Was tun gegen überhöhte Fernwärmepreise?
Was tun gegen überhöhte Fernwärmepreise?
Wesentliche Grundsätze des modernen Energierechts gelten für Fernwärmekunden nicht, zum Beispiel die Versorgungspflicht sowie die Möglichkeit zur Anrufung der Schlichtungsstelle Energie.
Die rechtlichen Möglichkeiten, gegen überhöhte Fernwärmepreise vorzugehen, haben sich aufgrund neuerer Rechtsprechung deutlich verbessert.
- Wenn ein Verbraucher eine FW-Rechnung erhält, kann er nicht erkennen, ob die verwendete Preisformel gültig ist, also den Vorgaben der AVBFernW entspricht. Anhaltspunkte bieten die zahlreichen Urteile des BGH dazu. Ist die Preisformel gültig und wurde sie richtig verwendet, dann muss der Verbraucher den verlangten Preis zahlen.
- Entspricht die Preisformel nicht den Vorgaben der AVBFernW, dann schuldet der Verbraucher den verlangten Preis nicht. Wenn der Verbraucher hier den verlangten Preis nicht zahlt, dann darf der Versorger den Fernwärmeanschluss nicht sperren, weil der Verbraucher ja das objektiv Geschuldete gezahlt hat - siehe "3 Jahres-Regel". Dem steht § 30 AVBFernw entgegen, der das Recht auf Zahlungsverweigerung auf offensichtliche Fehler beschränkt. „Nach der Rechtsprechung des Senats sind daher Einwendungen des Kunden, die sich nicht auf bloße Abrechnungs- und Rechenfehler beziehen, sondern die vertraglichen Grundlagen für die Art und den Umfang seiner Leistungspflicht betreffen, vom Anwendungsbereich des § 30 AVBFernwärmeV oder gleich lautender Bestimmungen ausgenommen“ So der BGH.
- An die Gültigkeit der Preisanpassungsklauseln sind hohe Anforderungen hinsichtlich Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu stellen. Die Klauseln müssen an die Kosten des Versorgers und die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt anknüpfen. Die meisten Klauseln halten einer gerichtlichen Prüfung nicht stand.
- Ob eine konkrete Preisformel gültig ist oder nicht und damit der Rechnungsbetrag zu Recht verlangt wird, darüber sind Verbraucher und Versorger unterschiedlicher Ansicht. Entschieden wird der Streit letztlich durch Gerichte. Der Verbraucher, der nicht der verlangten Rechnungsbetrag bezahlt, riskiert einen Rechtsstreit mit seinem Versorger, dessen Ausgang von vielen Faktoren abhängt und sich nicht vorhersagen lässt.
- Wenn der Verbraucher zu Unrecht die Gültigkeit der Preisformel gerügt und die Begleichung eine damit begründete Rechnung verweigert hat, dann muss er nachzahlen und auch die Kosten eines ev geführten Rechtsstreits tragen.
- Rückforderungen gegenüber Fernwärmeversorgern zum Beispiel wegen ungültiger Preisklauseln können nur drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden, nachdem sie vom Verbraucher beanstandet worden sind. Wenn einem zu Unrecht verlangten Preis vom Verbraucher nicht widersprochen wird, dann gilt dieser drei Jahre später als einvernehmlich vereinbart und der Verbraucher muss diesen fiktiv vereinbarten Preis auch bezahlen: Die sog. "3-Jahres-Regel". Beispiel: Ein Verbraucher widerspricht der Jahresrechnung für 2021, die er 2022 erhalten hat. Widerspricht er dieser Rechnung und den früheren Preiserhöhungen, dann wirkt das drei Jahre zurück, also auch für die Abrechnungsjahre 2020, 2029 und 2018. Maßgeblich ist dann der Preis, der außerhalb der 3-Jahres-Regel unbeanstandet geblieben ist, also der Preis für 2027.
- Verbraucher sollten allen Preiserhöhungen und auch sämtlichen früheren schriftlich widersprechen. Ein Risiko ist damit nicht verbunden. Der Widerspruch muss nicht begründet werden.
- Darüber hinaus sollte beim Verdacht überhöhter Fernwärmepreise stets auch die Landeskartellbehörde eingeschaltet und um Überprüfung bitten.
- Hilft das alles nichts, dann sollten sich die Betroffenen zusammentun und gemeinsam den Kampf aufnehmen. Beispiele für Protestgruppen hier. Wie langwierig, aber auch erfolgreich das sein kann, zeigt das Beispiel Lübeck (siehe Bürgerprotest: Beispiel Lübeck).
Rechtliche Situation von Fernwärmekunden
- Das Energiewirtschaftsgesetz gilt für Fernwärme nicht. Rechtsgrundlage für die Fernwärmeversorgung ist allein die veraltete AVBFernwärmeV aus dem Jahr 1980.
- Fernwärmekunden können sich nicht an die Schlichtungsstelle Energie wenden.
- Bei Fernwärme wird nicht zwischen Grundversorgung und Sondervertragskunde unterschieden.
- Die Möglichkeit der kartellrechtlichen Preiskontrolle ist nach § 29 GBW ist für Fernwärmeunternehmen gegeben.
- Für Fernwärmekunden ist entscheidend, ob sie unmittelbar Vertragspartner des Fernwärmeversorgers sind oder die Fernwärmekosten des Hauses durch den Vermieter auf die Mieter verteilt werden. In letzterem Fall gelten die Regeln des Mietrechts und der Heizkostenverordnung.
- An die Gültigkeit der Preisanpassungsklauseln sind hohe Anforderungen hinsichtlich Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu stellen. Die Klauseln müssen an die Kosten des Versorgers und die Verhältnisse auf dem Wärmemarkt anknüpfen. Die meisten Klauseln halten einer gerichtlichen Prüfung nicht stand.
- Das Berufen auf die Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel rechtfertigt eine Rechnungskürzung um den Erhöhungsbetrag.
- Fernwärmeverträge laufen höchstens zehn Jahre, sofern nicht individuell eine längere Laufzeit vereinbart wurde. Sie verlängern sich automatisch um fünf weitere Jahre, wenn sie nicht neun Monate vor Ablauf gekündigt werden.
- Unzulässig ist es, wenn einer Gruppe von Fernwärmeabnehmern, zum Beispiel solchen ohne Anschlusszwang, besondere Rabatte eingeräumt werden.
- Fernwärmeunternehmen haben regelmäßig eine marktbeherrschende Stellung in ihrem Versorgungsbereich und unterliegen daher direkt der Aufsicht der Kartellbehörden.
- Die Anschlussleistung des Versorgers kann vermindert werden, wenn der Verbraucher erneuerbare Energien nutzt.
- Die Fernwärmeversorger dürfen die Preisanpassungsklauseln nicht einseitig ändern.