ED 01/2022 Einspeisevergütung: Hoher „Marktwert Solar“ (S. 29)
ED 03/2023 Schritt für Schritt zur eigenen Photovoltaikanlage (S.20/21)
Die Stimmung ist schlechter als die Faktenlage, meint PV-Experte Thomas Seltmann.

Solarstrom lohnt noch immer

Die Installationszahlen auch bei kleinen Photovoltaikanlagen sind in den letzten zwei Jahren deutlich gesunken. Doch gerade die kleineren Anlagen für privaten Eigenverbrauch bleiben nach wie vor lukrativ. Die Stimmung ist schlechter als die Faktenlage, meint PV-Experte Thomas Seltmann.

(17. Dezember 2014) „Das Solardach lohnt sich weiterhin. Besser noch: Jeder dort investierte Euro verzinst sich nämlich deutlich besser als auf einem Tagesgeldkonto oder mit einer Bundesanleihe. Renditen von vier Prozent sind gut möglich“, schrieb der Wirtschaftsjournalist Dyrk Scherff Anfang August 2014 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

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Thomas Seltmann | Der Autor ist unabhängiger Experte und Autor für Photovoltaik und hat bei der Stiftung Warentest den Ratgeber „Photovoltaik – Solarstrom vom Dach“ veröffentlicht.

Zwar wurden die Vergütungssätze für Photovoltaikeinspeiser in den letzten Jahren drastisch gekürzt. Bekam man Anfang 2010 mit 39 Cent pro Kilowattstunde noch mehr, als der Strombezug aus dem Netz kostet, liegt die Vergütung für jetzt neu installierte Anlagen bei weniger als einem Drittel: Im Dezember 2014 installierte Anlagen bekommen 20 Jahre lang 12,59 Cent pro eingespeister Kilowattstunde (siehe Tabelle).

Strom aus dem Netz kostet dagegen netto mit rund 22 Cent schon fast das doppelte. Eigenverbrauch des erzeugten Solarstroms ist deshalb oberstes Gebot und bringt finanziell mehr als die Einspeisung. Geboten ist der Eigenverbrauch auch, weil die Anlagenkosten nicht so stark gefallen sind wie die Einspeisevergütung, seit 2010 nur um knapp die Hälfte. Laut Preisindex des Bundesverbandes Solarwirtschaft stagnieren die Anlagenpreise sogar seit zwei Jahren bei den Anlagen bis zehn Kilowatt.

Ein Kilowatt Anlagenleistung kostet demnach rund 1.600 Euro. Anlagen mit mehr als zehn Kilowatt Leistung, die oft im gewerblichen Bereich und mit höherem Eigenverbrauch installiert werden, gibt es auch schon für 1.300 Euro pro Kilowatt. Ganz ohne Eigenverbrauch lohnen sich viele Anlagen also gar nicht mehr.

Mehr als ein Drittel des Solarstroms lässt sich im normalen Haushalt ohne Batteriespeicher kaum direkt nutzen und in sparsamen Haushalten eher weniger.

399 PV-Haus / Foto: Pixelio.de/Uwe Steinbrich

Für kühle Rechner bietet das Internet schlaue Tools zur Wirtschaftlichkeitsrechnung und Renditeanalyse, wie beispielsweise die Photovoltaikkampagne der EnergieAgentur-NRW oder der Solarrechner der Stiftung Warentest (siehe Weblinks).

Spielt man mit den Eingabewerten, stellt man fest, dass sich rechnerisch alle möglichen Ergebnisse erzielen lassen und eine Photovoltaikanlage eben doch keine so fix kalkulierbare Geldanlage wie ein Sparbuch oder Festgeld zu sein scheint. Eine einfach nachvollziehbare Überschlagsrechnung macht das deutlich: Nehmen wir eine sechs Kilowatt-Anlage auf einem Einfamilienhaus mit 4.000 Kilowattstunden Stromverbrauch. Die Anlage soll 5.400 Kilowattstunden pro Jahr liefern (900 kWh pro kWp).

Wesentliche Faktoren für die Wirtschaftlichkeit sind die Investitionskosten, die Betriebskosten und der Eigenverbrauchsanteil (im Beispiel 25 Prozent).

  • Investitionskosten: 1.600 Euro pro kWp x 6 kWp = 9.600 Euro ergibt eine jährliche Abschreibung von 480 Euro.
  • Betriebskosten: Kalkuliert man knapp (und optimistisch), nimmt man für Versicherung und Zähler 100 Euro jährlich und kalkuliert in 20 Jahren mit vier Wartungen à 250 Euro (ergibt jährlich 50 Euro), also zusammen 150 Euro pro Jahr.
  • Nicht berücksichtigt bleiben Reparaturen und ein Wechselrichtertausch, der auch bei guten Anlagen innerhalb von 20 Jahren nicht auszuschließen ist.
  • Den Kosten stehen diese jährlichen Einnahmen gegenüber: Einspeisevergütung für 75 Prozent des erzeugten Stroms in Höhe von 12,59 Cent, 4.050 kWh x 0,1259 Euro = 510 Euro
  • Eingesparter Strombezug von 1.350 kWh zu anfangs 22 Cent (bei 3 Prozent Preissteigerung sind das nach 20 Jahren 40 Cent, nehmen wir den Durchschnittswert von 31 Cent), 1.350 x 0,31 Euro = 419 Euro
  • Ausgaben pro Jahr: 480 + 150 Euro = 630 Euro
  • Einnahmen pro Jahr: 510 + 419 Euro = 929 Euro (im ersten Jahr 807 Euro, im 20. Jahr 1.050 Euro)
  • Ergebnis durchschnittlich pro Jahr: 299 Euro. Der Investition von 9.600 Euro steht nach 20 Jahren ein Überschuss von 5.980 Euro gegenüber. Das entspricht einer Verzinsung von rund 2,5 Prozent.
  • Nicht berücksichtigt sind in dieser einfachen Rechnung Zinseffekte, Inflation und das Risiko von Defekten und Reparaturen an der Anlage.
  • Rechnet man aus, was die selbst erzeugte Kilowattstunde kostet, kommt man auf: 630 Euro / 5.400 kWh =11,7 Cent. Das liegt nur knapp unter der Einspeisevergütung, weshalb klar ist, warum der Eigenverbrauch für die Wirtschaftlichkeit so wichtig ist.
Hinweis der Redaktion:

Der Artikel enthält lediglich eine realistische Beispielrechnung. Die Erträge hängen im Einzelfall stark vom Standort und der möglichen Ausrichtung einer Anlage ab. Es gibt darüber hinaus Ertragsunterschiede abhängig vom den eingesetzten technischen Bauteilen und den sich möglicherweise ändernden rechtlichen Rahmenbedingungen.

Die nicht prognostizierbaren wetterbedingten jährlichen Ertragsschwankungen betragen bis zu zehn Prozent, gleichen sich aber über mehrere Jahre betrachtet aus. Darüber hinaus sind die Kosten einer Anlage auch von den baulichen Gegebenheiten und der Anlagengröße abhängig. Anlagen kleiner fünf kWp sind aufgrund der hohen Installationsgrundkosten verhältnismäßig teuer.

Weblinks:

www.photovoltaikratgeber.info

PV-Rechner im Internet:

Einspeisevergütung und EEG-Umlage für Solarstrom in Eurocent
Inbetriebnahme November 2014 Dezember 2014 Januar 2015 Februar 2015 März 2015
Anlagen bis 10 kWp 12,62 12,59 12,56 12,53 12,50
Anlagen > 10 bis 40 kWp 12,28 12,25 12,22 12,19 12,16
EEG-Umlage auf Eigenverbrauch1 1,872 1,872 1,851 1,851 1,851
EEG-Umlage auf Stromlieferung2 6,24 6,24 6,17 6,17 6,17

Quelle: Bundesnetzagentur / eigene Prognose

Die Vergütungssätze ab Januar werden Ende Dezember von der Bundesnetzagentur veröffentlicht. Aufgrund des Marktvolumens sind die hier genannten Sätze sehr wahrscheinlich. Vollständige Übersicht aller Vergütungssätze beim Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV)

Die EEG-Umlage ist unabhängig vom Inbetriebnahmezeitpunkt immer zum jeweils aktuellen Satz zu zahlen.

1 EEG-Umlage auf Eigenverbrauch von Solarstrom bei Neuanlagen ab August 2014, sowie Altanlagen die erst nach diesem Zeitpunkt auf Eigenverbrauch umgestellt wurden, wenn der Eigenverbrauch durch den Anlagenbetreiber selbt erfolgt. Aber: Für Kleinanlagen bis 10 kWp besteht eine Freimenge von 10.000 kWh.

2 EEG-Umlage auf Eigenverbrauch durch Dritte, wie beispielsweise an Mieter gelieferter Strom.

Eigenverbrauch richtig versteuern

Das Bundesfinanzministerium (BMF) veröffentlichte am 19. September 2014 ein lange erwartetes Schreiben zur Umsatzsteuer bei neuen Photovoltaikanlagen ab April 2012 (und für BKHWs).  Relevant ist die Information für Anlagenbetreiber, die sich umsatzsteuerpflichtig erklären, um die beim Kauf bezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet zu bekommen. Das lohnt sich in den meisten Fällen und wird deshalb häufig praktiziert. Die Photovoltaikanlage wird damit steuerlich zum Unternehmen und privat verbrauchter Solarstrom muss versteuert werden.

Nach dem neuen BMF-Schreiben wird privat verbrauchter Strom als „unentgeltliche Wertabgabe“ erfasst. Bemessungsgrundlage dafür ist der Einkaufspreis für Strom aus dem Netz einschließlich Grundgebühr.

Rechenbeispiel für einen Gesamt-Stromverbrauch von 4.000 kWh (monatliche Grundgebühr netto 5,50 Euro): 21 Cent + (12 Monate x 5,50 Euro / 4.000) = 21 + 1,65 =22,65 Cent Bemessungsgrundlage pro kWh
Umsatzsteuer auf Eigenverbrauch: 1.100 kWh zu 22,65 Cent = 249,15 Euro, darauf 19 % USt. = 47,34 Euro (zu zahlen an das Finanzamt)

Hinweis: In dem Berechnungsbeispiel im BMF-Schreiben wird die Grundgebühr voll auf die eigenverbrauchten Solar-Kilowattstunden umgelegt. Eine Nachfrage beim Bundesfinanzministerium hat ergeben, dass stattdessen auch die hier dargestellte anteilige Berechnung korrekt sei.

Laut BMF-Schreiben soll nicht beanstandet werden, wenn die PV-Betreiber bis Ende 2014 bei der Umsatzsteuer auf Eigenverbrauch nur die Selbstkosten ansetzen. Diese sind übrigens auch für die ertragssteuerliche Behandlung die Bemessungsgrundlage, wenn für den Betreiber der mögliche Verkaufspreis (also beispielsweise die Einspeisevergütung) nicht günstiger ist.

letzte Änderung: 18.03.2016