Unzureichende Entlastung bei Gas, Wärme und Strom

Energiepreisbremse: Unzureichende Entlastung bei Gas, Wärme und Strom

Von Leonora Holling und Dr. Aribert Peters

(10. Juli 2023) Im Dezember 2022 wurde seitens der Regierung der Entschluss gefasst, Verbraucherinnen und Verbraucher in der Zeit vom 1. Januar 2023 bis einschließlich April 2024 von den stetig anwachsenden Energiekosten zu entlasten. Die entsprechenden Regelungen finden sich im Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) und im Strompreisbremsengesetz (StromPBG), die beide am 20.12.2022 vom Bundestag beschlossen wurden. Die Gesetzestexte sind recht umfangreich und schwierig lesbar, da eine klare Systematik fehlt und Ausnahmen teilweise in den Grundtatbeständen mitgeregelt wurden. Insoweit gelten die Gesetze nicht nur für Verbraucherinnen und Verbraucher nach § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuches, sondern auch für „Letztverbraucher“, sodass ebenfalls Unternehmen profitieren.

  ED 02/2023 Energiepreisbremse: Unzureichende Entlastung bei Gas, Wärme und Strom (S. 8)  

Wesentlicher Kern der Gesetze ist, dass die Gas-, Wärme- und Strompreise für Letztverbraucher zu 80 % über einen Entlastungsbetrag gedeckelt werden. Andere Energieversorgungsarten sind nicht erfasst. Dabei hat sich der Gesetzgeber auf Preise von 12 ct/kWh für Erdgas, 9,5 ct/kWh für Fernwärme und 40 ct/kWh für Strom für das Entlastungskontingent verständigt. Die Preise schließen alle Preisbestandteile und auch die Mehrwertsteuer ein. Bei einem Strombedarf über 30.000 kWh im Jahr beträgt der Referenzpreis sogar nur 13 ct/kWh (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 StromPBG).

Die Deckelung des Preises wird aber nicht anhand des tatsächlich in 2023/2024 erfolgten Energieverbrauchs errechnet. Sondern der Entlastungsbetrag errechnet sich aus dem im September 2022 für das folgende Jahr prognostizierten Verbrauch (§ 10 Abs. 1 Gaspreisbremse), dem sog. Entlastungskontingent, multipliziert mit dem sog. Differenzbetrag – der Differenz zwischen dem geltenden Arbeitspreis je Monat und dem Referenzpreis, also dem gedeckelten Preis. Dem Verbraucher war der Entlastungsbetrag und dessen Verteilung auf die vertraglichen Abschlagszahlungen oder Vorauszahlungen und das Entlastungskontingent durch seinen Lieferanten vor dem 1. März 2023 mitzuteilen (§ 3 Abs. 3 Gaspreisbremse, § 12 Abs. (2) Strompreisbremse).

Inzwischen konnten wir beim Bund der Energieverbraucher gehäuft das Problem feststellen, dass Versorger fällige Abrechnungen hinauszögern. Regelmäßig erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher die Rückmeldung, die eingegangenen Zählerstände seien „nicht plausibel“, es müsse „eine weitere Ablesung“ erfolgen oder sogar „der Netzbetreiber hat uns einen abweichenden Zählerstand übermittelt“. Noch dramatischer sind die Fälle, in denen die Schätzungen für den Entlastungsbetrag jeglicher empirischen Grundlage entbehren. So berichten viele Verbraucherschützer, dass bei Verbraucherinnen und Verbrauchern für 2022/2023 etwa bei Gas plötzlich nur noch die Hälfte des Verbrauchs geschätzt worden ist. Hinweise der Betroffenen werden meist durch die Versorger ignoriert, Rückfragen nicht beantwortet. Stattdessen erhalten die Betroffenen Entlastungsbeträge genannt, die weit unter den zu erwartenden Beträgen liegen.

Oft sind die Belastungen der Verbraucher durch die tatsächlich zu zahlenden Verbräuche zu hoch. Die Herabstufung des Entlastungsbetrags liegt im Interesse der Versorger und dürfte bei diesen zumindest mittelfristig zu weiteren Umsatzsteigerungen führen.

Leider enthalten die Preisbremsengesetze keine Hinweise, wie sich Verbraucherinnen und Verbraucher gegen die willkürliche Einstufung ihrer Entlastungsbeträge zur Wehr setzen können. Da es entsprechende gesetzliche Grundlagen in der Vergangenheit nicht gegeben hat, kann auch nicht auf frühere Entscheidungen aus der Rechtsprechung zurückgegriffen werden. Jedenfalls sind Verbraucherinnen und Verbraucher gut beraten, bei einer wahrscheinlich falschen Berechnung des Entlastungsbetrags Widerspruch beim Versorger einzulegen. Das kann formlos geschehen, sollte aber aus Dokumentationsgründen schriftlich erfolgen. Möglicherweise wird in vielen Fällen die Schlichtungsstelle Energie in Berlin mit den Vorgängen zu befassen sein oder auch die Bundesnetzagentur. Wir werden als Bund der Energieverbraucher zu den Entwicklungen weiter berichten, um Sie informiert zu halten.

letzte Änderung: 04.07.2013