ED 01/20 Einladung zur Prosumertagung des Vereins (S.33)
Auf der ISH präsentierten kürzlich alle führenden Heiztechnikhersteller ihre Produkte für den nächsten Evolutionsschritt im Heizungsmarkt.

Brennstoffzellen für den Heizungskeller

Stromerzeugende Heizungen wie der „Dachs“ basierten bisher fast ausschließlich auf dem Prinzip des Verbrennungsmotors. Auf der Internationalen Sanitär- und Heizungsmesse (ISH) präsentierten kürzlich alle führenden Heiztechnikhersteller ihre Produkte für den nächsten Evolutionsschritt im Heizungsmarkt: Louis- F. Stahl berichtet über die neuen Brennstoffzellenheizungen.

(21. September 2015) Nachdem die Platzhirsche der Heiztechnikbranche schon in den 90er Jahren die Einführung von Brennstoffzellen „in wenigen Jahren“ versprachen, ohne diesem oft wiederholten Versprechen Taten folgen zu lassen, durchbrach das Startup „Ceramic Fuel Cells“ mit der Vorstellung des „BlueGen“ Brennstoffzellenmoduls im ­Dezember 2011 die Lethargie der Branche. Diese hatte es sich mit vom Staat geförderten Forschungsprojekten sichtlich bequem gemacht und lediglich immer mal wieder neue Proto­typengenerationen auf Messen gezeigt oder medienwirksam ein Feldtestgerät in Betrieb genommen. Jetzt zieht die Branche geschlossen nach und hat mit der Einführung von Brennstoffzellenheizungen begonnen.

731 Brennstoffzelle Energiezentrale

Pumpengruppen, Speichertanks, Warmwasserbereitung und gegebenenfalls eine Systemtrennung gehören zur Standardausrüstung einer Brennstoffzellen-Energiezentrale für den Heizungskeller.

Vorreiter BlueGen

Die Energiedepesche berichtete bereits ausführlich über die Markteinführung der „BlueGen“- Brennstoffzelle in Ausgabe 1-2012, bemängelte jedoch einen hohen Kaufpreis sowie hohe Folgekosten für einen Wartungs- und Garantievertrag. Mit seinen technischen Daten konnte der BlueGen hingegen sofort überzeugen. Den Marktbegleitern ist der BlueGen in dieser Hinsicht auch heute noch um Jahre voraus: Das BlueGen-Modul erreicht seine elektrische Nennleistung von 1.500 Watt bei einer Heizleistung von nur etwa 625 Watt und erzielt somit einen unerreicht hohen elektrischen Wirkungsgrad von 60 Prozent. Diese Spitzenwerte wurden jedoch anfangs mit einer starken Degradation des SOFC-Brennstoffzellenstapels erkauft, was einen Austausch des Stacks nach wenigen Jahren erforderlich machte und zu den hohen Wartungskosten führte. Nachdem Ceramic Fuel Cells kürzlich Insolvenz anmelden musste und von SOLIDpower übernommen wurde, ist der BlueGen aktuell für 25.000 Euro erhältlich, zieht aber trotz eines zwischenzeitlich verbesserten Stack-Designs noch immer hohe Vollwartungskosten von 600 Euro im Jahr nach sich.

731 SOLIDpower BlueGen

SOLIDpower BlueGen Brennstoffzellenmodul: 1.500 Watt elektrische Leistung als starke Beistelllösung für bestehende Heizungen in Mehrfamilienhäusern und Gewerbeobjekten.

Japan auf der Überholspur

Während die Brennstoffzellentechnik hierzu­lande auch nach der Einführung des BlueGen nur ein Nischendasein fristete, machte die japanische Regierung Nägel mit Köpfen: Gefördert wird dort nicht vorrangig die weitere Forschung in kleinen Laboren, sondern jede installierte Brennstoffzelle bei Verbrauchern. So wundert es nicht, dass im Land der aufgehenden Sonne bereits vor rund einem Jahr die Schallmauer von 100.000 installierten Brennstoffzellen durchbrochen wurde, während hierzulande selbst in diesem Jahr nur 1.000 Feldtestanlagen gezählt werden. Die hohen Stückzahlen bedingen in Japan stark fallende Stückpreise und bescheren eine zunehmend bessere Qualität durch präziser werdende industrielle Fertigungstechniken. Dass die europäischen Brennstoffzellenhersteller diesen gewaltigen Vorsprung jemals wieder aufholen könnten, erscheint in etwa so realistisch wie eine spontane Rückkehr der Solarzellenmassenfertigung in heimische Fabrikhallen. So verwundert es nicht, dass fast alle auf der ISH in Frankfurt von deutschen Heizungsherstellern vorgestellten Brennstoffzellensysteme auf japanische Komponenten setzen.

731 Logapower BZH192iT von Buderus

Futuristisch aber bisher nur eine Designstudie: Die Logapower BZH192iT von Buderus auf Basis der aktuellen Feldtestgeneration der Energiezentrale FC10.

Beeindruckende Werte

In Japan liefern sich die Unternehmen Panasonic und Toshiba seit der dortigen Brennstoffzellen-Markteinführung vor sechs Jahren mit bis heute jeweils über 50.000 verkauften Einheiten ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Marktführerschaft. RWE hat im November 2012 auf einem Prüfstand in Duisburg eine Toshiba-Brennstoffzelle der zweiten Produktionsgeneration in Betrieb genommen. Das Fazit ist bisher sehr positiv: „Inzwischen haben wir mit der Brennstoffzelle von Toshiba auf unserem Prüfstand 20.000 Betriebsstunden erreicht, ohne dass eine Verschlechterung der Messwerte zu erkennen ist. Die angestrebte Lebenserwartung von 80.000 Stunden scheint realistisch bemessen zu sein. Die technische Marktreife dieses Brennstoffzellentyps ist entsprechend unseren Erkenntnissen gegeben“, so der für die Erprobung verantwortliche Ingenieur Uwe Dietze.

Viessmann Vitovalor 300-P

Mit der stromerzeugenden Stirlingtherme Vitotwin 300-W ist der Heiztechnikhersteller Viessmann 2011 in das Geschäft mit stromerzeugenden Heizungen eingestiegen und war mit der Vitovalor 300-P im April 2014 der erste große deutsche Heiztechnikanbieter, der Brennstoff­zellen in sein reguläres Sortiment aufgenommen hat.

731 Viessmann Vitovalor

Viessmann Vitovalor 300-P mit Panasonic-Brennstoffzelle, 750 Watt elektrische Leistung als kompakte Heizungs-Energiezentrale mit Warmwasserbereitung für Ein- und Zweifamilienhäuser.

Für Absatzrekorde hat die Vitovalor mit einem Brennstoffzellenmodul von Panasonic aufgrund eines zu hohen Preises anfangs jedoch nicht gesorgt. Lediglich rund 100 Geräte sollen laut Viessmann im ersten Jahr verkauft worden sein. Dank einer drastischen Preissenkung zur ISH 2015 ist die für Ein- und Zweifamilienhäuser ausgelegte Vitovalor 300-P jetzt auch für weniger technikvernarrte Käuferschichten interessant. Im Gegensatz zum BlueGen handelt es sich bei der Vitovalor nicht um eine leistungsstarke Beistelllösung zur eigentlichen Heizung, sondern um eine komplette Heizzentrale mit Spitzenlasttherme, Pufferspeicher und Warmwasserbereitung in einem kompakten Standgehäuse. Die technischen Daten der Vitovalor 300-P versprechen 750 Watt elektrische Leistung mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 37 Prozent und einem Gesamtwirkungsgrad von 90 Prozent. Das Gesamtsystem ist aktuell zu einem Listenpreis von 19.500 Euro bestellbar. Viessmann verspricht eine Lebensdauer der Brennstoffzelle von mehr als 60.000 Stunden und bietet dem Fachhandwerk Garantieverträge mit bis zu zehn Jahren für rund 200 Euro pro Jahr an.

SenerTec Dachs InnoGen

Während die Vitovalor bereits regulär erhältlich ist, will der für das „Dachs“ BHKW bekannte Anbieter SenerTec sein auf der ISH vorgestelltes InnoGen-System mit Toshiba-Brennstoffzelle erst im kommenden Jahr verkaufen: „In diesem Jahr planen wir einen Feldtest mit rund 50 Geräten und werden dann im zweiten Quartal 2016 mit der Serieneinführung beginnen“, erklärte SenerTec-Prokurist Hagen Fuhl.

731 SenerTec Dachs InnoGen

SenerTec Dachs InnoGen bestehend aus Toshiba-Brennstoffzelle mit 700 Watt elektrischer Leistung, Spitzen­lasttherme, Puffer und Warmwasserbereitung als Komplettzentrale.

Möglicherweise könnte SenerTec direkt mit der kommenden vierten Brennstoffzellengeneration aus Japan starten – aber das bleibt Spekulation. Angekündigt hat SenerTec einen Listenpreis von rund 28.000 Euro. Ob dieses Preisniveau in 2016 noch Bestand haben wird, ist angesichts der von Viessmann zeitgleich verkündeten Preissenkung der Vitovalor höchst fraglich. Im InnoGen-System ergänzt SenerTec die Brennstoffzelle mit einer automatisch modulierenden elektrischen Leistung von bis zu 700 Watt um einen Pufferspeicher mit Frischwasserstation zur Warmwasserbereitung sowie einen Brennwertheizkessel. Auf die Brennstoffzelle bezogen wird ein Gesamtwirkungsgrad von 91 Prozent versprochen.

Elcore 2400

Ohne große Ankündigungen hatte das Münchner Startup Elcore schon Monate vor der ISH mit dem Vertrieb der zweiten Generation seiner „2400“ genannten Brennstoffzelle mit 300 Watt elektrischer Nennleistung für Einfamilienhäuser zu einem Preis von knapp unter 10.000 Euro begonnen. Neben der selbst entwickelten Brennstoffzelle werden Systempakete mit Spitzenlasttherme, Pufferspeicher und Warmwasserbereitung zu Preisen ab rund 18.000 Euro angeboten.

731 Elcore 2400

Elcore 2400 mit 300 Watt elektrischer Leistung (rechts) mit einer Spitzenlasttherme (links) zusammen am Pufferspeicher montiert (dahinter) als Energiezentrale für Einfamilienhäuser.

Für den Vollwartungsvertrag mit Funktions­garantie beträgt der Preis rund 250 Euro im Jahr. Bei einer Betrachtung der Kosten pro Watt elektrischer Leistung ist das Elcore-Komplettsystem etwa doppelt so teuer wie das System von Viessmann und greift nicht auf einen bereits in hohen Stückzahlen gefertigten Brennstoffzellenstack zurück, sondern setzt auf eine Eigenentwicklung – kann dafür jedoch mit einem hohen Gesamtwirkungsgrad von 104 Prozent bezogen auf den Heizwert von Erdgas punkten.

Bosch Thermotechnik

Die zu Bosch Thermotechnik gehörenden Marken Buderus und Junkers stellten auf der ISH 2015 mit der „Logapower BZH192iT“ und der „Cerapower 9000i“ nur futuristische Designstudien einer zukünftigen Brennstoffzellenenergiezentrale für Ein- und Zweifamilienhäuser vor. Wie das Unternehmen bekannt gab, plane man zunächst die derzeit im Feldtest befindliche Brennstoffzelle Logapower FC10 mit japanischen Kernkomponenten von Aisin Seiki und Kyocera ab 2016 regulär verkaufen zu wollen. Einen Preis oder konkrete Termine stünden noch nicht fest.

731 Brennstoffzellenstacks Elcore

Die verwendeten Brennstoffzellenstacks, hier gezeigt am Beispiel von Elcore, bestehen aus einem Stapel einzelner Zellen die in einem chemischen Prozess Erdgas in Wärme und Strom umwandeln.

Staatliche Zuschüsse für hohe Effizienz

Alle genannten Brennstoffzellen erfüllen die Anforderungen der kürzlich novellierten Richtlinie zur Förderung von KWK-Anlagen bis 20 kWel (Mini-KWK-Impulsprogramm) nicht nur in Bezug auf die Grundförderung in Höhe von 1.900 Euro, sondern auch für die Bonusförderungen „Wärmeeffizienz“ und „Stromeffizienz“, so dass die Inanspruchnahme der BAFA-Förderung Käufern eines Brennstoffzellensystems insgesamt 3.515 Euro einbringt.

Alle Systeme im Vergleich

Während Buderus, Junkers und Vaillant nur Prototypen ohne konkrete Preise und Termine auf der ISH zeigten, haben Hausbesitzer aktuell die Wahl zwischen dem leistungsstarken BlueGen-Beistellmodul von SOLIDpower mit 1.500 Watt elektrischer Leistung, der kostengünstigeren Energiezentrale Vitovalor 350-P von Viessmann für Ein- und Zweifamilienhäuser mit 750 Watt Leistung und der kleinen Elcore 2400 für Ein­familienhäuser mit 300 Watt Leistung. Neben diesen drei bereits heute erhältlichen Geräten kann auch eine Anfrage bei SenerTec für die in Kürze startenden InnoGen-Systeme mit 700 Watt elektrischer Leistung lohnen.

731 SOFC“ Hochtemperaturbrennstoffzelle

Buderus und Junkers setzen mit Kyocera/AISIN wie SOLIDpower auf eine „SOFC“ Hochtemperaturbrennstoffzelle, während Elcore, SenerTec/Toshiba sowie Viessmann/Panasonic auf „PEM“ Brennstoffzellen setzen, die mit geringeren Temperaturen arbeiten und als langlebiger gelten.

letzte Änderung: 23.12.2018