Liefersperre für Mieter
Trotz bezahlter Rechnungen können Mieter den Strom-oder Gasbezug gesperrt bekommen. Zu Recht?
(31. Mai 2003) Ist der Mieter unmittelbar Vertragspartner und zahlt er seine Strom-, Gas-, Wasser- oder Fernwärme-Rechnung nicht, ist das Versorgungsunternehmen nach seinen Versorgungsbedingungen berechtigt, die Lieferung einzustellen. Vorher müssen aber einige Voraussetzungen erfüllt sein:
- Das Unternehmen muss den Zahlungsrückstand anmahnen.
- Die Versorgungseinstellung muss angedroht werden.
- Nach der Androhung ist eine zweiwöchige Frist einzuhalten.
- Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss beachtet werden. Es sind die Folgen der Liefersperre für den Kunden, dessen künftige Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zu berücksichtigen.
Spätestens nach der Anmahnung der offen stehenden Rechnung sollte sich der zahlungsunfähige Kunde an die Sozialbehörde wenden, um die Zahlungen sicherzustellen. Wird vom Sozialamt eine Zahlungszusage erteilt, darf die Versorgung nicht eingestellt werden.
Vertrag mit Vermieter
Schwierig wird es, wenn der Vermieter Vertragspartner des Versorgungsunternehmens ist. Zahlt der Vermieter die Wasser-, Strom-, Gas- oder Fernwärme-Rechnung nicht, obwohl er von seinen Mietern entsprechende Vorauszahlungen erhalten hat, galt früher: Das Versorgungsunternehmen darf keine Liefersperre verhängen. Wird ein Lieferstopp angedroht, konnten Mieter notfalls per einstweiliger Anordnung die Einstellung der Versorgung verhindern. Die Mieter hatten in diesen Fällen Anspruch darauf, dass das Versorgungsunternehmen direkt mit ihnen einen Vertrag abschließt. Das Unternehmen durfte aber nicht die Weiterlieferung davon abhängig machen, dass die Mieter die alten, noch offen stehenden Rechnungen des Vermieters bezahlten.
Neuerdings versagen Gerichte aber Mietern entsprechenden Schutz vor Liefereinstellungen der Versorgungsunternehmen, lehnen eine einstweilige Anordnung auf Weiterlieferung ab und machen einen Vertragsabschluss mit den Versorgungsunternehmen von der Übernahme der Vermieterschulden abhängig. Ihr Argument: Das Versorgungsunternehmen habe keinerlei vertragliche Beziehungen zu den Mietern. Außerdem könnten sich Mieter ihr Geld beim Vermieter "zurückholen". Der Vermieter, der Rechnungen der Versorgungsunternehmen nicht bezahlt, verhält sich auch im Verhältnis zu seinen Mietern nicht vertragstreu, so dass die ihrerseits ihre Zahlungen stoppen können, Anspruch auf Schadensersatz oder Aufwendungsersatz hätten bzw. zur Zurückbehaltung der Miete berechtigt seien.
Gesetze müssen geändert werden
Der Bund der Energieverbraucher hält diese Rechtslage für unvereinbar mit den Grundsätzen und der Verfassung unseres Landes: Der Mieter zahlt für Strom und Gas und wird dennoch nicht mehr versorgt. Und das, obwohl ihn keinerlei Verschulden trifft. Dies geschieht mit Billigung der Gerichte. Im Zusammenwirken mit anderen Verbänden wird sich der Bund der Energieverbraucher dafür einsetzen, dass die maßgeblichen Verordnungen und Gesetze möglichst rasch geändert werden.