Panik an britischen Zapfsäulen
Von Louis-F. Stahl
(25. November 2021) Wie dünn die Decke der Zivilisation sein kann, zeigte sich über rund drei Wochen von Mitte September bis Anfang Oktober 2021 in Großbritannien. Zeitweise konnte an bis zu drei Viertel der britischen Tankstellen überhaupt kein Kraftstoff erworben werden. Die Abgabe von Kraftstoff an den übrigen Stationen wurde größtenteils stark limitiert.
Nachdem der Kraftstoffmangel an ersten Tankstellen am 23. September 2021 offensichtlich wurde, entstanden binnen Stunden lange Warteschlangen an allen übrigen Zapfsäulen – jeder Brite wollte noch schnell sein Fahrzeug befüllen, bevor es nichts mehr gibt. Nur einen Tag später kam es an zahlreichen Tankstellen zu Handgreiflichkeiten, Schlägereien und tumultartigen Zuständen. Filmaufnahmen von sich nötigend vordrängelnden Fahrzeugführern und endlosen Fahrzeugschlangen dominierten anschließend über Wochen die Abendnachrichten der Insel. Wie die britische Regierung immer wieder betonte, habe es angeblich zu keinem Zeitpunkt einen echten Mangel an Kraftstoff im Land gegeben, sondern lediglich einen Mangel an Lastwagenfahrern, die den Kraftstoff von den Tanklagern zu den Tankstellen befördern.
Letztendlich wurden nach zwei Wochen Soldaten mit LKW-Führerschein angewiesen, Tankwagen zur Belieferung von Tankstellen zu fahren. Die Lage begann sich jedoch erst nochmals rund eine Woche später zu entspannen. Die Kraftstoffnotlage in Großbritannien zeigt eindrucksvoll, wie schnell ein von fossilen Energieträgern abhängiger Mobilitätssektor zusammenbrechen kann. Die Nachfrage nach Elektroautos habe sich laut der britischen Autohändlervereinigung SMMT nach dem Ende der „fuel crisis“ auf etwa dem fünffachen Niveau eingependelt.