Das Spiel mit dem E
Lade-Apps und -karten bringen E-Autofahrer quer durchs Land, ohne dass ihnen unterwegs der Saft ausgeht: Mit den folgenden Tipps bleibt die Reichweitenangst auf der Strecke
Von Nils Husmann
(1. Dezember 2025) Bedenken hatte Walter Jungbauer vor der Fahrt von Ellerbek bei Hamburg nach Italien schon keine mehr: Der dreifache Familienvater hat jahrelang gute Erfahrungen mit der E-Mobilität gemacht. »Ich nutze drei Anbieter von Ladeapps und Ladekarten, je nachdem, ob ich in der Region oder überregional unterwegs bin«, sagt Jungbauer. Viele andere Menschen haben aber noch Reichweitenangst vor langen Fahrten. Zu Recht? Die Energiedepesche klärt die wichtigsten Fragen.
Wer findet den Weg an drei Ladesäulen vorbei zum Ziel?
Lieber zu Hause oder auswärts laden?
Der Ökostromanbieter Lichtblick hat in seinem Ladesäulencheck herausgefunden: Für eine 100-Kilometer-Strecke (bei 20 Kilowattstunden Stromverbrauch) zahlen Sie im Schnitt 10,45 Euro an öffentlichen Normalladepunkten, das entspricht einem Kilowattstundenpreis von 0,52 Euro. Noch teurer ist es an Schnellladesäulen: Hier liegt der Durchschnittspreis für die 100-Kilometer-Strecke bei 12,06 Euro, das sind 0,60 Euro pro Kilowattstunde (Stand März 2025). Die Zahlen zeigen klar: Wer eine Wallbox hat, lädt am günstigsten zu Hause – mit Strom aus einer eigenen Solaranlage sowieso.
Brauche ich unterwegs Schnellladesäulen?
Normalladestellen laden mit AC-Strom, also mit Wechselstrom. An ihnen kann das Laden Stunden dauern. Für kurze Ladepausen bieten sich Schnellladestationen mit DC-Strom an, dort fließt Gleichstrom. Je nach Ladegeschwindigkeit des Autos, der Leistung der Ladesäule und der geplante Strecke reichen oft schon 15 oder 20 Minuten, dann kann es weitergehen. Manchmal ist die Zeit selbst für einen Kaffee in der Autobahnraststätte zu knapp.
Was ist Ad-hoc-Laden?
Die EU will es Verbrauchern so leicht wie möglich machen: An seit Mitte April errichteten Schnellladepunkten kann man an Kartenlesern mit Kredit- oder Debit-Karte zahlen – ohne Vertragsbindung. Allerdings kann das teuer sein. Der ADAC hat das Angebot an Autobahnraststätten und Autohöfen untersucht, Ergebnis: Wer ad-hoc lud, zahlte bis zu 62 Prozent mehr als Kunden, die einen Vertrag mit einem Anbieter haben, die also mit Ladekarte oder Lade-App unterwegs sind. »An der Autobahn kostet eine Kilowattstunde dann statt 52 schnell mal 84 Cent«, so der Automobilclub.
Ladekarte oder App?
Lade-Apps und Ladekarten sind wie ein Schlüssel, der Ladesäulen »aufschließt«. Mit ihnen startet und bezahlt man den Ladevorgang. Anbieter sind etwa Energieunternehmen oder Automobilhersteller, mit denen man einen Vertrag eingeht. Lade-Apps bieten den Vorteil, dass sie Autofahrern freie Ladesäulen anzeigen, die man gezielt ansteuern kann. Wer laden muss, kann entweder nur bestimmte Ladepunkte seines jeweiligen Anbieters nutzen. Es gibt aber auch das sogenannte E-Roaming, mit dem jeder Kunde bundesweit an jeder öffentlichen Ladesäule laden kann – ähnlich wie beim Telefonroaming, wenn sich das Handy in andere Mobilfunknetze einloggt. Das Laden an Säulen anderer Anbieter aber ist teils deutlich teurer. Manche Tarife beinhalten eine Grundgebühr, andere nicht. Bei Verträgen mit Grundgebühr ist die Kilowattstunde günstiger. Vorsicht: Viele Anbieter erheben Blockiergebühren – wer noch an der Ladesäule steht, obwohl der Akku voll ist, zahlt nach einer gewissen Zeit drauf.
Gibt es Vergleichstests der Anbieter?
Es gibt viele Tests, die allerdings jeweils unterschiedliche Kategorien wie Preis oder Bedienbarkeit bewerten. »CHIP«, ein Technik- und Verbraucherportal, hat im August 2025 im Internet einen Vergleich veröffentlicht. Gesamtsieger war ADAC e-Charge. Bei der »Auto Bild« kam Ende Juni das Angebot von EnBW mobility+ (Ladetarif M) insgesamt am besten weg, am günstigsten war die Kilowattstunde bei EWE Go. Dort kostet das Laden an unternehmenseigenen Säulen 0,52 Euro pro Kilowattstunde, unabhängig ob es eine AC- oder DC-Säule ist. An Ladestationen von Partnerunternehmen sind 0,62 Cent fällig. Der ADAC bietet online einen übersichtlichen Tarifvergleich ausgewählter Anbieter an. Interessierte sehen dort auf einen Blick, wie viele eigene Ladestationen ein Anbieter im Portfolio hat, was die Kilowattstunde im E-Roaming an den Ladesäulen anderer Anbieter kostet und ob eine Lade-App oder eine Ladekarte genutzt werden – oder beides.
Wie viele öffentliche Ladesäulen gibt es?
Am 1. August 2025 verzeichnete die Bundesnetzagentur in Deutschland 132.994 Normallade- und 42.147 Schnellladepunkte.
Was ist bei Fahrten ins Ausland zu beachten?
Die Preise an öffentlichen Ladesäulen unterscheiden sich in Europa deutlich. Deutschland und Dänemark zählen zu den teuren Ländern, in Frankreich, den Niederlanden, Osteuropa sowie den Balkanstaaten ist es teils sehr viel günstiger. Vor einer Fahrt ins Ausland sollte man überprüfen, ob die Anbieter der eigenen Ladekarten oder -Apps dort Ladesäulen betreiben oder mit anderen Anbietern kooperieren. Falls nicht, empfiehlt es sich, sich schon im Vorfeld bei einem oder zwei Anbietern zu registrieren, die im Zielland vertreten sind. Zwar gibt es je nach Land meist auch die Möglichkeit, Ladepunkte zu finden, die Kreditkarten akzeptieren. Doch das ist im Zweifel teurer. Und sich erst dann eine App herunterzuladen, wenn man bereits vor einer Säule steht, kostet unnötig viel Zeit. Spaß macht es ohnehin nicht, wie jeder weiß, der schon mal bei Regen in Polen versucht hat, sich auf Polnisch in einer neuen App zu registrieren.
Welche Lösung nutzen Sie? Wir freuen uns über Ihre Erfahrungsberichte: info@energieverbraucher.de
