Wo ist die Volkswärmepumpe?

Öl und Gas sind knappe Energieträger mit hoher Kostenunsicherheit und hoher Klimabelastung. Wärmepumpen sind in vielen Fällen eine Alternative und vermindern die Heizkosten.
Von Ralf Krug

(13. September 2023) Bei den Diskussionen der letzten Monate um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) werden Wärmepumpen oft als Zwangsmaßnahme für den Klimaschutz dargestellt. Dies ist eine sehr einseitige Sichtweise, denn Wärmepumpen haben viele Vorteile. Neben den geringeren CO2-Emissionen sind vor allem die Unabhängigkeit von den knappen und umkämpften Energieträgern Öl und Gas sowie die Kostensicherheit zu nennen. Denn Strom ist voraussichtlich preisstabiler als fossile Brennstoffe und kann zu einem merklichen Teil selbst erzeugt werden.

 ED 01/2023 Wärmepumpen in Bestandsgebäuden (S. 12-15)
ED 02/2023 Interessantes vom Wärmepumpen-Telefon (S. 11) 

Ralf Krug ist Gesellschafter eines Ingenieurbüros und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Einsatz von Wärmepumpen.

Auf der anderen Seite ist die Haupterkenntnis aus dem Anfang des Jahres gestarteten Wärmepumpen-Telefon: Wärmepumpen sind in Deutschland zu teuer. Dreimal teurer als beispielsweise in Großbritannien. Für ein Einfamilienhaus werden Preise von rund 30.000 Euro (wie alle hier genannten Preise mit Umsatzsteuer) aufgerufen – das ist zu viel! Das belastet die Wirtschaftlichkeit. Aber Abhilfe ist möglich: Kostenbewusstes Anlagenkonzept, Produktwahl, Beschaffung und mögliche Eigenleistungen können den Preis vermindern. Beginnend mit bestehenden Einfamilienhäusern stellen wir diesen Ansatz nachfolgend vor.

Eckdaten Einfamilienhaus (Bestand)

Typische Einfamilienhäuser haben beheizte Flächen von 120 bis 160 Quadratmeter. Je nach Wärmeschutzstandard liegt die sogenannte Heizlast bei 10 bis 15 kW. Das ist die Leistung, die ein Wärmeerzeuger haben muss, um am kältesten Tag alle Räume auf 20 °C zu heizen.

Eignung der Heizflächen

Die meisten Bestandsgebäude sind mit Heizkörpern ausgestattet. Die für Wärmepumpen optimale Fußbodenheizung gibt es selten. Aber auch Heizkörper sind für Wärmepumpen geeignet, wenn sie im Auslegungszustand mit 55 °C auskommen. Das ist aufgrund teils üppiger Heizkörper oder nachträglichen Wärmeschutzbesserungen bei etwa der Hälfte der Bestandsgebäude der Fall (siehe ED 3/2023, Grafiken Seite 30). 

Die Wärmepumpentauglichkeit lässt sich leicht testen: Heizkurve auf etwa 1,0 einstellen und das Heizverhalten beobachten. Oft sind nur einzelne Räume unterkühlt. Dann ist zu prüfen, ob die Wärmeabgabe in den verschiedenen Räumen gleichmäßig erfolgt, diese also eine ähnliche Temperaturschichtung haben. Ist das nicht der Fall, sollte ein hydraulischer Abgleich mit voreinstellbaren Thermostatventilen durchgeführt werden. In den dann immer noch kritischen Räumen können größere Heizkörper oder sogenannte Wärmepumpenheizkörper (ventilatorunterstützt) eingebaut werden. 

Stromverbrauch

Bestehende Einfamilienhäuser verbrauchen im Mittel 2.500 Liter Heizöl oder 2.500 Kubikmeter Erdgas (beides sind etwa 25.000 kWh) einschließlich der meistens zentralen Warmwasserbereitung. Diese Verbrauchsdaten sind Grundlage für die Überlegungen zu einer „Volkswärmepumpe“. 25.000 kWh Öl oder Gas entsprechen unter Berücksichtigung der Umwandlungsverluste einem Wärmeverbrauch von etwa 20.000 kWh. Bei der Umstellung auf eine Wärmepumpe sind etwa 7.000 kWh Stromverbrauch zu erwarten. Zugrunde gelegt werden hierbei die Messwerte von ausgeführten Anlagen, nicht die Prospektwerte der Hersteller!

Wirtschaftlichkeit

Wer darauf baut, dass Öl oder Gas wieder so billig werden wie vor drei Jahren (50 Cent pro Liter Öl/Kubikmeter Gas) braucht eigentlich nicht weiterzulesen. Denn damit werden Wärmepumpen nicht konkurrieren können. Wer allerdings dauerhaft Brennstoffpreise von mindestens 80 Cent pro Liter oder Kubikmeter erwartet, sollte über Wärmepumpen nachdenken. Deren Wirtschaftlichkeit hängt natürlich von den Strompreisen ab: Bei 20 ct/kWh, dem Preisniveau von Wärmepumpenstrom im zweiten Halbjahr 2022, sieht es gut aus. Bei den aktuellen Wärmepumpenstrompreisen von 25 bis 30 ct/kWh ist es schon kritisch. Daher ist es eine politische Aufgabe, den Wärmepumpenstrompreis zu senken.

Grundkonzeption und Kosten

Zu den vorgenannten Eigenschaften passt am besten eine außen aufgestellte Wärmepumpe mit Außenluft als Wärmequelle. Der Wert ETAs 55 sollte 150 % oder besser sein. Als Bauform wird Monoblock (geschlossener Kältekreislauf) gewählt, weil diese Geräte anschlussfertig geliefert werden (Vorlauf, Rücklauf, Elektro). Die Listenpreise liegen bei 10.000 bis 15.000 Euro. Bei günstigen Händlern im Internet werden sie für 6.000 bis 10.000 Euro angeboten. Geeignet und kostengünstig ist beispielsweise das Gerät Samsung EHS Mono HT Quiet.

Zweiter Punkt ist eine kostengünstige und platzsparende Technik im Gebäude, denn oft sind Heizräume beengt. Hier wird eine Lösung vorschlagen, die nicht mehr Platz als ein Heizkessel mit Warmwasserbereiter benötigt und trotzdem den für eine Wärmepumpe nötigen Pufferspeicher umfasst: ein Kombi-Hygienespeicher (siehe Anlagenschema Grafik).

 ED 03/2023 Wo ist die Volkswärmepumpe? (S. 22-24) 

Die untere Hälfte dient als Pufferspeicher für die Heizung, die obere zur Warmwasserbereitung. Im Speicher befindet sich eine Trinkwasserschlange, die Zapftemperatur beträgt 55 bis 60 °C. Die Zirkulation wird gegebenenfalls mittels Lanze eingebunden.

Sinnvoll ist ein Speichervolumen von 600 bis 1.000 Liter und Effizienzklasse A der Speicherisolierung. Solche Speicher kosten 1.500 bis 3.000 Euro. Geeignet und kostengünstig ist etwa der Speicher FK 600/800/1000 von Schönberg Technikhandel.

Benötigt werden außerdem Rohrleitungen und diverse Armaturen. Hier entstehen weitere Materialkosten von 1.500 bis 3.000 Euro. Im günstigsten Fall betragen sie insgesamt rund 10.000 Euro.

Handwerker

Aktuell und wohl auch zukünftig ist es schwierig, Heizungsbauer zu finden. Wer langjährig einem Installateur die Treue gehalten hat, dürfte die größten Chancen haben, mit diesem die Volkswärmepumpe zu realisieren. Handwerker geben Material nicht zu ihren Einkaufspreisen weiter, sondern schlagen aufgrund ihres Aufwands und der Haftung etwa 20 % auf. Hinzu kommen die Montagekosten, die sehr stark von der örtlichen Situation abhängen. Unterm Strich sollte sich die vorgeschlagene Lösung für deutlich unter 20.000 Euro realisieren lassen.

 ED 03/2023 Wo ist die Volkswärmepumpe? (S. 22-24) 

Nutzung der Verbrennungsluftleitung zur Anbindung der Wärmepumpe.

Eigenleistung

Erinnern Sie sich noch an das Phönix-Solarprojekt des Bundes der Energieverbraucher? Damals wurden solarthermische Anlagen überwiegend in Eigenleistung installiert. Der Aufwand war hoch: Die Kollektoren mussten aufs Dach, Leitungen vom Dach in den Technikraum gelegt werden, der Speicher -getauscht, eine Solarstation mit Regelung- -eingebaut und der Solarkreislauf mit Frostschutzmittel betrieben werden.

 ED 03/2023 Wo ist die Volkswärmepumpe? (S. 22-24) 

Der Anschluss einer Wärmepumpe ist kein Hexenwerk. Damit auch die Anschaffungskosten stimmen, bräuchte es das gute Preis-Leistungs-Verhältnis einer Volkswärmepumpe.

Im Vergleich dazu ist der Einbau einer Volkswärmepumpe einfacher! Das Außenteil (Gewicht ca. 140 kg, BHT ca. 130/100/50 cm) wird auf Betonsockel oder Wandkonsolen gestellt. Vorlauf und Rücklauf (DN25) werden in das Gebäude bis zum Technikraum geführt. Die meistens vorhandene Verbrennungsluftleitung kann dafür genutzt werden (siehe Foto). Das Verlegen und Löten von Kupferrohr und das Hanfen der Fittings kann ein versierter Heimwerker erledigen. Mit der Abgasanlage und der Gasleitung entfallen auch die entsprechenden Einschränkungen. Ausnahme sind allerdings die Elektroarbeiten an spannungsführenden Bauteilen: Sie dürfen nur durch eine Elektrofachkraft ausgeführt werden.

Auch sollte schon aus Gewährleistungsgründen die Inbetriebnahme der Wärmepumpe durch einen Installateur erfolgen, der mit dem gewählten Produkt vertraut ist. Bei Eigenleistung fördert die Bafa die Materialkosten, allerdings ist hierfür ein Verwendungsnachweis erforderlich.

Regelungseinstellung

Wie bei Heizkesseln wird die Heizkörpervorlauftemperatur in Abhängigkeit der Außentemperatur geregelt. Wichtig ist eine korrekte Einstellung, zum Beispiel 55 °C Vorlauf  bei  -10 °C Außentemperatur. Eine höhere Heizkurve verschlechtert die Energieeffizienz deutlich! Eine Nachtabsenkung – bei gut gedämmten Häusern eine Nachabschaltung – etwa von 23 bis 6 Uhr ist auch bei Wärmepumpen sinnvoll. 

Solarstromanlage

Der Strom einer PV-Anlage kann teilweise zum Betrieb der Wärmepumpe genutzt werden.Eine 10-kW-Anlage (ca. 40 m2) beispielsweise erzeugt bei Südausrichtung etwa 10.000 kWh im Jahr. Ohne Wärmepumpe werden davon etwa 15 % im Haus verbraucht (der Rest wird eingespeist). Mit Wärmepumpe steigt der Eigenverbrauch auf etwa 30 %. Stromspeicher, die allerdings recht teuer sind, können den Eigenverbrauch weiter erhöhen. 10 bis 30 % des Stromverbrauchs der Wärmepumpe können aus einer Solarstromanlage kommen.

Sondertarife

Für Wärmepumpen gibt es eigene Sondertarife. Es entsteht dabei ein zusätzlicher Grundpreis von etwa 80 Euro/a. Dafür kostet der Wärmepumpenstrom rund 20 % weniger als Haushaltsstrom. Voraussetzung ist, dass die Wärmepumpe durch ein Signal des Netzbetreibers für maximal 3 x 2 Stunden täglich abschaltbar ist. Das kommt zwar selten vor, ist aber infolge des oben genannten Kombispeichers für Heizung und Warmwasserbereitung kein Problem. Im Falle einer Solarstromanlage gibt es spezielle Messkonzepte, bei denen die Wärmepumpe sowohl den eigenen Solarstrom als auch den Sondertarif nutzt.

Wartung

Im Vergleich zu Heizkesseln ist der Wartungsaufwand einer Wärmepumpe gering. Der äußere Wärmetauscher ist regelmäßig auf Ablagerungen wie Blätter zu kontrollieren. Entfernt werden sie am besten mit einem Staubsauber. Hochdruckreiniger sind tabu! Wartungsverträge werden teils überteuert angeboten. Korrekt sind Preise unter denen von Öl- und Gasheizungen.

Energiebilanz

Wer sich dafür interessiert, gönnt der Anlage einen Stromzähler (z.B. auf Hutschiene, Materialpreis um die 50 Euro) und einen Wärmezähler (um die 200 Euro). Damit lässt sich jährlich die Arbeitszahl (Verhältnis von Wärmeerzeugung zu Stromverbrauch) ausrechnen.

Weitere Informationen (ab Januar 2024): www.volkswärmepumpe.info 

Eigenschaften der Volkswärmepumpe

Aus Erfahrungen und Vorschlägen ist nachstehende Wunschliste für eine Volkswärmepumpe entstanden:

  • Heizleistung 10 bis 15 kW (je nach Gebäude)
  • Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Geeignet für Heizung und Warmwasserbereitung (hierfür mindestens Vorlauf von 65 °C möglich)
  • Energieeffizienzwert für ETAs 55 gemäß Bafa-Liste mindestens 150 %
  • Leise (maximaler Schallleistungspegel höchstens 60 dB(A)
  • Nachts schallreduzierter Betrieb möglich
  • Fortschrittliches oder natürliches Kältemittel
  • Langlebig, renommierter Hersteller
  • Regelung einfach bedienbar, auch ohne externe Geräte
  • Außen und innen kompakt
  • Außenteil nicht zu schwer, Wandmontage möglich
  • Förderfähig (auf Bafa-Liste)
  • Unterbrechbar (dadurch Stromsondertarif nutzbar)
  • Heizstab nicht nötig
  • Optisch gefällig
  • Eigenleistung möglich (Aufstellung, Anbindung)

letzte Änderung: 24.01.2024