Erhöhung von Gastarifpreisen anhand der Vorgaben des VIII. Zivilsenats des BGH auf deren Billigkeit kontrolliert und den Billigkeitsnachweis als geführt angesehen. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Oberlandesgericht Celle am 23. April 2009 -
E.on-Klauseln sind unwirksam
Das Oberlandesgericht Thüringen erachtet die Preisänderungsklausel der E.on Thüringer Energie AG nach § 307 BGB für unwirksam. Revision wurde nicht zugelassen.
Thüringer Oberlandesgericht am 23. April 2009 -
Schöneberg weist Primagas ab
Das Amtsgericht Schöneberg hat die -Zahlungklage der Primagas abgewiesen. Die Preisanpassungsklausel in den Flüssiggasversorgungsbedingungen ist gemäß §307 BGB unwirksam.
Amtsgericht Schöneberg am 4. März 2009 -
Erfurt fordert Billigkeitsnachweise
Das Landgericht Erfurt hat die Zahlungsklage der SWE Energie GmbH gegen eine Gaskundin abgewiesen, soweit die geltend gemachten Forderungen auf mehreren Gaspreiserhöhungen ab dem 1. Oktober 2004 beruhen. Zur Begründung hieß es, dass die Stadtwerke die Billigkeit der einzelnen Preiserhöhungen nicht nachgewiesen haben. Dafür hält die zuständige Kammer für Handelssachen die Offenlegung der einzelnen Preiskalkulationen für erforderlich.
Landgericht Erfurt am 10. Februar 2009 - Az 1 HK O 46/08
Zahlreiche Verbraucher zahlen ihre Gas- oder Stromrechnung unter Protest gekürzt und stehen deshalb in einer intensiven Auseinandersetzung mit ihrem Versorger ...
Zwei Sensationsurteile zugunsten von Gasprotestkunden
(20. August 2009) Zahlreiche Verbraucher zahlen ihre Gas- oder Stromrechnung unter Protest gekürzt und stehen deshalb in einer intensiven Auseinandersetzung mit ihrem Versorger, mitunter auch vor den Schranken der Gerichte. Zwei neue und wichtige Gerichtsentscheidungen haben die rechtliche Position von Energieprotestkunden nun erheblich verbessert.
Das Landgericht Köln hat die Zahlungsklage der Bad Honnef AG gegen drei Verbraucher abgewiesen. Denn die Preissteigerungen der Vergangenheit lagen nachweislich über den Bezugskostensteigerungen. Zu diesem Ergebnis kam ein vom Gericht eingesetzter neutraler Sachverständiger ().
Pikanterweise war einer der beklagten Verbraucher früherer Aufsichtsratsvorsitzender der Bad Honnef AG und zeitweise sogar deren Vorstand.
Es handelt sich bundesweit um den ersten Fall, im dem die Gaspreiserhöhungen einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle durch Einholung eines Sachverständigengutachtens unterzogen wurde. Das Urteil gibt wichtige Anhaltspunkte, wie dabei vorzugehen ist.
In anderen Gerichtsverfahren versuchen die Versorger, die Billigkeit ihrer Preise durch Gutachten von Wirtschaftsprüfern zu belegen.
Das ist aber unzulässig, entschied der Bundesgerichtshof am 8. Juli 2009 in einem gerade veröffentlichten Urteil (Az VIII ZR 314/07). Bei den Wirtschaftsprüfungsgutachten handelt es sich um Parteigutachten, die vom Gericht nicht ohne eigene Überzeugungsbildung übernommen werden dürfen. Auch ein Vergleich der kritisierten Gaspreiserhöhungen mit den Preiserhöhungen anderer Unternehmen ist als Beweis untauglich, denn die Regionen sind untereinander nicht vergleichbar.
Auch muss geprüft werden, ob der Versorger nicht hätte billiger Gas einkaufen können. Denn das Recht zur einseitigen Preiserhöhung darf laut BGH-Urteil nicht dazu führen, das der Versorger zu beliebigen Preisen einkauft und diese an die Verbraucher weitergibt, ohne günstigere Beschaffungsmöglichkeiten zu prüfen.
Gasag unter Druck
(21. Juli 2009) Nach einem Bericht des "Berliner Tagesspiegel" fordert der Verband der Berlin-Brandenburgischen Wohnungsunternehmen (BBU) die Gasag wegen des BGH-Urteils auf, freiwillig allen 300.000 Kunden, die einen der beanstandeten Verträge abgeschlossen haben, das zu viel gezahlte Geld zu erstatten.
Das solle unabhängig davon passieren, ob diese formal einen Rechtsanspruch darauf hätten oder nicht, also nicht nur für die diejenigen gelten, die unter Vorbehalt gezahlt hätten.
So schaffe die Gasag Rechtssicherheit, erweise sich als kundenfreundlich und verhindere eine Prozesslawine, so der BBU, die Dachorganisation von 362 Wohnungsbau-gesellschaften und -genossenschaften in der Region, die zusammen 1,1 Mio Wohnungen bewirtschaften.
Der BGH hatte vor Kurzem eine bis Anfang 2007 gebräuchliche Preisänderungsklausel in den Gasag-Tarifen "Vario" und "Aktiv" für unwirksam erklärt.
Sie hatte dem Unternehmen erlaubt, die Preise nach oben und unten anzupassen, den Versorger aber nicht verpflichtet, die Preise zu senken, wenn seine Bezugskosten fallen.
Rund 300.000 Sondervertragskunden haben Verträge mit dieser Klausel abgeschlossen, 50.000 davon hatten zwei Erhöhungen 2005 und 2006 nur unter Vorbehalt gezahlt.
Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.
Verbraucher begrüßen BGH-Entscheidung zu Gasverträgen
Preiserhöhung auf jeden Fall widersprechen
(15. Juli 2009) Der Bund der Energieverbraucher e.V. hat die beiden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu Preisklauseln in Gasverträgen begrüßt: "Viele Verbraucher bezahlen Gaspreiserhöhungen, obwohl diese Erhöhungen rechtswidrig sind. Der Bundesgerichtshof hat einmal mehr entschieden, dass die Preisgleitklauseln strengen Anforderungen genügen müssen. Die Verbraucher sollten deshalb jeder Preiserhöhung widersprechen und möglichst auch die Rechnungen entsprechend kürzen. Wer das versäumt und die Rechnung in verlangter Höhe bezahlt, dem rechnen manche Gerichte dies als Zustimmung an, so unlängst das Landgericht Oldenburg" mahnt der Vereinsvorsitzende Dr. Aribert Peters.
Tarifwechsel nur mit Zustimmung
(7. Juli 2009) Das Landgericht Leipzig hat der Chemnitzer RWE-Tochter enviaM per einstweiliger Verfügung untersagt, Kunden ohne deren ausdrückliches Einverständnis vom Tarif "enviaM vario" auf den "ProKlima Strom 2011" mit Vertragsbindung bis Ende 2011 umzustellen.
enviaM muss dazu das Einverständnis ihrer Kunden einholen. Die Hamburger LichtBlick hatte diese einstweilige Verfügung beantragt, nachdem enviaM die Kunden in einem Serienschreiben informiert hatte, dass sie automatisch in den Tarif wechseln, wenn sie dem nicht widersprechen.
Mit der Umstellung sei einerseits eine Preiserhöhung auf 23,17 Cent pro kWh zuzüglich des jährlichen Grundpreises von 80 Euro verbunden gewesen, so LichtBlick.
Anderseits sei den Kunden durch eine Vertragslaufzeit bis Ende 2011 die im Grundtarif bestehende monatliche Wechselmöglichkeit zu einem anderen Stromanbieter genommen worden. Das sei rechtswidriges Vorgehen, so LichtBlick.
Einen Tarif mit einem Anteil von über zwei Drittel Atomstrom als "ProKlima"-Tarif zu betiteln, sei an sich schon bemerkenswert. Die Kunden aber, ohne aktiv deren Einverständnis einzuholen, einfach auf ein Angebot mit nur einem jährlichen Kündigungsrecht und einem sogar über dem Grundtarif liegenden Strompreis umzustellen, sei nicht hinnehmbar.
Das Landgericht Leipzig hat bestimmt, dass enviaM ohne die ausdrückliche Zustimmung den Kunden nur zu den Konditionen der Grundversorger beliefern darf.
Wer nicht ausdrücklich zugestimmt hat, ist also nicht an den Tarif "ProKlima Strom 2011" gebunden, auch dann nicht, wenn er dem wettbewerbswidrigen Schreiben nicht widersprochen hat. Er kann damit jederzeit seinen Stromanbieter wechseln.
Der Energiewirtschaftler Gunnar Harms und der Wirtschaftswissenschaftler Professor Uwe Leprich haben im Auftrag der Grünen eine Studie verfasst
Studie sorgt für Wirbel
Der Energiewirtschaftler Gunnar Harms und der Wirtschaftswissenschaftler Professor Uwe Leprich haben im Auftrag der Grünen eine Studie verfasst mit dem Titel: "Geben Gasversorger mögliche Preissenkungen angemessen an die Verbraucher weiter?" Die Studie hat erhebliches Aufsehen erregt.
(11. Juni 2009)
Energiewirtschaftler Gunnar Harms
Die Experten kommen zu folgenden Schlussfolgerungen:
- Die Gasversorger geben nur rund die Hälfte der möglichen Preissenkungen an die Verbraucher weiter. So haben sie für das zweite Quartal 2009 im Durchschnitt Preissenkungen in Höhe von ca. zwölf Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2008 angekündigt. Diese entsprechen jedoch nur etwa der Hälfte des sich rechnerisch aus den derzeitigen Marktentwicklungen ergebenden angemessenen Preissenkungspotentials von ca. 24 Prozent. Damit erzielen die Gasversorger ungerechtfertigte Mehrerlöse von mehreren hundert Millionen Euro allein im ersten Halbjahr 2009.
- Wenn die Gasversorger im gesamten Jahresverlauf weiterhin Preissenkungen aus der Beschaffung nur zur Hälfte weitergeben, ergibt sich daraus ein Betrag von ca. 1,6 Milliarden Euro für das gesamte Jahr.
- Für einen als repräsentativ angesetzten durchschnittlichen Heizgas-Normsonderkundenverbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr ergeben sich daraus ungerechtfertigte Mehrkosten in Höhe von 150 Euro für 2009 zuzüglich Umsatzssteuer.
- Für das dritte und vierte Quartal 2009 wäre gegenüber dem zweiten Quartal eine weitere Reduzierung um ca. 15 Prozent angemessen.
- Die Gaspreise für Endverbraucher sollten im Durchschnitt spätestens zum Beginn des dritten Quartals 2009 wieder das Niveau von rund vier Cent aus den Jahren 2003/2004 erreichen. Momentan liegen sie im Durchschnitt noch bei ca. 6,5 Cent je Kilowattstunde.
- Zur Verifikation der für den bundesweiten Durchschnitt ermittelten Ergebnisse untersuchten die Experten die Preisentwicklung fünf regional bedeutsamer Gasversorger näher.
Ergebnis: Keiner dieser Gasversorger hat für das zweite Quartal 2009 eine als angemessen anzusehende Preissenkung vorgenommen.
- Die Gasversorger nutzen saisonale Mengeneffekte dadurch aus, dass sie Preiserhöhungen tendenziell in die verbrauchsstarke Jahreszeit und Preissenkungen in die verbrauchsschwachen Monate legen. Damit erzielten die Gasversorger ungerechtfertigte Mehrerlöse in Höhe von ca. 350 Millionen Euro jährlich.
- Im Vergleich zu den vorherigen Jahren stellen die bisher in 2009 erfolgten Preissenkungen einen kleinen Fortschritt dar, denn bislang gaben die Gasversorger ihre gesunkenen Einkaufspreise aufgrund fallender Ölpreise nur unterproportional an die Verbraucher weiter.
- Der Wettbewerb auf dem Gasmarkt für Haushaltskunden ist nach wie vor unzureichend. Wie beim Strom dominieren immer noch wenige, etablierte Unternehmen den Markt.
- Kurzfristig sollten marktbeherrschende Importeure wie E.on Ruhrgas große Mengen ihres verfügbaren Erdgases frei auktionieren. Ebenso wichtig für den Wettbewerb ist eine weitere Reduktion der Marktgebiete, damit Wettbewerber unbürokratischer, ohne sachlich nicht gerechtfertigte Netzzugangshürden und ohne überhöhte Netzentgelte bundesweit Angebote unterbreiten können.
Die Studie hat große öffentliche Beachtung gefunden. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat den deutschen Gasversorgern mit dem Kartellamt gedroht. Bei Preismissbrauch seien die Kartellbehörden, vor allem der Länder, gefordert, einzuschreiten, so der Minister in der "Welt".
Die Chefin des Dachverbands der Energiewirtschaft (bdew), die aus dem Bundeskanzleramt kommende Hildegard Müller, sah sich gar zu einem Brief an alle Bundestagsabgeordneten veranlasst. Darin diskreditiert sie die Studie mit einer Reihe unrichtiger Tatsachenbehauptungen. Der Verband hat gar eine Ad-Hoc-Arbeitsgruppe eingerichtet, die weitere Argumente entwickeln soll.
Wenn Sie Gas oder Strom als Sondervertragskunde beziehen, dann waren die Preiserhöhungen der Vergangenheit mit großer Wahrscheinlichkeit nichtig
Schuldet Ihnen Ihr Versorger Geld?
Wenn Sie Gas oder Strom als Sondervertragskunde beziehen, dann waren die Preiserhöhungen der Vergangenheit mit großer Wahrscheinlichkeit nichtig und der Versorger schuldet Ihnen das Geld, das er Ihnen in den vergangenen Jahren zuviel abverlangt hat.
Von Rechtsanwältin Leonora Holling
Das gilt für alle Kunden, also auch dann, wenn Sie bisher alle Rechnungen anstandslos bezahlt haben. Sie können die zu viel bezahlten Beträge mit aktuellen Rechnungen verrechnen. Das ist zumindest die Meinung der Anwälte auf Verbraucherseite.
OLG: Zahlung bedeutet Zustimmung
Anders sieht es zum Beispiel das OLG Oldenburg (: Auch beim Sondervertrag komme es auf einen Widerspruch des Kunden gegen Preisanhebungen an. Solange also der Sonderkunde Entgelte unbeanstandet zahlt, werden diese Preise für ihn endgültig und für die Zukunft bindender Bestandteil seines Vertragsverhältnisses. Erst wenn er den Preisanhebungen widerspricht, sollen derartige Anhebungen nicht (mehr) wirksam werden, da der Versorger über keine wirksame Preisänderungsklausel verfügt, also keinen Rechtsgrund dafür besitzt.
Begründung fehlt
Diese Auffassung kann nicht überzeugen, zumal ihre Vertreter keine Begründung für sie liefern. Preisanpassungsklauseln gehören zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Versorgers. Für Allgemeine Geschäftsbedingungen gilt immer, dass die Folgen einer etwaigen Unwirksamkeit stets zu Lasten des Verwenders gehen, hier also des Energieversorgungsunternehmens. Ist ein im Vertrag aufgeführter Preisänderungsvorbehalt unwirksam oder fehlt er ganz, ist die Konsequenz daher, dass das Unternehmen kein Recht zur Preisänderung hat, da dieses nicht vereinbart wurde. Auch eine stillschweigend anzunehmende Vereinbarung des neuen Preises durch vorbehaltlose Zahlung ist für Sonderkunden nicht möglich. In vielen Verträgen dürfte bereits die Klausel, dass Änderungen des Vertrages der Schriftform bedürfen, dem entgegenstehen. Noch gewichtiger ist jedoch, dass die Rechtsprechung bei anderen Vertragsverhältnissen mit Dauercharakter sogar ausdrücklich eine stillschweigende Vereinbarung neuer Preise abgelehnt hat. Dem Oberlandesgericht Düsseldorf liegen derzeit zwei Verfahren zur Entscheidung vor, die ausschließlich diese Frage der Höhe des Rückforderungsanspruches behandeln (Az. VI - 2 U 5/09 (Kart); VI - 2 U 4/09 (Kart)). Die Entscheidungen sollen bis zum Jahresende vorliegen.
Interessant ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage. Dieser hat klar entschieden: Wer Strom oder Gas als Tarifkunde erhält, beziehungsweise in die Grundversorgung fällt, muss Preisanhebungen nur bezahlen, soweit sie der Billigkeit entsprechen.
Diesen Einwand können Protestkunden nach dem spätestens etwa acht Wochen nach Erhalt der Jahresrechnung geltend machen. Ansonsten gilt die Preiserhöhung als vereinbart.
BGH: Zahlung ist keine Zustimmung
Ob dies auch für ungültige Preiserhöhungen in Sonderverträgen gilt, ist derzeit noch nicht höchstrichterlich entschieden. Jedoch hat sich der Bundesgerichtshof bei ungerechtfertigten Mieterhöhungen und Gebrauchtwagenkaufverträgen klar geäußert, dass eine widerspruchslose Zahlung des verlangten Betrags nicht als Anerkenntnis zu werten ist. So urteilte der Bundesgerichtshof beim Kauf eines Gebrauchtwagens, dass die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung für sich genommen weder die Annahme eines deklaratorischen noch eines "tatsächlichen" Anerkenntnisses der beglichenen Forderung rechtfertigt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 11. Januar 2007 - VII ZR 165/05, NJW-RR 2007, 530), Aktenzeichen VIII ZR 265/07, verkündet am 11. November 2008.
Die Karlsruher Richter urteilten zudem bei einer ungerechtfertigten Mieterhöhung, dass der Mieter einer erhöhten Miete nicht automatisch dadurch zustimmt, dass er sie bezahlt.
Verbraucherprotest gegen überhöhte Gaspreise
Risiko beim Klauselverwender
Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter aus Sicht des Mieters ihr einseitiges Bestimmungsrecht über die Miete ausüben wollen. Aus Sicht der Mieter lag in einem Schreiben zur Mieterhöhung jedoch kein Angebot zum Abschluss einer Mieterhöhungsvereinbarung: Es war für sie nicht ersichtlich, dass es ihnen frei stand, der Mieterhöhung zuzustimmen oder es auf ein etwaiges Mieterhöhungsverfahren ankommen zu lassen. Die Rechtslage musste sich ihnen vielmehr so darstellen, als seien sie schon aufgrund der einseitigen Erklärung des Vermieters zur Zahlung verpflichtet. Deshalb durfte der Vermieter nicht davon ausgehen, dass die Mieter der Erhöhung zustimmten, als sie den neuen Betrag bezahlten.
Der Vermieter kann das Risiko, das sich aus der Rechtsunwirksamkeit der Mieterhöhungen für sie ergab, nicht über § 818 Abs. 3 BGB auf den Mieter abwälzen (Aktenzeichen VIII ZR 199/04 verkündet am 20. Juli 2005).
Widersprüchliche BGH-Urteile
Dieses Urteil widerspricht diametral dem Urteil desselben Senats vom 13. Juni 2007 im Fall Heilbronn. Danach ist eine einseitige Preiserhöhung als Angebot zum Abschluss einer Preiserhöhungsvereinbarung anzusehen. Widerspricht der Kunde nicht rechtzeitig, kann der Anbieter vom Einverständnis ausgehen. Als Folge gilt die Preiserhöhung als vereinbart und unterliegt deshalb keiner Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB mehr.
Es schränkt auch den Spielraum ein, wonach sich der Rückzahlungsanspruch verwirkt, wenn der Kunde der Erhöhung nicht widerspricht, sollte sich die Preisanpassungsklausel als unwirksam erweisen.
Das Urteil schließt auch den Einwand aus, man habe die entsprechenden Beträge schon anderweitig ausgegeben (sogenannte Entreicherung). Dieses Argument hatte zum Beispiel die Regionalgas Euskirchen den Kunden vorgehalten.
Aufrechnung zulässig
Konkret bedeutet dies für Verbraucher, dass die gesetzlichen Versorgungsbedingungen die Aufrechnung mit laufenden Verbindlichkeiten verbieten. Diese gesetzlichen Versorgungsbedingungen gelten aber gerade für Sondervertragskunden nicht und damit auch nicht das dort ausgesprochene Aufrechnungsverbot. Deshalb rät der Bund der Energieverbraucher, die laufenden Zahlungen mit den bislang zu viel bezahlten Beträgen zu verrechnen, und dies dem Versorger nachvollziehbar mitzuteilen. Protestkunden sollten die laufenden Abschlagszahlungen auf keinen Fall komplett einstellen.
Bis zu einer höchstrichterlichen Klärung ist allen Sondervertragskunden darüber hinaus zu raten, von ihrem Versorger nach den alten Preisen des Sondervertrages schriftlich eine Rückzahlung der überzahlten Beträge zu verlangen. Betroffene sollten dem Unternehmen dafür eine Frist setzen. Dabei gilt, dass nur unverjährte Ansprüche geltend gemacht werden können, also solche ab einer Jahresrechnung des Jahres 2006 bis heute.
Aus den Gerichtssälen
Aktuelle Urteile zum Preisprotest
(04. Juni 2009)
Kunden der Main Kinzig Gas hatten gemeinsam auf Ungültigkeit der Preiserhöhung geklagt. Nach einer Niederlage vor dem Landgericht Frankfurt hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Revision ist nicht zugelassen ().
Die auf Zahlung klagenden Stadtwerke Esslingen konnten die Billigkeit ihrer Gaspreiserhöhung aus 2006 nicht überzeugend nachweisen. Das Landgericht Stuttgart legte als billigen Preis den durchschnittlichen Arbeitspreis der Gaspreistabelle fest. Der tatsächliche Preis der Stadtwerke lag über diesem Wert. Revision wurde nicht zugelassen ().
Das Landgericht Konstanz stellt fest, dass die Preisanpassungsklausel der beklagten Stadtwerke Villingen-Schwenningen GmbH (SVS) und den Zweckverband Gasfernversorgung Baar (ZVB) "einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält" und daher unwirksam ist ().
Die nach §108, 102 EnWG ausschließlich zuständige Kammer für Handelssachen des Landgerichts Erfurt hat die Zahlungsklage der SWE Energie GmbH gegen eine Gaskundin abgewiesen, soweit die geltend gemachten Forderungen auf mehreren Gaspreiserhöhungen ab dem 1. Oktober 2004 beruhen, weil die Stadtwerke die Billigkeit der einzelnen Preiserhöhungen nicht nachgewiesen haben. Für den Nachweis der Billigkeit hält die Kammer die Offenlegung der einzelnen Preiskalkulationen für erforderlich. ().
Das Oberlandesgericht München bestätigte die Stellung als Sondervertragskunde und führte aus, dass die AVBGasV nicht den Anforderungen an eine wirksame Preisklausel genügt, weil sie keine näheren Regelungen zur Preisgestaltung enthält und den Kunden unangemessen benachteiligt ().
Das Landgericht Köln weist die Klage der Energieversorgung Leverkusen auf Zahlung des ungekürzten Gaspreises zurück, nachdem der klägerische Anwalt Dr. Hempel die Klage zurückgezogen hat ().
Das Landgericht Augsburg verurteilt die Gaskunden zur Zahlung der einseitig erhöhten Gaspreise. Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt ().
Das Urteil des Oberlandesgericht Koblenz erklärt die Gaspreiserhöhung des klagenden Gasversorgers für unbillig und unwirksam. Gegen das Urteil wurde Revision beim BGH eingelegt. ().
Das Amtsgericht Erding weist Klage des Versorgers auf Nachzahlung der gekürzten Gasrechnung wegen Nichtzuständigkeit ab ().
Das Amtsgericht Neukölln verweist die Klage des Gasversorgers wegen Zahlung einbehaltenen Entgelts an das Landgericht, weil der Sachverhalt kartellrechtliche Fragen berühre ().
Das Amtsgericht Landau erklärt sich für sachlich unzuständig und verweist an das Landgericht Landau in der Pfalz - Kammer für Handelssachen (§ 102 EnWG) ().
Das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten hat die Zahlungsklage eines Versorgers zurückgewiesen, weil die Preisanpassungsklausel dem Benachteiligungsverbot in § 307 widerspricht (nicht rechtskräftig, Urteil Amtsgericht Ribnitz-Damgarten vom 13. Januar 2009 - Az: 1 C 250/08).
Nach Versäumnisurteil des Amtsgerichts Leipzig gegen MITGAS gelten rückwirkend seit 7. Mai 2003 die damals vereinbarten Erdgaspreise ungegrenzt fort. Alle Erhöhungen sind damit unwirksam ().
Das Amtsgericht Erfurt erklärt sich für sachlich unzuständig (§ 102 EnWG) und verweist den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das LG Erfurt - Kammer für Handelssachen (.
Gasverbraucher gewannen in Frankfurt und Stuttgart
(7. Mai 2009) Tausende Kunden der MainKinzigGas können auf Rückzahlungen hoffen. Nach einem Urteil des OLG Frankfurt sind die Erhöhungen des Gasversorgers nach der Preisänderungsklausel unzulässig (Urteil Oberlandesgericht Frankfurt vom 5. Mai 2009, Az 11 U 61/07, Revision nicht zugelassen).
Mehr als 20 Kläger hatten vor dem OLG in zweiter Instanz gegen die Preiserhöhungen seit November 2005 geklagt. Wie sich jetzt herausstellte, waren die Änderungsbestimmungen im Sinne des Wettbewerbsrechts unzulässig.
Laut Gericht war dabei die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Transparenz nicht hinreichend erfüllt. Nun muss der Versorger die zu Unrecht verlangten Summen zurückzahlen.
Beim Mitte 2006 begonnenen Rechtsstreit hatte das Landgericht Frankfurt im August 2007 die Preiserhöhungen für zulässig erklärt. Betroffen sind im Main-Kinzig-Kreis etwa 90% der 26.000 Privatkunden des Unternehmens.
Auch in Stuttgart ging es für die Versorger schief. Die auf Zahlung klagenden Stadtwerke Esslingen konnten die Billigkeit der Gaspreiserhöhung aus 2006 nicht überzeugend nachweisen. Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 29. April 2009 Az. 5 S 179/08) legte als billigen Preis den durchschnittlichen Arbeitspreis der Gaspreistabelle des Wirtschaftsministeriums von Baden-Württemberg fest. Der tatsächliche Preis der Stadtwerke lag über diesem Wert. Revision wurde nicht zugelassen
Verbraucherzentrale siegt über Stadtwerke
Preisänderungsklausel ist unwirksam
(9. April 2009) Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat die Stadtwerke Villingen-Schwenningen GmbH (SVS) und den Zweckverband Gasfernversorgung Baar (ZVB) daraufhin verklagt, dass die verwendeten Preisänderungsklausel in Gaslieferverträgen künftig nicht mehr zur Anwendung kommen. Das Landgericht Konstanz hatte der Verbraucherzentrale mit Urteil vom 31. März 2009 recht gegeben.
Die Stadtwerke kündigten an, gegen das Urteil Berufung einzulegen.
Der Bund der Energieverbraucher hält diese Berufung für eine weitere reine Geldverschwendung zu Lasten der Verbraucher. Denn in vielen Urteilen des Bundesgerichtshofs und von Oberlandesgerichten hat sich diesbezüglich eine sehr klare Rechtssprechung herausgebildet. Danach kommt es nicht auf die Preisgestaltung sondern auf die Zulässigkeit der Preisklausel an. Maßstab dafür ist der Gesetzestext und die höchstrichterliche Rechtssprechung dazu, die sich nach zwei Grundsatzurteilen des BGH aufgrund von Klagen des Bund der Energieverbraucher e.V. herausgebildet und seither bestätigt und gefestigt hat.
Den betroffenen Verbrauchern steht eine Rückerstattung der unrechtmäßig erhöhten Gaspreise zu.
Bundesweit erstes Sachverständigengutachen bestätigte die Unbilligkeit der Gaspreiserhöhungen der Bad Honnef AG
Gutachten enthüllt Unbilligkeit
Im bundesweit ersten Sachverständigengutachen zur Billigkeit von Gaspreiserhöhungen bestätigte sich die Unbilligkeit der Preiserhöhungen der Bad Honnef AG in den Jahren 2004 bis 2007. Das Gutachten ist auch von seiner Methodik her wegweisend.
(2. März 2009) Die Bad Honnef AG (BHAG) hat zwei Protestkunden auf Zahlung des vollen Gaspreises verklagt. Zufällig war einer der Beklagten selbst jahrelang Aufsichtsratsvorsitzender der AG. Die zuständige Handelskammer des Landgerichts Köln hat durch ein Sachverständigengutachten klären lassen, ob die BHAG zwischen 2004 und 2007 lediglich ihre gestiegenen Bezugskosten weitergegeben hat.
Die BHAG hat in einer sogenannten Delta-Tabelle quartalsweise die Änderung ihrer Gasbezugspreise (in Ct/kWh) und die Änderung der Arbeitspreise für Gasabnehmer gegenübergestellt. Die Aufstellung zeigt, dass die Bezugspreise stärker gestiegen sind als die Preise der Gaskunden.
Der von der Handelskammer Berlin benannte Sachverständige Kevin Canty kommt in seinem Gutachten zu einem genau entgegengesetztem Schluss. Die Methodik des Gutachtens verdient deshalb nähere Betrachtung. Die methodischen Fallstricke, die es aufdeckt, müssen auch in anderen derartigen Verfahren Beachtung finden.
Fallstrick 1: Kalkulatorische statt tatsächlicher Kosten betrachtet
Die BHAG hat in ihrer Delta-Tabelle nicht die faktisch bezahlten Bezugskosten zugrunde gelegt, sondern "kalkulatorische" Bezugskosten, also einen Schätzwert, der von den tatsächlichen Bezugskosten abweicht. In der Summe für jeweils ein Jahr stimmen kalkulatorische und tatsächliche Kosten überein. Über die einzelnen Monate verteilt ergeben sich jedoch erhebliche Abweichungen. Durchweg liegen die kalkulatorischen Kosten in der ersten Jahreshälfte über und in der zweiten Jahreshälfte unter den tatsächlichen Kosten. Deshalb sind die Änderungsraten der ersten Jahreshälfte für die kalkulatorischen Kosten höher und in der zweiten Jahreshälfte geringer.
Fallstrick 2: Nachlässe nicht eingerechnet
1997 verwöhnte Ruhrgas ihren Kunden. Die BHAG wurde für den Abschluss eines neuen 20-Jahres-Vertrags mit einer "Marketingprämie" in einstelliger Millionenhöhe belohnt. Diesen Rabatt hatte, Ironie des Schicksals, ausgerechnet der beklagte Verbraucher für die AG ausgehandelt und entgegengenommen. In den von der BHAG vorgelegten Kalkulationen fand diese Prämie keine Beachtung. Ihre Höhe teilte die BHAG auch im Gerichtsverfahren nicht mit. Faktisch bedeuten diese Sonderzahlungen einen Einkaufsrabatt, der durchaus in die Preisbildung mit einzubeziehen ist.
Fallstrick 3: Keine monatliche Betrachtung
Das Ergebnis einer Delta-Betrachtung hängt empfindlich vom zeitlichen Betrachtungsraster ab. Wechselt man zum Beispiel von einer jährlichen zu einer vierteljährlichen Betrachtung, dann können sich die Ergebnisse ins Gegenteil verkehren. Am verlässlichsten ist daher ein Gutachten, das eine monatliche Betrachtung vornimmt.
Fallstrick 4: Zuordnung von Einkaufspreisen zu Abnehmern
In der Regel bezieht ein Versorger Gas aus unterschiedlichen Quellen zu unterschiedlichen Tarifen. So beschaffen sich die meisten Unternehmen einen Großteil des Gases sehr kostengünstig über Spotmärkte. Auf der Abnehmerseite gibt es eine ähnliche Vielfalt: Großkunden beziehen Gas sehr preisgünstig. Die genaue Zuordnung von Bezugspreisen zu Abgabepreisen ist daher gar nicht durchführbar.
Das Gutachten umschiffte diese Klippe, in dem es nur die Behauptung der BHAG prüfte, man habe die Preise anheben müssen, um die gestiegenen Bezugskosten abzufangen.
Über 50 Prozent der Gasabgabe der BHAG erfolgt über die Tarife dem die beiden beklagten Protestkunden zugerechnet werden.
Fallstrick 5: Delta-Betrachtung statt Absolutbeträgen
Die Delta-Tabelle stellt nicht die Änderung der Bezugskosten, sondern der Bezugspreise dar. Doch um festzustellen, ob mit den Tariferhöhungen lediglich die erhöhten Bezugskosten weitergegeben wurden, ist ein Abgleich der erhöhten Bezugskosten (Mehrkosten) mit dem durch die Tariferhöhungen erhöhten Erlös (Mehrerlös) erforderlich. Eine präzise Abschätzung oder gar eine genaue Ermittlung einer Über- oder Unterdeckung der Bezugskosten vermag die Delta-Tabelle für sich genommen nicht zu liefern (Gutachten Seite 24). "So kann eine deutlich über der Bezugskostensteigerung liegende Tariferhöhung, welche zu Beginn des Betrachtungszeitraums vorgenommen wurde, gegen Ende dieses Zeitraums wieder zurückgenommen worden sein mit der Folge, dass bei der klägerseits summarisch durchgeführten Delta-Berechnung die Tariferhöhung der Bezugskostensteigerung zwar entspräche; unberücksichtigt bliebe bei dieser Betrachtung jedoch der Umstand, dass über einen Großteil des Betrachtungszeitraums ein Ungleichgewicht bestand, welches sich zu Lasten des Kunden auch kostenmäßig ausgewirkt hat." Hinweisbeschluss des Landgerichts Köln vom 7. Januar 2009, Az 90 O 41/07.
Ein unbilliger Tarif reicht
Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, "dass die von der BHAG geforderten Tariferhöhungen spürbar über den Bezugspreiserhöhungen liegen". Dazu das Landgericht Köln in seinem Beschluss vom 7. Januar 2009: "Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits kommt es darauf an, ob die seit dem 1. Dezember 2004 bis zum 31. Juli 2007 vorgenommenen Tariferhöhungen jeweils der Billigkeit entsprechen. Das bedeutet, dass jede einzelne Tariferhöhung gesondert auf ihre Angemessenheit zu prüfen ist. Zeigt sich dabei auch nur hinsichtlich einer einzelnen der in Rede stehenden Tariferhöhungen ein Missverhältnis im Vergleich zu der für die Erhöhung zum Anlass genommenen Veränderung der Bezugskosten, so kann dieser Umstand auch die nachfolgenden von den Beklagten angegriffenen Tariferhöhungen "infizieren", sofern diese nicht zum Anlass einer Korrektur des Ungleichgewichts genommen wurden (vgl. Zuletzt BGH vom 19. November 2008, Az VIII ZR 138/07 Rn. 15). Eine solche Fernwirkung des einmal unbillig erhöhten Tarifs stellt sich insbesondere dann ein, wenn der Versorger trotz des bereits verzerrten Verhältnisses weiter die Tarife erhöht, selbst wenn diese isoliert betrachtet in einem angemessenen Verhältnis zwischen Bezugskostenerhöhung und Tariferhöhung stehen. Sogar eine spätere Umkehrung des verzerrten Verhältnisses zugunsten des zunächst Benachteiligten kann nach Auffassung der Kammer nicht dazu herangezogen werden, die infolge der Verzerrung unbillige Tariferhöhung rückwirkend zu lindern.
Fazit
Der Vergleich von Bezugspreisen und Endkundenpreisen kann je nach Rechenverfahren zu völlig entgegengesetzten Ergebnissen führen, was die Angemessenheit der Preiserhöhungen anbelangt. Jeder vor Gericht befragte Zeuge, aber auch jedes Privatgutachten eines Wirtschaftsprüfers muss darlegen, ob und wie es diese Fallstricke umgangen hat.
Anmerkung: Da das Gutachten Angaben der BHAG beinhaltet, auf deren Geheimhaltung das Gericht die Prozessparteien verpflichtet hat, kann das Gutachten nicht veröffentlicht werden.
Hinweisbeschluss Landgericht Köln vom 07. Januar 2009 -Az: 90 O 41/07
Eine Frage der Zuständigkeit
Wenn Versorger und Verbraucher über die Billigkeit von Strom- und Gaspreisen streiten, sind dafür ausschließlich die Handelskammern der Landgerichte zuständig. Denn für die Beurteilung der Billigkeit kommt es auch darauf an, ob die Versorgung möglichst preisgünstig ist, wie von § 1 Abs. des Energiewirtschaftsgesetzes gefordert. Das hat der BGH am 19. November 2008 entschieden. Nach § 102 Energiewirtschaftsgesetz sind unabhängig vom Streitwert die Landgerichte zuständig, wenn die Entscheidung auch nur teilweise von Festlegungen des Energiewirtschaftsgesetzes abhängt. Die Energieversorger klagen aber lieber vor den Amtsgerichten: Dort ansässige Richter haben in der Regel weder ausreichend Zeit noch das notwendige Fachwissen, sich mit der komplexen Rechtsmaterie zu befassen. Beklagte Verbraucher und deren Anwälte sollten deshalb die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts rügen. Ein solches Vorgehen kann durchaus Erfolg haben: So folgte das Amtsgericht Erding mit Urteil vom 9. Januar 2009 dem Antrag des beklagten Verbrauchers und wies die Klage mangels Zuständigkeit ab (Az 3 C 792/ 08). Ähnliches passierte in Gießen (Landgericht Gießen, Beschluss vom 5. Dezember 2008, Az 2 O 298/08): Die zweite Zivilkammer erklärte sich für funktionell unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf Antrag der Beklagten an die Kammer für Handelssachen im Hause. Eine ähnliche Entscheidung fällten die Richter im Amtsgericht Landshut (Beschluss vom 30. Mai 2008 (Az 4 C 2101/07): Das Amtsgericht erklärte sich für sachlich unzuständig und verwies auf Hilfsantrag den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Landshut.
Um beim Preisprotest den Durchblick zu behalten und stets die richtigen Argumente vorzutragen, sollten Protestkunden aktuelle Gerichtsurteile kennen.
Siege und Niederlagen
Um beim Preisprotest den Durchblick zu behalten und stets die richtigen Argumente vorzutragen, sollten Protestkunden aktuelle Gerichtsurteile kennen.
Rechnung kürzen statt bezahlen: Protest führt zu Auseinandersetzungen und oft zu Siegen von Verbrauchern
Die Energiedepesche informiert über Siege und Niederlagen von Verbrauchern in den unterschiedlichen Instanzen.
Der Bundesgerichtshof hat am 17. Dezember 2008 entschieden, dass eine Preiserhöhung für Sondervertragskunden ungültig ist, soweit sie an eine Änderung der Preise für Tarifkunden anknüpft (Aktenzeichen VIII ZR 274/06).
Damit wurde der Klage eines Verbrauchers Recht gegeben, der gegen die Preiserhöhung der Regionalgas Euskirchen geklagt hatte. Das zuständige Amtsgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen: Weil der Verbraucher nicht auf Gas angewiesen sei, komme es auf die vom Verbraucher kritisierte fehlende Billigkeit gar nicht an (Urteil vom 5. August 2005, 17 C 260/ 05). Das Landgericht Bonn hatte dies bestätigt. Die Preisklausel benachteilige den Kunden nicht unangemessen (Vorsitzender Richter Bernhard Maurer-Wildermann, Urteil vom 7. September 2006, 8 S 146/05). Der Bundesgerichtshof argumentierte dagegen: Weil die Klausel hinsichtlich des Umfangs der Preisänderung nicht klar und verständlich ist, benachteiligt sie den Kunden unangemessen. Seiner Ansicht nach war die Erhöhung der Erdgaspreise unwirksam. Verbraucher, die so in der Vergangenheit zuviel fürs Gas bezahlt haben, sollten auf Rückzahlung klagen oder künftige Zahlungen entsprechend kürzen. Nachzulesen unter "Fairer Energiepreis" in der vorigen Depesche oder im Internet.
Gaspreiserhöhungen für Tarifkunden unterliegen einer Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB. Das hat der Bundesgerichtshof am 19. November 2008 entschieden. Der Versorger muss allerdings zum Nachweis der Billigkeit nicht unbedingt seine Bezugsverträge mit seinen Vorlieferanten vorlegen. Geklagt hatte ein Verbraucher, weil der Versorger die Billigkeit seiner Preiserhöhungen nicht nachgewiesen hatte. Der Versorger hatte dagegen Widerklage erhoben und die gekürzten Beträge eingefordert. Das Amtsgericht Dinslaken hatte dem Versorger Recht gegeben (AZ 31 C 295/05) und die Klage abgewiesen. Das Landgericht Duisburg hatte auf die Berufung des Verbrauchers hin das Urteil des Amtsgerichts geändert und die Widerklage abgewiesen (Urteil vom 10. Mai 2007, Az 5 S 76/06, Richter Dr. Hubert Just, Präsident des Landgerichts, Stefan Ulrich und Dr. Christian Ludwig). Der Versorger hatte vorgetragen, einen Margenverlust von 0,1 Prozent hingenommen zu haben. Es hätte, so das Landgericht, konkreter Darlegungen bedurft, warum nicht auch ein höherer Margenverlust tragbar gewesen sei. Dazu bedarf es einer Prüfung des gesamten Preises. Der Versorger hätte die konkreten Bezugsverträge vorlegen müssen, um zu belegen, dass seine Bezugspreise tatsächlich gestiegen sind. Zudem hätte das Unternehmen belegen müssen, was es unternommen hat, um günstigere Preise bei Lieferanten zu erreichen. Der BGH war hier anderer Ansicht: Er hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und den Streit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Nach diesem Urteil steht auch der Liefervertrag des Gasversorgers mit seinem Vorlieferanten auf dem Prüfstand: Hat der Versorger an dieser Stelle zu hohe Kosten akzeptiert, kann auch dies zur Unbilligkeit der Gaspreiserhöhung führen. Dieser Passus verschärft die bisherige Rechtsprechung des achten Zivilsenats deutlich. Der Bundesgerichtshof betont, dass bei der gerichtlichen Prüfung der Unterlagen das Geheimhaltungsinteresse des Versorgers zu berücksichtigen ist. Das könnte bedeuten, dass das Tatgericht entscheidet, die Öffentlichkeit von diesem Teil der mündlichen Verhandlung auszuschließen.
Das OLG Nürnberg urteilte am 9. Dezember 2008, dass bei einem Sondervertragskunden eine Überprüfung der Preiserhöhungsklausel ausscheidet. Die Richter (Präsident Dr. Stefan Franke, Dr. Quentin und Hilzinger) urteilten an dieser Stelle nach bayrischer Gutsherrenart. Die bayerischen Richter ließen sicherheitshalber jedoch keine Revision zu. Zwei weitere Verfahren sind am OLG Nürnberg noch zu entscheiden.
Im Bayerischen Neuenburg hat sich E.on mit einem Protestkunden verglichen. Der Verbraucher klagte gegen E.on auf Rückzahlung der überhöhten Gaspreise. Im Gerichtstermin vor dem Amtsgericht Regensburg stimmte E.on einem Vergleich zu. Der Verbraucher bekommt nun 500 Euro von E.on sowie sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten.
Fazit:Alle Verbraucher, die gegen die Strom- und Gaspreiserhöhung vorgehen, können sich durch die aktuellen Urteile bestärkt fühlen: Es bleibt in der Regel dabei, dass die Versorger vor Gericht beweisen müssen, dass ihre Preiserhöhungen bei Strom und Gas angemessen sind. In den meisten Fällen scheitert eine Zahlungsklage der Versorger schon daran, dass der Versorger die Preise gar nicht anheben durften.
Bestreiten, aber richtig
Wenn ein Verbraucher die Behauptungen seines Energieversorgers nicht "bestreitet", dann gelten dessen Behauptungen als "unstrittig". Das Gericht kann und darf solche Behauptungen weder prüfen, noch darüber ein Urteil fällen. Deshalb ist es sehr wichtig, dass Verbraucher Folgendes korrekt bestreiten:
- Die öffentliche Bekanntgabe der Preiserhöhungen
- Die Tatsache, dass sich die Einkaufspreise der Versorger in dem Maße erhöht haben wie die Endkundenpreise
- Dass die Importpreise sich so stark erhöht haben wie die Einkaufspreise
- Dass dem Versorger die Berechtigung zur Preiserhöhung zustand
- Dass dem Versorger ein wirksam und vertraglich vereinbartes Preiserhöhungsrecht zusteht
- Dass der Verbraucher als Tarifkunde versorgt wird
- Dass die Preiserhöhungen und auch der Gesamtpreis der Billigkeit entsprechen.
Weitere Urteile
- : Gaspreis-Zahlungsklage des Energieversorgers wird abgewiesen.
- : Die Unwirksamkeit der Gaspreisgleitklausel wird klargestellt und bestätigt.
- Kammergericht erklärt die Preiserhöhungen der GASAG für unwirksam.
- Preisanhebungen unwirksam.
- : Preisklausel von EWE ist unwirksam.
- Das Amtsgericht Ribnitz-Damgarten hat die Zahlungsklage eines Versorgers zurückgewiesen, weil die Preisanpassungsklausel im Sondervertrag dem Benachteiligungsverbot in § 307, Abs.1. Satz 1 widerspricht (, nicht rechtskräftig).
- Der Zahlungsklage der Stadtwerke Pritzwalk wird stattgegeben aufgrund eines Wirtschaftsprüfergutachtens, das die Billigkeit belegt habe (Urteil Amtsgericht Perleberg vom 16. September 2008 - Az 10 C 163/08).
- Abwehrkosten einer unzulässigen Sperre muss der Versorger tragen (Beschluss AG Dresden vom 9. Januar 2009, Az 116 C 6775/08).
- Der Zahlungsklage der Stadtwerke Schneverdingen gibt das , weil Parteigutachten die Bezugskostensteigerung belegen.
- Beschluss des : "Selbst wenn die Zeugen glaubhaft aussagen, dass nach ihren Berechnungen lediglich die Bezugskostensteigerungen weitergegeben worden sind, schließt dies nicht aus, dass sich die Zeugen verrechnet bzw. eine falsche Berechnungsmethode gewählt haben".
- Preisänderungsklausel von E.on Thüringer Energie AG unzulässig ().
- Die Berufung der Gasversorgung Gifhorn gegen das Urteil des ) wird zurückgewiesen. Ein Verbraucher hatte mit Erfolg auf die Rückzahlung überhöhter Gaspreise geklagt (, rechtskräftig).
- Das einen Rückforderungsanspruch für den Fall bejaht, dass Preiserhöhungen aufgrund einer unwirksamen Gaspreisanpassungsklausel vorgenommen worden sind. Das Besondere an dem Fall: Geklagt hatte kein Verbraucher, sondern ein Unternehmen. Das Bremer Gericht sah das Transparenzgebot des § 307 BGB auch im unternehmerischen Verkehr als unabdingbar an. Wenn eine Vertragsklausel hinsichtlich des Umfangs der Preisänderung nicht hinreichend klar und verständlich ist, kann sie nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer benachteiligen, an die hinsichtlich Verständlichkeit (Transparenz) höhere Ansprüche gestellt werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
- Der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat entschieden, dass die in einem Gasversorgungs-Sondervertrag enthaltene Preisanpassungsklausel "Die Gaspreise ändern sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise für Gaspreise eintritt" unwirksam ist. (Urteil vom 12. Februar 2009, Az.: U 781/08. Kart, nicht rechtskräftig).
Prozesskostenfonds
Der Prozesskostenfonds ist mit über 100.000 Euro so gut gefüllt wie nie zuvor. Er schützt alle Mitglieder, die dort regelmäßig einzahlen. Bitte beachten Sie die Regeln, nach denen der Fonds arbeitet . Insbesondere: Der Fonds ist keine Rechtsschutzversicherung. Der Fonds übernimmt, sofern die Voraussetzung vorliegen, die Anwalts- und Gerichtskosten in einem Gerichtsverfahren. Wer bei einem gerichtlichen Mahnbescheid bereits einen Anwalt einschaltet, der bekommt die Kosten jedoch nicht durch den Fonds ersetzt.
Yes, we can!
Erstaunliches tut sich derzeit in deutschen Gerichtssälen. Wenn viele Versorger noch zur Jahresmitte 2008 gehofft hatten, der Widerstand der Verbraucherinnen und Verbraucher gegen ständig überhöhte Gas- und Strompreise würde gerichtlich bald endgültig scheitern, sahen sie sich zum Ende des Jahres in dieser Hoffnung bitter getäuscht. Genau das Gegenteil ist tatsächlich eingetreten.
Von Rechtsanwältin Leonora Holling, Düsseldorf
Rechtsanwältin Leonora Holling
Den Auftakt bildete zweifelsohne das Urteil des Kartellsenates des Bundesgerichthofes vom 29. April 2008 (Az. KZR 2/07): Der Kartellsenat bestätigte ausdrücklich die Unwirksamkeit einer sog. Preisänderungsklausel für Sondervertragskunden im Gasbereich. Unter Preisänderungsklauseln versteht man solche Vertragsbestandteile eines Sondervertrages, mit welchen ein Versorger die Änderung der ursprünglich mit dem Kunden vereinbarten Anfangspreise zu erreichen versucht. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat hierbei entsprechend den Vorschriften der §§ 305, 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches geprüft, ob die Preisänderungsklausel sowohl a) transparent für den Kunden sind, als auch b) diesen nicht unangemessen benachteiligen.
Der Kunde muss anhand der Vereinbarung im Vertrag selbst feststellen können, nach welchen Kriterien sich der Anfangspreis in der zukünftigen Vertragslaufzeit ändern kann. Im Vertrag findet sich fast immer ein eigener Abschnitt mit der Überschrift "Preisänderung".
Wurde etwa vereinbart, dass sich der Preis des Sondervertragskunden gemäß den sog. Allgemeinen Tarifen für Tarifkunden ändern soll, kann der Sondervertragskunde durch Einsicht in die Allgemeinen Tarifblätter feststellen, wann und in welchem Umfang sich die Tarifpreise ändern. Die Preisänderung wäre also auch für ihn transparent. Allerdings bleibt völlig offen, warum sich die Tarifpreise ändern sollen.
Hier meinte das höchste deutsche Gericht, dass der Sondervertragskunde befürchten muss, dass Kosteneinsparungen des Versorgers verschwiegen werden. Im Bereich der Daseinsvorsorge bedeutet dies, dass er nicht sicher sein kann und auch nicht überprüfen kann, ob der angehobene Preis ihn nicht unangemessen benachteiligt. Dies, so der Kartellsenat, macht
eine solche Preisänderungsklausel unwirksam. Für den Verbraucher besteht deshalb keine Verpflichtung, den angehobenen Preis zu zahlen. Auch der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichthofes hat am 17. Dezember 2008 entschieden, dass in einem Sondervertrag der Verweis auf die Tarifpreise dem Verbraucherschutz nicht gerecht wird.
Gerichte warnen Versorger
Aufgrund dieser Entscheidung haben inzwischen zahlreiche Untergerichte (zum Beispiel die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichtes Düsseldorf) der Versorgerseite in anhängigen Verfahren geraten, die Unwirksamkeit derartiger Klauseln anzuerkennen.
Sogar eine Preisänderungsklausel die den Gaspreis zum 1. April und 1. Oktober aufgrund des amtlich veröffentlichten Ölpreises berechnet, wurde inzwischen aus Gründen der Verbraucherbenachteiligung für unwirksam erklärt (Urteil des OLG Frankfurt/Main v. 4. November 2008 - Az. 11 U 60/07) und durch andere Gerichte überraschend schnell aufgegriffen (z. B. AG Ribnitz-Dammgarten, Az. 1 C 250/08). Der Versorger sei den Beweis schuldig geblieben, so das OLG Frankfurt, dass er selbst bei seinen Bezugskosten einer entsprechenden Heizölbindung unterliege beziehungsweise Kostenfaktoren aus einem anderen Bereich eingespart habe. Es sei daher nicht ausgeschlossen, dass durch diese Klausel dem Versorger die Möglichkeit zur Erwirtschaftung weiterer (unangemessener) Gewinne eröffnet würde, was eine Benachteiligung des betroffenen Verbrauchers darstelle.
Es gibt noch eine Unzahl weiterer Urteile im Sondervertragsbereich, die eines klar herausstellen: Keine der überprüften Preisänderungsklauseln hält einer gerichtlichen Überprüfung stand.
Tarifkunde oder Sondervertragskunde?
Wer aber kann sich auf eine unwirksame Preisänderungsklausel tatsächlich berufen? Zweifelsohne zunächst einmal derjenige, der einen Sondervertrag, der sich auch so nennt, mit seinem Versorger abgeschlossen hat. Wer einen solchen nicht in Händen hält bzw. nicht sicher ist, ob er Sondervertragskunde ist, sollte die Preisblätter seines Versorgers in der Vergangenheit prüfen. Gibt es einen "Tarif", der deutlich teurer war, als der eigene? Dann könnte eine realistische Chance bestehen, dass man, wie etwa das Kammergericht Berlin am 28.
Oktober 2008 (Az. 21 U 160/06) ausgeführt hat, Sondervertragskunde ist.
Im Zweifel empfiehlt sich die Aufsuchung eines im Energiewirtschaftsrechtes erfahrenen Rechtsanwaltes oder eine Anfrage beim Bund der Energieverbraucher, wo die Natur des Versorgungsverhältnisses geprüft und Ratschläge erteilt werden können. Eine pauschale Aussage, dass alle Heizkunden Sondervertragskunden sein müssen, lässt sich in dieser Absolutheit nicht aufrecht erhalten.
Verbraucher wehren sich gemeinsam gegen überhöhte Preise.
Tarifkunden haben Recht auf Billigkeit
Aber auch für Tarifkunden, jetzt "Kunden der Grund- und Ersatzversorgung", eröffnen sich neue Wege. Nachdem sich der VIII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofes am 13. Juni 2007 erstmals zu dieser Thematik geäußert hatte, wurde diese Entscheidung durch Verbraucherschützer und Energieversorger mehr als kontrovers diskutiert. Dies nahm derselbe Senat zum Anlass, in seiner Entscheidung vom 19. November 2008 (Az. VIII ZR 138/07) seine eigene Entscheidung ausführlich zu präzisieren.
Hierzu ist anzumerken, dass ein sogenannter Tarifkunde sich nach wie vor auf § 315 BGB zu berufen vermag. Wendet der Versorger ein, er gebe lediglich eigene Bezugskostensteigerungen wieder, so ist diese Behauptung im Rahmen eines möglichen Rechtsstreites vehement und bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor Gericht zu bestreiten. Im Prozess reicht es deshalb nicht aus, lediglich eine Offenlegung der Kalkulation zu verlangen (so etwa im Verfahren AG Perleberg, Az. 10 C 163/08). Hier wurde dem Versorger Recht gegeben, weil seine Behauptung er habe lediglich seine Bezugskostensteigerung weitergegeben, nicht bestritten wurde.
Wird den angeblichen Bezugkostensteigerungen widersprochen, muss das Gericht, entsprechend den Vorgaben des VIII. Zivilsenates vom 19. November 2008 zwingend in die Beweisaufnahme eintreten. Es muss also die Behauptung des Versorgers, die Preisanhebung beruhe lediglich auf eigenen Bezugskostensteigerungen, durch Beweismittel überprüfen. Hierbei lässt es der Bundesgerichtshof (zunächst) genügen, wenn der Versorger seine "Chefeinkäufer" als Zeugen für die Bezugskostensteigerungen benennt und diese gehört werden. Das Ergebnis einer solcher Zeugenbefragung wird niemanden überraschen -- wenn man die falschen Fragen stellt!
Aber es gilt: Yes, we can! Stellen Sie die richtigen Fragen
- Werden die Bezugskosten tatsächlich oder kalkulatorisch ermittelt?
Sogenannte kalkulatorischen Bezugskosten liegen vor, wenn der Versorger, z. B. für das Jahr 2009, anhand von bestehenden Lieferverträgen die Bezugskostenerwartung gegenüber dem Vorlieferanten (u. U. auch Absatzerwartungen, steigenden oder fallenden sonstigen Kosten sowie auch seiner Gewinnerwartung im Jahre 2008) zu dem zu erwartenden Endkundenpreis errechnet. Der Versorger berechnet also zunächst vor Beginn des Lieferzeitraumes, wie durch ihn im Jahre 2009 die Entwicklung der Bezugskosten erwartet wird. Diese Erwartung bildet die Grundlage der dann tatsächlich (!) verlangten Endkundenpreise. Entwickeln sich die Bezugskostenpreise jedoch anders als erwartet,
insbesondere bei fallenden Bezugskosten oder sonstigen Zahlungsvergünstigungen des Vorlieferanten, klaffen kalkulatorische und tatsächliche Kosten auseinander. Der Zeuge des Versorgers wird zugeben müssen, dass er nur Auskunft zu den kalkulatorischen Kosten geben kann, die jedoch mit den tatsächlichen Bezugskosten nichts zu tun haben und daher den dringenden Verdacht der Unbilligkeit begründen. - Gibt es preisliche Unterschiede in den (tatsächlichen) monatlichen Bezugskosten (Sommer/Winter)?
- Werden sog. Marketingszuschüsse, d. h. Bonuszahlungen des Vorlieferanten, vereinbart und welche Auswirkungen haben diese auf die tatsächlichen Bezugskosten?
- Gibt es sonstige Rückvergütungen des Versorgers, die in dem kalkulatorischen Ansatz nicht berücksichtigt wurden?
- Wie alt ist eigentlich der Vertrag zu dem Lieferanten? Wurden günstigere Beschaffungsmöglichkeiten geprüft?
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 19. November 2008 ausgeführt, dass der Tatrichter, also der Richter, welcher die Beweise erhebt, sich frei eine Meinung darüber bilden kann, inwiefern er den Bekundungen eines solchen Zeugen Glauben schenken mag. Anhand der vorstehenden Fragen ist bereits erfolgreich ein solcher Zeuge als nicht geeignet eingestuft worden. Da dem Versorger die Beweislast obliegt, unterliegt er im Rechtsstreit, wenn der Richter nicht überzeugt werden konnte.
Das Landgericht Köln hat ergänzend ein Sachverständigengutachten eingeholt und in seinem Beschluss vom 7. Januar 2009 (Az. 90 O 41/07) ausdrücklich unter Berücksichtigung dieser neuen Bundesgerichtshof-Rechtsprechung geurteilt, dass der verlangte Tarifkundenpreis des dortigen Versorgers nicht der Billigkeit entspricht (siehe Gutachen enthüllt Unbilligkeit ).
Fazit
Ob im Sondervertragsbereich oder als Tarifkunde/Kunde der Grund- und Ersatzversorgung, es weht ein neuer Wind in deutschen Gerichtssälen. Und er bläst den Versorgern kräftig ins Gesicht, nicht zuletzt dank Ihrer Hilfe!
Yes, we can!
Unbillige Preissenkungen
Können Preissenkungen Verbraucher benachteiligen? Ja! Wenn sie Preissenkungen des Vorlieferanten verspätet weitergeben. Dann sind die Preissenkungen faktisch gut versteckte Preiserhöhungen.
(19. Februar 2009) Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil zur Änderung von Gaspreisen folgendes entschieden:„Aus der gesetzlichen Bindung des allgemeinen Tarifs an den Maßstab der Billigkeit ergibt sich nicht nur die Rechtspflicht des Versorgers, bei einer Tarifanpassung Kostensenkungen ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen. Der Versorger ist vielmehr auch verpflichtet, die jeweiligen Zeitpunkte einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben Rechnung getragen wird als Kostenerhöhungen, so dass Kostensenkungen mindestens in gleichem Umfang preiswirksam werden müssen wie Kostenerhöhungen. Die gesetzliche Regelung umfasst daher neben dem Recht des Versorgers zur Preisanpassung auch die Pflicht hierzu, wenn die Anpassung dem Kunden günstig ist...“ (Urteil vom 29. April 2008, KZR 2/07, Tz 26, Hervorhebung d.V.).
Gaspreise höher, wenn es kälter wird
Die Daten
Es zeigt sich bei der Analyse der Daten, dass die Gaspreise für Haushalte früher und stärker angehoben wurden, als die Gasbezugspreise der Versorger gestiegen sind. Und: Die Senkung der Gaspreise Anfang des Jahres 2009 erfolgte später und in geringerem Umfang, als die Bezugspreise sanken.
Im Januar 2009 errechneten sich die Gaseinkaufspreise der Gasverteilunternehmen nach den Ölpreisen zwischen Juni und November 2008. Sie sanken gegenüber Dezember 2008 um 0,31 Ct/kWh. Allerdings konnten auch Gasmengen ohne Ölpreisbindung gekauft werden, deren Preis zwischen Dezember 2008 und Januar 2009 um fette zwei Cent sank.
Immerhin 75 Gasversorger haben ihre Preise zum 1.1.2009 nochmals um durchschnittlich 8,9 % angehoben, 205 Versorger senkten dagegen ihre Preise um im Mittel 5,3%.
Grafik: In Europa sanken die Gaspreise für Haushalte im ersten Quartal 2009, in Deutschland dagegen stiegen sie weiter an.
Dies gilt für die Summe aller Unternehmen, muss also nicht für jedes einzelne Unternehmen wahr sein. Diese Daten begründen aber den Verdacht einer unbilligen Preiserhöhung, den jeder Versorger einzeln gegenüber seinen Kunden dadurch widerlegen sollte, indem er die zur Beurteilung der Billigkeit einer Preiserhöhung oder Senkung erforderlichen Daten zur Verfügung stellt (vgl. Seite BHAG).
In den verbrauchsstarken Wintermonaten liegen die Gaspreise besonders deutlich über den Ölpreisen
Ölpreisbindung: Jeden Winter wieder....
Seit dem Jahr 2000 ist ausgerechnet immer (mit Ausnahme von 2008) in der kalten Jahreszeit der Gaspreisindex des Statistischen Bundesamtes von Gas erheblich höher als derjenige von leichten Heizöl (HEL). Tendenziell treten also die gegenüber HEL höheren Gaspreise ausgerechnet immer in der verbrauchsstarken Jahreszeit auf.
Statistiken dazu: Download Entwicklung von Gas- und Heizölpreisen im Monatsvergleich
Gaspreissenkungen schriftlich widersprechen!
Auch einer Gaspreissenkung sollten Verbraucher schriftlich widersprechen. Denn aufgrund der vom Bund der Energieverbraucher veröffentlichten Statistiken muss vermutet werden, dass die Gaspreissenkungen in zu geringem Umfang und zu spät durchgeführt wurden. Die Gasversorger haben damit ihre gesetzlichen Pflichten verletzt (vgl oben) und die Gaspreise entsprechen dadurch nicht der Billigkeit (vgl. BHAG).
Geklagt hatte ein Unternehmen
Landgericht Bremen: Rückzahlungsanspruch wegen unwirksamer Preisklausel in Gasliefervertrag
(14. Februar 2009) Das Landgericht Bremen hat mit Urteil vom 30.01.09 (3 O 177/08) einen Rückforderungsanspruch für den Fall bejaht, dass Preiserhöhungen aufgrund einer unwirksamen Gaspreisanpassungsklausel vorgenommen worden sind.
Das Besondere an dem Fall: Geklagt hatte kein Verbraucher, sondern ein Unternehmen. Das Bremer Gericht sah das Transparenzgebot des § 307 BGB auch im unternehmerischen Verkehr als unabdingbar an. Wenn eine Vertragsklausel
hinsichtlich des Umfangs der Preisänderung nicht hinreichend klar und verständlich ist, kann sie nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer benachteiligen, an die hinsichtlich Verständlichkeit (Transparenz) höhere
Ansprüche gestellt werden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Klausel sei unklar und schwer verständlich, es bestünden drei Möglichkeiten einer Auslegung, so die Richter.
OLG Koblenz: Unklare Preisanpassungsklausel in Gasversorgungs-Sondervertrag unwirksam
(14. Februar 2009) Der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat entschieden, dass die in einem Gasversorgungs-Sondervertrag enthaltene Preisanpassungsklausel «Die Gaspreise ändern sich, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarifpreise für Gaspreise eintritt» unwirksam ist. Die Klausel sei unklar und schwer verständlich, es bestünden drei Möglichkeiten einer Auslegung, so die Richter. Der Kartellsenat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (Urteil vom 12.02.2009, Az.: U 781/08. Kart).