Legionellen im Warmwasser
Gefahr aus dem Hahn
In einem Mehrfamilienhaus breiten sich Legionellen aus. Niemand hat eine Erklärung. Bis sich Vereinsmitglied und Wärmeexperte Günter Rabe der Sache annimmt. Dies ist sein Recherchebericht.
(24. November 2025) Ein Haus von 1970 mit 13 Wohnungen. Legionellen waren hier nie ein Thema. Und das, obwohl der 500-Liter Trinkwasserspeicher im Keller durchaus zur Brutstätte für die gefährlichen Bakterien hätte werden können Schließlich verweilt das Warmwasser darin über längere Zeit, was latent gefährlich werden kann.
Doch ausgerechnet, als das Haus eine geradezu vorbildliche Frischwasserstation erhält, vermehren sich die Keime plötzlich dramatisch. Ein Prüfer stellt 2700 koloniebildende Einheiten (KBE) pro 100 Milliliter fest – der Grenzwert liegt bei nur 100. »Absoluter Spitzenwert in meiner Messtätigkeit«, erklärt mir der Prüfer.
Alle stehen vor einem Rätsel. Schließlich wird in der Frischwasserstation Wasser im Durchlaufprinzip erwärmt. Als Wärmequelle dient ein Pufferspeicher, in dem sich nur Heizungswasser befindet, ohne Kontakt zum Trinkwasser. Hygienisch gilt dieses System als Goldstandard. Es werden nur wenige Liter Warmwasser in der Frischwasserstation vorrätig gehalten, die bei jeder Zapfung ausgetauscht werden. Das Legionellenrisiko war mit dieser Erneuerung erheblich reduziert worden.
Aber warum dann die schockierend hohen Werte? Wurde das System mit fahrlässig niedrigen Temperaturen betrieben? Nein. Zwar wurden die verlangten 60 Grad nicht erreicht. Aber auch die gemessenen 53 Grad führen nach neueren Untersuchungen nicht zu einer Legionellenvermehrung. Die Temperatur der Zirkulationsleitung bei Rückfluss zum Frischwasser lag nur vier Grad tiefer. Das schaffen viele andere, legionellenfreie Systeme nicht.
Die Keimzelle liegt in der Wohnung mit den zwei Badezimmern
Ich begab mich ans Studium der Messwerte. Und die waren aufschlussreich! Es wurden fünf Proben genommen, vom Keller bis ganz oben zur dritten Etage. Nur dort war die Extremkontamination aufgetreten. Alle anderen Proben lagen bei 200 bis 500 KBE – zwar über dem Grenzwert, aber weitaus niedriger.
Die betreffende Wohnung verfügte über zwei Bäder. Eine Befragung der Mieter ergab, dass nur eines davon genutzt wurde. Genau aus diesem stammte die extreme Probe. Damit kam Licht in die Sache. In den Leitungen dieses Bades lag eine lang andauernde Stagnation vor. Stagnierendes Wasser führt zur Legionellenvermehrung, wenn es warm genug ist. 25 Grad reichen schon. Aber warum waren alle anderen Ergebnisse ebenfalls überhöht? Ganz einfach: Die Warmwasserzirkulation verteilte die hohe Legionellenbelastung im ganzen Haus. Über Stichleitungen erreichten sie in verdünnter Konzentration die übrigen Zapfstellen.
Die Kontamination mit den Keimen (die Infektion erfolgt im Übrigen nicht durch Trinken, sondern durch Einatmen der Aerosole) wurde beseitigt, indem die Warmwassertemperatur auf über 60 Grad hochgefahren und das System gründlich gespült wurde, inklusive Dauerbetrieb der Zirkulation. Damit sich der Befall nicht wiederholt, wurden die Mieter aufgefordert, auch ungenutzte Zapfstellen spätestens alle 72 Stunden gründlich zu spülen. Zu Schaden kam hier glücklicherweise niemand
Legionellenschutz: Krank durch Legionellen - Legionärskrankheit
(30. September 2004) - Die Legionärskrankheit ist eine schwere Form der Lungenentzündung. Sie befällt vor allem ältere Menschen oder Menschen mit chronischen Krankheiten, die das Immunsystem schwächen wie Diabetes oder chronische Bronchitis. Unbehandelt verläuft die Legionärskrankheit bei Menschen mit chronischen Erkrankungen der Lunge in bis zu 70 Prozent tödlich.
Die Legionellose wurde erstmals im Jahre 1976 anlässlich einer Tagung ehemaliger Berufssoldaten (American Legion) in Philadelphia als eigenständige Erkrankung diagnostiziert, nachdem mehrere Tagungsteilnehmer an einer untypischen Lungenentzündung erkrankten und einige Erkrankte verstarben. Die Legionärskrankheit ist weltweit verbreitet.
Legionellenvermehrung und Übertragung
Die Erreger der Legionärskrankheit sind Bakterien, die Legionellen genannt werden. Sie finden und vermehren sich in warmen Süßwasser, in Trinkwassersystemen, Klimaanlagen und Luftbefeuchtern. Über zerstäubtes Wasser z. B. beim Duschen wird der Erreger eingeatmet und gelangt so in die Lunge.
Besonders stark vermehren sich Legionellen bei einer Temperatur zwischen 30 und 45 Grad, wie sie sich in Warmwasserversorgungen von Hotels, Schwimmbädern oder Schulen findet. Wird das Wasser auf mindestes 60° C erhitzt, sterben die Legionellen in kürzester Zeit ab. In kaltem Wasser vermehren sie sich nicht - sterben aber auch nicht ab.
Gefährdete Anlagenbereiche und Objekte
Besondere Gefahr einer Legionellenvermehrung besteht in stehenden Warmwasserleitungen, in denen über längere Zeit kein Wasser entnommen wird. So zum Beispiel in Hotels, deren Zimmer nicht regelmäßig bewohnt werden. Die gefährdeten Leitungen können Abzweigungen in Warmwasserleitungen sein, welche über keine Zirkulationsleitung verfügen oder Kaltwasserleitungen, deren Wassertemperatur sich durch die Wandtemperatur oder in der Nähe verlaufende Warmwasserleitungen erwärmt.
In wärmeren Ländern wie z.B. Spanien sind immer wieder Meldungen zu hören, wonach bedingt durch die Sommerhitze Legionellen auch in Kaltwasserleitungen kritische Werte erreichen.
Legionellenbekämpfung durch die Neue Zirkulation
Durch die Einbeziehung der Kaltwasserleitung in den Zirkulationskreislauf werden hinsichtlich einer möglichen Legionellenvermehrung ebenfalls neuartige Lösungswege beschritten. Zur Vermehrung benötigen Legionellen zwei Grundvoraussetzungen:
- Einen Temperaturbereich von ca. 30 - 45 °C sowie
- Eine Vermehrungszeit von einigen Stunden, um eine kritische Legionellenkonzentrationen zu erreichen.
Das Wasser aus der Warmwasserleitung wird bei dieser Zirkulation über die Kaltwasserleitung wieder zum Warmwasserspeicher zurückgeführt, bevor sich Legionellen auf kritische Werte vermehren können. Der Warmwasserspeicher mit einer Speichertemperatur von mindestens 60 °C dient dabei als "Legionellenfilter" für das erneut in die Warmwasserleitung austretende Wasser. Im Gegensatz zur klassischen Zirkulation kann mit Hilfe der Neuen Zirkulation damit erstmals die Legionellenvermehrung auch in Kaltwasserleitungen wirkungsvoll bekämpft werden.
Gefährdung durch Legionellen?
Die Zahl der Erkrankungen durch Legionellen wird häufig stark übertrieben dargestellt. Nach einem ärztlichen Informationsblatt des Robert Koch-Institutes gab es, seit die Legionellose in Deutschland meldepflichtig ist, jährlich etwa 400 diagnostizierte Infektionen.