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Helle Köpfe sparen besser! Man schützt das Klima und schont den städtischen Etat, indem man Energie einspart und dadurch Kosten senkt. Das klingt logisch und einfach, aber auch da steckt der Teufel in manchem Detail.

Helle Köpfe sparen besser!

Man schützt das Klima und schont den städtischen Etat, indem man Energie einspart und dadurch Kosten senkt. Das klingt logisch und einfach, aber auch da steckt der Teufel in manchem Detail. Hamburgs Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt hat ihn im eigenen Bereich der öffentlichen Gebäude erfolgreich ausgetrickst.
Von J. R. Prüß

(23. September 2004) - "Helle Köpfe sparen Energie", so nennt die zuständige Abteilung - mit einem Schuss Selbstironie - ihre Webseite, auf der sie den Kolleginnen und Kollegen in Hamburgs öffentlichen Dienststellen ihre Unterstützung andient. Aus der ehemaligen Umweltbehörde ist mittlerweile die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt geworden. Aber das hat an dem alten Zielkonflikt nichts geändert: Wie lässt sich - zumal in Zeiten knapper Kassen - ökologische Modernisierung wirtschaftlich machen?

Menschen auf Steintreppe

Die Energieabteilung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Hamburg - Foto: Stadt Hamburg, Pressebild

Modernisieren und kesseln

In über 400 öffentlichen Gebäuden hatte die Behörde in jüngerer Zeit über 200.000 konventionelle gegen Energie sparende Leuchten ausgetauscht. Dadurch werden pro Jahr 22 Millionen Kilowattstunden elektrischer Energie, rund 14.000 Tonnen CO2 und 3,4 Millionen Euro Stromkosten gespart. Im April 2004 hat Hamburg dafür von der EU-Kommission den "GreenLight Partner Award" erhalten. Im Rahmen ihres Energiemanagements hat die Behörde systematisch veraltete Anlagen in öffentlichen Einrichtungen durch effizientere Technik ersetzt.

Der Leuchtentausch ist nur ein, der Kesseltausch ein anderes Beispiel: 535 alte Heizkesselanlagen sind in sechs Jahren erneuert worden. Die Investitionen in Höhe von 15, 7 Millionen Euro werden sich - wenn man den heutigen Gaspreis zu Grunde legt - 2007/08 amortisiert haben und nach dem Ende ihrer rechnerischen Lebensdauer, also 2017, wird die Einsparung rund 23 Millionen Euro betragen. So ans löppt dat!

Arbeit und Klimaschutz

Das inhaltliche Ziel des Senats lautete seit den 90er Jahren: Klimaschutz durch wohldurchdachte Modernisierung zum richtigen Zeitpunkt - namentlich von Heizungen, Licht- und anderen elektrischen Anlagen sowie des Wärmeschutzes an Gebäuden - wirtschaftlich zu machen. Förderprogramme und PR-Kampagnen unterstützen seit Jahren die Nutzung der Solarenergie und das Sparen von Energie und Wasser in Betrieben und Privathaushalten.

Herausragendes Beispiel ist die "Initiative Arbeit und Klimaschutz" (Projektleiter: Matthias Sandrock), in der sich auf Anregung der Behörde und - von ihr koordiniert - mehr als fünfzig Träger zusammengeschlossen haben, vom Mieterverein bis zum Grundeigentümerverband, von der Handels- über die Architektenkammer und Hochschulinstitute bis zu diversen Wohnungsbaugesellschaften.

Seit 1998 sind auf hamburgischen Dächern 15.000 qm Solarkollektorfläche installiert und 20.000 Wohnungen des Altbestandes nach dem Stand der Technik wärmegedämmt worden. Dadurch werden jährlich 100 Millionen Kilowattstunden Energie und 25.000 Tonnen CO2 eingespart; gleichzeitig sind Aufträge für jährlich 2.000 Beschäftigte im Handwerk auf den Weg gebracht worden - all das angeschoben durch Vermittlung von Innovations-Know-how, aber vor allem durch bisher 24 Millionen Euro an Fördermitteln.

Runde Lösungen

Besonders konzentriert sich Hamburg auf den eigenen Bereich, das heißt: auf die öffentlichen Gebäude und Einrichtungen der Stadt. Programme wie "Leuchtentausch 2:1 fürs Klima", "fifty/fifty" (zuerst speziell für Schulen, dann erweitert, inzwischen seit zehn Jahren eine Erfolgsgeschichte in puncto Klimaschutz durch Verhaltensänderung ), Heizkessel- und Kühlschranktausch haben zu enormen beachtlichen Einsparungen geführt. Den Trinkwasserverbrauch zu senken ("Großverbraucher drehen ab!") gehört ebenfalls zu den Zielen.

Doch nicht allein auf die einzelnen Projekte, sondern auf deren Zusammenwirken in einem gedanklichen und realen Gesamtkonzept kommt es an. Im Mittelpunkt steht jeweils der Versuch, Modernisierungs-Investitionen durch integrierte, technisch wie logistisch und betriebswirtschaftlich "runde" Lösungen rentabel zu machen (was sie bei herkömmlichem Vorgehen oft nicht sind).

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Vorbildliche Energiesparer: Stadt Hamburg - Foto: Stadt Hamburg, Pressefoto

Das geschieht insbesondere durch Standardisierung von Sanierungsmaßnahmen, Erschließung von Finanzierungsquellen und durch komplette Programme und Serviceangebote, mit deren Hilfe die Behörde den Budgetverantwortlichen die notwendigen Investitionsentscheidungen erleichtert.

Richtig heizen mit InES

Behörden sind heute Dienstleister. Ihre Mitarbeiter müssen sich an Kundenorientierung und Eigenverantwortlichkeit ebenso gewöhnen wie die "Kunden" ihrerseits. Das gilt auch für den Umgang von Verwaltungsdienststellen miteinander, wobei die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt mit einem Kanon "Technischer Anweisungen" nach wie vor gewisse Standards verordnen darf und es auch tut. Die Datenbank "InES" (Informationssystem Energetische Standards), zugänglich via Inter- und Intranet, bündelt diese und leitet die Planer, Betreiber und Nutzer von Gebäuden ebenso sicher an wie die Einkäufer technischer Geräte. InES ist eine Fundgrube für Energiesparer in Kommunen und Betrieben (www.energiestandards.de).

Ein Problem sind die zunächst gesunkenen, dann wieder gestiegenen, insgesamt schwer vorherzusehenden Energie-, namentlich Strompreise im Zuge des europaweiten Wettbewerbes, nachdem die alten Strukturen und Gebietsmonopole gefallen sind. Im Bereich der öffentlichen Haushalte droht(e) die Situation, dass Modernisierungs-Investitionen mehr kosten könnten als die Ersparnis voraussichtlich einbringt. Was sich aber nicht rechnet, machen wir auch nicht so zu denken, soll sich die Verwaltung im Zuge ihrer Verschlankung und im Zeichen knapper Kassen ja gerade angewöhnen.

Controlling ist gut ...

Wichtig ist und bleibt natürlich der klassische Bereich des Energiecontrolling, der inzwischen durch den Einsatz erlesener EDV effizienter denn je funktioniert. Auch hier hilft eine Datenbank: HEISS (Hamburger Energiewirtschafts-Informations-System). Mit ihr und genauerer Kenntnis der Verbrauchsentwicklung und Gebäudetechnik werden mit denjenigen, die in den Dienststellen eigenverantwortlich zuständig sind, Einsparstrategien und -maßnahmen entwickelt. Abteilungsleiter Jörn Pagels: "Unsere zukünftige Funktion wird sich noch weiter entfernen von der früheren Aufgabe der Überwachung und Anweisung und noch stärker auf Service und Beratung ausgerichtet sein."

Weitere Informationen:

www.energie.hamburg.de

Große Brocken zuerst

Wie macht man aus solcher Not - oder doch: Erschwernis - eine Tugend?

Wir versuchen es dadurch, dass wir solche Energiesparmaßnahmen, die nach allgemeiner Erfahrung die Wirtschaftlichkeit nicht erreichen, eben doch wirtschaftlich machen und die eigenverantwortlich zuständigen Behörden für solche Investitionen gewinnen. Ein lohnendes Ziel angesichts von rund 80.000 Beschäftigten der Freien und Hansestadt (ohne Schüler und Studenten!) in mehr als 1.200 öffentlichen Gebäuden vom Rathaus bis zur Justizvollzugsanstalt. Ein Ansatz in vier Schritten ist unter der Regie des Abteilungsleiters Jörn Pagels entwickelt worden:

1. Schritt: Große Brocken zuerst

Wir versuchen die "großen Brocken" mit hohem Einsparpotenzial zu identifizieren, so dass sich Sanierungsmaßnahmen standardisieren lassen. Damit öffnen wir die vielen einzelnen Maßnahmen für die Kostenvorteile des Großeinkaufs von Leistungen, Material und ganzen Anlagen. "Große Brocken" sind sektoral vor allem Heizung und Beleuchtung; hinsichtlich geeigneter Zielobjekte sind es in erster Linie große oder gleichartige Gebäude und deren "Innenleben".

2. Schritt: Erarbeitung kompletter Konzepte

Wir erarbeiten Konzepte für Logistik, Organisation und Koordinierung des Vorhabens - gegebenenfalls unter Hinzuziehung externer Ingenieurbüros und Herstellerfirmen - und treten damit an andere Behörden heran. Komplette Programme mit komplettem Serviceangebot der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt nehmen den Budgetverantwortlichen dort die Furcht vor plötzlichen folgenschweren Investitionsentscheidungen.

3. Schritt: Finanzierungserschließung

Wir erschließen Finanzierungsquellen, teils mit Hilfe der "Verwandtschaft", zu der zum Beispiel die - inzwischen privatisierten - Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) gehör(t)en. Ein Kaufratenvertrag in Höhe von insgesamt 40 Millionen Mark, der mit diesem Unternehmen geschlossen wurde, gab uns in der Zeit von 1990 bis 2000 Spielraum und quasi "halbfremdes" Geld zu guten Konditionen.

4. Schritt: Gezieltes Marketing

Wir leisten Überzeugungsarbeit, bauen Widerstände ab, gewinnen durch regelrechtes Marketing andere Behörden dafür, dass sie sich unsere Projekte zu eigen machen. Neuerdings sind es übergreifende Projekte wie "Unternehmen für Ressourcenschutz" oder die Umweltpartnerschaft mit der Wirtschaft, die an solche Überlegungen anknüpfen und sie auf eine noch breitere Basis - außerhalb des öffentlichen Gebäudemanagements - stellen sollen. Die Kooperation mit der Hamburger Wirtschaft hat das Ziel, freiwillige und zusätzliche Investitionen in Ressourcen schonende Maßnahmen zu initiieren.

 

Na los, macht mit!

letzte Änderung: 11.04.2024