Das dicke Ende des Ölpreisverfalls
(5. Januar 2016) Immer mehr Analysten weltweit agierender Banken und Unternehmensberater interpretieren den spektakulären Einbruch des Ölpreises in der zweiten Jahreshälfte 2014 und die (Nicht-)Reaktion des größten Ölförderers Saudi-Arabien als Anfang vom Ende des Ölzeitalters.
Wäre der Ölpreisverfall eine Folge weltweiten Verbrauchsrückgangs, könnte das Ölzeitalter tatsächlich langsam und friedlich im Grab der Geschichte beerdigt werden. Es wäre dann nur logisch, dass die Anstrengungen um eine Ausweitung der Ölförderung zurückgingen.
Die Fakten jedoch erzählen eine andere Geschichte. Der Verbrauch von Öl hat in Deutschland seit 1990 deutlich abgenommen. Weltweit jedoch hat der Öl- und Gasverbrauch seit 1990 kräftig zugenommen. Auch in Deutschland ist zumindest der Gasverbrauch seit 1990 steigend. Es ist wenig verwunderlich, das weltweites Wachstum und sinkende Preise zu steigenden Verbräuchen führen. Aller Klimaschutz, alle Effizienzsteigerungen und auch der Preisverfall der Erneuerbaren haben das weltweite Verbrauchswachstum bei Öl und Gas bisher nicht gestoppt. Die kostspielige und langwierige Erschließung neuer Öl- und Gaslagerstätten ist unterdessen weltweit zum Erliegen gekommen. Die zunehmenden Öl- und Gasverbräuche werden umso schneller an die Grenzen der Verfügbarkeit stoßen, je geringer die Anstrengungen um neue Quellen sind.
Zwischen 1990 und 2014 stieg der weltweite Ölverbrauch um durchschnittlich 1,3 Prozent jährlich. Bis zum Jahr 2030 steigt der Weltölverbrauch um ein Viertel, wenn dieser Wachstumstrend bis dahin weitergeht. Beim Gas liegt das jährliche Wachstum des weltweiten Verbrauchs zwischen 1990 und 2014 bei jährlich 3 Prozent, hat sich aber zwischen 2010 und 2015 auf 1,5 Prozent verringert. Bis zum Jahr 2030 läge der weltweite Verbrauch um fast ein Drittel über dem heutigen, wenn das verminderte Wachstum anhielte.
Die Zahlen zeigen deutlich, dass die weltweit verbrauchten Öl- und Gasmengen schon bald nicht mehr zur Verfügung stehen können. Erhebliche Preissprünge erscheinen unausweichlich. Denn wenn die nachgefragte Menge nicht mehr zur Verfügung steht, dann können nur Preissprünge die Nachfrage reduzieren. Was derzeit wie das Ende des Öl- und Gaszeitalters aussieht, könnte also leicht das Ende der darauf basierenden Zivilisation sein – zumindest wie wir sie heute kennen.