Heizungsregelung: Einfach aber smart!
Vom elektronischen Heizkörperthermostat bis zur frei programmierbaren Industriesteuerung für Heizzentralen gibt es eine breite Auswahl an Regelungen. Aber eine günstige, simpel zu installierende und zugleich smarte Nachrüstlösung für die eigene Heizung fehlte – zumindest bisher.
Von Louis-F. Stahl
(23. März 2017) Wer seine Wohnung weniger beheizt, spart pro Grad weniger etwa sechs Prozent an Heizkosten. Eine Nachtabsenkung kann besonders in schlecht gedämmten Häusern eine Einsparung bringen. Wer tagsüber, am Wochenende oder im Urlaub nicht zu Hause ist und die Heizung herunterfährt, spart noch kräftiger. Viele Heizungen sind sogar im Sommer nicht völlig abgeschaltet und verbrauchen unnütz Energie.
Doch es ist schwierig, der Heizung die richtigen Signale zu geben, wann und wie warm man es gerne hätte.
Lösungen bieten derzeit programmierbare Raumthermostatventile oder Heizungsregelungen, die sich je nach Modell auch über Funk oder Internet aus der Ferne programmieren lassen.
Elektronische Thermostatventile
Im jedem Baumarkt findet man elektronische Heizkörperthermostate, die sich einfach ohne Fachkenntnisse statt der Drehregler auf das Heizkörperventil klipsen lassen. Einmal programmiert wird die Raumtemperatur zu bestimmten Zeiten abgesenkt.
Diese Geräte gibt es von No-Name-Billigware, die nach Erfahrung des Autors oft nur einen Winter hält, über günstige, aber langlebige Geräte wie den Honeywell HR20 Rondostat ab 20 Euro, bis hin zu komfortableren Geräten mit großem Display wie den HR25 Energy für etwa 30 Euro pro Stück.
Einfach, preiswert und mit einem Handgriff auch in Mietwohnungen angebracht: Elektronisches Heizkörperthermostat „Honeywell HR25“ mit bis zu drei Absenkphasen pro Tag und auf 0,5 °C genauer Einstellmöglichkeit.
Von den genannten Markengeräten habe ich im Familien- und Freundeskreis in den letzten fünf Jahren bereits rund zwei Dutzend installiert, die bisher allesamt einwandfrei funktionieren. Die Batterien oder Akkus sind jährlich zu wechseln, das Einsparpotenzial schwankt je nach Absenkzeiten erfahrungsgemäß zwischen 10 und 20 Prozent.
Video: Testbericht Honeywell Rondostat HR-25 Energy Thermostat
Die Steuerung des Heizkessels
Die ganze Heizung bei Abwesenheit herunterzufahren spart mehr als nur einzelne Räume abzuregeln. Erster Ansatzpunkt ist die Steuerung der vorhandenen Heizung. Alle Regelungen reagieren auf die Außentemperatur – das ist auch gesetzlich vorgeschrieben: Je kälter es draußen ist, umso stärker wird geheizt. Die sogenannte Heizkurve lässt sich vom Nutzer verändern.
Die Absenkzeiten lassen sich an der Regelung einstellen. Aber der Außentemperaturfühler ist kein guter Wetterprophet! Genauso unintelligent merkt die Heizung nicht, dass alle Bewohner das Haus verlassen haben und heizt dennoch die leeren Räume auf Wohlfühltemperatur. Selbst wer seiner Heizung ein Wochenprogramm für An- und Abwesenheit mühsam eintrichtert: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Moderne Lösungen
Man wünscht sich, die Heizung übers Handy zu steuern, Wetterinformationen, Abwesenheit und mehrere Wärmequellen berücksichtigen zu können. Dafür wurde in der Energiedepesche schon über mehrere Lösungen berichtet, die dies in unterschiedlichem Umfang leisten:
- Ulrich-Regler (2015)
Kostengünstige Lösung auf Basis einer Zeitschaltuhr mit Berücksichtigung von passiven Gewinnen durch Sonneneinstrahlung. - Tado-Regelung (Innovationspreis der Energiedepesche 2013)
Wie beim bekannten „Nest-Thermostat“ von Google handelt es sich bei der selbstlernenden Tado-Regelung um ein internetgestütztes Cloud-System, dass auf die Server vom Hersteller angewiesen ist. Neben der Programmierung der Raumtemperaturen zu bestimmten Zeiten, kann das Tado-System bei Nutzung der Smartphone-App durch alle Hausbewohner auch feststellen, wann niemand daheim ist und von selbst eine Temperaturabsenkung vornehmen. Beginnt ein Bewohner seinen Heimweg, beginnt das Tado-System automatisch mit der Aufheizung. Zusätzlich zur 350 Euro teuren Basisversion fürs Einfamilienhaus bietet Tado auch Funk-Heizkörperthermostate für rund 80 Euro pro Stück an. Auf diesem Weg lässt sich die Regelung der Wärmeerzeugung und Wärmeverteilung im Wohnraum aus einer Hand bewerkstelligen. - Heizungsregelung UVR16x2 (2014)
Frei programmierbare Universalregelung, die auch ohne Internetanschluss funktioniert. Kompliziert und mit rund 760 Euro einschließlich der optionalen online-Anbindung relativ teuer. Dafür lassen sich mit dieser Lösung auch komplizierte Anlagen mit mehreren Wärmeerzeugern wie einem Gaskessel, einem Holzofen im Wohnraum mit Wassertaschen und zusätzlich einer Solarthermie problemlos steuern.
Thermostat-Starterkit von Tado mit Funk-Raumthermostat (oben links), Funk-Kesselsteuerung „Extension“ (oben rechts) und Internet-Gateway (unten links).
Netatmo Thermostat
Eine neue Lösung soll hier beschrieben werden: Das Cloud-Thermostat vom französischen Hersteller Netatmo, der hierzulande für seine Wetterstationen bekannt ist. Für nur rund 140 Euro erhält man zwei Bausteine: Einen frei positionierbaren Raumthermostat und ein Relais für den Heizkessel. Beide verbinden sich automatisch per Funk. Das Relais klinkt sich zudem in das heimische WLAN ein, so dass keine separate Internet-Bridge wie bei Tado notwendig ist.
Der günstige Preis hat aber einen Nachteil: Das Netatmo Thermostat kann den Heizkessel nur Ein/Aus schalten. Eine Regelung der Vorlauftemperatur oder gar eine Bus-Kommunikation mit der Heizung bietet Netatmo im Gegensatz zu Tado nicht. Dies erscheint nur auf den ersten Blick dramatisch, denn die meisten Heizungen besitzen bereits eine Heizkurveneinstellung, welche man weiterhin nutzen kann. Netatmo bietet einen Vorab-Check an, um zu prüfen, ob die eigene Heizung kompatibel ist.
Zusätzliche Funk-Heizkörperthermostate für rund 70 Euro pro Stück hat Netatmo angekündigt, diese sind aber noch nicht lieferbar.
Einbau der Thermostate
Anders als bei der vollwertigen Heizungsregelung UVR16x2 mit eigenen Sensoren gestaltet sich der Einbau der Cloud-gesteuerten Module von Tado und Netatmo sehr einfach. An das Stromkabel vom „Relais“ beziehungsweise dem „Extension Kit“ kann man einen normalen Stecker aus dem Baumarkt für eine Steckdose anbringen und anschließend müssen nur zwei Adern mit dem Heizkessel verbunden werden. Im Praxistest hat es sich als schwierigste Aufgabe erwiesen, das Gehäuse vom Heizkessel zu öffnen und die richtige Anschlussklemme im Kessel zu finden. Unter Angabe der Kesselbezeichnung lassen sich dafür hilfreiche Kessel-Anleitungen im Internet finden, sollten die Unterlagen vor Ort nicht auffindbar sein. Die Installation der Hardware war nach rund zwei Stunden erledigt.
Einbau vom Netatmo Thermostat in eine Buderus-Brennwerttherme. Nur zwei Adern müssen im Kessel angeschlossen werden (oben rechts). Das Relais (Mitte) schaltet darüber die Wärmeanforderung. Vorlauftemperatur und Heizkurve werden weiterhin vom Kessel gesteuert (unten). Der Funk-Raumthermostat (Verpackung oben links) wird im Wohnraum positioniert.
Die Einrichtung der Kesselsteuerung für die Berücksichtigung der externen Freigabe und der Netatmo-App nahm wegen anfänglicher Startschwierigkeiten ebenfalls rund zwei Stunden in Anspruch. Die zweite Installation eines Netatmo-Thermostates in einem anderen Haus mit anderem Heizungstyp gelang dann bereits in insgesamt einer Stunde. Wer sich also geschickt anstellt, ist schneller fertig. Wie Installation und Einrichtung eines Netatmo Thermostat leicht gelingen und was mit App sowie Webinterface möglich ist, zeigt ein Video.
Nutzungserfahrungen
Nach der Installation von insgesamt drei Netatmo-Thermostaten in unterschiedlichen Gebäuden im letzten Jahr hat sich das System als praktisch und zuverlässig erwiesen. Die Steuerung ist einfach und intuitiv zu bedienen – sowohl unterwegs am Smartphone, als auch über das Webinterface. Mittels Berücksichtigung der Wettervorhersage startet die Heizung rechtzeitig, um zum gewünschten Zeitpunkt den Sollwert zu erreichen. Soll es spontan dann doch etwas wärmer sein, kann mit einem Tastendruck am Funk-Raumthermostat die Sollwerttemperatur verändert werden. Als schwierig hat sich die Findung eines Referenzraumes für das Innenraumthermostat erwiesen. Steht es im Wohnzimmer, kann es im Arbeitszimmer zu kalt sein und umgekehrt. Mit einigen Verrenkungen im Webinterface lassen sich aber Netatmo-Wetterstationen als zusätzliche Raumfühler nutzen, was dieses Problem lösen kann (siehe Video). Komfortabler ginge es mit den angekündigten Heizkörperthermostaten, welche zusätzlich auch die Temperatur weiterer Räume messen können.
Webinterface vom Netatmo Thermostat mit historischer Auswertung von Außentemperatur (blaue Linie), Raum-Sollwerttemperatur (orangene Linie), tatsächlicher Raumtemperatur (schwarze Linie) und Laufzeit der Heizung (orangene Balken). Über ein Tagesband für jeden Wochentag erfolgt die Programmierung (unten).
Fazit
Wer eine über PC oder Smartphone steuerbare Heizungsregelung sucht, der ist mit dem Thermostat von Netatmo gut bedient. Selbst wenn der Anbieter den Dienst irgendwann einstellen sollte, sind die 140 Euro kein allzu schmerzlicher Verlust.
Das Thermostat von Tado leistet zwar etwas mehr, kostet aber auch mehr als den doppelten Preis. Eine Steuerung für komplexe Anlagen – noch dazu ohne eine Cloud-Zwangsbindung – können beide Thermostate nicht ersetzen, sind aber eine gute Lösung für einfache Heizungen.
Ergänzende Heizkörperthermostate beider Anbieter kosten ein Vielfaches verglichen mit guten elektronischen Heizkörperthermostaten ohne Funkanbindung wie die erwähnten HR20 und HR25 von Honeywell.
Die Lösung aus einer Hand für Kessel und Heizkörper, geregelt durch eine einzige Steuerung, bietet zwar noch mehr Komfort und eine noch bessere Regelung, lohnen dürfte sich der saftige Mehrpreis dafür aber nicht.