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Bausteine auf dem Weg zu einer CO2-armen Stadt

Das magere Ergebnis von Kopenhagen zeigt wie wichtig nun eine entschiedene Klimapolitik der nicht staatlichen Akteure ist. Um dieses Ziel zu erreichen sind langfristige und tiefgreifende Strukturveränderungen der städtischen Infrastrukturen notwendig, die strategisch angegangen werden müssen. In der Studie München 2058, wurde modellhaft gezeigt, dass urbane Metropolregionen in den nächsten Jahrzehnten den Weg in eine annähernd CO2-freie Zukunft gehen und davon profitieren können.
Stefan Lechtenböhmer vom Wuppertal Institut und Dieter Seifried vom Büro Ö-quadrat berichten.

(02. April 2010) Bis zum Jahr 2050 müssen die weltweiten Treibhausgasemissionen um „mehr als 50 Prozent gegenüber dem Stand von 1990" sinken. Für die Industrieländer folgt daraus, dass sie ihre Emissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 verringern müssen.

Ohne Kursänderung in den Städten kann die Klimapolitik nicht erfolgreich sein. Obwohl sie gerade einmal ein Prozent der Erdoberfläche bedecken, verschlingen sie rund 75 Prozent der Energie und stoßen ca. 80 Prozent der weltweit emittierten Treibhausgase aus. Zugleich aber sind die Städte dank der Konzentration von technischem Wissen und der Investitionsmittel auch der Schmelztiegel des Fortschritts.

25_Tab-Szenario

Was bedeutet weitgehende CO2-Freiheit?

Dies wurde für München in einer Szenarioanalyse untersucht, wobei einige zentrale Basisannahmen getroffen wurden.

  • Hocheffiziente Energieanwendungen, die bei gleichem Komfort und Nutzen weniger Energie verbrauchen
  • Anpassung der Infrastruktur für Wärme, Energie und Verkehr an eine verringerte Energienachfrage
  • Weitgehender Umstieg auf erneuerbare Energien und CO2-arme Versorgungstechnologien
  • Kein Autarkie-Anspruch: Die Stadt -München importiert teilweise Energie, berücksichtigt aber dabei, dass diese weitgehend klimaneutral erzeugt wird.

2008 betrug der CO2-Ausstoß 6,5 Tonnen pro Jahr und Einwohner. Durch flächendeckende und konsequente Effizienzmaßnahmen und durch den Ersatz fossiler Energieträger kann die bayerische Landeshauptstadt bis zum Jahr 2058 ihre Emissionen um etwa 90 Prozent auf nur noch 750 Kilogramm pro Jahr und Einwohner verringern.

Effizienzsteigerung im Gebäudebereich

Wie in den meisten Städten verursacht die Beheizung der Gebäude in München fast die Hälfte der CO2-Emissionen. Die energetische Sanierung der Häuser ist daher ein zentrales Thema. Dabei gilt es, von vornherein auf eine hochwertige Sanierung nach Passivhausstandard zu setzen, denn der Sanierungszyklus bei Gebäuden beträgt etwa 50 Jahre.

Die Studie ging davon aus, dass bei der Sanierung von Wohn- und Dienstleistungsgebäuden der Passivhausstandard nahezu flächendeckend umgesetzt wird, also im Neubau zu 85 und bei der Altbausanierung zu 80 Prozent.

Nur jede dritte Sanierung verbessert die Wärmedämmung

Damit sinkt der Heizwärmebedarf der sanierten Gebäude von heute etwa 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr auf 25 bis 35 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Für Neubauten sinkt der Heizbedarf von 80 bis 100 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr auf einen Wert von zehn bis 20. Solaranlagen decken in der Bilanz den Restenergiebedarf der Neubauten ab oder produzieren sogar einen Überschuss.

In der Vergangenheit wurden in Deutschland jährlich rund 1,5 Prozent des Gebäudebestands saniert - dabei wurde aber nur jedes zweite oder dritte dieser Gebäude auch umfassend energetisch verbessert. Damit aber nahezu alle Gebäude in 50 Jahren Passivhausstand erreichen, bedarf es entsprechender Förder- und Unterstützungsprogramme auf kommunaler Ebene sowie einer Vorbildfunktion der Kommunen bei ihren eigenen Bauten.

Hohe Investitionen - aber es rechnet sich

Für eine flächendeckende Sanierung nach Passivhausstandard sowie entsprechende Standards beim Neubau müssten die Münchener Hauseigentümer Mehrkosten gegenüber dem Standard der EnEV 2007 von insgesamt rund 13 Milliarden Euro aufbringen. Der Aufwand lohnt sich, denn im Laufe der Zeit stehen den Investitionen Einsparungen von rund 30 Milliarden Euro bei den Ausgaben für Öl und Gas gegenüber.

Umbau der Wärmeinfrastruktur

Neben der Reduktion des Wärmebedarfs ist ein Umbau der Infrastruktur der Wärmebereitstellung notwendig. In München kommen im Ziel-Szenario bis 2058 rund vier Fünftel der Wärmeenergie aus dem ausgebauten Fern- und Nahwärmesystem, das auf Kraft-Wärme-Kopplung basiert. Solarenergie und fossile Energieträger decken in einer dezentralen Versorgung den Rest. Insgesamt sinken die CO2-Emissionen der Wärmeversorgung um rund 90 Prozent. Daraus lässt sich für die kommunalen Stadtwerke schließen, dass in Nah- und Fernwärme und dezentrale Stromerzeugung systematisch investiert werden muss.

Strom aus KWK

Im Gegensatz zu heute wird der in München verbrauchte Strom verstärkt dezentral und überwiegend mittels erneuerbarer Energieträger erzeugt und teilweise gespeichert. Dabei gelangt ein ganzes Bündel an Technologien zum Einsatz: Mikro-KWK oder Brennstoffzellen erzeugen Strom und Wärme aus Biomasse oder Erdgas und versorgen sehr effizient kleinere Mehrfamilienhäuser. Wo immer geeignete Flächen zur Verfügung stehen, ergänzt Photovoltaik die Stromerzeugung. Dezentrale Windkraftwerke und größere Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen kommen auf der örtlichen beziehungsweise regionalen Ebene zum Einsatz. Sie nutzen Erdgas, Geothermie, Biogas oder feste Biomasse.

Baustein Stromeffizienz

Der gesamte Stromverbrauch in Haushalt, Gewerbe, Industrie, Handel, Dienstleistungen und Verkehr verursachte im Jahr 2008 rund 39 Prozent der CO2-Emissionen Münchens. Hier bestehen massive Effizienzpotentiale. Trotz zusätzlicher elektrischer Anwendungen liegt der Stromverbrauch in den Haushalten und Büros der Zukunft im Durchschnitt rund 40 Prozent niedriger als heute.

Diese Reduktion wird erreicht durch

  • den Einsatz stromeffizienter Hausgeräte und Büroanwendungen
  • Einsatz effizienter Beleuchtung
  • Optimierung der Gebäudesteuerung und -kühlung

Schon heute existierende Technologien könnten den durchschnittlichen Stromverbrauch eines voll ausgestatteten Drei-Personen-Haushalts (mit elektrischer Warmwasserbereitung, ohne Nachtspeicherheizung) von 3.900 Kilowattstunden pro Jahr auf etwa 2.100 Kilowattstunden jährlich senken.

Künftige Effizienzsteigerungen können diesen Bedarf weiter reduzieren. Wenngleich diese Technologien größtenteils wirtschaftlicher sind als die alten, ineffizienten Technologien, bedarf es einer aktiven Förderpolitik, um die Effizienzpotentiale zu erschließen. Kommunale Energieversorger sollten deshalb weniger auf eine maximale Gewinnabführung an die Stadtkasse als auf eine klimaschonende Geschäftspolitik ausgerichtet sein.

Baustein Verkehr

In München trägt der Verkehr heute zu etwa 15 Prozent zum gesamten CO2-Ausstoß bei. Auch für den Verkehrsbereich wurden in der Studie vielfältige Handlungsmöglichkeiten dargestellt, die sowohl auf der kommunalen Ebene (städtebauliche Maßnahmen, ÖPNV-Ausbau, Vorrangpolitik für Fußgänger und Fahrräder etc.) als auch auf der nationalen Ebene ansetzen (Effizienzsteigerung, Elektrifizierung).

Fazit

München 2058 zeigt, dass Klimaschutz schon heute im großen Stil machbar und durchaus wirtschaftlich sein kann. Darüber hinaus weist die Studie darauf hin, dass die konsequente Orientierung am Ziel CO2-Freiheit der Metropole, ihren Unternehmen, Bürgern und Forschungseinrichtungen wertvolle Startvorteile bieten kann. Denn die Umstellung auf eine CO2-arme Gesellschaft steht weltweit bevor.

Die Stadt München, ihre Bürger und Unternehmen werden für die CO2-Freiheit in den kommenden Jahrzehnten erhebliche Summen investieren müssen. Allerdings zeichnet sich schon heute ab, dass sich viele dieser Investitionen über Energieeinsparungen rechnen werden. München - und auch andere Metropolen sowie kleinere Kommunen - können diese große Aufgabe nur bewältigen, wenn das Ziel der CO2-Freiheit für sämtliche städtische Planungsbereiche sehr hohe Priorität bekommt. Das ist teilweise Aufgabe der Entscheider, der Verwaltungen, der Energieversorger und der Stadtplaner. Mindestens ebenso wichtig sind das Engagement von Bürgern und Investoren.

Literatur

25_Buch

Lechtenböhmer, Stefan ; Seifried, Dieter ; Kristof, Kora:
Sustainable Urban Infrastructure: Ausgabe München; Wege in eine CO2-freie Zukunft.
München: Siemens AG, 2009

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