Weltklimarat (IPCC)
Synthesebericht des Weltklimarats
Mit dem Abschluss des sechsten Berichts des Weltklimarats (IPCC) hat die Wissenschaft unmissverständlich klar gesprochen. Weiter so wie bisher führt unweigerlich in die Klimakatastrophe. Unser größtes Problem ist die Dringlichkeit. Denn die Klimakrise duldet keinen Aufschub.
Von Aribert Peters
(3. August 2023) Sind wir schlauer als eine Bakterienkultur in einer Petrischale, die so lange weiterwächst, bis sie ihren Nährboden komplett aufgebraucht hat, und dann zugrunde geht? Jeder, der es wissen will, weiß, dass die weitere Nutzung fossiler Energieträger ein Brandbeschleuniger für die nächsten noch viel schlimmeren Katastrophen sein wird.
Sechster IPCC-Bericht
Der Weltklimarat (IPCC) hat im vergangenen Jahr die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel umfassend analysiert und in drei Teilberichten zu seinem sechsten Bericht zusammengefasst. Aus diesen drei Berichten mit vielen Tausend Seiten hat er einen Synthesebericht destilliert und veröffentlicht. Daraus wurde eine knapp 40-seitige Kurzfassung „summary for policymakers“ kondensiert, die auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Es handelt sich im Unterschied zu den Langfassungen um ein diplomatisches Dokument, das mit den Regierungen abgestimmt wurde. Das im Bericht Festgehaltene gilt als unbestritten. Es stellt das von der Wissenschaft sozusagen in Stein gemeißelte Wissen zum Klimawandel dar.
Das verleiht dem Synthesebericht einen besonderen Stellenwert. Auf dessen Grundlage müssen die UN-Staaten gemäß des Pariser Klimaabkommens bis 2025 neue eigene Klimaziele, sogenannte Nationally Determined Contributions (NDC) vorlegen.
Synthesebericht
Im Synthesebericht sind deswegen erstmals auch globale Reduktionsziele für 2030 und 2035 prominent aufgeführt. Damit gibt es eine Art Benchmark, einen Maßstab für die nötige Emissionsminderung: Soll das 1,5-Grad-Limit für die Erderwärmung zumindest auf längere Sicht eingehalten werden, müssen danach die globalen Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 43 % und bis 2035 um 60 % sinken, ausgehend vom Basisjahr 2019. Für die Zwei-Grad-Grenze ist immer noch eine Treibhausgas-Reduktion um 35 % bis 2035 nötig (SPM AR6 SYN Tabelle). Das Minderungsziel für 2030 wurde in der politischen Debatte im Abschlusstext gestrichen, nicht aber in der Tabelle. Die deutschen Emissionsminderungsziele beziehen sich auf das Jahr 1990 und sind deshalb nicht direkt vergleichbar mit den hier genannten Prozentzahlen des IPCC.
Die sieben größten Industrienationen haben sich auf ihrem Treffen vom 19. bis 21. Mai 2023 in Hiroshima unter anderem auf Folgendes verständigt: „Wir betonen unsere große Besorgnis, verstärkt durch die neuesten Erkenntnisse des Weltklimarats (IPCC) und des Sechsten Sachstandsberichts (AR6), über die beschleunigenden und verstärkenden Auswirkungen des Klimawandels und unterstreichen die erhöhte Dringlichkeit, die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 um etwa 43 Prozent und bis 2035 um 60 Prozent im Vergleich zum Stand von 2019 zu reduzieren, gemäß der neuesten Erkenntnisse des IPCC.“
Klimapläne laufen auf 2,8 Grad Erwärmung hinaus
Welche Einsparlücke sich da auftut, lässt sich im Synthesebericht allein daran ablesen, dass die Umsetzung der derzeitigen nationalen Klimapläne für 2030 auf eine globale Erwärmung um 2,8 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit bis zum Jahr 2100 hinausläuft. Sollten die nationalen Klimaziele nicht eingehalten werden, dann ist noch eine höhere Erwärmung zu erwarten. Der Bericht zeigt auch klar die Unterschiede zwischen einer Erwärmung um 1,5 und um 2,8 Grad auf.
Damit ist wissenschaftlich erwiesen, dass die weitere Emission von Treibhausgasen schwerwiegende Konsequenzen für das künftige Klima hat und sehr viele Menschen gesundheitlich schädigt oder sogar das Leben kostet. Ferner ist auch unbestreitbar, dass eine deutliche Änderung des Klimas bereits stattgefunden hat.
Zäsur für den Klimaschutz
Kurz gesagt: Wer weiter Treibhausgase emittiert, macht sich schuldig an der Zerstörung des Klimas und des dadurch verursachten Leides. Damit hat dieser Bericht eine grundsätzliche moralische und auch rechtliche Qualität. Er bildet eine Zäsur: Konnte man bisher noch daran zweifeln, ob der Klimawandel wirklich stattfindet und welche Schäden er verursacht, so ist solcher Zweifel von nun an nicht mehr möglich. Es ist nicht vage, sondern ganz gewiss, welche Konsequenzen unser Tun und Unterlassen haben. Und keiner kann sich darauf herausreden, nichts gewusst zu haben. Ein „weiter so“, „geht mich nichts an“ ist nach diesem Bericht nicht mehr möglich.
Hauptaussagen des Syntheseberichts
Die Hauptaussagen des Syntheseberichts lauten sinngemäß zusammengefasst: Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass menschliche Aktivitäten, insbesondere Treibhausgasemissionen, die globalen Temperaturen ansteigen lassen. Die Oberflächentemperatur der Erde lag zwischen 2011 und 2020 um 1,1 °C höher als zwischen 1850 und 1900.
Klimaextreme in allen Weltregionen nehmen zu und führen zu weitreichenden negativen Folgen für Mensch und Natur. Dabei sind gerade die verletzlichsten Bevölkerungsgruppen betroffen, die historisch gesehen am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben.
Als so gut wie sicher werden folgende künftige Schäden durch den Klimawandel herausgestellt:
- Häufigere Hitzeextreme
- Schäden an Ökosystemen
- Waldbrandschäden
- Überschwemmungen
- Infrastrukturschäden
- Unterernährung
- Völkerwanderungen
Anpassung
Die derzeit ergriffenen Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel sind unzureichend, es klaffen weiterhin erhebliche Lücken. In manchen Bereichen sind die Grenzen der Anpassungsfähigkeit bereits erreicht. Die globalen Finanzmittel für Anpassungsmaßnahmen reichen insbesondere in Entwicklungsländern nicht aus.
Fortschreitende Treibhausgasemissionen drohen die globale Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten weiter zu beschleunigen, wobei die 1,5-Grad-Marke in diesem oder im nächsten Jahrzehnt überschritten werden könnte. Diese Zunahme wird erhebliche Gefahren mit sich bringen und zu komplexen und schwer kontrollierbaren Risiken führen.
Die klimabedingten Risiken nehmen mit jedem Grad Erwärmung zu und die langfristigen Folgen könnten weitaus gravierender ausfallen als derzeit beobachtet. Einige dieser Veränderungen sind unvermeidbar und/oder unumkehrbar. Ihre Auswirkungen könnten jedoch durch tiefgreifende, rasche und anhaltende Minderung der globalen Treibhausgasemissionen eingedämmt werden.
Alle globalen Modelle, die die Erwärmung auf 1,5 oder 2 °C begrenzen, erfordern sofortige und drastische Reduzierungen der Treibhausgasemissionen.
Die Zeit läuft ab
Die Zeit, die wir haben, um unseren Lebensraum zu retten und eine nachhaltige Zukunft zu sichern, läuft ab. Die Entscheidungen, die wir in diesem Jahrzehnt treffen, werden das Schicksal unserer Nachfahren für Tausende von Jahren bestimmen.
Der Sieg über diesen Feind erfordert schnelle und entschlossene Maßnahmen. Wir müssen alle Bereiche unseres Lebens überdenken – von der Art, wie wir unsere Häuser heizen, bis hin zu den Lebensmitteln, die wir essen, und wie wir uns fortbewegen. Glücklicherweise gibt es bereits eine Reihe von kostengünstigen Lösungen, um unsere Emissionen zu senken und uns an die Veränderungen anzupassen.
Unsere politischen Entscheidungsträger müssen mutig sein, klare Ziele setzen und alle einbeziehen. Sie müssen einen koordinierten und umfassenden Ansatz verfolgen. Die Uhr tickt und die Zeit zum Handeln ist jetzt.
Zusammenfassung der Kernaussagen des IPCC Syntheseberichts 2023
Die Grafik zeigt sowohl beobachtete Veränderungen der globalen Oberflächentemperatur von 1900 bis 2020 im Vergleich zum Zeitraum von 1850 bis 1900 als auch projizierte Veränderungen von 2021 bis 2100. Diese Veränderungen stehen in Verbindung mit den Veränderungen der Klimabedingungen und den daraus resultierenden Auswirkungen. Sie verdeutlichen, dass sich das Klima bereits verändert hat und sich im Laufe des Lebens von drei repräsentativen Generationen (geboren 1950, 1980 und 2020) weiter verändern wird. Die zukünftigen Projektionen der globalen Oberflächentemperatur für den Zeitraum von 2021 bis 2100 werden für verschiedene Treibhausgasemissionsszenarien dargestellt. Diese Szenarien reichen von sehr niedrigen Emissionen (SSP 1–1,9) bis hin zu sehr hohen Emissionen (SSP 5–8,5). Die Veränderungen der jährlichen globalen Oberflächentemperaturen werden in Form von „Klimastreifen“ präsentiert. Dabei zeigen die zukünftigen Projektionen die langfristigen Trends, die durch menschliche Einflüsse verursacht werden, sowie die fortlaufende Modulation durch natürliche Variabilität. Die verwendeten Muster der natürlichen Variabilität basieren auf beobachteten Ebenen vergangener Variationen.
Die Farben auf den Symbolen der Generationen in der Grafik repräsentieren die Klimastreifen der globalen Oberflächentemperatur für jedes Jahr. Die Segmentierung auf den zukünftigen Symbolen differenziert mögliche zukünftige Erfahrungen. Die Informationen in der Grafik stammen aus verschiedenen Quellen und Abschnitten des IPCC-Syntheseberichts (2.1, 2.1.2, Abbildung 2.1, Tabelle 2.1, Abbildung 2.3, Querschnitts-Box.2, 3.1, Abbildung 3.3, 4.1, 4.3).
Weltklimarat: Sechster Bericht
Der Weltklimarat IPCC hat seinen sechsten Bericht veröffentlicht (AR 6). Von den „Zusammenfassungen für die politische -Entscheidungsfindung“ gibt es auch eine deutsche Übersetzung. Noch in der Bearbeitung ist ein Synthesebericht. An diesem Bericht hat der Autor als Reviewer mitgearbeitet.
Von Aribert Peters
(19. Januar 2023)
Arbeitsgruppe I: Naturwissenschaftliche Grundlagen
„Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat. Es haben weitverbreitete und schnelle Veränderungen in der Atmosphäre, dem Ozean, der Kryosphäre und der Biosphäre stattgefunden“. (A1)
„Das Ausmaß der jüngsten Veränderungen im gesamten Klimasystem – und der gegenwärtige Zustand vieler Aspekte des Klimasystems – sind seit vielen Jahrhunderten bis Jahrtausenden beispiellos“. (A2)
Die Buchstaben und Zahlen am Ende jeden Zitats, zum Beispiel (A1), geben die Fundstelle im Bericht an.
„Der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt sich bereits auf viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus. Seit dem Fünften Sachstandsbericht (AR5) gibt es stärkere Belege für beobachtete Veränderungen von Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen sowie insbesondere für deren Zuordnung zum Einfluss des Menschen“ (A3).
„Es ist praktisch sicher, dass Hitzeextreme (einschließlich Hitzewellen) in den meisten Regionen an Land seit den 1950er Jahren häufiger und intensiver geworden sind, während Kälteextreme (einschließlich Kältewellen) seltener und weniger schwerwiegend geworden sind, wobei hohes Vertrauen darin besteht, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel der Hauptantriebsfaktor für diese Veränderungen ist“ (A3.1).
Arbeitsgruppe II: Folgen, Anpassung und Verwundbarkeit
„Der vom Menschen verursachte Klimawandel, einschließlich häufigerer und intensiverer Extremereignisse, hat weitverbreitete negative Folgen und damit verbundene Verluste und Schäden für Natur und Menschen verursacht, die über die natürliche Klimavariabilität hinausgehen. Einige Entwicklungs- und Anpassungsmaßnahmen haben die Verwundbarkeit verringert. Über Sektoren und Regionen hinweg ist zu beobachten, dass die verwundbarsten Menschen und Systeme unverhältnismäßig stark betroffen sind. Die Zunahme von Wetter- und Klimaextremen hat zu einigen irreversiblen Folgen geführt, da natürliche und menschliche Systeme über ihre Anpassungsfähigkeit hinaus belastet wurden“ (B1).
„Ungefähr 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen leben unter Bedingungen, die sehr verwundbar gegenüber dem Klimawandel sind (hohes Vertrauen)“ (B2).
„Nach 2040 und abhängig vom Ausmaß der globalen Erwärmung wird der Klimawandel zu zahlreichen Risiken für natürliche und menschliche Systeme führen (hohes Vertrauen). Für 127 identifizierte Schlüsselrisiken sind die betrachteten mittel- und langfristigen Folgen bis zu einem Vielfachen größer als derzeit beobachtet (hohes Vertrauen). Das Ausmaß und die Geschwindigkeit des Klimawandels und der damit verbundenen Risiken hängen stark von Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen in der nahen Zukunft ab, und die projizierten negativen Folgen sowie damit verbundene Verluste und Schäden steigen mit jedem Zuwachs der globalen Erwärmung weiter an (sehr hohes Vertrauen)“ (B4).
„Falls die globale Erwärmung in den kommenden Jahrzehnten oder später vorübergehend 1,5 °C übersteigt, werden viele menschliche und natürliche Systeme im Vergleich zu einem Verbleib unter 1,5 °C zusätzlichen schwerwiegenden Risiken ausgesetzt sein (hohes Vertrauen). Je nach Ausmaß und Dauer der Überschreitung werden einige Folgen die Freisetzung zusätzlicher Treibhausgase verursachen (mittleres Vertrauen) und manche Folgen werden unumkehrbar sein, selbst wenn die globale Erwärmung verringert wird (hohes Vertrauen)“ (B6).
„Der Schutz der biologischen Vielfalt und von Ökosystemen ist von grundlegender Bedeutung für eine klimaresiliente Entwicklung angesichts der Bedrohungen, die der Klimawandel für sie darstellt, und ihrer Rolle für Anpassung und Minderung (sehr hohes Vertrauen)“ (D4).
Arbeitsgruppe III: Minderung des Klimawandels
„Die anthropogenen Netto-Treibhausgasemissionen sind seit 2010 in allen wichtigen Sektoren weltweit gestiegen“ (B2).
„Ohne eine Verstärkung der politischen Maßnahmen, die über die bis Ende 2020 eingeführten Maßnahmen hinausgehen, wird ein Anstieg der Treibhausgasemissionen über das Jahr 2025 hinaus projiziert, was zu einer globalen Erwärmung von 3,2 [2,2 bis 3,5] °C (Median) bis zum Jahr 2100 führt (mittleres Vertrauen)“ (C1).
„Alle globalen Modellpfade, die die Erwärmung ohne oder mit begrenzter Überschreitung auf 1,5 °C begrenzen (>50 %), und diejenigen, die die Erwärmung auf 2 °C begrenzen (>67 %), erfordern rasche und tiefgreifende und in den meisten Fällen sofortige Senkungen der Treibhausgasemissionen in allen Sektoren“ (C3).
„Der Einsatz von Methoden zur Entnahme von CO2 (Carbon Dioxide Removal, CDR), um schwer zu vermeidende Restemissionen auszugleichen, ist unvermeidlich, wenn netto Null CO2- oder Treibhausgasemissionen erreicht werden sollen“ (C11).
„Optionen zur Minderung des Klimawandels, die 100 USD pro Tonne CO2Äq oder weniger kosten, könnten die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens die Hälfte des Niveaus von 2019 verringern (hohes Vertrauen)“ (C12).
Weltweit tragen die 10% der Haushalte mit den höchsten Pro-Kopf-Emissionen 34–45% der globalen verbrauchsbasierten Treibhausgasemissionen von Haushalten bei, während die mittleren 40% 40–53% und die unteren 50% 13–15% beitragen. (hohes Vertrauen) (B3.4).
Die Senkung von Treibhausgasemissionen im gesamten Energiesektor erfordert wesentlichen Wandel, einschließlich einer erheblichen Senkung des Gesamtverbrauchs an fossilen Brennstoffen, des Einsatzes emissionsarmer Energiequellen, des Umstiegs auf alternative Energieträger sowie Energieeffizienz und der -einsparung. Die fortgesetzte Installation von Infrastruktur für fossile Brennstoffe ohne Vermeidungsmaßnahmen wird zu einem Lock-In der Treibhausgasemissionen führen. (hohes Vertrauen) (C4).
Der am 9. August 2021 veröffentlichte Sechste Sachstandsbericht des Weltklimarates „IPCC“ ist ein lauter Alarmruf und mahnt zur Eile.
Weltklimarat: Sofortiges Handeln notwendig
Der am 9. August 2021 veröffentlichte Sechste Sachstandsbericht des Weltklimarates „IPCC“ ist ein lauter Alarmruf und mahnt zur Eile: Das Klima ändert sich schneller als erwartet und es bleiben nicht mehr Jahrzehnte, sondern nur noch wenige Jahre, um einen unheilvollen weltweiten Temperaturanstieg zu begrenzen.
Von Aribert Peters
(17. November 2021) Hitzewellen, Starkregen, Dürren, Fluten und Brände: Die Nachrichten führen uns inzwischen ständig vor Augen, was Klimawissenschaftler seit Jahren prognostizieren. Veränderungen im Klima sind schon jetzt in allen Regionen der Erde zu beobachten.
Strukturierte Erkenntnis
Die Sachstandsberichte des Weltklimarates (IPCC) fassen regelmäßig den jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand über die globale Erwärmung und den dadurch verursachten Klimawandel zusammen. Die Sachstandsberichte erscheinen stets in vier Teilen. Der erste Teil beschreibt die „naturwissenschaftlichen Grundlagen“. Der zweite Teil „Folgen des Klimawandels, Verwundbarkeit und Anpassung“ mit Erkenntnissen zu den Auswirkungen des Klimawandels. Der dritte Teil beschreibt die mögliche „Minderung des Klimawandelns“ einschließlich Wegen zur Minderung der Treibhausgasemissionen. Der vierte Teil, der Synthesebericht, fasst die Kernbotschaften zusammen. Der Fünfte Sachstandsbericht (AR5) erschien im Jahr 2013. Im August 2021 wurde der erste Teil des sechsten Sachstandsberichtes (AR6) veröffentlicht. Der zweite Teil soll im kommenden Februar und der dritte Teil im kommenden März erscheinen. Ein unfertiger Entwurf des dritten Teils ist jedoch schon jetzt bekanntgeworden. Allein der erste Teil des sechsten Berichts besteht aus 3.949 eng bedruckten Seiten und ist nicht leicht zu lesen. Es gibt ein 150 Seiten umfassendes sogenanntes „Technical Summary“ (TS) und eine 41 Seiten kurze Zusammenfassung für Entscheidungsträger (Summary for Policymakers, kurz SPM), dessen Hauptaussagen auch in deutscher Übersetzung vorliegen (SPMD). Hilfreich sind auch die Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ). Der Bericht ist sachlich und nüchtern formuliert. Wir geben jeweils die Fundstelle hier an, damit sie selbst im Bericht nachlesen können.
Globale CO2-Konzentration, Temperatur- und Meeresspiegelentwicklung der vergangenen 50 Millionen Jahre |
||||
Vor 50 Mio. Jahren | Vor 125.000 Jahren | 1850 | 2020 | |
CO2-Konzentration in ppm | 1.500 | 270 | 280 | 415 |
Temperatur relativ zu ca. 1850 | +15 °C | +1 °C | – | +1,2 °C |
Meeresspiegel relativ zu ca. 1850 | +72 Meter | +8 Meter | – | +0,3 Meter |
Daten: IPCC AR6, TS-102 |
Gegenüber dem Sonderbericht über 1,5 Grad globale Erwärmung aus dem Jahr 2018 erwartet der aktuelle Bericht, dass die 1,5- Grad-Grenze bereits zehn Jahre früher überschritten wird, also schon in der ersten Hälfte der 2030er Jahre. „Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat. Der vom Menschen verursachte Klimawandel wirkt sich bereits auf viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt aus. Seit dem Fünften Sachstandsbericht (AR5) gibt es stärkere Belege für beobachtete Veränderungen von Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen sowie insbesondere für deren Zuordnung zum Einfluss des Menschen“ (SPMD A1). „Viele Veränderungen aufgrund vergangener und künftiger Treibhausgasemissionen sind über Jahrhunderte bis Jahrtausende unumkehrbar, insbesondere Veränderungen des Ozeans, von Eisschilden und des globalen Meeresspiegels“ (SPMD B5).
Emissionen = Erwärmung
Das weltweite Klimageschehen zeigt trotz seiner unglaublichen Komplexität einen einfachen Zusammenhang: Je mehr zusätzliches Treibhausgas, also hauptsächlich CO2, in die Atmosphäre gelangt, umso wärmer wird es auf der Erde. Es gibt eine nahezu lineare Beziehung zwischen den gesamten bisherigen anthropogenen CO2-Emissionen und den von ihnen ausgelösten Temperaturerhöhungen. Je 1.000 Gigatonnen (Gt) CO2 erhöht sich die Temperatur der Erdoberfläche um 0,45 Grad. Der Bericht spricht in diesem Zusammenhang vom „transient climate response to cumulative carbon emissions“ (TCRE), was auf Deutsch übersetzt bedeutet, dass wir eine Reaktion des Klimas auf die gesamten bisherigen CO2-Emissionen erleben. Die Beendigung der Klimagasemissionen würde auch den weiteren Temperaturanstieg stoppen.
Emissionsbudget
Die wichtigste Zahl des Berichts ist das noch verbleibende CO2-Budget. Das ist die Menge an CO2 die noch emittiert werden darf, ohne
dass die Erwärmung einen bestimmten Wert überschreitet. Hineingerechnet in das Budget werden Schätzungen der künftigen Emissionen anderer Treibhausgase. Zwar sind auch heute schon die Folgen des Klimawandels aus keiner Nachrichtensendung mehr wegzudenken. Aber jede weitere Erderwärmung würde noch dramatischere Entwicklungen nach sich ziehen, als wir sie bereits heute erleben. Im Pariser Klimaabkommen hat sich die Weltgemeinschaft dazu verpflichtet, die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad und, wenn möglich, auf 1,5 Grad zu beschränken.
Der IPCC-Bericht beziffert das Budget und versieht es mit einer Wahrscheinlichkeit, einem Grad der Gewissheit. Denn alle Projektionen sind mit Unsicherheiten behaftet. Wenn die künftigen CO2-Emissionen unter einer Menge von 400 Gt (Gigatonnen) liegen, dann, so der aktuelle Sachstandbericht, liegt die künftige globale Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent unter 1,5 Grad. Wenn man sogar unter 300 Gt bleibt, dann steigt die Wahrscheinlichkeit auf 83 Prozent, dass wir unter 1,5 Grad Erwärmung bleiben. Für eine Temperaturerhöhung von 1,7 Grad liegen die Budgets bei 550 beziehungsweise 700 Gt. Für eine 2-Grad-Erwärmung bei 900 beziehungsweise 1150 Gt. Wenn andere Treibhausgase stärker oder weniger stark reduziert werden, können diese Werte um 220 Gt höher oder geringer ausfallen (SPM-36). Das Erstaunliche an diesen Zahlen ist, dass sich genau dieselben Zahlen bereits in den vorigen Berichten des IPCC finden.
Zum Vergleich: Die menschverursachten CO2-Emissionen liegen bei jährlich 40 Gt. Das CO2-Budget für Deutschland liegt laut dem Sachverständigenrat für Umweltfragen bei 6,7 Gt ab 2020 für eine Einhaltung von 1,75 Grad Erwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent. Deutschland emittiert derzeit jährlich 0,7 Gt CO2, im Jahr 1990 waren es noch 1,2 Gt. Diese Budgets haben bereits Eingang in Berechnungen des Sachverständigenrats für Klimafragen gefunden. Deren Einschätzung wurde wiederum vom Bundesverfassungsgericht mit weitreichenden rechtlichen Konsequenzen aufgegriffen („Grundrecht auf Klimaschutz“).
Methanbeitrag
Neben dem Klimagas CO2 tragen auch andere Treibhausgase zum effektiven Strahlungsantrieb, also zur Sonneneinstrahlung auf die Erdoberfläche, bei. Im Zeitraum von 1960 bis 2019 trug CO2 zur Erwärmung 63 Prozent bei, Methan 11 Prozent, Stickoxid (NO2) 6 Prozent und Halogenkohlenwasserstoffe zusammen 17 Prozent (AR6 WG1 5.2.4). Der Beitrag von CO2 zur Erderwärmung ist seit dem Jahr 1960 viel rascher gestiegen als der Beitrag von Methan. Gleichwohl besteht auch beim Klimagas Methan ein erhebliches Reduktionspotenzial.
Verselbständigt sich der Klimawandel?
Der durch die Erderwärmung verursachte Klimawandel führt seinerseits zu zusätzlichen Treibhausgasemissionen. Ist deren Anstieg überhaupt noch zu stoppen? Die Forschung sagt: Bis zum Jahr 2100 wird der Anstieg des CO2 und die mit der Prognose verbundene Unsicherheit durch menschenverursachte Emissionen dominiert und nicht durch das Überschreiten von Kipppunkten (TS-71, AR6 WG1 5.4.9). Jedoch sind auch CO2-Rückkopplungen wichtig und in Szenarien mit künftig hohen Emissionen auch mit höheren Unsicherheiten behaftet. Die globale Erwärmung lässt die Permafrostböden auftauen. Dadurch wird klimawirksames Methan freigesetzt, was die Erwärmung beschleunigt. Über die Menge des freiwerdenden Methans besteht in der Wissenschaft keine Einigkeit: Die Schätzungen liegen zwischen 14 und 145 Gt CO2-Äquivalent je Grad globaler Temperaturerhöhung. Jedoch wird nicht damit gerechnet, dass durch tauende Permafrostböden eine sich selbst verstärkender dramatische Erwärmung ausgelöst wird (AR6 5.4.9.1.2)
Klimawandel rückgängig machen?
Wie schnell würde das Klima auf Verminderung der anthropogenen CO2-Emissionen reagieren? Emissionsminderungen würden den Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre innerhalb etwa einer Dekade verlangsamen. Aber erst ein Stopp der Emissionen würde die CO2-Konzentration und damit den Temperaturanstieg vermindern (AR6 4-103, AR6 4-194, SPM-28).
Erst wenn mehr CO2 aus der Atmosphäre entnommen als emittiert wird, sinkt die CO2-Konzentration und einige Klimafolgen können rückgängig gemacht werden. Ein solcher Prozess wird unterschiedlich lange dauern. Bei der global gemittelten Lufttemperatur an der Erdoberfläche ist von Jahren auszugehen, beim Permafrost von Jahrzehnten und bei der thermischen Ausdehnung der Meere sogar von Jahrhunderten bis hin zu Jahrtausenden (AR6 FAQ 5.3).
Meere und Wälder als Klimapuffer
In den zurückliegenden Jahrzehnten wurde ungefähr die Hälfte der menschenverursachten CO2-Emissionen durch Wälder, Vegetation, Böden und Meere geschluckt (AR6 5-84). Die natürliche Kapazität für diese Absorption nimmt ab. Die Meere haben darüber hinaus seit 1971 ungefähr 90 Prozent der zusätzlichen Strahlungsenergie der Sonne aufgenommen und sich schneller erwärmt als je zuvor. Diese Erwärmung und damit der Meeresspiegelanstieg wird fortdauern bis mindestens zum Jahr 2300, selbst in Szenarien mit geringen künftigen CO2-Emissionen (TS 2.4).
Schwere von Überflutungen
Besser als früher lässt sich inzwischen abschätzen, in welchem Ausmaß extreme Wetterereignisse durch den Klimawandel verursacht werden. Einige der unlängst beobachteten extremen Hitzeereignisse wären ohne den menschlichen Einfluss auf das Klima extrem unwahrscheinlich gewesen. Ein wärmeres Klima erhöht die Menge und Intensität von Niederschlägen. Deshalb erwartet man künftig heftigere Überschwemmungen infolge der Erderwärmung (AR6 8-119). Der IPCC Bericht unterstreicht, dass die Häufigkeit von Extremwetter durch die Erwärmung deutlich zunehmen wird (TS-74). Bei einer globalen Erwärmung um 1,5 Grad steigt die Häufigkeit extremer Regenfälle um 17 Prozent, bei einer Erwärmung um 2 Grad steigt das Auftreten um 36 Prozent. Extreme Hitzeperioden, die früher alle 50 Jahre auftraten, werden bei einer 1,5 Grad Erwärmung 9-mal häufiger und bei einer 2-Grad-Erwärmung 14-mal häufiger auftreten (SPM 6).
Regionale Differenzierung
Der globale Temperaturanstieg erfolgt nicht gleichmäßig, sondern auf der Landoberfläche stärker als über den Ozeanen, die trotz des geringeren Temperaturanstiegs 90 Prozent der zusätzlichen Erderwärmung schlucken. In den polnahen Regionen fällt die Temperaturerhöhung am höchsten aus. Zum sechsten IPCC-Bericht gehört erstmals ein Atlas, mit dem die Klimafolgen für einzelne Regionen der Erde abgeschätzt werden können. Für Deutschland bestätigt der Deutsche Wetterdienst, dass die mittleren Temperaturen hierzulande bereits jetzt um zwei Grad seit dem späten 19. Jahrhundert gestiegen sind. Die Erwärmungsgeschwindigkeit je Jahrzehnt hat sich seit 1971 gegenüber der Zeit davor verdreifacht.
Leak des dritten Teils
Eine Vorabfassung vom dritten Teil des sechsten IPCC-Berichtes ist durch die Gruppe „Scientist Rebellion“ an die Öffentlichkeit gelangt. Er beschäftigt sich mit Emissionsminderungen. Diese Texte sind keine vom IPCC autorisierten Texte, die als solche zitierbar sind, sondern vorläufige Arbeitsfassungen. Dennoch – möglicherweise auch gerade deswegen – sind sie aufschlussreich.
Das dritte Kapitel zeigt, wie eine klimafreundliche Gesellschaft aussehen kann und welcher Weg dorthin führt. Klimapolitisches Handeln ist weltweit und auf allen Ebenen der Gesellschaft notwendig. Um die globale Temperaturerhöhung auf unter 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, müssen laut der Vorabfassung des dritten Teils vom sechsten IPCC-Bericht die CO2-Emissionen noch vor 2025 ihren Höhepunkt erreichen und im dritten Viertel des Jahrhunderts auf Netto-Null fallen. Das bedeutet eine Treibhausgasemissionsminderung zwischen 4 und 40 Prozent bis zum Jahr 2030 und zwischen 55 und 74 Prozent bis zum Jahr 2050. In den meisten untersuchten Szenarien stabilisiert sich die Globaltemperatur auf dem Niveau des Zeitpunkts, zu dem die globalen Treibhausgasemissionen auf Null zurückgehen. Das wird bestätigt durch die oben abgedruckte Grafik aus dem schon offiziell veröffentlichten ersten Berichtsteil. Das bedeutet, dass die globalen Temperaturen weiter ansteigen werden, bis die CO2-Emissionen ganz aufhören.
Globale Unterschiede
Es gibt erhebliche Unterschiede bei den Treibhausgasemissionen zwischen armen und reichen Ländern. Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung emittieren zehnmal mehr Treibhausgase als die ärmsten zehn Prozent.
Die für das Jahr 2030 absehbaren globalen Treibhausgasemissionen liegen weit über den von den Nationen gegenwärtig abgegebenen Minderungsversprechen. Die nationalen Minderungszusagen sind darüber hinaus nicht vereinbar mit längerfristigen Emissionspfaden, die eine globale Temperaturerhöhung mit hoher Wahrscheinlichkeit auf unter 2 Grad begrenzen könnten. Für Deutschland hatte der Sachverständigenrat für Umweltfragen diese „Ambitionslücke“ und die „Realisierungslücke“ bereits festgestellt (siehe „Klimaneutral bis 2035: Illusion oder Möglichkeit?“).
Maßnahmen
Die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf unter zwei Grad erfordert schnelle tiefgreifende strukturelle Änderungen aller Sektoren überall auf der Welt (WG3, SPM C1). Ohne eine neue Klimapolitik wird die Erdtemperatur bis zum Jahr 2100 auf 3,3 bis 5,4 Grad ansteigen.
Der Bericht zeigt Möglichkeiten der Emissionsminderung auf:
- Reduzierung der Endverbrauchernachfrage und neue Wege der Nachfragedeckung können die Emissionen um 50 bis 80 Prozent bis zum Jahr 2050 vermindern.
- Vermindert man den Güterverbrauch, dann könnte der Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2050 um 40 Prozent geringer als im Jahr 2018 ausfallen – bei gleicher oder sogar höherer Lebensqualität.
- In verbrauchsarmen Szenarios sinkt der Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2050 um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 2018 bei gleicher oder sogar höherer Lebensqualität.
- Menschen können oft in verschiedenen Rollen zur Minderung der Treibhausgasemissionen beitragen: als Verbraucher, als Bürger, als Investoren, Mieter oder Vermieter und als Mitarbeiter in Unternehmen und Institutionen.
- Änderungen der Siedlungsstruktur bieten ein hohes Potenzial an Emissionsminderungen.
Fazit
Wovor Wissenschaftler seit 40 Jahren gewarnt haben, ist nun feststellbare Wirklichkeit. Die Politik hat diese Warnungen ignoriert und in beklemmendem Ausmaß versagt. Bekommen wir beim Klimaschutz noch die Kurve? Der IPCC-Bericht zeigt: Es ist nicht zu spät dafür. Je länger wir weiterhin untätig sind, umso dramatischer werden die künftigen Folgen sein. Der Bericht – wie auch die jüngsten Ereignisse im Ahrtal – zeigen, wie machtlos wir gegen die Klimafolgen sind, die wir verursacht haben und weiterhin verursachen.
Vorstellung des Weltklimarat (IPCC), seine Arbeitsweise und seine wichtigsten Ergebnisse
Der Weltklimarat und der Klimawandel
Die Jugendbewegung „Fridays for Future“ und nahezu alle Klimaschutzorganisationen sind sich einig: Die Politik muss den Erkenntnissen der Wissenschaft folgen! Aber wer ist „die Klimawissenschaft“? Aribert Peters stellt Ihnen den Weltklimarat (IPCC), seine Arbeitsweise und seine wichtigsten Ergebnisse vor.
Von Aribert Peters
(3. August 2020) Bei der Zusammenfassung der Erkenntnisse zum Klimawandel leistet der „Weltklimarat“ der Vereinten Nationen (UN) eine entscheidende und unverzichtbare Arbeit. Der offiziell als „Intergovernmental Panel on Climate Change“, kurz IPCC, bezeichnete Ausschuss des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) ist keine neue Erfindung. Er besteht bereits seit dem Jahr 1988 und erhielt im Jahr 2007 den Friedensnobelpreis.
Der IPCC ist eine wissenschaftliche und politische Institution zugleich. Sein Auftrag ist es, den politischen Entscheidungsträgern den Stand der weltweiten wissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel zusammenzufassen und aus wissenschaftlicher Sicht zu bewerten, ohne konkrete Handlungsempfehlungen zu geben. Die IPCC-Berichte werden vom IPCC-Plenum beschlossen, das mit von den einzelnen Regierungen nominierten Experten besetzt ist. Die Berichte sind das Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses. Jeder Fachwissenschaftler, gleich welcher Nationalität, kann sich an dem zweistufigen Review-Prozess für neue Berichte beteiligen. Die zehntausenden Kommentierungen werden von hunderten „Editoren“ zusammengefasst und eingearbeitet. So habe auch ich selbst als Reviewer den derzeit in Abstimmung befindlichen 6. Sachstandsbericht „AR6“ des IPCC kritisch kommentiert.
Ein kurzer Blick zurück
Im Jahr 1983 führten Umwelt- und Klimaprobleme zur Gründung der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, geleitet von der norwegischen Politikerin Gro Harlem Brundtland. Diese sogenannte „Brundtland-Kommission“ gab mit ihrem ersten Bericht im Jahr 1987 den Anstoß für die Einrichtung eines Weltklimarates.
Anderthalb Jahre später im Jahr 1988 wurde der IPCC gegründet. Er sollte die Forschungsergebnisse zur Klimaforschung zusammenfassen und klären, welche Gefahren vom Klimawandel ausgehen und wie die Menschheit darauf reagieren kann. Schon in seinem ersten Bericht im Jahr 1990 bestätigte der IPCC den menschlichen Einfluss auf das Klima.
Die Erkenntnisse aus diesem ersten Bericht gaben den Anstoß zur ersten Umweltkonferenz im Jahr 1992. In Rio de Janeiro verständigten sich die teilnehmenden 190 Staaten auf ein „Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung der Erde“ sowie die UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC), um gefährliche menschengemachte Störungen künftig zu verhindern. Man vereinbarte damals zudem, dass sich die Unterzeichnerstaaten jährlich einmal zu einer „Vertragsstaatenkonferenz“ genannten Klimakonferenz (englisch „Conference of Parties“, kurz COP) treffen. Auf der dritten Konferenz in Kyoto im Jahr 1997 einigte sich die Staatengemeinschaft im sogenannten Kyoto-Protokoll darauf, dass die 36 Industriestaaten ihre Treibhausgas-Emissionen bis zum Jahr 2008 um 5,2 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 mindern müssen.
Das Übereinkommen von Paris
Auf der 20. Vertragsstaatenkonferenz in Paris wurde im Jahr 2015 beschlossen, dass die globale Erwärmung bis zum Jahr 2050 unter zwei Grad und möglichst sogar unter 1,5 Grad bleiben sollte, keinesfalls aber zwei Grad überschreiten dürfe. 195 Staaten unterzeichneten den Vertrag, auch China und die USA. Die von den beteiligten Staaten bisher geplanten Emissionsminderungen reichen jedoch – selbst, wenn sie allesamt auch tatsächlich umgesetzt würden – bei weitem nicht aus, um diese Paris-Ziele zu erreichen. Die Webseite „Climate Action Tracker“ fasst dies anschaulich zusammen.
Der von der EU-Kommission im Dezember 2019 vorgelegte Green Deal sieht darüber hinaus vor, dass die EU bis zum Jahr 2050 die Netto-Treibhausgasemissionen auf null reduziert. Bis 2030 sollen die Emissionen um 50 bis 55 Prozent, statt wie bisher geplant um 40 Prozent, gegenüber 1990 vermindert werden. Dieses Ziel verfolgt auch das deutsche Bundes-Klimaschutzgesetz. Über die Fortschritte der Mitgliedsstaaten berichten die nationalen Energie- und Klimapläne (NECPs), die von der EU gesammelt und veröffentlicht werden. Die EU-Kommission hat zudem im März 2020 unter dem Oberbegriff eines „Europäischen Klimagesetzes“ den Entwurf für eine EU-Verordnung vorgelegt, mit der diese Ziele verbindlich festgeschrieben werden sollen.
Der Weltklimarat im Detail
Kommen wir zurück zum IPCC: Der Weltklimarat residiert seit seiner Gründung im Jahr 1988 in Genf in der Schweiz. Seine Mitglieder sind die UN-Mitgliedsstaaten. Vertreter aller Regierungen bilden das IPCC-Plenum, das den 34-köpfigen Vorstand und dessen Vorsitzenden wählt. Das Plenum entscheidet über die Themen der Berichte des IPCC und verabschiedet deren Zusammenfassungen Satz für Satz. Deshalb haben die Aussagen des IPCC politisch und wissenschaftlich großes Gewicht.
Die mit etwa 50 Personen besetzte Geschäftsstelle und das Sekretariat in Genf unterstützen die Arbeit des IPCC sowie seiner Arbeits- und Projektgruppen. Für die Erarbeitung der IPCC-Berichte schlagen die Regierungen und die Beobachterorganisationen Experten vor, die vom IPCC-Vorstand ausgewählt werden.
Die Regierungen der Mitglieder des Weltklimarates haben in der Regel jeweils eine nationale IPCC-Kontaktstelle benannt. In Deutschland ist dies das Bundesumweltministerium (BMU). Die Kontaktstelle nominiert wiederum die jeweiligen nationalen Wissenschaftler und organisiert die Kommentierung der Berichtsentwürfe von Seiten der Mitgliedsstaaten. Die deutsche IPCC-Koordinierungsstelle, angesiedelt beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), ist Ansprechpartner für Regierung, Öffentlichkeit, Medien und Wissenschaft in Deutschland.
Finanzierung des IPCC
Die Wissenschaftler werden von ihren jeweiligen Instituten für die IPCC-Arbeit freigestellt oder arbeiten ehrenamtlich. Die Geschäftsstellen der Arbeitsgruppen werden vor allem von den Ländern bezahlt, die sie beherbergen. Für die Reisekosten von Experten aus Entwicklungsländern gibt es einen Treuhandfonds. Das Sekretariat des IPCC wird von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) getragen.
Staatlich oder lobbygesteuert?
Die Verfahren und Strukturen des IPCC geben Hinweise darauf, wie die IPCC-Berichte zustande kommen und zu bewerten sind. Am jährlichen IPCC-Plenum nehmen nicht nur die stimmberechtigten Mitgliedsstaaten teil, sondern auch anerkannte Beobachter, die von Beobachtungsorganisationen entsandt werden, sowie selbstverständlich auch die Experten und Wissenschaftler des IPCC-Vorstandes. Die Beobachter dürfen auch an den meisten Beratungen der Arbeitsgruppen teilnehmen.
Alle federführend am Bericht beteiligten Autoren und Vorstandsmitglieder müssen bestätigen, dass sie keine Interessenkonflikte haben, die ihren Beitrag zum Bericht beeinflussen könnten.
Viele gemeinnützige Umweltorganisationen haben beim IPCC einen Beobachterstatus. In der großen Mehrzahl handelt es sich um Forschungsinstitute und nichtstaatliche Umweltorganisationen (NGOs). Aber auch Industrielobbyorganisationen finden sich in der Liste, darunter der Aluminiumhersteller-Lobbyverband „International Aluminium Institute“ (IAI), die „International Air Transport Association“ (IATA) und das „World Coal Institute“ (WCI) – der Lobby-Klub der weltweiten Kohleindustrie. Eine Liste zeigt transparent alle offiziellen „Beobachter“.
Berichte des IPCC
Das wesentliche Arbeitsergebnis des IPCC sind die von ihm erarbeiteten Sachstandsberichte. Sie fassen weltweit den aktuellen Wissensstand zum Klimawandel zusammen. Sehr nützlich sind die einfach formulierten „Häufig gestellten Fragen“ (FAQ) zu jedem Bericht und die vom deutschen Verbindungsbüro veröffentlichten deutschen Übersetzungen.
Der IPCC hat bisher fünf umfangreiche Sachstandsberichte sowie zahlreiche Sonderberichte verfasst, die jeweils aus drei Kapiteln und mehreren tausend Seiten bestehen. War der menschliche Einfluss auf das Klima im ersten Bericht im Jahr 1992 noch eine Vermutung, so ist er nunmehr eine gut gesicherte Tatsache. Die Temperaturerhöhungen sind in allen Regionen der Erde messbar und übersteigen die jährlichen Temperaturschwankungen signifikant. Der sechste Bericht (AR6) soll in den Jahren 2021 bis 2022 erscheinen.
Hört auf die Wissenschaft!
Die IPCC-Berichte geben den breiten Konsens der Klimawissenschaft wieder. Die Forderung von „Fridays for Future“ sowie nahezu allen anderen Klimaschutzorganisationen, auf die Wissenschaft und damit zumindest auf den Minimalkonsens des IPCC zu hören, verleiht den IPCC-Berichten besondere politische Bedeutung. Umso erstaunlicher ist es, dass die Klimapolitik der meisten Länder noch weit davon entfernt ist, die Konsequenzen aus den sogar nur vorsichtigen IPCC-Schlussfolgerungen zu ziehen.
Aus einer Reihe von Gründen neigen nämlich viele Klimawissenschaftler und auch der IPCC dazu, die Geschwindigkeit und die Folgen des Klimawandels zu verharmlosen. Dies haben Stephan Lewandowski und Naomi Oreskes analysiert. Unter anderem reagiert die Klimawissenschaft auf die Klimaleugner durch Rückzug auf stark gesicherte Aussagen.
In etlichen wissenschaftlichen Untersuchungen wird dargestellt, dass der Klimawandel deutlich rascher ablaufen könnte, als vom IPCC beschrieben. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Kipppunkte des Klimas und die Rückkopplungsmechanismen des Klimasystems (siehe „Es wird eng für uns Menschen“). Sie sind mit besonderen Unsicherheiten behaftet und werden in den IPCC-Berichten und auch den Klimamodellen nur unzureichend berücksichtigt. Diese Bewertung teilt auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Herausragende Erkenntnisse
Aus dem Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme (SRCCL): „Seit der vorindustriellen Zeit ist die Lufttemperatur über der Landoberfläche beinahe doppelt so stark angestiegen wie die globale Durchschnittstemperatur. Nämlich um 1,53 Grad beim Vergleich der Mittelwerte der Zeiträume 2006 bis 2015 mit dem Zeitraum zwischen 1850 und 1900. Diese Erwärmung hat zu häufigeren und intensiveren Klima- und Wetterextremen wie Trockenheit und Starkregen in vielen Regionen geführt.“
Aus dem Sonderbericht Ozean und Kryosphäre (SROCC): „Es ist praktisch sicher, dass sich der globale Ozean seit 1970 ungemindert erwärmt hat und mehr als 90 Prozent der zusätzlichen Wärme im Klimasystem aufgenommen hat. Seit 1993 hat sich die Geschwindigkeit der Ozeanerwärmung mehr als verdoppelt.“
Aus dem Sonderbericht 1,5 °C globale Erwärmung (SR1.5): „Das verbleibende CO2-Budget für eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, die Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen, liegt bei 580 Gigatonnen CO2 und für eine 66-prozentige Wahrscheinlichkeit bei 420 Gigatonnen CO2.“ Diese Zahlen sind mit Unsicherheiten behaftet und berücksichtigen keine Rückkopplungen wie beispielsweise durch auftauende Permafrostböden – auch diese Prognoserisiken macht der Bericht transparent.
Aus dem Fünften Sachstandsbericht (AR5): „Menschliche Aktivitäten haben etwa 1,0 °C globale Erwärmung gegenüber vorindustriellem Niveau verursacht, mit einer wahrscheinlichen Bandbreite von 0,8 °C bis 1,2 °C. Die globale Erwärmung erreicht 1,5 °C wahrscheinlich zwischen 2030 und 2052, wenn sie mit der aktuellen Geschwindigkeit weiter zunimmt. Die geschätzte anthropogene globale Erwärmung nimmt derzeit aufgrund von vergangenen und aktuellen Emissionen pro Jahrzehnt um 0,2 °C zu.“
Die kommenden Jahrzehnte
Der IPCC geht von einer linearen Beziehung zwischen der Summe aller menschengemachten CO2-Emissionen und dem weltweiten Temperaturanstieg aus und sieht hier eine Ursache-Wirkung-Beziehung: Die Erderwärmung der künftigen Jahrzehnte hängt von den künftigen Emissionsmengen ab. Der Fünfte Sachstandsbericht schreibt dazu: „Die kumulativen CO2-Emissionen bestimmen weitgehend die mittlere globale Erwärmung der Erdoberfläche bis ins späte 21. Jahrhundert und darüber hinaus. Die meisten Aspekte des Klimawandels werden für viele Jahrhunderte bestehen bleiben, auch wenn die Emissionen von Treibhausgasen gestoppt werden. Dies bedeutet einen unabwendbaren Klimawandel von beträchtlichem Ausmaß über mehrere Jahrhunderte hinweg, der durch vergangene, gegenwärtige und zukünftige Emissionen von CO2 verursacht wird.“
Wie sicher sind die Prognosen?
Die IPCC-Berichte bieten eine Darstellung des bereits erfolgten Klimawandels. Daraus lassen sich die wahrscheinlichen Entwicklungen der kommenden Jahre ablesen. Je weiter man in die Zukunft schaut, um so unsicherer werden die Voraussagen und umso stärker hängen sie von unseren weiteren Emissionen ab.
Oft wird die Wahrscheinlichkeit einer Vorhersage verwechselt mit der Sicherheit, mit der diese Vorhersage gemacht wird. Die Wahrscheinlichkeit, beim Würfeln eine Sechs zu erwürfeln ist ein Sechstel. Obwohl das genau bekannt ist, kann man das Ergebnis eines künftigen Würfelwurfs nicht genau vorhersagen, sondern nur mit einer (genau bekannten) Wahrscheinlichkeit. Die IPCC-Berichte unterscheiden zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Aussage (beim Würfeln: ein Sechstel) und der Sicherheit, mit der diese Aussage getroffen wird, also das Vertrauen in die Aussagekraft eines Befundes. Dass man mit einer Wahrscheinlichkeit von einem Sechstel eine Sechs würfeln wird, wäre beispielsweise „praktisch sicher“.
Auch wenn mit einer 66-prozentigen Wahrscheinlichkeit der Temperaturanstieg unter 1,5 Grad Celsius bleibt, ist das Risiko von einem Drittel für ein Überschreiten nicht besonders beruhigend, wenn man die dramatischen Folgen einer solchen Überschreitung betrachtet. Ein Aufzugsseil muss auf das Zwölffache der maximalen Last ausgelegt sein. Ein Flugzeug, das nur mit einer 66-prozentigen Chance nicht abstürzt, würde auch keiner besteigen. Beim Klima scheint hingegen selbst eine 33-prozentige Chance, dass die Menschheit überlebt, akzeptabel zu sein.
Den Unterschied zwischen den Folgen einer 1,5-Grad-Erwärmung und einer 3-Grad-Erwärmung kann man auf der Webseite „Carbonbrief“ für alle Regionen der Welt ansehen.
Zusammenfassung
Alle Berichte des IPCC belegen, dass es allerhöchste Zeit ist für eine Verminderung der Treibhausgasemissionen. Die bereits unübersehbaren menschenverursachten Klimaveränderungen werden sich fortsetzen und zu einer weiteren Erderwärmung sowie einer nicht umkehrbaren weltweiten Klimaveränderung führen. Wie schlimm diese Zukunft sein wird, hängt entscheidend von den Emissionsmengen der kommenden 10 bis 20 Jahre ab. Ich schließe daher mit einem Zitat von Chemienobelpreisträger und Entdecker des Ozonlochs Sherwood Rowland: „Wozu ist die Entwicklung wissenschaftlicher Vorhersagen nütze, wenn wir am Ende nichts anderes machen, als dabei zuzusehen und zu warten, bis die Vorhersagen eingetroffen sind?“
Exkurs: Klimamodelle
Mit dem Klima kann man, anders als in vielen Naturwissenschaften üblich, nicht experimentieren. Um also herauszufinden, welches Klima wir auf der Erde ohne menschliche Treibhausgase hätten oder wie das Klima in 10 bis 20 Jahren aussieht, muss man Berechnungen mit sehr umfangreichen Computermodellen anstellen. Ein Klimamodell arbeitet ähnlich wie eine Wettervorhersage. Teilweise werden sogar dieselben Algorithmen verwendet. Statt über 14 Tage werden mit Klimamodellen jedoch hunderte oder sogar tausende Jahre vorausberechnet.
Zur Verbesserung der Modelle wurde im Jahr 1980 das Weltklimaforschungsprogramm („World Climate Research Programm“, kurz WCRP) gegründet. Es wird getragen von der Weltklimaorganisation und dem Weltsozialrat, unterstützt von der Internationalen Ozeanografischen Kommission der UNESCO. Das Programm finanziert und koordiniert den weltweiten Austausch von Ergebnissen der Klimaforschung. Die Ergebnisse des Weltklimaforschungsprogramms sind ein wesentlicher Input für die IPCC-Berichte.
Die Modelle decken inzwischen die ganze Erdoberfläche mit einer räumlichen Auflösung zwischen 200 und 10 Kilometer ab. Auch die Meere bis in die Tiefe und die höheren Luftschichten werden abgebildet. Die physikalischen Prozesse von Wärmeleitung, Verdunstung, Strahlung sowie CO2-Emission und Absorptionen werden von den Modellen nachgerechnet. Es ist sogar schon gelungen, über mehrere Millionen Jahre im Nachhinein die Entstehung der Zwischeneiszeiten nachzuverfolgen, die sich aus den Schwankungen der Erdumlaufbahn und der Sonnenstrahlung über lange Zeiträume ergeben haben. Andererseits ist die Abbildung von Klimakipppunkten in den Modellen bisher nur unzureichend gelungen.
Es gibt inzwischen weltweit rund 100 etablierte Klimamodelle. Vier davon stammen aus Deutschland: vom Alfred-Wegner-Institut Helmholtz-Zentrum (AWI), vom Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ), vom Deutschen Wetterdienst (DWD) und vom DLR. Sie werden im Rahmen eines WCRP-Projektes überprüft und auf den Teststand gestellt, indem man sie mit denselben Daten füttert und dann die Ergebnisse vergleicht. Die Modelle rechnen hypothetische Situationen durch, wie beispielsweise einen Vulkanausbruch, eine plötzliche Vervierfachung der CO2-Konzentration oder eine jährliche Erhöhung der CO2-Konzentration um 1 Prozent. Die Ergebnisse sind ein wichtiger Input für den sechsten Bericht des IPCC.
Eine wichtige Kenngröße von Klimamodellen ist die errechnete Klimasensibilität („Equilibrium Climate Sensitivity“, kurz ECS). Bisher ging man mit einer Unsicherheit von rund 1,5 Grad davon aus, dass eine Verdopplung der CO2-Menge in der Atmosphäre eine Erwärmung von 3,8 Grad zur Folge haben müsste. Nach einer Auswertung der aktuellen Modelle liegt die Klimasensitivität der meisten Modelle jedoch bei mehr als 4,5 Grad, also deutlich höher als bisher angenommen. Das deutet auf eine höhere Klimaempfindlichkeit hin. Ob es zu einer Verdopplung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre gegenüber der vorindustriellen Zeit kommt, hängt von den Emissionen der kommenden Jahre ab. Läuft alles so wie bisher, so ist das verheerende Ergebnis klar vorgezeichnet.