ED 01/13 Die 1.000-Watt Lösung von Köln (S.17)
ED 04/13 Zählertausch: Großbritannien wird smart (S.23)

Bücher zum Thema Strom

Glückwunsch an Peter Becker

Von Aribert Peters

(31. Mai 2021) Der renommierte Rechtsanwalt und Friedensaktivist Dr. Peter Becker hat im Januar 2021 seinen 80. Geburtstag gefeiert. Der Verein gratuliert ihm recht herzlich und bedankt sich für die jahrzehntelange Zusammenarbeit.

In den 1970er Jahren sorgte Becker mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) für Aufsehen. Der EMGR erkannte für Recht, dass die Bundesrepublik mit einer auf Grundlage des „Radikalenerlasses“ erfolgten Entlassung einer Lehrerin aus dem Staatsdienst aufgrund deren Parteimitgliedschaft gegen Art. 10 und 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstieß.

2057 Peter Becker / Zeichnung von Aribert Peters

Als sich die Stromkonzerne nach der Wiedervereinigung die Energieversorgung in den neuen Ländern einverleiben wollten, handelte Becker, beauftragt von 146 ostdeutschen Kommunen vor dem Bundesverfassungsgericht einen Vergleich aus, der zahlreiche Stadtwerke neu entstehen ließ. Becker gründete zusammen mit seinen Kollegen Büttner und Held die Anwaltskanzlei BBH, die heute 600 Mitarbeiter beschäftigt. Becker führte viele Prozesse, um die Energiemärkte zu liberalisieren, auch im Sinne der Verbraucher.

Aus der Großkanzlei BBH, die beim Preisprotest gegen die Verbraucher kämpfte, hat sich Becker völlig zurückgezogen. Becker blieb Energiewende-Aktivist, hat selbst Windräder und Solaranlagen errichtet und die deutsche Sektion der internationalen Friedensorganisation „IALANA“ gegründet, der er seit 2011 als Präsident vorsitzt.

Sein inzwischen in dritter Auflage erschienenes Buch „Vom Stromkartell zur Energiewende – Aufstieg und Krise der deutschen Stromkonzerne“ ist eine großangelegte Abrechnung mit der Verflechtung von Energiewirtschaft und Politik. Das Buch liest sich spannend wie ein Thriller. In der dritten Auflage ist ein 230 Seiten langer Aufriss über die Irrwege der Energiewende hinzugekommen.

Kurzschluss - wie unsere Stromversorgung teurer und schlechter wurde

Das Buch liegt jetzt in einer stark erweiterten Neuausgabe vor. Der Journalist Udo Leuschner hat seiner Bilanz von acht Jahren verfehlter Deregulierung des Strommarktes rund neunzig Seiten hinzugefügt.

"Kurzschluss - wie unsere Stromversorgung teurer und schlechter wurde"

(18. Juni 2007) Das Buch liegt jetzt in einer stark erweiterten Neuausgabe vor. Der Journalist Udo Leuschner hat seiner Bilanz von acht Jahren verfehlter Deregulierung des Strommarktes rund neunzig Seiten hinzugefügt. Neben verschiedenen Aktualisierungen und Textergänzungen (z.B. zu den steuerfreien Milliarden-Rückstellungen der Kernkraftwerksbetreiber) enthält das Buch acht völlig neue Kapitel sowie im Anhang eine Liste der Stromnetzbetreiber unter Aufsicht der Bundesnetzagentur, eine Übersicht der zahlreichen Grafiken und Tabellen sowie ein ausführliches Namens- und Sachregister.

Im ersten Teil des Buches ("Stromwirtschaft im Umbruch") befasst sich Leuschner nun noch eingehender mit den politischen Hintergründen der verfehlten Deregulierung. Er stellt fest, dass es die letzte Regierung unter Helmut Kohl war, die von Anfang an die Weichen falsch gestellt hat. Die Hauptverantwortung für die Nichtkorrektur des Fehlers und den fortgesetzten "Schmusekurs mit den Konzernen" sieht er aber bei den beiden folgenden rot-grünen Bundesregierungen. Er verdeutlicht ferner, daß die erhöhten Belastungen durch Stromsteuer, EEG und KWK-Gesetz keine hinreichende Begründung für den Strompreisanstieg liefern. Wo nicht minder wichtige Faktoren für den Preisanstieg liegen, veranschaulicht er im Kapitel über die "Preisveredelung an der EEX".

Im zweiten Teil, der die technischen Hintergründe und Risiken der Deregulierung behandelt, findet man jetzt auch ausführlich die europaweite Netzstörung beschrieben, die EON am 4. November 2006 verursachte. Wie Leuschner feststellt, wäre der Schaltungsfehler der EON-Netzleitstelle Lehrte vor ein paar Jahren noch vom System toleriert worden. Er habe nur deshalb so gravierende Folgen haben können, weil das UCTE-Netz inzwischen durch den Stromhandel und andere Folgen der Deregulierung bis an die Grenzen seiner Kapazität belastet sei.

Im dritten Teil ("Netznutzung und Netzentgelte") beleuchtet er in einem zusätzlichen Kapitel die Bemühungen der EU-Kommission, doch noch die Rahmenbedingungen für echten Wettbewerb herzustellen. Die neueste Forderung der Kommission nach eigentumsmäßiger Entflechtung der Netze deutet er als "Flucht nach vorn" angesichts der Tatsache, dass in sämtlichen EU-Ländern seit der Liberalisierung die Strompreise gestiegen sind - und das zum Teil sogar über die Hälfte (mit der einzigen Ausnahme Englands, und hier auch nur der Haushaltsstrompreise).

Kräftig erweitert hat der Verfasser auch den vierten Teil zum Thema "Management und Politik": Zum einen findet man hier nun beschrieben, wie Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder einen Spitzenjob beim russischen Energiekonzern Gazprom erhielt, dem er bereits in seiner Amtszeit als Bundeskanzler politisch behilflich war, und wie sein ehemaliger Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in den Aufsichtsrat von RWE Power einziehen durfte. Zum anderen wird ein kritischer Blick auf die Werbekampagnen geworfen, mit denen die Energiekonzerne versuchen, ihr Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit aufzuhellen und den Energieverbrauchern ein X für ein U vorzumachen.

Neben den wichtigsten Dachmarken- und Image-Kampagnen ("mein EON steht mir gut") schildert Leuschner beispielsweise die Affäre um den Fußballtrainer Daum, den RWE für Millionen Euro als Motivations-Guru anheuerte, um ihn dann als Totalschaden abzuschreiben, nachdem bekannt geworden war, dass Daum seiner eigenen Motivation mit Kokain aufhalf; oder die pompöse Geste, mit der die Energie Baden-Württemberg den Spickzettel eines Torhüters für eine Million Euro erwarb, während sie gleichzeitig keinen müden Cent mehr ausgeben wollte, um eine tatsächlich dem Allgemeinwohl dienliche Ausgabe wie die Unterhaltung ihrer elektrotechnischen Museen zu finanzieren.

Die exorbitanten Summen, die auf diese Weise für allerlei PR-Feldzüge und medienwirksame "Events" verausgabt werden, stammen natürlich aus überhöhten Strompreisen. Oder anders gesagt: Die Verbraucher werden nicht nur über Gebühr geschröpft, sondern müssen sogar ihre eigene Verdummung finanzieren.

Udo Leuschner, "Kurzschluss - Wie unsere Stromversorgung schlechter und teurer wurde", 330 Seiten, "Edition Octopus" im Verlagshaus Monsenstein & Vannerdat, Münster, ISBN 978-3-86582-451-6, Euro 17.50. Das Buch kann unter www.amazon.de bestellt werden.

letzte Änderung: 31.05.2021