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ED 04/14 Bürgerprotest: Beispiel Lübeck (S.18)

News zum Thema Fernwärme

Entflechtung für erneuerbare Fernwärme

Mit der Öffnung des Strom- und Gasmarktes für neue Anbieter sowie der Schaffung eines Einspeisevorrangs für Erneuerbare hat der Gesetzgeber vor gut 20 Jahren die Liberalisierung des Energiemarktes eingeläutet und gleichzeitig die Weichen für die Energiewende gestellt – könnte man meinen. Leider wurde in diesem Prozess der Wärmemarkt vollkommen vergessen.
Von Leonora Holling und Louis-F. Stahl

(14. Juni 2021) Rückblickend waren die 1990er-Jahre eine wilde Zeit: Das Ende des Kalten Krieges, die Wiedervereinigung, der Durchbruch des Internets sowie der Mobiltelefonie und die Privatisierung von Staatsbetrieben bei gleichzeitiger Entflechtung von monopolistischen Strukturen im Bereich leitungsgebundener Netzwirtschaften wie Energie, Eisenbahn und Telekommunikation aufgrund europarechtlicher Vorgaben.

Liberalisierter Energiesektor?

Blicken wir heute auf den Energiesektor, scheint dieser auch als „unbundling“ bezeichneter Prozess gelungen zu sein. Energieverbraucher können ihren Energieversorger und sogar ihren Messstellenbetreiber, das ist der Betreiber des Strom- oder Gaszählers, frei wählen. Während sich die Preise für die Energie selbst am Markt bilden, werden die Preise für den Netzbetrieb durch Regulierungsbehörden kontrolliert. Hintergrund des Entflechtungsgedankens war, dass durch die Trennung der Wettbewerb zugunsten der Energieverbraucher gestärkt werden sollte. Denn lokale Versorger, die zugleich auch der örtliche Netzbetreiber sind, sehen keine Veranlassung, anderen Versorgern den Zugang zu ihren Netzen zu gewähren.

Fernwärme(markt)

Die gleiche Situation wie vor 20 Jahren in den Sektoren Strom und Gas findet man jedoch bis heute völlig unangetastet im Wärmesektor. Verbraucher sehen sich einem Fernwärmeerzeuger gegenüber, welcher zugleich monopolistisch das dazugehörige Wärmenetz betreibt, als einziger Versorger auftritt und zugleich auch die Hoheit über die Messung ausübt. Eine Konkurrenz durch Einspeisung eines freien Erzeugers in das Wärmenetz brauchen die Fernwärmemonopolisten kaum befürchten. Ein „Einspeisegesetz“ wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz gibt es im Bereich der Fernwärme nicht. Dies führt aber nicht nur dazu, dass es keine freien Einspeiser gibt, auch die Verbraucher haben keine Möglichkeit einen Anbieterwechsel vorzunehmen. Im Ergebnis ist festzustellen, dass es einen freien „Markt“ im Bereich des Fernwärmesektors faktisch nicht gibt.

2531 PV-Anlage / Foto: fovito / stock.adobe.com

Regelungslücke

Der fehlende Wettbewerb ist nicht nur zum Nachteil der Energieverbraucher. Insbesondere behindert die monopolistische Struktur des Wärmemarktes auch die Einbindung von erneuerbaren Energien. Zumeist betreibt das örtliche Fernwärmeunternehmen ein mit fossilen Brennstoffen oder Abfall gespeistes Kraftwerk, welches Strom und Wärme erzeugt. Die Ableitung der Wärme dient der Kühlung des Kraftwerks und wird in Form des Heizwassers dem Endverbraucher als Fernwärme zur Verfügung gestellt. Da das Heizwasser nach der Entnahme der Wärme durch den Verbraucher kühler ist, kann es sodann wieder dem Kreislauf des Kraftwerks zugeführt werden. Der Energieverbraucher übernimmt nicht selten lediglich die technische Funktion eines Kühlturms, bezahlt aber mangels freier Preisbildung für die Abnahme der Überschusswärme einen fürstlichen Preis.

Monopole behindern Fortschritt

Ein Anreiz, dass auch im Fernwärmesektor die Erzeugung der Wärme ohne fossile Brennstoffe erfolgt, fehlt derzeit. Die Bestandsunternehmen haben es sich in ihren monopolistischen Strukturen bequem gemacht. Ohne Wettbewerb sinken weder die Preise, noch steigert sich die Qualität. Die betrifft direkt spürbar den Preis für die Energie aber auch deren Qualität, messbar in Form des Anteils erneuerbarer Wärme in den Netzen. Ein Netzzugangsanspruch für die Erzeuger von grüner Wärme über das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) oder nach der Verordnung der Allgemeinen Bedingungen für Fernwärme (AVBFernwärmeV) fehlt. Eine vor beinahe zehn Jahren gestartete „Sektoruntersuchung Fernwärme“ des Bundeskartellamtes führte erstmals auch zu einer politischen Diskussion über die Notwendigkeit der Entflechtung von Wärmeerzeugung und Wärmenetzbetrieb. Diese Diskussion hat sich leider bis heute nicht in konkreten rechtlichen Regelungen zur Liberalisierung des Wärmemarktes niedergeschlagen.

2531 PV-Anlage / Foto: embeki / stock.adobe.com

Technische Machbarkeit

Ähnlich wie vor der Einführung des ersten Stromeinspeisegesetzes und später des EEG wurden durch die etablierten Monopolisten technische Sachzwänge angeführt: Eine wilde Einspeisung würde die Sicherheit des Netzbetriebes und damit der Wärmeversorgung gefährden. Diese Behauptung ist leicht aufgestellt, wenn die Experten für den Netzbetrieb gleichzeitig von dem Unternehmen bezahlt werden, dass gut daran verdient, der einzige Einspeiser in einem Netz zu sein. Später durchgeführte wissenschaftliche Untersuchungen wie die Simulationsstudie „DELFIN – Decentralized Feed-In“ kamen zu dem Ergebnis, dass durchaus – wie damals im Stromnetz – einige technische Herausforderungen bei einer dezentralen Einspeisung bestehen, diese jedoch durch den Netzbetreiber händelbar sind. Interessant ist, dass diese Studie zu dem genannten Ergebnis kam, obwohl sie vom AGFW, dem Verband der Fernwärmewirtschaft, mit durchgeführt wurde. Ein praktischer Versuch der Einspeisung aus Solarthermieanlagen in das Düsseldorfer Fernwärmenetz im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Modellprojektes „SWD.SOL“ kam sogar zu dem Ergebnis, dass die Einbindung der dezentralen Anlagen praktisch machbar ist und welche technischen Lösungen dafür geeignet sind.

Eigenerzeugung

Gleichwohl der Gesetzgeber es bisher versäumt hat, den Wärmenetzmarkt zu liberalisieren, bestehen rechtlich für Energieverbraucher und Anlagenbetreiber Möglichkeiten, sich vom Monopol des örtlichen Wärmeversorgers zu emanzipieren. Wichtig für die Energieverbraucher und Hausbesitzer ist an dieser Stelle insbesondere § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV, der besagt, dass Hausbesitzer neben dem Fernwärmebezug einen Anspruch darauf haben, regenerative Energiequellen nutzen zu können. Dazu zählen neben Solarthermieanlagen zur Sonnenwärmenutzung auch Holzheizungen wie Kaminöfen oder Pelletkessel. Sofern ein bestehender Vertrag mit dem Fernwärmeversorger noch keine Ausnahme für regenerative Wärmequellen vorsieht, haben Fernwärmekunden das Recht, eine entsprechende Vertragsanpassung zu verlangen. Mitglieder im Bund der Energieverbraucher können bei Fragen zu ihren rechtlichen Möglichkeiten die Beratungsangebote durch Anwältinnen des Vereins nutzen.

Wärmenetzzugang

Darüber hinaus kann nach kartellrechtlichen Grundsätzen auch für Versorger und Erzeuger ein Anspruch auf Zugang in Form von Einspeisung oder Durchleitung gegenüber den Betreibern bestehender Wärmenetze begründet werden. § 19 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verbietet es Unternehmen in marktbeherrschenden Stellungen, anderen Unternehmen den Zugang zu einem Netz oder einer Infrastruktur gegen ein angemessenes Entgelt zu gewähren. Kommt der Wärmenetzbetreiber seiner Pflicht, einen Netzzugang zu gewähren, nicht nach, kann die zuständige Kartellbehörde den Netzbetreiber auf Grundlage von § 32 Abs. 1 GWB verpflichten und das beeinträchtigte Unternehmen seinen Anspruch auf Grundlage von § 33 GWB zivilrechtlich geltend machen. Der Aufwand diesen Weg zu beschreiten und in jedem Einzelfall einen Netzzugang zu verhandeln ist aufwendig und erschwert damit neuen Unternehmen den Zugang zum Wettbewerb. Der Gesetzgeber wäre gut beraten, auch für Wärmenetze analog den sich aus dem EnWG, KWKG und EEG ergebenden Regelungen für Strom- und Gasnetze auch für Wärmenetze eine echte Liberalisierung auf den Weg zu bringen.

Vorgaben aus Brüssel

Druck auf den bisher untätigen deutschen Gesetzgeber baut sich inzwischen auch durch die EU auf: Artikel 24 der EU-Richtlinie für erneuerbare Energien fordert einen merklichen Ausbau grüner Wärme. Wie die einzelnen Mitgliedsstaaten dieses Ziel umsetzen, bleibt ihnen jedoch weitestgehend freigestellt. Der nationale Energie- und Klimaplan zeigt, dass die Bundesregierung anstelle des von der EU vorgeschlagenen Instrumentes einer „Verpflichtung der Fernwärmeunternehmen, die Anbieter von Energie aus erneuerbaren Energiequellen und von Abwärme und -kälte anzuschließen“ lediglich plant, „geeignete Maßnahmen zu ergreifen“, dass der Anteil erneuerbarer Wärme um 1 Prozent pro Jahr gesteigert werden soll. Voraussichtlich durch „Finanzierungsmaßnahmen“ für entsprechende Projekte der bestehenden Fernwärmeunternehmen.

Wenige Schaufenster

Grüne Wärme könnte die bisherige fossile Wärmeerzeugung kurzfristig ergänzen und langfristig ablösen. Dann könnte die Fernwärme ihrer zugedachten Aufgabe als Motor der Erneuerbaren endlich eine angemessene Stellung einnehmen. Wenige Modellprojekte wie das bereits erwähnte in Düsseldorf zeigen, dass dies gelingen kann. Ein weiteres positives Beispiel findet sich in Berlin, wo der Wärmenetzbetreiber BTB in Adlershof im Rahmen eines Net-Metering-Vertrages die Einbindung einer solarthermischen Großanlage eines Wohnquartieres in sein Netz zugelassen hat.

Politisches Versagen

Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen im politischen Berlin, bleibt jedoch leider zu konstatieren, dass die seit Beginn der Liberalisierung des Energiesektors gepflegte Untätigkeit im Bereich der Wärmenetze konsequent fortgesetzt wird – zum Nachteil der Energieverbraucher, zum Nachteil der Energiewende und damit des Klimaschutzes.

Fernwärmehavarien

Frieren trotz Fernwärme

Fernwärmehavarien: Frieren trotz Fernwärme

Von Louis-F. Stahl

(2. Juni 2021) Im Februar 2021 sorgten pünktlich zu den kältesten Tagen des Jahres zahlreiche Fernwärmeausfälle bundesweit für Schlagzeilen. Die Stadt Nürnberg rief nach einem Kraftwerksbrand angesichts angekündigter Tiefstwerte von bis zu minus 13 Grad am 9. Februar sogar den Katastrophenfall aus und organisierte vorsorglich 1.100 Hotelzimmer in Gebäuden mit eigener Heizenergieversorgung. Letztendlich verlief der Störfall glücklicherweise glimpflich. Der örtliche Netzbetreiber N-Ergie konnte schnell schiffscontainergroße Heizmodule organisieren. Zur gleichen Zeit wunderten sich auch in Braunschweig Fernwärmekunden über kühle Heizkörper: Feuchte Kohle sorgte für technische Probleme beim örtlichen Versorger BS-Energy mit rund 45.000 Kunden, die teilweise von Raumtemperaturen um 15 °C berichteten. In Jena versagte eine Hauptleitung und ließ 6.500 Haushalte kurzzeitig frieren. Auch hier konnte innerhalb nur eines Tages die Versorgung weitestgehend wiederhergestellt werden.

Grundsätzlich ist Fernwärme eine vergleichsweise sichere Wärmequelle für Energieverbraucher. Während die Störung bei einer eigenen Heizung nicht selten über Tage für ein kaltes Haus sorgt, verfügen Fernwärmenetze in der Regel über mehrere Kraftwerke. Kommt es jedoch zur Havarie, betrifft ein Fernwärmeausfall schnell hunderte bis zehntausende Haushalte.

Fernwärme

Mythos „kalte Nahwärme“

Mythos „kalte Nahwärme“

Von Leonora Holling

(18. August 2020) Die Verordnung über die „Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme“ (AVBFernwärmeV) kennt weder den Begriff der „Nahwärme“ noch eine wie auch immer geartete „kalte Nahwärme“. Dennoch hat sich der Begriff „Nahwärme“ für kleine Wärmeverteilnetze etabliert. Teilweise sogar für die Wärmelieferung über kürzeste Entfernungen zwischen zwei Gebäuden. Dabei ist Nahwärme wie Fernwärme eine gewerbliche Wärmelieferung eines Wärmelieferanten an einen Verbraucher und unterfällt damit den Regelungen der AVBFernwärmeV. Kurz gesprochen kann man daher durchaus sagen, dass „Nahwärme“ und „Fernwärme“ juristisch gleichzusetzen sind.

2531  Fernwärme Rohre / Foto: Mitifoto / stock.adobe.com

In jüngster Zeit taucht zunehmend auch der Begriff sogenannter „kalter Nahwärme“ auf, die meist günstiger sein soll als normale Nah- oder Fernwärme. Was ist hierunter zu verstehen? Zunächst ist festzustellen, dass „kalte Nahwärme“ auch eine Art der Fernwärme ist und damit der AVBFernwärmeV unterfällt. Es kommt nämlich nicht darauf an, welche Temperatur die gelieferte Wärmeenergie besitzt.

Man kann sich das an einem Beispiel gut verdeutlichen: Wird Nahwärme mit einem Temperaturvorlauf von 90 Grad Celsius an den Verbraucher geliefert und das Wärmemedium mit 70 Grad über den Rücklauf wieder zurückgegeben, wird genau so viel Wärme „geliefert“, wie wenn die Vorlauftemperatur bei 30 Grad und der Rücklauf bei 10 Grad gelegen hätte. Bei „kalter“ Nah- oder Fernwärme liegen lediglich die Temperaturen auf einem niedrigeren Niveau.

Mit dieser „kalten“ Wärme ist die direkte Wärmeversorgung eines normalen Gebäudes jedoch unmöglich. „Kalte Nahwärme“ wird daher in erster Linie in Kombination mit einer Strom-Wärmepumpe verwendet. Die kalte Wärme ersetzt lediglich eine eigene Tiefenbohrung oder einen Erdreichkollektor. Der Verbraucher muss zusätzlich zur kalten Wärme auch noch eine Wärmepumpe kaufen, den Strom für die Wärmepumpe bezahlen sowie fällige Wartungen und Reparaturen selbst tragen. Erst unter Berücksichtigung dieser Kosten ergeben sich die realen Nutzwärmekosten. Die auf den ersten Blick günstig erscheinende kalte Nahwärme wird unter Vollkostengesichtspunkten nicht selten sehr, sehr teuer. Verbraucher sind gut beraten, stets einen Preis für verwendbare Nutzwärme – daher inklusive aller Kosten der notwendigen Wärmepumpe – zu vereinbaren.

Hamburg

Fernwärme zurückgekauft

Hamburg: Fernwärme zurückgekauft

Von Aribert Peters & Energie-Chronik.de

(8. Januar 2019) Die Koalitionsparteien des Hamburger Senats haben beschlossen, die 2014 mit Vattenfall vereinbarte Kaufoption auszuüben und das Fernwärmenetz der Hansestadt mit Wirkung zum 1. Januar 2019 zurückzukaufen.

Um der zunehmenden Forderung nach einer Rekommunalisierung der Energieversorgung nachzukommen – und um zugleich eine echte Rekommunalisierung zu verhindern – hatte der SPD-Senat Ende 2011 beschlossen, jeweils 25,1 Prozent an den lokalen Netzen für Strom, Fernwärme und Gas zu erwerben und dafür insgesamt 544 Millionen Euro auszugeben. Die Forderung nach einer mehrheitlichen Übernahme war damit aber wider Erwarten nicht vom Tisch. Bei einem Volksentscheid am 22. September 2013 sprachen sich die Hamburger Bürger mit knapper Mehrheit für die vollständige Rekommunalisierung ihrer Strom-, Gas- und Fernwärmenetze aus. Inzwischen gehören sowohl das Strom- als auch das Gasnetz der Stadt und werden von kommunalen Netzgesellschaften betrieben.

Für die Übernahme des Fernwärmenetzes hatten der Senat und Vattenfall Anfang 2014 einen Mindestpreis von 950 Millionen Euro vereinbart. Abzüglich der 325 Millionen Euro, die bereits 2012 für die Viertelbeteiligung gezahlt wurden, sind somit noch insgesamt 625 Millionen Euro für den kompletten Erwerb zu zahlen. Der Vattenfall-Konzern wäre gerne Miteigentümer oder sogar Mehrheitsgesellschafter geblieben. Er akzeptierte jedoch die anderslautende Entscheidung (siehe auch Leserbrief ED 04/18, Seite 22 „Argumente für Fernwärmenetz-Rückkauf“).

Fernwärme

Neuer Ärger für Wärmekunden

Neuer Ärger für Wärmekunden

(6. April 2018) Beziehern von Nah- und Fernwärme ist das Problem steigender Arbeitspreise aufgrund völlig unverständlicher Preisänderungsklauseln bestens bekannt. Hierbei wurde oft auch um die Frage gerungen, ob Nah- und Fernwärme Teil eines sogenannten Wärmemarktes sind, sodass eine Konkurrenz zwischen verschiedenen Energieversorgungsarten besteht. Einige aus Verbrauchersicht recht erfreuliche Urteile im Fernwärmebereich in der jüngsten Zeit ließen jedoch zunächst die Hoffnung aufkommen, dass dieser Bereich der Energieversorgung durch ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis der lokalen Monopolanbieter eine gewisse Beruhigung erfährt. Diese Freude erweist sich jedoch zunehmend als verfrüht.

2531 Baustelle Fernwärme / Foto: Aribert Peters

Als neue Preisschraube der Versorger gerät nun der Grund- beziehungsweise Leistungspreis in den Fokus. Das Problem zeigt sich vor allem in Neubaugebieten, wo zwischen Bauträgern und Energieversorgern Versorgungsverträge mit Anschluss- und Benutzungszwang zu Lasten der künftigen Hauseigentümer vereinbart werden. Problematisch wird dies insbesondere dann, wenn sich herausstellt, dass der Nahwärmeversorgungsvertrag völlig überdimensioniert ist.

So geschah es jüngst in Leverkusen, wo der dortige Nahwärmeversorger in seinen Versorgungsverträgen mindestens 8 kW Anschlussleistung verbindlich vorgeschrieben hat. Tatsächlich waren die dort errichteten Sparhäuser aufgrund ihrer Bauweise aber so ausgelegt, dass ein Bedarf von 8 kW keinesfalls in Betracht kommt. Letztendlich sollen die Endverbraucher in diesem Wohngebiet Preise für ihre Wärmeversorgung zahlen, die doppelt so hoch sind, wie nötig.

Der Bund der Energieverbraucher setzt sich dafür ein, dass eine Lösung gefunden wird, um die überdimensionierten Vorhaltekosten zu reduzieren. Leider ist bekannt, dass es sich bei dieser Art von vertraglicher Ausgestaltung überdimensionierter Anschlüsse nicht um einen Einzelfall handelt. Selbst in Sozialwohnungen im norddeutschen Raum findet man immer wieder Verträge, die Wohnungen eine Wärmeleistung zur Verfügung stellen, die diese überhaupt nicht brauchen. Bezahlen muss dies bisher der Endverbraucher.

Dauerbrenner Fernwärmepreise

Bezahle ich zu viel für meine Fernwärme? Wie hoch ist überhaupt mein Fernwärmepreis? Diese Fragen stellen sich viele Fernwärmekunden. Einfache Antworten gibt es leider nicht.
Von Aribert Peters

(16. Oktober 2017)

Preise des eigenen Versorgers

Den Preis je Kilowattstunde, den Arbeitspreis für die verbrauchte Fernwärme, kann jeder Verbraucher leicht errechnen, indem er die Bruttogesamtkosten durch die bezogenen Kilowattstunden teilt. Aber ist dieser Preis hoch oder niedrig?

Der  Nachbar zahlt beim gleichen Versorger für die gleiche Energie möglicherweise einen anderen Preis. Die Versorger dürfen die Preise willkürlich festsetzen: Für Altkunden anders als für Neukunden, für Gebiet X anders als für Gebiet Y und für Mitglieder des örtlichen Fußballvereins nochmal wieder anders. Deshalb hilft auch ein Preisblatt nicht wirklich weiter, weil sich hieraus keine Ansprüche ableiten lassen.

Leider gibt es viele Versorger, die sich zudem weigern, ihre Fernwärmepreise im Internet zu veröffentlichen. Und es ist umstritten, ob es eine Veröffentlichungspflicht für alle Fernwärmepreise gibt. Eine Veröffentlichungspflicht im Internet gibt es zumindest laut einem Urteil des OLG Hamm nicht (Az. I-4 U 150/16). Deshalb hat Schleswig-Holstein eine Veröffentlichungspflicht gesetzlich verankert (siehe Infobox).

Veröffentlichungspflicht in Schleswig-Holstein

Am 30. März dieses Jahres trat in Schleswig-Holstein das „Gesetz zur Energiewende und zum Klimaschutz“ in Kraft. Darin wird als Ziel eine 40-prozentige Reduktion der Treibgasemissionen bis zum Jahr 2020, eine Verminderung um 55 Prozent bis zum Jahr 2040 und um 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 festgelegt. Als Bezugspunkt gelten die Gesamtemissionen des Jahres 1990. Auch werden die nötigen Grundlagen für die Aufstellung kommunaler Wärme- und Kältepläne geschaffen: Energielieferanten und Schornsteinfeger können verpflichtet werden, relevante Daten in anonymisierter Form zu übermitteln.

Weiterhin sind in Schleswig-Holstein die Fernwärmeversorger seit dem 1. Juli 2017 verpflichtet, ihre Versorgungsbedingungen, die Preisregelungen und auch die Preislisten im Internet zu veröffentlichen. In der bundesweit gültigen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) ist in § 1 Absatz 4 lediglich festgelegt, dass die Veröffentlichung in „geeigneter Weise“ zu erfolgen hat.

Dieses neue weitreichendere Veröffentlichungsgebot im nördlichsten Bundesland kann als Erfolg des Einsatzes der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein und der Regionalgruppe Lübeck vom Bund der Energieverbraucher für mehr Transparenz im Fernwärmemarkt gewertet werden. bdev.de/luebeck

Preise anderer Fernwärmeversorger

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht einen Index bundesweiter Fernwärmepreise mit einer zeitlichen Verzögerung von drei bis sechs Monaten. Auf der Webseite der Behörde kann die derzeit aktuelle Excel-Tabelle „Daten zur Energiepreisentwicklung – Lange Reihen“ abgerufen werden. Die relevanten Fernwärmeindizes finden sich ganz hinten auf Tabellenblatt „5.10 Fernwärme“ unter der Zeile „Index der Verbraucherpreise“. bdev.de/stabufw

Bundesweite Fernwärmepreise für Mehrfamilienhäuser werden auch vom Bundeswirtschaftsministerium veröffentlicht. bdev.de/bmwidaten

Der Verband der Fernwärmeversorger (AGFW) veröffentlicht zudem jährlich die Mittelwerte der Fernwärmepreise für bestimmte Mustergebäude. Die Preise basieren auf einer Abfrage des Verbandes bei seinen Mitgliedsunternehmen und ist nach Bundesländern gegliedert. bdev.de/agfw

Preisvergleich und Vollkostenpreise

Der Bund der Energieverbraucher e.V. vergleicht regelmäßig die Entwicklung der Fernwärmepreise mit denen aller anderen Heizenergieträger. Datengrundlage sind die oben genannten amtlichen Statistiken. bdev.de/daten

Das Ergebnis: Fernwärmepreise liegen je Kilowattstunde betrachtet über denen aller anderen Energieträger (siehe Grafik). Jedoch gibt es bei der Fernwärme keine Umwandlungsverluste, keine Wartungskosten und keine Investitionskosten in einen Heizkessel. Der Verbrauch je Quadratmeter Wohnfläche ist zudem geringer als bei anderen Heizsystemen. Insgesamt liegt der Preis je Quadratmeter Wohnfläche deshalb, trotz höherer Kosten pro Kilowattstunde, oft etwa gleich hoch wie bei anderen Heizsystemen.

2531 Diagramm Brennstoffpreisentwicklung in Deutschland 2006-2016

Wer für seinen Neubau oder sein saniertes Gebäude beim Vergleich der verschiedenen Heizsysteme auch die Fernwärme einbeziehen möchte, sollte einen Vollkostenvergleich anstellen. Ein solcher ist für unterschiedliche Gebäude auf den Seiten der Uni Stuttgart zu finden. Da die Bedingungen der Fernwärmeversorger sehr unterschiedlich sind, können die dort aufgeführten Beispiele nur zur Orientierung dienen. bdev.de/iervollk

In der Statistik der großen Heizkostenabrechnungsfirma Techem werden die tatsächlich abgerechneten Kosten von vielen Hunderttausend Haushalten statistisch ausgewertet. Hier liegen die reinen Energiekosten für fernwärmeversorgte Gebäude im Jahr 2015 mit 9,8 Cent/kWh um 58 Prozent über den Energiekosten für Gas in Höhe von 6,2 Cent/kWh. Die Gesamtkosten liegen allerdings mit 9,40 Euro/(m2*a) für fernwärmeversorgte Gebäude „nur“ 27 Prozent über den Kosten für gasversorgte Gebäude mit 7,36 Euro/(m2*a).

Musterland Dänemark

In allen Studien zur Verbesserung des Klimaschutzes wird vorgeschlagen, den Anteil der Fernwärme bei der Heizenergieversorgung von Gebäuden zu erhöhen.

Im Musterland Dänemark liegt der Anteil von fernwärmeversorgten Gebäuden bereits viel höher als bei uns. Auch in Sachen Kundenfreundlichkeit und Transparenz sind uns die Dänen weit voraus. So werden die Preise aller Fernwärmeversorger im Internet veröffentlicht. Dort findet man nicht nur die Preise für verschiedene Abnahmefälle, sondern auch deren Veränderung. Dabei fällt auf: Die Fernwärmepreise sind auch in Dänemark von Netz zu Netz sehr unterschiedlich. bdev.de/dkfw

Fernwärmestreit in Hamburg

In Hamburg hat die Hansewerk Natur GmbH die Preisänderungsklauseln aller Altkunden einseitig geändert. Dagegen hat die Verbraucherzentrale Hamburg im Jahr 2015 Klage eingereicht. In der mündlichen Verhandlung im Mai 2017 hat der Richter zu erkennen gegeben, dass er die Auffassung der Verbraucherzentrale teilt. Daraufhin wurde er vom Versorger wegen Befangenheit abgelehnt, da der Richter selbst Fernwärmekunde ist. Das Verfahren wird sich wohl noch einige Zeit hinziehen.

Fernwärmepreise stark gestiegen

Die Fernwärmepreise sind von 2006 bis 2016 im gesamtdeutschen Mittel um circa 22,5 Prozent gestiegen, während die Gaspreise für Haushaltskunden im gleichen Zeitraum nur um gut acht Prozent gestiegen sind. Die Heizölpreise sind sogar kräftig gesunken um circa 17 Prozent und die Flüssiggaspreise um fast 21 Prozent. Auch die Kohlepreise sind um circa 4 Prozent zurückgegangen. In der auf dieser Seite veröffentlichten Grafik kann man den Preisverlauf der vergangenen zehn Jahre gut nachvollziehen.

Bei Gas und Strom hat sich vor allem ab 2006 nach und nach ein gewisser Wettbewerb eingestellt, so dass die Zeit der großen Margen dort der Vergangenheit angehört. Der Wettbewerbsdruck sorgt dafür, dass sich die Preise den Grenzkosten der Anbieter nähern.

Anders bei der Fernwärme: Dort gibt es keinen Wettbewerb von Anbietern untereinander. Fernwärmeanbieter haben eine marktbeherrschende Stellung in ihrem jeweiligen Versorgungsgebiet. Der höhere Preisanstieg von Fernwärme im Vergleich zu den anderen Energieträgern lässt vermuten, dass die Fernwärmeversorger überhöhte Preise in Rechnung stellen.

Allerdings müsste für eine genauere Betrachtung berücksichtigt werden, wie sich die Einsatzenergien der Fernwärme zeitlich entwickelt haben. Auf den konkreten Einzelfall lassen sich aus dem bundesweiten Pauschalvergleich ohnehin kaum Rückschlüsse ziehen. Beim Verdacht auf überhöhte Preise sollte man die Landeskartellbehörde informieren und um Stellungnahme bitten. Die Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts bietet zahlreiche weitere Informationen. bdev.de/fwkartellamt

Kalte Fernwärme kostet weniger

Wenn das warme Wasser der Fernwärme im Haus für gemütliche Wärme gesorgt hat, fließt es zurück zur Heizzentrale, um dort erneut aufgeheizt zu werden. Je kälter das Wasser zurückfließt, umso vorteilhafter ist das! Der Wirkungsgrad der Fernwärmeerzeugung erhöht sich, der Wärmeverlust der Rohrleitungen sinkt. Das führt zu Kosteneinsparungen und, sofern die Einsparungen weitergegeben werden, auch für Verbraucher zu günstigeren Preisen.

Die Verbraucher können die Differenz zwischen Vor- und Rücklauftemperatur durchaus beeinflussen:

Warum erfolgt trotz dieser Win-Win-Win-Situation für Betreiber, Nutzer und Klima keine Aufklärung über diese Zusammenhänge und warum wird nichts unternommen, um dieses Effizienzsteigerungspotenzial zu nutzen?

Anschlusswert zu hoch?

Bei Fernwärmetarifen mit leistungsabhängigen Grundkosten führt eine falsch ermittelte Heizlast häufig zu unnötig hohen Kosten. Viele Versorger sind aber offen für die Anpassung der Leistung an den tatsächlichen Bedarf. Andererseits haben Vermieter und Verwalter oft nur geringes Interesse an einer Optimierung, weil die Heizkosten an die Mieter problemlos „durchgereicht“ werden können.

Kartellverfahren

Preissenkung in Leipzig

Kartellverfahren: Preissenkung in Leipzig

(10. Januar 2016) Das Bundeskartellamt hat sich im ersten Missbrauchsverfahren im Fernwärmesektor mit der Stadtwerke Leipzig GmbH (SW Leipzig) auf eine Senkung der Fernwärmepreise im Volumen von gut 8 Mio. Euro jährlich über eine Laufzeit von fünf Jahren geeinigt.

Das Gesamtvolumen der Preissenkung beträgt damit etwa 40,8 Millionen Euro. Das Bundeskartellamt hat im vorliegenden Fall zukünftige Preissenkungen als Kompensation für möglicherweise überhöhte Preise in der Vergangenheit akzeptiert, da die zugesagten Preissenkungen weiterhin dieselben Kunden erreichen. Durch die Zusage von SW Leipzig, ihre Fernwärmepreise zu senken, können weitere Ermittlungen und ein sich anschließender langjähriger Rechtsstreit vermieden werden. Dies ist das erste Verfahren des Bundeskartellamts gegen einen Fernwärmeversorger, das sich aus der Sektoruntersuchung Fernwärme ergeben hat.

Effizienz

Wärmeverluste

Effizienz: Wärmeverluste

(8. Januar 2016) Über die Wärmeverluste in Fernwärmenetzen gibt es selten genaue Angaben. Der Physiker Michael Nast hat für zwei Netze genaue Angaben über die Verluste zusammengestellt (Wärmewende-Info 23: Verlust in Wärmenetzen).

2531 Kanal Fernwärmerohre

In einem Wärmenetz in der Gemeinde Mauenheim sind auf einer Leitungslänge von vier Kilometern 70 Gebäude angeschlossen. Das Netz wurde 2006 gebaut. Der Wärmeverlust wurde mit 32 Prozent berechnet und gemessen wurde ein Verlust von 38 Prozent. Ein anderes Netz in der Gemeinde Büsingen, sechs Kilometer lang mit 105 angeschlossenen Gebäuden, wies einen gemessenen Verlust von 17 Prozent auf.

Allein durch die Auswahl geeigneter Rohre lassen sich die Verluste um 35 Prozent reduzieren. Auch die Temperaturspreizung von 85 Grad Vorlauf und 57 Grad Rücklauf trägt zu den hohen Verlusten bei. In Dänemark sind 80/38 Grad üblich.

Um die Netze auch in Deutschland so sparsam zu betreiben, sind Än­derungen innerhalb der angeschlossenen Gebäude insbesondere zur Warmwasserbereitung notwendig.

Monopolmissbrauch

Bewegung bei der Fernwärme

Monopolmissbrauch: Bewegung bei der Fernwärme

(7. Januar 2016) Die schlechte rechtliche Position von Fernwärmekunden und die oft stark überhöhten Fernwärmepreise geraten zunehmend in die Diskussion. So hat das Bundeskartellamt eine Senkung der Fernwärme-Preise in Leipzig durchgesetzt und die Verbraucherzentrale Hamburg hat einen Praxisbericht „Fernwärme und Verbraucherschutz“ zusammengestellt, in dem die rechtlichen Defizite der Fernwärmeversorgung klar benannt werden.

Fernwärmekunden sind der Preiswillkür ihres Versorgers schutzlos ausgeliefert. Denn die Fernwärmepreise werden lediglich sporadisch durch die Kartellbehörden und nicht durch den Wettbewerb kontrolliert: ein Anbieter- oder Brennstoffwechsel ist unmöglich. Das ist eine anachronistische und in unserer Gesellschaft einmalige Benachteiligung und Entrechtung der betroffenen Verbraucher. Diese Situation wird durch einige Fernwärmeversorger noch dazu schamlos ausgenutzt. Der Bund der Energieverbraucher e. V. wird sich dieser Missstände intensiver als in der Vergangenheit widmen.

Kartellamtsuntersuchung auf Bundesebene

Interessante Einblicke in die Fernwärmewirtschaft.

Kartellamtsuntersuchung auf Bundesebene

(18. Dezember 2014) Die Fernwärmeuntersuchung des Bundeskartellamtes wurde im August 2012 veröffentlicht. Sie erlaubt interessante Einblicke in die Fernwärmewirtschaft. Laut dieser Untersuchung wurde in zwei Dritteln der untersuchten Versorgungsfälle Fernwärme ohne eine Verpflichtung zur Abnahme abgegeben.

2531 Fernwärme Rohre

Zwei Drittel der erzeugten Wärme wurde in Heizkraftwerken erzeugt, also mit gekoppelter Stromerzeugung. Der größte Teil der derzeit betriebenen Kraftwerke wurde zwischen 1994 und 2006 gebaut, das sind 1.023 einzelne Anlagen. Die meisten Kraftwerke werden mit Steinkohle oder mit Erdgas beheizt. Die Kosten für Stein- oder Braunkohle lagen nach den Ermittlungen des Bundeskartellamts bei rund einem Cent je Kilowattstunde Brennstoffenergie, für Erdgas bei 2,8 Cent. Die Durchschnittserlöse liegen bei etwa acht bis neun Cent je Kilowattstunde Fernwärme. Der Grundpreis macht zudem im Schnitt 30 Prozent des Gesamtpreises aus.

Der Durchschnittspreis von Fernwärme nimmt mit steigender Länge des Fernwärmenetzes deutlich ab. Bei kleinen Netzen unter zehn Kilometer Länge fand das Bundeskartellamt im Jahr 2008 Preise zwischen 5,1 und 17,7 Cent je Kilowattstunde. Bei den großen Netzen über 100 Kilometer Leitungslänge reichten die Preise von 5,7 bis 9,3 Cent je Kilowattstunde.

Laut Bericht des Bundeskartellamts machen die Brennstoffkosten den wesentlichen Bestandteil der Fernwärmekosten aus. Bei einem Brennstoffeinkaufspreis von Kohle mit einem Cent je Kilowattstunde ist ein Abgabepreis zwischen acht und fast 18 Cent je Kilowattstunde schwer verständlich und gibt einen Hinweis auf stark überhöhte Preise.

Das Bundeskartellamt hat aufgrund einer Untersuchung des Fernwärmesektors im Jahr 2012 gegen sieben Unternehmen Missbrauchsverfahren wegen des Verdachts überhöhter Preise eingeleitet (E.ON Hanse Wärme, RWE Energieleistungen, Dalkia, Danpower, Energie SaarLor Lux sowie die Stadtwerke Leipzig und Rostock). Es ist zu vermuten, dass es sich dabei um die sieben Unternehmen handelt, deren Preise um mehr als 30 Prozent über den Durchschnittspreisen von Unternehmen mit vergleichbarer Leitungslänge lagen.

Kartellverfahren auf Landesebene

Die Landeskartellbehörden können gegen überhöhte Fernwärmepreise vorgehen, weil die Fernwärmeversorgung ein Monopol darstellt.

Kartellverfahren auf Landesebene

(17. Dezember 2014) Die Landeskartellbehörden können gegen überhöhte Fernwärmepreise vorgehen, weil die Fernwärmeversorgung ein Monopol darstellt: Der Verbraucher kann den Anbieter und auch das Heizsystem nicht wechseln. Wir haben die Kartellbehörden der Länder gefragt, ob sie im Jahr 2013 oder 2014 die Preise von einzelnen oder allen Fernwärmeanbietern überprüft haben oder konkrete Verdachtsfälle aufgegriffen oder Missbrauchsverfahren oder Bußgeldverfahren gegen Fernwärmeunternehmen eingeleitet oder abgeschlossen haben.

In Brandenburg wurde eine landesweite Untersuchung durchgeführt. Fünf Unternehmen mit verdächtig hohen Preisen konnten sich mit geringen Abnahmemengen und hohen Brennstoffkosten rechtfertigen, bei zwei Unternehmen dauern die Untersuchungen noch an. Die sächsische Kartellbehörde hat 2013 eine Sektoruntersuchung durchgeführt und sieben Unternehmen genauer untersucht. Im Einvernehmen konnten deutliche Preissenkungen erreicht werden.In Schleswig-Holstein wurde 2014 eine Preisumfrage durchgeführt. Ergebnisse liegen noch nicht vor.Die Kartellbehörden in Bremen, Hessen, Hamburg und Rheinland-Pfalz haben keine Verfahren betrieben. Die Behörden in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen sind einzelnen Verdachtsfällen nachgegangen, ohne Verfahren einzuleiten. Niedersachsen führt 2014 eine Sektoruntersuchung zum Fernwärmemarkt durch und plant die Ergebnisse zum Jahresende zu veröffentlichen. In Thüringen haben 2014 acht Thüringer Fernwärmeversorger auf Druck des Landeswirtschaftsministeriums ihre Preise gesenkt. Im Schnitt lagen die Preissenkungen bei sechs Prozent.  

Literaturhinweise:
Fernwärme aus Bio- und Sonnenenergie

Bis 2020 will die Bundesregierung einen Anteil von 14% am Wärmemarkt mit regenerativen Energien decken.

Fernwärme aus Bio- und Sonnenenergie

(14. Oktober 2014) Bis 2020 will die Bundesregierung einen Anteil von 14% am Wärmemarkt mit regenerativen Energien decken. Das BINE-Projektinfo "Wie Fernwärme erneuerbar wird" unter www.bine.info beschreibt, wie der Umbau der Fernwärmeversorgung aussehen könnte. In der Studie "Transformationsstrategien für die Fernwärmeversorgung" haben Wissenschaftler des Ifeu-Instituts und der GEF Ingenieur AG sowie der Energieeffizienzverband AGFW untersucht, welche Energieträger aus technischer und wirtschaftlicher Sicht geeignet sind und entwickelten mit Ergebnissen aus Modellregionen und Best-Practice-Beispielen Strategien.

Sie prüften, wie sich die Einbindung von holzartiger Biomasse, von Biogas und -methan sowie Solar- und Geothermie auf die Effizienz der Wärmenetze auswirkt. Einige Ergebnisse: Viele erneuerbare Energiequellen und Niedertemperaturabwärme in Kombination mit Wärmepumpen stoßen bei Vorlauftemperaturen von deutlich über 100 Grad an ihre Grenzen. In neun untersuchten Bestandsnetzen waren Biomasse und Geothermie die erneuerbaren Energieträger mit dem größten Anteil an der Wärmeerzeugung.

Für die Modellregionen Ulm und Jena entwickelten die Forscher Strategien zum Umbau der Fernwärmeversorgung. Mit mehr als 50% erneuerbar erzeugter Wärme ist Ulm heute ein Vorreiter auf dem Gebiet. In Jena könnte dieser Wert bis 2030 erreicht werden, wenn der Gesamtwärmebedarf aufgrund von Sanierungen sinkt. Zusätzlich erstellten die Forscher einen Entscheidungsbaum für Betreiber von Fernwärmenetzen zur Steigerung des Anteils erneuerbarer Energieträger.

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letzte Änderung: 16.06.2021