ED 01/20 Einladung zur Prosumertagung des Vereins (S.33)
Durchbruch bei der Brennstoffzelle Erste Modelle gehen bereits in Serienproduktion.

Durchbruch bei der Brennstoffzelle

Schon in den 1960er Jahren versorgten Brennstoffzellen Astronauten der Apollo-Missionen auf ihren Flügen zum Mond mit Wärme und Elektrizität. Jahrzehntelange Bemühungen, diese Technologie für den Heizungskeller anzupassen, scheiterten jedoch bisher. Doch nun scheinen die Hürden überwunden: Erste Modelle gehen bereits in Serienproduktion.
Von Louis- F. Stahl

(19. März 2012) Es war einmal der Otto-Motor: Im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung für Wohngebäude konzentrierte sich die Heiztechnikbranche in den 1980er Jahren auf die bewährte Technik des Verbrennungsmotors. Der aus dem Traditionsunternehmen Fichtel & Sachs hervorgegangene Anbieter SenerTec begann mit der Entwicklung eines optimierten Motors und stellte 1997 als erster Anbieter ein Kleinkraftwerk mit Verbrennungsmotor für den Heizungskeller vor („Dachs“).

Mit der Jahrtausendwende zog der Heiztechnikriese Vaillant nach und übernahm mit Power-Plus Technologies den Entwickler des „ecoPOWER 4.7“ Heimkraftwerkes. Die in diesen Mini-Kraftwerken verwendeten Otto-Motoren entsprechen vom Grundaufbau dem Motor eines Kraftfahrzeugs und sind aufgrund ihrer Größe für den Einsatz in Mehrfamilienhäusern zu empfehlen. Auch für den Einfamilienhausbereich ist mit dem Vaillant „ecoPOWER 1.0“ ein Modell mit Verbrennungsmotor erhältlich. Der relativ hohe Aufwand für die Investition in Höhe von 15.727 Euro (netto Listenpreis) einschließlich Pufferspeicher und Warmwasserbereitung sowie die Folgekosten durch die Wartung machen die Technologie des Verbrennungsmotors jedoch trotz einer erheblichen Strom- und Wärmekosteneinsparung für Einfamilienhäuser kaum wirtschaftlich.

Wartungsfreier Stirlingmotor

Eine kleine Revolution ergab sich zuletzt im Frühjahr 2011 auf der Internationalen Sanitär- und Heizungsmesse in Frankfurt. Seitdem dominieren die Gas-Brennwertthermen mit integriertem Stirlingmotor von Brötje, SenerTec, De Dietrich Remeha und Viessmann das Bild der Kraft-Wärme-Kopplung für Ein- und Zweifamilienhäuser.

731 Mini-Kraftwerke mit Stirling-Motor

Derzeit dominieren Mini-Kraftwerke mit Verbrennungsmotor (links) und Brennwertthermen mit Stirlingmotor (rechts) den Markt der stromerzeugenden Heizungen.

Größter Vorteil der Stirlingtechnologie ist die externe Verbrennung und das geschlossene System des Stirlingmotors. Der Stirlingmotor wird lediglich als gekapseltes und wartungsfreies Modul in eine gewöhnliche Brennwerttherme integriert. Dadurch ergibt sich eine sehr kompakte Energiezentrale, welche zudem kostengünstig gefertigt werden kann und keine zusätzlichen Folgekosten für Wartung verursacht. Bereits zu einem Listenpreis von 11.950 Euro (netto) für das Gerät mit Pufferspeicher und Warmwasserbereitung ist beispielsweise der Preisbrecher namens „eVita“ von Remeha erhältlich.

Stand der Technik

Die derzeit erhältlichen BHKW mit Verbrennungs- und Stirlingmotoren erreichen dank Brennwertwärmetauschern Gesamtwirkungsgrade von bis zu 95 Prozent. Für Ein- und Zweifamilienhäuser ist der Anteil der Stromerzeugung im Verhältnis zur Wärmeleistung jedoch noch sehr gering: Die Brennwertthermen mit Stirlingmotor wandeln nur etwa 15 Prozent der zugeführten Energie in Strom um. Der Großteil der Energie wird hingegen in Wärme umgewandelt und zur Beheizung des Gebäudes genutzt. Besser steht das Vaillant „ecoPOWER 1.0“ mit einem Verbrennungsmotor von Honda dar. Doch auch das „ecoPOWER 1.0“ erreicht nur eine Umwandlung von etwa 25 Prozent der zugeführten Energie in Strom.

Brennstoffzellen können weit bessere Werte erreichen, werden jedoch seit Jahrzehnten nur in Feldtests erprobt und auf Messen ausgestellt. Besonders die etablierten Heiztechnikhersteller sehen eine Markteinführung auch heute noch in weiter Ferne. Erst Ende Januar weihte Vaillant in der Nähe von Karlsruhe den ersten Prototypen eines neuen Feldtests ein. „Der Start des Feldtests stellt für die Vaillant Group einen Meilenstein in der Weiterentwicklung dieser innovativen Technologie dar“, erläutert Dr. Carsten Stelzer von Vaillant. Ein Termin für eine Markteinführung ist jedoch ungewiss und wird nicht vor 2016 erwartet.

Fortschritt an anderer Stelle

Andere Unternehmen sind bereits erheblich weiter. Das Unternehmen Ceramic Fuel Cells zum Beispiel wurde 1992 gegründet und entwickelt seither Brennstoffzellenheizgeräte sowie Brennstoffzellenstacks und weitere Komponenten für andere Hersteller von Brennstoffzellengeräten. Das „BlueGen“ Brennstoffzellengerät wird bereits im Nordrhein-Westfälischen Heinsberg in einer Kleinserie gefertigt. „Mit dem „BlueGen“ lässt das erste erdgasbetriebene Brennstoffzellengerät für den Heizungskeller die Feldtestphase hinter sich und ist ab sofort für Endkunden lieferbar. Die ersten 100 Geräte konnten wir bereits in kürzester Zeit absetzen“, berichtet -Sanevo Geschäftsführer Gert Studer im Interview mit dem Branchenmagazin „BHKW-Infothek“ (www.BHKW-Infothek.de)

731 BlueGen-Prototyp

Ein „BlueGen“ Prototyp war der Publikumsmagnet auf der Hannover Messe 2011

Vorteil der Brennstoffzellentechnik

Besonders interessant ist der, verglichen mit heutiger Technik, nahezu um den Faktor drei verbesserte elektrische Wirkungsgrad des „BlueGen“ Brennstoffzellenmoduls von 60 Prozent. Durch die hohe Stromkennzahl und geringe Abwärme des „BlueGen“ ist es erstmals möglich, auch im Einfamilienhausbereich im Sommer einen durchgehenden Betrieb zu gewährleisten. So vermeidet der Betreiber, teuren Strom zukaufen zu müssen. Zudem arbeiten Brennstoffzellen im Gegensatz zu Motoren nahezu geräuschlos und eignen sich damit besser für den Einsatz in kleinen Immobilien.

Das Herz des „BlueGen“

Zum Einsatz kommt im „BlueGen“ ein Gennex-Modul mit einer sogenannten „Solid Oxide Fuel Cell“, was so viel bedeutet wie Festoxidbrennstoffzelle. SOFC-Brennstoffzellen gehören zur Kategorie der Hochtemperatur-Brennstoffzellen, welche bei einer Betriebstemperatur von 650 bis 1.000 Grad Celsius arbeiten. Die Zellen selbst sind mit 0,3 Millimeter hauchdünn und bestehen aus einer Kontaktschicht, Substrat, Katalysator, Anode, Elektrolysemembran, Kathode und einer weiteren Kontaktschicht. Dank dieser Technik kann das „BlueGen“ mit gewöhnlichem Erdgas betrieben werden.

Die Kosten

Das „BlueGen“ wird in Deutschland zum Preis von 29.000 Euro (netto) vertrieben, was weit teurer ist als die konventionellen Geräte mit einem Stirlingmotor. Die Wirtschaftlichkeit werde daher in der Anfangsphase nur im Zusammenspiel mit staatlichen Förderungen erreicht, räumt Sanevo-Geschäftsführer Gert Studer ein. „Für eine günstige Massenproduktion fehlen noch die nötigen Stückzahlen. Durch höhere Stückzahlen und die damit zunehmende Automatisierung sowie Optimierung der Fertigung werden die Kosten in ganz erheblichem Umfang sinken.“ Mehrere Bundesländer und Stadtwerke planen nach Angaben des Herstellers, eine Anschubförderung von bis zu 50 Prozent der Anschaffungskosten des Brennstoffzellenheizgerätes aufzulegen.

Fazit

Für Ein- und Zweifamilienhäuser sind KWK-Wandthermen mit Stirlingmotor derzeit Stand der Technik und vergleichsweise kostengünstig. Im Bereich der Brennstoffzellentechnik beschränken sich die etablierten Heiztechnikhersteller derzeit hingegen auf PR-Maßnahmen. Mit dem „BlueGen“ ist jetzt jedoch erstmals eine Brennstoffzelle für den Heizungskeller frei erhältlich. Fraglich bleibt derzeit vor allem die Haltbarkeit des Brennstoffzellenstacks. Dies ist beim „BlueGen“ jedoch ein Risiko des Herstellers, da Verbraucher das „BlueGen“ nur zusammen mit einem zehnjährigen Wartungs- und Garantievertrag erwerben sollten. Dank staatlicher Förderung ist das „BlueGen“ zudem je nach Region auch in Anbetracht der noch sehr hohen Kosten der Brennstoffzellentechnologie eine Alternative für innovationsfreudige Verbraucher. Mit der Anschubfinanzierung des Staates und zahlreicher Stadtwerke wird der Brennstoffzelle nach ihrem Flug zum Mond und Jahrzehnten der Entwicklung sowie zahlloser geplatzter Ankündigungen jetzt hoffentlich auch der Sprung in den Heizungskeller gelingen.

Lesen Sie in der nächsten Ausgabe der Energiedepesche im zweiten Teil unserer Serie Kraft-Wärme-Kopplung, was bei der Planung und dem Betrieb einer stromerzeugenden Heizung zu beachten ist.

letzte Änderung: 23.12.2018