125 Martin Jensen. Foto: obs/Peter Jensen GmbH/Angerer, Krafft

Brennwert plus: Auch für Altbauten

Auch mäßig gedämmte Altbauten brauchen auf Brennwerttechnik nicht zu verzichten. Durch die sogenannte Voll-Brennwerttechnik lässt sich zehn Prozent mehr Nutzen aus dem Brennstoff herausholen.
Von Aribert Peters

(23. September 2013) Die Brennwerttechnik hat mittlerweile die deutschen Heizungskeller erobert. Ein Viertel aller Gas- und sieben Prozent aller Ölheizungen sind Brennwertheizungen. Und nahezu jede dritte neue Ölheizung nutzt den Brennwert. Das hat seinen Grund. Denn Brennwertheizungen nutzen den Brennstoff besser aus und sparen damit Energie. Damit hat sich in den vergangenen Jahren ein deutlicher Wandel vollzogen.

289 Vollbrennwertheizung

Eine Vollbrennwertheizung

Brennwerttechnik: Grundlagen

Bei der Verbrennung von Öl und Gas entsteht Wasserdampf im Abgas. Wenn dieser Wasserdampf im Abgas kondensiert, also flüssig wird, dann wird genausoviel Energie frei, wie für das Verdunsten des Wassers benötigt wurde. Das sind immerhin etwa elf Prozent der im Erdgas enthaltenen Energie, bei Heizöl acht Prozent. Damit dieser Wasserdampf an einem Wärmetauscher kondensiert, muss dieser Wärmetauscher kalt genug sein, ähnlich wie sich nur an einer kalten Fensterscheibe Wasser niederschlägt.

Wärmeabgabe an das Heizwasser

In einem Edelstahlwärmetauscher wird das Verbrennungsgas von etwa 1.000 Grad auf circa 65 Grad heruntergekühlt und erwärmt dabei das von den Heizungen kommende Wasser. Zusätzlich gibt der im Abgas enthaltene Wasserdampf seine Kondensationswärme an das Wasser ab, das den Wärmetauscher durchläuft.

Rücklauf kalt genug?

Die spannende Frage ist nun: Ist das Rücklaufwasser kalt genug, um den Wasserdampf kondensieren zu lassen? Dafür darf es nicht wärmer als 57 Grad bei Gasheizungen und 48 Grad bei Ölheizungen sein. Der Wärmetauscher verschluckt zusätzlich 12 Grad, um die der Rücklauf unter der Kondensationstemperatur liegen muss. Ist das Rücklaufwasser wärmer als 36 Grad bei Gas, dann kann der Wasserdampf nicht kondensieren. Er entweicht dann still mit dem übrigen Abgas im Schornstein. Der Heizungsbetreiber merkt davon gar nichts, weil die Heizung nach wie vor normal heizt. Aber der Verbrauch ist höher, weil der Wasserdampf eben nicht kondensiert. Früher waren Vorlauf/Rücklauftemperaturen von 90/70 Grad üblich. Die Niedertemperaturtechnik arbeitet mit 50/30 Grad. Je nach Witterung und Heizungsauslegung wird es also knapp.

Zwei Drittel der Brennwertheizungen sind verbesserungsbedürftig

Im Auftrag der Verbraucherzentrale wurden im Jahr 2011 tausend Brennwertheizungen untersucht. Die Brennwertnutzung war nur bei einem Drittel der Geräte akzeptabel, bei einem Drittel ungenügend und beim Rest der Heizungen verbesserungsbedürftig.

Ein Liter Heizöl lässt einen ganzen Liter Wasser Wasserdampf kondensieren. Wenn man also das Abwasser der Heizung für einen Tag abfängt, dann kann man schnell sehen, ob der Wasserdampf kondensiert. Wenig Kondensat heißt schlechter Brennerbetrieb. Wer dagegen viel Wasser misst, hat die im Wasserdampf enthaltene Energie gut ausgenutzt. Das Versprechen aus dem Werbeprospekt wird dort wohl eingehalten. Wer Mängel feststellt, sollte den Fehler jedoch nicht sofort beim Hersteller suchen, sondern
zunächst die Einstellungen prüfen. Lesen Sie Details zur Prüfung: Brennwertkessel einfach kontrollieren

Warum keine Brennwertnutzung?

Wenn der Heizungsrücklauf zu warm ist, funktioniert die Brennwertnutzung nicht. Das passiert oft im Winter, wenn es draußen sehr kalt ist. Damit die Räume dann noch gemütlich warm werden, wird die Heizung hochgedreht. Der Rücklauf ist dann auch entsprechend wärmer. Wenn die Heizkörper zu klein bemessen sind, dann muss auch höher geheizt werden, damit es warm wird. Auch eine falsche hydraulische Einstellung führt dazu, dass Wasser zu schnell durch den Heizkörper fließt (zu hohe Pumpenleistung, falsch voreingestellte Thermostatventile, Vorlaufmischung).

Besonders in Altbauten mit schlechter Wärmedämmung gibt es einen hohen Heizbedarf. In diesen Häusern sind auch die Heizkörper oft zu klein und es fehlt ein hydraulischer Abgleich.

Vollbrennwertnutzung: Die Vetter-Story

Der Handwerksmeister und Erfinder Richard Vetter hatte die Idee, den im Abgas enthaltenen Wasserdampf in einem separaten Kunststoffwärmeübertrager kondensieren zu lassen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Abgase bereits auf rund 65 Grad abgekühlt wurden.

Im Kunststoffwärmeübertrager werden dann die Abgase weiter abgekühlt. So wird die für Kondensation nötige Temperatur unterschritten.

Die Kühlung übernimmt hierbei die für den Verbrennungsvorgang benötigte Frischluft auf ihrem Weg zum Brenner. Die Wärmeenergie wird auf diese Weise im System zurückgehalten und geht nicht mit dem Abgas verloren. Je kälter die einströmende Frischluft ist (zum Beispiel im Winter), desto besser wird der Wirkungsgrad. Denn dann werden die Abgase effektiver abgekühlt.

Da der Kunststoffwärmeübertrager unempfindlich gegenüber der im Kondensat enthaltenen Schwefelsäure ist, spielt der im Brennstoff enthaltene Schwefelanteil keine Rolle. Es können deshalb auch schwefelhaltige Heizöle verfeuert werden.

289 Funktionsschema einer Vollbrennwertheizung

Durch diese Anordnung ist bei diesen Voll-Brennwertkesseln der Brennwert weder last- noch rücklauftemperaturabhängig und sie können auch dort eingesetzt werden, wo sich die Vor- und Rücklauftemperaturen zwischen 90 und 60 Grad bewegen müssen. Man spricht deshalb auch von Hochtemperatur-Brennwertkesseln beziehungsweise „Voll-Brennwertkesseln“.

Vetter hatte seine Erfindung schon 1982 fertig. Seither sieht sich der cholerische Tüftler von „Banditen, verfluchten“, ja, von einer „ganzen Teufelsgesellschaft“ verfolgt, in Gestalt von renitenten Bezirksschornsteinfegermeistern, TÜV-Ingenieuren und Behördenvertretern.

Kern seiner Erfindung ist der Einbau eines zweiten Wärmetauschers im Kesselraum. Vetter hat verfügt, dass seine Erfindung nur von kleinen Heizungsfirmen genutzt werden darf.

Inzwischen ist die Vollbrennwerttechnik seit vielen Jahren erfolgreich am Markt. Sie ist also den Kinderschuhen entwachsen. Dennoch ist sie selbst bei Heizungsexperten kaum bekannt.

Luft-Abgas-System (LAS)

Das Abgas von Brennwertgeräten ist kühler als das aus üblichen Heizkesseln. Deshalb fehlt den Abgasen der Auftrieb. Zudem kondensiert das Restwasser im Abgas leicht innen im Schornstein und durchfeuchtet ihn dabei. Deshalb brauchen Brennwertgeräte eine feuchte und säureunempfindliche Abgasanlage. Das kann einfach und kostengünstig durch den Einzug eines Edelstahl- oder Kunststoffrohrs geschehen. Die Abgase werden mit einem Ventilator ins Freie gebracht.

Vorteilhaft ist auch ein Luft-Abgas-System (LAS). Dabei wird im Abgasrohr ein kleineres Rohr nach unten geführt für die Zuluft zur Heizung. Faktisch wirkt das LAS auch wie ein Wärmetauscher. Das nach oben abströmende Abgas erwärmt auf seinem Weg die in Gegenrichtung strömende Frischluft. Das dabei kondensierende Wasser fließt nach unten in die Heizung und wird dort aufgefangen und abgeführt.

Firmen am deutschen Markt

Die Vollbrennwerttechnik ist ausgereift und seit vielen Jahren und in vielen tausenden Geräten im Einsatz. Die Preise liegen kaum über dem Niveau von anderen Heizungen. Jedoch muss der jeweilige Heizungsinstallateur direkt beim Hersteller bestellen. Die branchenüblichen Provisionen sind auch hier im Preis einkalkuliert. Am deutschen Markt wird die Voll-Brennwerttechnik derzeit von vier Firmen angeboten: Der Firma Götz Heiztechnik (ProCondens, die in großen Stückzahlen in Deutschland und in der Schweiz vertreibt), der Firma von Richard Vetter: Veritherm, der Firma Zink aus dem Allgäu (bietet auch -Öl- und Gasbrennwerttechnik bis hinunter
zu 7,5 kW) und der Firma Kroll aus Kirchberg an der Murr.

Wann ist diese Technik für Sie interessant?

Wenn Sie Ihre alte Heizungsanlage (im Altbau) gegen eine neue Öl- oder Gasheizung auswechseln und auch bei Heizkörper- und Warmwasserbetrieb höchste Effizienz bei der Wärmeerzeugung verlangen, ist Vollbrennwert angesagt.

Vorteil: Bei diesem System können Sie im Brennwertbereich heizen, ohne dass sie auf niedrige Rücklauftemperaturen angewiesen sind. Außerdem brauchen Sie Ihre Heizflächen nicht zu vergrößern. Voll-Brennwertkessel können circa zehn Prozent mehr Energie aus der gleichen Menge Brennstoff schöpfen wie moderne Niedertemperaturheizungen. 

 

letzte Änderung: 23.12.2018