Strom aus der Küche
E.ON Großbritannien ordert 80.000 Kleingeneratoren mit Kraft-Wärme-Kopplung für ihre Privatkunden. Von Jeffrey H. Michel
(25. August 2004, akualisiert 7. Juni 2005) - Die deutschen Energiekonzerne gelten allgemein als Gegner der dezentralen Stromeinspeisung. Doch nun will der britische Strom- und Gasversorger Powergen, eine Tochter des deutschen Konzerns E.ON Energie, unzählige Kleingeneratoren unters Volk bringen.
Wie die englische Presse berichtet, hat Powergen 80.000 Mikro-Generatoren bei der Firma Whisper Tech in Neuseeland bestellte. Sie soll innerhalb der nächsten fünf Jahre an Stromkunden des britischen Energieversorgers ausgeliefert werden. Diese Kleinanlagen können neben Warmwasser auch Elektroenergie erzeugen. Der übliche Heizkessel wird ersetzt, wodurch das öffentliche Netz entlastet wird.
Überschüssige Strommengen können zur Vergütung ins Powergen-Netz eingespeist werden. Das Unternehmen hofft so, die Wahrscheinlichkeit von Flächenabschaltungen (Blackouts) zu verringern. Gleichzeitig würden auch weniger Großkraftwerke und Überlandleitungen benötigt.
Störende Geräusche oder gar Erschütterungen sind bei dem neuseeländischen »WhisperGen« (Flüster-Generator) nicht zu befürchten, verspricht der Hersteller. Das Gerät ähnelt äußerlich einer Geschirrspülmaschine und ist wie diese für den Einbau in eine Küchendiele vorgesehen.
Anstelle eines Diesel- oder Benzinmotors wurde auf ein Patent von Robert Stirling aus dem Jahre 1816 zurückgegriffen, um den Generator anzutreiben. Der schottische Geistliche kam damals angesichts der Vielzahl von Todesopfern bei Dampfkesselexplosionen auf die Idee einer Heißluftmaschine, die gefahrlos von jeder Art von Wärme in Bewegung gesetzt werden kann. Selbst konzentriertes Sonnenlicht reicht dazu aus.
Stirling-Motoren wurden bislang vor allem mit landwirtschaftlichen Abfällen in Indien und Südamerika betrieben. Der »WhisperGen« verwendet vier symmetrisch angeordnete Kolben, um einen gleichmäßigen Lauf zu erzielen. Die zum Betrieb des Stirling-Motors und für die Warmwassererzeugung nötige Wärme sollen Erdgasbrenner liefern, das Gas kommt ebenfalls von Powergen. In Neuseeland sind jedoch auch Modelle mit Ölbrenner erhältlich.
Die Planung bei Powergen sieht vor, bis 2020 mindestens 30 Prozent aller Haushalte im Vereinigten Königreich mit der neuen Technik auszurüsten. Die Nutzung von Heizwärme zur gleichzeitigen Stromerzeugung kann einen wesentlichen Beitrag zum britischen Klimaschutzziel einer 60prozentigen CO2-Reduzierung bis 2050 leisten.
Was für Großbritannien gut ist, scheint nach Ansicht der E.ON-Zentrale noch lange nicht gut für Deutschland zu sein. Auf der Website des Konzerns sucht man jedenfalls vergeblich nach einem Hinweis auf die deutsche Markteinführung des Mikro-Generators.
Derzeit sind in Europa bereits 330 Aggregate in Betrieb. Die vier Zylinder sind im Kreis angeordnet (Wobble Yoke) und leisten 1,2 kW elektrisch und 8 kW thermisch. Die Vorlauftemperatur liegt bei 80 Grad, die Rücklauftemperatur bei 60 Grad. Das kompakte Aggregat (50 x 60 x 85 cm) soll für 4.500 Euro verkauft werden. Es ist damit 1.000 Euro teurer als eine konvetionelle Heizanlage. Jährlich werden in Europa rund sechs Millionen Heizanlagen installiert. In Deutschland soll Whispergen ab Mitte 2006 zum Kauf angeboten werden.
Aus "Neues Deutschland" vom 23.08.04 mit freundlicher Genehmigung übernommen.