Silizium: der Stoff für Träume

Wo kommt das Silizium für die Solarzellen her? Gibt es dafür ausreichende Produktionskapazitäten?
Von Anthea Peters

16. Oktober 2003

Sand, Mikrochips und Solarzellen:

Nicht nur, dass alle drei aus dem Alltag der Zukunft nicht mehr wegzudenken sind. Alle drei bestehen aus dem Element Silizium. Silizium ist das Element, das nach Sauerstoff am häufigsten auf der Erde vorkommt. Es wird in Niederschachtöfen aus Seesand oder Felsenquarz gewonnen. Dieses "Rein-Silizium" hat einen Reinheitsgrad von 98 - 99,5%. Es muss nun für die Verwendung in der Chipindustrie noch weiter gereinigt werden, so dass es einen Reinheitsgrad von 99,9999999% hat. Das Verfahren, das für eine derartige Reinigung angewandt werden muss, ist sehr teuer und aufwendig. Daher liegt der Preis für dieses sog. Prime-Silizium zwischen 40 und 50 US$ je kg.

Solarsilizium

Bisher war ausschließlich von der Siliziumproduktion für die Chipindustrie die Rede. Wo aber bekommt die Solarindustrie ihr Silizium her? Die Anforderungen an die Reinheit des Solarsiliziums sind etwa um den Faktor 100 bis 1.000 geringer. Somit kann die Solarindustrie die Abfälle der Chipindustrie verwerten, die aufgrund ihres geringeren Reinheitsgrades nicht ihren Anforderungen genügen. Da es sich bei diesem Silizium um Restposten mit geringerer Qualität handelt, ist der Kilopreis auch entsprechend geringer. Er liegt derzeit bei 20 - 25 US$ je kg. Das ist allerdings noch immer sehr hoch, denn der Preis für das Silizium spielt eine große Rolle beim späteren Systempreis. Dies gilt für die kristalline Technologie, bei der die aktive Schicht mit 300 µm relativ dick ist und beim Sägen viel Material im wahrsten Sinne des Wortes verpulvert wird. Auch Hubert Aulich, Vorstand der PV Silicon Forschungs- und Produktions AG, sagt: "Ideal wäre für uns ein langfristig sicherer Materialpreis von 15 bis 20 US$."

Versorgungsengpässe?

Ein anderer Aspekt ist, dass es eventuell zu Versorgungsengpässen mit Silizium kommen könnte. Natürlich ist man bemüht, von einem teuren Rohstoff möglichst viel einzusparen. Doch das Einsparpotenzial bei kristallinen Solarzellen ist begrenzt. Mitte der neunziger Jahre brauchte man noch 20g Silizium pro Wp, heute nur noch 16g. Rein theoretisch denkbar wäre eine weitere Reduzierung auf 10g. Diese könnte man mit einer Einsparrate von jährlich 5% im Jahre 2010 erreichen. Diese Einsparung an Material wird durch den weltweiten Boom des PV-Marktes mit jährlichen Zuwachsraten von 15% bei weitem wettgemacht. Der Anteil der kristallinen Solarzellen wird in den kommenden Jahren voraussichtlich zugunsten der Dünnschichttechnologie zurückgehen. Diese Technologie hat nur etwa ein Hundertstel des Verbrauches einer kristallinen Zelle und kennt praktisch keinen Materialverlust. Eine vorsichtige Schätzung beläuft sich auf einen Marktanteil von 20% im Jahre 2010. All diese Faktoren einbezogen entsteht so im Jahre 2010 ein Materialbedarf von 8.000 t Silizium im Jahr, was eine Verdopplung der jetzigen Menge bedeutet. Kann dieser Bedarf mit Abfällen aus der Chipindustrie gestillt werden?

Der Silizium-Weltmarkt

Zur Zeit werden wegen der lahmenden Halbleiterkonjunktur nur etwa 17. 000 t Reinst-Silizium produziert. Die Abfälle decken allerdings derzeit nur etwa die Hälfte der anfallenden 4.300 t. Die andere Hälfte kommt aus der Nutzung der "product by purpose" - Linie der Siliziumproduzenten. Es werden dabei in etwa die gleichen Produktionsschritte wie bei der Produktion des Reinst-Siliziums durchlaufen, verkauft wird aber zu dem gleichen Preis wie bei den Restposten: zwischen 20 und 25 US$ pro Kilo. Verdienen lässt sich mit dieser Art der Produktion nichts, lediglich die teuren Produktionsanlagen werden ausgelastet. Sollte jetzt aber die Konjunktur der Halbleiter- Industrie wieder anlaufen, wird dieses "product by purpose" zugunsten der gewinnbringenderen Produktion für die Chipindustrie heruntergefahren. Der PV-Markt wird dann entweder mit steigenden Preisen oder mit echten Versorgungslücken konfrontiert werden. Es müssen also eigene Produktionstätten für Solarsilizium geschaffen werden.

Solarsilizium Made in Germany

Tatsächlich planen zwei Unternehmen, in Deutschland eigene Produktionsstätten für Solarsilizium zu eröffnen. Frank Asbeck, Vorsitzender von Solarworld, plant eine Solar-Siliziumproduktion im sächsischen Freiberg. In Erfurt ist Ende Juli eine weitere Firma gegründet worden, die mono- und polykristalline Siliziumwafer produzieren will. Die Firmen Crystalox Ltd. im britischen Oxfordshire und PV Silicon AG, Erfurt, haben Ende Juni die Gründung eines gemeinsamen Tochterunternehmens namens PV Crystalox Solar AG bekannt gegeben.

Abschließend kann man sagen: Das Problem wurde erkannt und man ist mit der Lösung auf dem besten Wege.

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