125 Martin Jensen. Foto: obs/Peter Jensen GmbH/Angerer, Krafft

Nachtabsenkung der Heizleistung

Nutzlose Nachtabsenkung

In gut gedämmten Häusern spart eine nächtliche Absenkung der Heiztemperatur kaum Energie: Der Energieexperte Werner Eicke Hennig räumt in einem Fachbeitrag der Zeitschrift „Gebäudeenergieberater“ mit einem üblichen Vorurteil gründlich auf.
Von Aribert Peters

(23. Juni 2012) In meiner Kindheit ging der Kohleheizkessel zuhause abends aus und wurde morgen neu angefeuert. Später war es die Ölzentralheizung, die nachts abgestellt wurde, um Energie zu sparen. Allerdings musste das ausgekühlte Haus morgens erst wieder aufgeheizt werden. Dafür ist mehr Heizenergie notwendig und auch eine deutlich höhere Kesselleistung, die sogar bei der Dimensionierung der Heizanlage extra berücksichtigt werden muss. Was unter dem Strich an Einsparung übrigbleibt, ist leider schwer zu ergründen.

Nächtliches Frieren

Es gibt keine Vorschrift, die eine Nachtabsenkung vorsieht. Allerdings muss jede Heizung die Möglichkeit dazu vorsehen. In Miethäusern gibt es mitunter Streit, wenn die die Räume schon ab 22 Uhr kühler werden und die Nachteulen unter den Mietern frieren müssen.

Ob und wie viel Energieeinsparung die Nachtabsenkung wirklich bringt, darüber gibt es zahlreiche und sehr kontroverse Ansichten. Erstaunlicherweise gibt es dazu jedoch kaum Messungen. Werner Eicke Hennig hat sich in einem Fachartikel für die Zeitschrift „Gebäudeenergieberater“ (Heft 4/2012, Seite 34) mit dem Thema befasst. Die einzige Messung zu dem Thema, so Eicke-Hennig, stammt aus dem Jahr 1947. Ergebnis: Die Absenkung spart vier bis fünf Prozent.

Eine Frage der Bauart

Ein Fachartikel aus dem Jahr 1975 beziffert die Einsparung einer achtstündigen Absenkung dagegen auf drei bis zehn Prozent bei Häusern mit schwerer Bauart und auf über 16 Prozent bei leichter Bauart. Die Einsparung hängt also von der Gebäudemasse ab.

Eine hohe Gebäudemasse wirkt bei der Nachtabsenkung kontraproduktiv: Wird die Heizung abgestellt, erwärmt die Gebäudemasse die Raumluft. Ein Einfamilienhaus wiegt immerhin 150 bis 200 Tonnen. Über Nacht ausgekühlte Innenbauteile müssen am Morgen wieder aufgeheizt werden. Ein Fachbuch schreibt dazu: „Je größer die Wärmespeicherfähigkeit der internen Baumassen ist und je kleiner im Verhältnis dazu die Wärmeverluste des Gebäudes, desto niedriger sind die durch eingeschränkten Heizbetrieb erzielbaren Einsparungen.“ Sprich: Ein sehr gut gedämmtes, massives Haus kann durch die Nachtabsenkung nichts sparen, weil die gute Dämmung und die große Speichermasse das nächtliche Auskühlen verzögern. Ein leichtes und noch dazu schlecht gedämmtes Haus dagegen kann sehr wohl durch Nachtabsenkung sparen.

Verminderung des Wärmeverbrauchs

1838 Tagabsenkung (Montag bis Sonntag gleich)

1838 Tagabsenkung (Montag bis Freitag) + Wochenabsenkung 60h (Freitag bis Montag

Dauer der Absenkung

Einsparung durch Nachtabsenkung in einem älteren schlecht gedämmten Gebäude. Es wird unterschieden zwischen Leichtbauweise (Fertighaus, leichte Innenwände) und schwere Bauweise (Außen- und Innenwände massives Mauerwerk). Die untere Grafik gilt für Gebäude mit Absenkung übers Wochenende und verschiedenen Absenkzeiten in der Woche.

Praktisch ausgedient

Da sich die Dämmung der Gebäude in den vergangenen Jahren deutlich verbessert hat und künftig sogar 80 Prozent des Gebäudenergiebedarfs eingespart werden soll (Energiekonzept der Bundesregierung), hat die Nachtabsenkung schon in naher Zukunft praktisch ausgedient.

Problematische Regelung

Um die Nachtabsenkung richtig zu nutzen, muss die Heizungsregelung an die Nutzung des Hauses angepasst werden: An welchen Tagen und zu welchen Zeiten darf die Heizung pausieren? Nur die wenigsten Nutzer sind aber in der Lage, ihre Regelung richtig zu bedienen. Regelungen aus den 70er Jahren erinnern an das Cockpit eines Airbus. Selbst der Heizungsmonteur blickt hier meist nicht durch.

Eine Untersuchung von Professor Dr.-Ing. Dieter Wolff von der Ostfalia Hochschule in Wolfenbüttel hat ergeben, dass 80 Prozent der untersuchten Heizungen noch immer mit der Werkeinstellung laufen. „Geh da bloß nicht ran“, hatte der Heizungsbauer dem Eigentümer oft mit auf den Weg gegeben. In den 90er Jahren wurden die Regelungen bedienerfreundlicher. Jetzt stellt sich die Frage, ob eine tiefere und längere Absenkung überhaupt noch einen Spareffekt bringt. Verbraucher fühlen sich an dieser Stelle von den Experten im Stich gelassen, weil eine klare Aussage zu diesem wichtigen Punkt fehlt.

Schimmelgefahr

Wenn nachts die Räume auskühlen, dann kann die Taupunkttemperatur rasch unterschritten werden. Die Luftfeuchtigkeit kondensiert dann an den Wänden und den Fensterscheiben wie der Tau am Morgen auf einer Wiese. Insbesondere die ohnehin kritischen Raumteile wie Ecken und Kanten, die ohnehin kälter sind, könnten nachts schnell feucht werde und Schimmelpilze wachsen lassen.

Grundsätzlich gilt, dass bei Fußbodenheizungen oder Wärmepumpen eine Nachtabsenkung wegen der längeren Aufheizzeiten nicht sinnvoll ist. Aber auch gute gedämmte Häuser sparen durch die Nachabsenkung kaum Energie.

Temperaturverlauf bei Heizungsoptimierungsfunktionen mit zeitvariabler Aufheizung

1838 Außentemperatur ca. +5° C

Außentemperatur ca. +5° C (temperaturvariable Aufheizung, Aufheizzeit = 2h)

1838 Außentemperatur ca. -5° C

Außentemperatur ca. -5° C (zeitvariable Aufheizung, Aufheizzeit > 2h)

1838 Außentemperatur ca. -15° C

Außentemperatur ca. -15° C (zeitvariable Aufheizung, Aufheizzeit > 2h)

Abschalten und ausprobieren

Ob und wie stark Verbraucher von einer Nachtabsenkung profitieren, hängt vom Einzelfall ab. Professor Dr. Ing. Dieter Wolff berichtet im Interview mit der ENERGIEDEPESCHE über den aktuellen Wissensstand.

305 1838 Dieter Wolff

Dieter Wolff - Professor für Versorgungstechnik von der Ostfalia-Hochschule Wolfenbüttel

ED: Lässt sich tatsächlich durch die Nachtabsenkungen Energie einsparen? In welcher Größenordnung liegt die Einsparung?

Wolff: Bei älteren Gebäuden mit keinem oder geringem Wärmeschutz – typischerweise Baujahr vor 1975 – erzielt man durch Nachtabsenkung Einsparung zwischen fünf und zehn Prozent, bezogen auf den gesamten Energieverbrauch. Mehr noch spart man in Büro- oder Schulgebäuden durch längere Heizpausen zum Beispiel am Wochenende.

Bei niedrigen Außentemperaturen ist die Einsparung größer.

In einem gut gedämmten Gebäude ist die Einsparung jedoch geringer. Wenn man in einem solchen Gebäude nachts die Heizung ausschaltet und die Temperatur im Gebäude sinkt nur um ein bis zwei Grad, wird auch die Einsparung geringer ausfallen.

ED: Sind Ihnen tatsächliche Messungen der Einspareffekte durch Nachtabsenkungen bekannt?

Die Einsparung, von denen wir ausgehen, wurden nicht gemessen, sondern vor etwa 15 Jahren berechnet.

ED: Wie hoch ist der Aufwand für das Aufheizen am Morgen?

Wesentlich ist hier die notwendige höhere Leistung der Heizung, die um 30 bis 50 Prozent über dem Wert ohne Nachtabsenkung liegt. Wenn in Büros und Schulen über das Wochenende abgesenkt wird, dann liegt die Zusatzleistung sogar bei 50 bis 70 Prozent. Bei Fernwärmeanschlüssen geht diese zusätzliche Leistung dann ins Geld. Bei Wärmepumpen steht diese zusätzliche Leistung oft gar nicht zur Verfügung.

ED: Steigt der Einspareffekt, je tiefer die Temperatur in der Nacht abgesenkt wird?

Ja, im Winter ist die Absenkung auf 13 bis 14 Grad begrenzt und dies tritt auch nur dann auf, wenn ein ganzes Wochenende nicht geheizt wurde.  Bei Wohngebäuden tritt ein solcher Wert normalerweise nicht auf.

ED: Welchen Einfluss hat die Nachtabsenkung auf die Brennwertnutzung?

Das hat keinen Einfluss.

ED: Wie ist der Effekt bei Wärmepumpen und Fußbodenheizung?

Bei Wärmepumpen empfiehlt es sich, keine Absenkung durchzuführen, insbesondere bei Luft-Wärmepumpen. Bei Fußbodenheizung muss die Wiederaufheizung wegen der größeren Trägheit entsprechend früher beginnen. Entsprechend geringer sind die Einsparungen durch die Absenkung.

ED: Wie ist es um die Einsparmöglichkeiten bei einer Etagenwohnung mit einer Gasheizung bestellt?

Auch dafür gibt es Absenkprogramme, die genutzt werden sollten. Die Regler sind entsprechend programmierbar.

ED: Um wie viel Uhr soll die Nachtabsenkung sinnvollerweise beendet werden?

In der kalten Jahreszeit muss früher mit dem Aufheizen in den frühen Morgenstunden begonnen werden, weil die Aufheizzeit länger ist. Moderne Regelungen – möglichst mit Heizungsoptimierungsfunktion – berücksichtigen dies automatisch. Der Nutzer stellt nur die Zeiten der Heizpause ein, ab denen die Räume nicht mehr genutzt werden und zu denen es wieder warm sein muss. Und die Regelung bestimmt dann in Abhängigkeit von der Außentemperatur automatisch die Uhrzeit, zu der das Aufheizen starten muss.

ED: Was empfehlen Sie Verbrauchern hinsichtlich der Nachtabsenkung?

Verbraucher sollten im Winter ruhig einmal bei Außentemperaturen unter null die Heizung über Nacht abschalten. Je niedriger die Temperatur am nächsten Morgen ist, umso mehr kann man durch Nachtabsenkung an Energie einsparen. Sinkt die Raumtemperatur um mehr als drei Grad ab, dann lohnt sich eine Nachtabsenkung und die Heizungsregelung sollte entsprechend programmiert werden.

ED: Vielen Dank für das Gespräch!

Nachtabsenkung spart fünf Prozent

Einfacher geht es nicht: Wer nachts auf etwas Wärme verzichtet, spart etwa fünf Prozent Energie.

Nachtabsenkung spart fünf Prozent

Einfacher geht es nicht: Wer nachts auf etwas Wärme verzichtet, spart etwa fünf Prozent Energie. Für die Aufheizung am nächsten Morgen reicht in den meisten Fällen die normale Heizleistung.

(4. Juni 2006) - Wenn man nachts die Raumtemperatur absenkt, verbraucht man in dieser Zeit zwar weniger Energie. Am nächsten Morgen muss man dann dafür stärker heizen. Viele Verbraucher glauben deshalb, dass unter dem Strich die Nachtabsenkung keine Energie einspart. Das ist falsch.

3 bis 8 Prozent Einsparung

Richtig gemacht, ergibt sich durch die Nachtabsenkung netto eine Energieeinsparung von etwa drei bis acht Prozent. Wenn man allerdings nur die Aufheiztemperatur des Heizwassers verringert und die Pumpen weiterlaufen lässt, öffnen sich in den Räumen alle Thermostatventile, eine druckgeregelte Pumpe fährt somit auf volle Leistung. Das verbraucht unnötig Strom, obwohl die Raumtemperatur nur geringfügig sinkt. Besser ist eine echte Nachtabschaltung.

Die Einsparung hängt davon ab, wie schnell die Temperatur im Gebäude sinkt. Bei Gebäuden in Leichtbauweise ist eine größere Ersparnis durch Heizungsunterbrechung zu erwarten als bei Gebäuden in schwerer Bauweise.

Zusätzliche Aufheizleistung

Am kältesten Tag des Jahres reicht die Heizleistung gerade aus, um die Temperatur im Gebäude zu halten. Für diesen Extremfall müssen alle Komponenten der Heizung (Kessel, Heizkörper) ausgelegt sein. Wenn nun das Gebäude nachts zusätzlich auskühlt, dann reicht die Heizleistung nicht aus, um das Gebäude noch zusätzlich vom abgesenkten Zustand auf den Normalzustand zu erwärmen. Man benötigt dann eine zusätzliche Aufheizleistung. Manch ein Bauherr scheut die damit verbundenen zusätzlichen Kosten und verzichtet auf die Aufheizleistung. Die seit Oktober 2004 verbindliche neue Norm DIN EN 12831 für die Bestimmung der Heizlast schreibt deshalb vor, dass der Planer die Aufheizleistung mit dem Auftraggeber vereinbaren muss.

Die Aufheizleistung je Quadratmeter Wohnfläche ist umso höher, je kürzer die gewünschte Aufheizzeit ist und je größer die Absenkung ist.

Günstiger: Keine Extraleistung

Der Bauherr entscheidet sich am besten gegen eine extra Aufheizleistung. Denn nur an sehr weniger Tagen im Jahr ist es so kalt, dass die Heizungsleistung voll ausgeschöpft wird. An diesen wenigen Tagen kann man gut auf die Nachtabsenkung verzichten, etwa, indem man sie, je nach Wetterbericht, manuell ausschaltet. Andernfalls muss man nicht nur eine größere Heizung bezahlen, sondern auch die Kosten dafür, dass die Heizung insgesamt zu groß ist und damit auch im Normalbetrieb einen höheren Energieverbrauch hat.

Sonderfälle

Für vermietete Wohnungen kann der höhere Komfort durch eine Aufheizleistung den Mietwert erhöhen. Die höheren Energiekosten könnten andererseits die Vermietbarkeit vermindern. Für Gebäude mit sporadischer Nutzung wie Sportstätten, Tagungsstätten, Ferienheime usw. sollte eine Aufheizleistung unbedingt eingeplant werden. Raumweise ist dies auch zu empfehlen für Nebenräume in Gaststätten, für Schlafzimmer etc. In diesem Fall werden die Heizkörper entsprechend größer dimensioniert.

1838_Wie sinnvoll ist die Nachtabsenkung? Aufheizfaktor in grafischer Darstellung

Die Aufheizleistung liegt bei einer Abkühlung von zwei Grad und einer Aufheizzeit von einer Stunde bei 20 Watt je Quadratmeter. Sie erreicht damit fast 50 Prozent der Nettoheizlast.

letzte Änderung: 23.06.2012