Atomkraft ist nicht grün!

EU-Taxonomie: Atomkraft ist nicht grün! 

Von Dierk Jensen

(14. Juli 2023) Die Ära der Atomkraft endete in Deutschland bekanntlich Mitte April. Während es für viele Anti-Atomkraft-Bewegte und sicherlich auch für die meisten Pioniere der erneuerbaren Energie ein Zeitpunkt innerer Genugtuung war, söderte der bayerische Ministerpräsident weiter: Medial inszeniert verlangte er den Weiterbetrieb der letzten AKW. Mit dieser Haltung findet Söder nicht nur hierzulande Claqueure, sondern auch in vielen Ländern Europas. Setzen doch Frankreich, Finnland, Ungarn und andere Staaten nach wie vor auf Atomkraft als eine vermeintlich klimafreundliche Energie.

Und zwar mit expliziter Rückendeckung der EU. Denn Anfang 2022 brachte die Europäische Kommission die sogenannte EU-Taxonomie auf den Weg, die verschiedene Energieerzeugungsformen nach strengen Nachhaltigkeitskriterien versucht einzuordnen. Diese Taxonomie wurde im Juni letzten Jahres vom Europäischen Parlament mehrheitlich verabschiedet. Der Negativ-Clou dabei: Sowohl Gas als auch Atomenergie wurden als grün klassifiziert! Ein heftiger Schlag für diejenigen, die jahrzehntelang für eine Abkehr von fossilen und atomaren Energien hin zu Erneuerbaren gerungen haben. 

  ED 02/2023 EU-Taxonomie: Atomkraft ist nicht grün! (S. 7)  

Durch die EU-Taxonomie wird der Ausstieg aus der Atomenergie untergraben.

Zu Beginn des Jahres ist diese Taxonomie nun in Kraft getreten. Seither werden entsprechende Nachhaltigkeitslabel für verschiedene Erzeugungsformen vergeben. Gegen dieses Greenwashing, das so ziemlich alles konterkariert, was die Erneuerbare-Energien-Branche in Jahrzehnten auf den Weg gebracht hat, hat nun die Umweltorganisation Greenpeace Mitte April beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg Klage eingereicht. Die Absicht von Greenpeace ist klar umrissen: „Klimaschädliche Gaskraftwerke und riskante Atommeiler dürfen nicht als nachhaltige Investitionen deklariert werden.“ 

Marie Kuhn, Finanzexpertin bei Greenpeace, befürchtet, dass das europäische Finanzwesen, das „Nervensystem der Wirtschaft“, mithilfe der Taxonomie das Geld von kleinen als auch großen Anlegern mit dem grün gewaschenen Label direkt in den Schlund der Atom- und Gasindustrie lenkt. „Das französische Energieunternehmen EDF nutzt das Taxonomie-Label schon jetzt fleißig, um grünes Geld für seine atomaren Projekte und Investitionen einzuwerben.“ Für Kuhn zeigt sich allein an diesem Beispiel, dass die So-als-ob-Taxonomie eine enorme Steuerungswirkung hat und damit den Absichten eines nachhaltigen, risikofreien und klimafreundlichen Umbaus der Wirtschaft diametral entgegenläuft.

letzte Änderung: 25.06.2013