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Hessen wird Hochburg für "Trübe Funzel" Die wenig ehrenhafte Auszeichnung für beispiellos schlechtes, kundenunfreundliches und womöglich sogar gesetzeswidriges Verhalten im Energiesektor ging beide Male nach Hessen

Hessen wird Hochburg für "Trübe Funzel"

(9. September 2010) Gleich zweimal hat der Vorstand des Bundes der Energieverbraucher vor wenigen Tagen die "Trübe Funzel" verliehen.

Die wenig ehrenhafte Auszeichnung für beispiellos schlechtes, kundenunfreundliches und womöglich sogar gesetzeswidriges Verhalten im Energiesektor ging beide Male nach Hessen: an die Stadtwerke Bad Homburg sowie an Taunagas Oberursel.

Der Vereinsvorstand sieht es als erwiesen an, dass die Geschäftsführer Bernd Eller von den Stadtwerken Bad Homburg und Jürgen Funke von der Taunagas mit ihrem Verhalten geltendes Recht missachten und Kunden unter Druck setzen. Die Ignoranz der beiden Betroffenen findet Dr. Aribert Peters "unrühmlich und peinlich".

Fall 1: Taunagas, Geschäftsführer Jürgen Funke:

Am 18. März 2010 erhält Liselotte Mohr aus Oberursel Post von ihrem Gasversorger Taunagas: Sie soll bis zum 6. April 2010 663,79 Euro für Gas nachzahlen, ansonsten wird die Gasversorgung zum 15. April eingestellt. "Mit der Durchführung der Sperrung entstehen Ihnen nicht unerhebliche Kosten für Sperrung und Wiederinbetriebnahme", hieß es in dem Brief.

Liselotte Mohr ist zwar mit 76 Jahren eine betagte, jedoch hellwache kämpferische Gaskundin. In ihrem Haushalt leben ihr Mann, der zu 90 Prozent schwerbehindert ist, und ihr Sohn mit einer 100-prozentigen Schwerbehinderung. Dennoch hatte sich Liselotte Mohr nicht gescheut, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, die Angemessenheit der Gaspreise zur gerichtlichen Prüfung zu stellen. Dies hat sie dem Versorger am 10. Februar 2009 schriftlich mitgeteilt und unter Berufung auf § 315 BGB die Kürzung der verlangten Preise angekündigt. Bis dahin hatte sie ihre Rechnungen stets pünktlich gezahlt. Nach der geltenden Rechtsprechung sind ihre Kürzungsbeträge jedoch nicht zur Zahlung fällig und dürfen weder gemahnt werden, noch gar deren Zahlung durch eine Sperrandrohung erzwungen werden.

"Kein Kommentar"

Frau Mohr wandte sich daraufhin an den Bund der Energieverbraucher e.V. Die Erfassungsstelle Energieunrecht des Vereins hat deshalb am 31. März 2010 den Geschäftsführer der Stadtwerke, Herrn Funke angeschrieben und um Stellungnahme zu dem Fall gebeten. Keine Reaktion. Daraufhin wurde am 8. April von Seiten des Vereins nochmals eine Stellungnahme angemahnt. Am 15. April endlich antwortete der Syndikus der Taunagas: Man sehe keine Veranlassung zu einer Stellungnahme. Am 19. April erneuerte der Verein seine Bitte um Stellungnahme. Am 28. April antwortete der Syndikus: "Es ist nicht ersichtlich, dass Sie legitimiert sind, Erklärungen für Frau Mohr entgegenzunehmen".

Frau Mohr schickte daraufhin am 29. April eine Vollmacht an Taunagas und wiederholte die Bitte um Auskunft an den Verein. Schweigen von Taunagas. Am 17. Mai fasst der Verein erneut nach und bat erneut um Stellungnahme, auch zu einem zweiten gleich gelagerten Fall, in dem Taunagas widerrechtlich eine Versorgungssperre angedroht hat.

In dem zweiten Fall schaltete der Kunde ein Anwaltsbüro ein. Am 14. April erklärten die Stadtwerke dem Anwalt gegenüber, dass sie gegenüber diesem Kunden einstweilen von der angekündigten Sperre absehen. Für Frau Mohr steht die Sperrandrohung nach wie vor im Raum. Die hartnäckige Auskunftsverweigerung von Taunagas und ihrem Geschäftsführer Jürgen Funke sowie die widerrechtlichen Sperrandrohungen rechtfertigen die Verleihung der "Trüben Funzel" wegen besonders verbraucherunfreundlichen Verhaltens.

Fall 2: Stadtwerke Bad Homburg, Geschäftsführer Bernd Eller

Die Gaskunden Inge und Joachim Schwaiger kürzen seit 2006 den Gaspreis, weil sie die Berechtigung von Preiserhöhungen und die Billigkeit der Erhöhung bezweifeln. Die Stadtwerke Bad Homburg verklagen einen Protestkunden auf Zahlung. Das Landgericht Frankfurt gab der Klage statt (Urteil vom 16. Oktober 2009, Az 3-11 O 27/08). Allerdings wurde gegen das Urteil Berufung eingelegt, die derzeit noch vor dem Oberlandesgericht Frankfurt zur Entscheidung steht. Dennoch berufen sich die Stadtwerke auf das nicht rechtskräftige Urteil des Landgerichts und fordern nunmehr von allen Protestkunden nachdrücklich die Zahlung der zurückbehaltenen Beträge. Auf der Internetseite der Stadtwerke steht eine Pressemitteilung zu dem Urteil, auf der kein -Datum vermerkt ist. "Das kann man nur als bewusste Täuschung der Verbraucher über den Stand der rechtlichen Auseinandersetzung bewerten", kritisiert Dr. Aribert Peters.

Am 7. Dezember 2009 erhält Familie Schwaiger eine Sperrandrohung, sollte sie die angeblich ausstehenden 1.151 Euro nicht begleichen. Familie Schwaiger wendet sich am 6. März an die Erfassungsstelle Energieunrecht des Vereins. Der Verein bittet den Geschäftsführer der Stadtwerke Herrn Eller um Stellungnahme zu dem Vorfall: Am 5. April, am 15. April und am 17. Mai. Reaktion der Stadtwerke: Schweigen!

Entwarnung aus dem Stadtrat

Der Stadtrat Peter Vollrath-Kühne schreibt Familie Schwaiger am 1. April eine Mail: "Ich habe die Angelegenheit mit den Stadtwerken besprochen die Sperrandrohung wird sich nicht wiederholen". Somit hat Geschäftsführer Bernd Eller seine Stadtwerke blamiert: Durch seine hartnäckige Weigerung, gegenüber den Betroffenen und dem Bund der Energieverbraucher e.V. Stellung zu beziehen, sein Versuch, durch falsche Angaben über den Stand des Gerichtsverfahrens Verbraucher zu Zahlungen zu veranlassen und schließlich durch unrechtmäßige Drohungen mit Versorgungssperren. In der Summe rechtfertigen diese verbraucherunfreundlichen Handlungsweisen die Verleihung der "Trüben Funzel" an die Stadtwerke Bad Homburg und ihren Geschäftsführer Bernd Eller.

letzte Änderung: 08.12.2023