Balkonkraftwerke

Balkonkraftwerke: Hamburger Mieterstromprojekt macht Schule

Die Bewohner von 32 Wohnungen erhalten von ihrem Vermieter PV-Anlagen, ohne selbst investieren zu müssen. Das solidarische Modell hilft, Strom zu sparen und die Energiewende voranzutreiben.

(29. Oktober 2025) Bürokratie gilt als eines der größten Hindernisse bei der Energiewende. In Hamburg-Ohlsdorf zeigt ein neues Mieterstromprojekt, wie sich solche Hürden umgehen lassen. Entwickelt wurde es von Energiewendepionier Holger Laudeley zusammen mit dem Hauseigentümer Christian Warsch.

Im Mittelpunkt steht ein Mehrfamilienhaus mit 32 Wohnungen. Auf den Dächern sind 128 Solarmodule mit je 440 Watt Leistung installiert – vier für jede Wohnung, je zwei nach Osten und Westen ausgerichtet. Ergänzt wird die Anlage durch Batteriespeicher im Keller, die mit 4,3 Kilowattstunden pro Haushalt den selbst erzeugten Strom rund um die Uhr verfügbar machen.

Das Besondere ist aber weniger die Technik, als vielmehr das Modell dahinter: Statt dass der Vermieter als Stromlieferant auftreten müsste – ein Schritt, der mit Abgaben, Meldungen und rechtlichem Aufwand verbunden wäre –, werden die Bewohner selbst als Betreiber eingetragen. Auf diese Weise entfällt der Status als Energieversorger, und die Stromlieferung erfolgt unbürokratisch direkt in die eigene Wohnung. Lediglich ein Tausch zu modernen Zweirichtungszählern war notwendig.

ED 03/2025 Hamburger Mieterstromprojekt macht Schule (S.8) 

Hamburg gilt gemeinhin als verregnet – macht aber auch bei der Nutzung der Sonnenenergie von sich reden.

Ein Teil der Einsparungen geht an den Vermieter

Für die Mieter bedeutet das vor allem geringere Stromkosten. Erste Berechnungen zeigen Einsparungen zwischen 44 und 59 Prozent gegenüber konventionellen Tarifen. Eine 70-Quadratmeter-Wohnung spart im Jahr rund 290 Euro. Hinzu kommt: Die Allgemeinstromkosten für Beleuchtung oder Pumpen fallen komplett weg. Gemeinschaftlich genutzte Waschmaschinen laufen damit quasi kostenlos.

Auch Vermieter Warsch profitiert: Die Wohnungen werden attraktiver, und durch eine vereinbarte »Dachpacht« in Höhe der Hälfte der eingesparten Stromkosten refinanzieren sich die Investitionen von rund 280.000 Euro Schritt für Schritt.

Das Projekt ist damit ein Beispiel für eine verbrauchernahe Energiewende. Ohne lange Genehmigungswege und komplizierte Abrechnungsmodelle, dafür mit klarem Nutzen für alle. Es hat das Potenzial, zu einem Vorbild für andere Vermieter zu werden.
JG

letzte Änderung: 22.10.2025