Deutschland, deine Klimaziele

Die Klimaschäden nehmen zu. Auch in Deutschland wird spürbar, was der Weltklimarat in seinem Bericht schreibt: Versäumter Klimaschutz ruiniert das Leben künftiger Generationen unumkehrbar. Der Expertinnen- und Expertenrat für Klimafragen bestätigt: Die Regierung kommt ihren Verpflichtungen zum Schutz von Leben und Umwelt nicht nach.
Von Aribert Peters

(10. Juli 2023) Unterlassener Klimaschutz heute verletzt die Rechte künftiger Generationen in unvertretbarem Ausmaß. Das Bundesverfassungsgericht hat daraus eine Verpflichtung zum Handeln der Regierung abgeleitet.

Der deutsche Staat ist zum Klimaschutz verpflichtet: 

  • durch Art. 20a des Grundgesetzes,
  • durch den Beitritt zum Pariser Klimaabkommen und
  • durch das Klimaschutzgesetz.

Jedoch handelt die Bundesregierung nicht entsprechend dieser Verpflichtungen. Wie schon im Jahr zuvor lagen die berichteten Emissionswerte für den Verkehrs- und Gebäudesektor auch 2022 oberhalb der im Klimaschutzgesetz für das Jahr vorgegebenen Zielmarke. Im Gebäudesektor wurde das Ziel bereits das dritte Jahr in Folge verfehlt. Laut § 8 Abs. 1 Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) müssen die zuständigen Ministerien nun innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen. Das ist bisher nicht geschehen.

Auch die von der Bundesregierung selbst eingesetzten Expertenkommissionen sind sich einig darin, dass die Regierung für den Klimaschutz zu wenig tut.

  • Der ExpertInnenrat für Klimafragen hat am 17. April die Ergebnisse seiner Überprüfung der Emissionsdaten 2022 veröffentlicht. 
  • Der Sachverständigenrat für Umweltfragen hat im Mai ein Sondergutachten veröffentlicht: „Politik in der Pflicht: Umweltfreundliches Verhalten erleichtern“. 

Es besteht also aller Grund, gegen die Untätigkeit der Regierung in Sachen Klimaschutz zu protestieren. Der BUND hat deshalb die Bundesregierung verklagt auf Einhaltung der geltenden Gesetze.

Die Journalistin und Kabarettistin Sarah Bosetti bringt es in einem Video sehr deutlich auf den Punkt mit folgenden Worten: „Wenn die Erde sich um mehr als 1,5 Grad erwärmt, wird es hier ein bisschen ungemütlich. Es drohen Hungersnöte, Pandemien, Hitzewellen, Dürren, Artensterben, steigender Meeresspiegel und Flüchtlingsströme ungekannten Ausmaßes. Und weil das noch nicht genug ist, ist der Spaß nicht umkehrbar. Wenn bestimmte Kipppunkte erst mal erreicht sind, dann kippt das Klima nicht mehr zurück. Das wollen wir nicht. Deshalb haben 2015 fast alle Staaten der Welt in Paris beschlossen, dass bei 1,5 Grad Erwärmung Schluss sein soll, höchstens bei 2 Grad.“

 ED 02/2023 Deutschland, deine Klimaziele (S. 25) 

In der ZDF-Satiresendung „Bosetti will reden!“ bringt die Journalistin und Kabarettistin Sarah Bosetti vieles auf den Punkt.

Deutschland und der Rest der Welt

Deutschland hat das Paris-Abkommen auch mit beschlossen. Acht Jahre später zu sagen: „Ja, aber China“ bringt also gar nichts. Deutschland ist nur für 2 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich und kann das Problem also niemals alleine lösen. Aber erstens ist Deutschland ein wirtschaftlich und politisch so starkes Land, dass es durchaus Einfluss auf andere Staaten hat. Zweitens ist der Pro-Kopf-CO2-Ausstoß immens hoch und drittens: So ist das nun mal bei knapp 200 Staaten auf der Welt. Die Verantwortung ist in so viele kleine Teile zersplittert, dass sich niemand zuständig fühlt, die Splitter aufzuheben. Obwohl eigentlich alle zuständig sind. 

Das sei wie in einer Wohngemeinschaft, sagt Sarah Bosetti. Man braucht einen Putzplan, an den sich alle halten, sonst verdreckt die Küche. Der weltweite Putzplan ist das Abkommen von Paris. Und der deutsche Putzplan ist der wunderbare Artikel 20a des Grundgesetzes. Er verpflichtet nämlich den deutschen Staat, die Lebensgrundlagen auch künftiger Generationen zu schützen. Die Frage ist also nicht, ob wir das Klima retten wollen. Denn für den Fall, das wir das Wollen zwischendurch vergessen, müssen wir sogar. Die Frage ist: wie? 

Unzureichende Maßnahmen zur CO2-Reduktion

Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral werden soll, bis 2030 soll der Treibhausgasausstoß um 65 % gegenüber 1990 verringert werden. Das Problem ist: Das reicht nicht für das Paris-Ziel. Die CO2-Emissionen müssten bis 2030 um mindestens 70 % reduziert werden. Zugleich ist es aber so, dass mit den aktuellen Maßnahmen sogar die 65 % nicht erreicht werden.

Die Bundesregierung, die laut Grundgesetz dazu verpflichtet ist, die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu schützen, hat sich also ein Ziel gesteckt, das nicht ausreicht, und beschließt nun Maßnahmen, die nicht mal ausreichen, um das Ziel zu erreichen, das nicht ausreicht. Da kann man sich schon mal fragen, warum wir nicht alle mit Tomatensoße werfen. Aber das fragen wir uns nicht. Wir fragen uns lieber, was wir daran ändern können.

letzte Änderung: 24.01.2024