Aktuelle Steuertipps für Betreiber von Solarstromanlagen
Eine Photovoltaikanlage, die Solarstrom erzeugt und ins Netz einspeist, führt aus Sicht des Finanzamts zu Einkünften aus einem Gewerbetrieb und macht aus Privatpersonen Unternehmer, auch wenn sie sonst nicht selbständig tätig sind. Zwei Steuerarten stehen im Mittelpunkt: Umsatzsteuer und Einkommensteuer. Knifflig wird es bei Eigenverbrauch und Stromlieferung an Nachbarn und Mieter. Hierzu steht eine Klarstellung der Finanzverwaltung an.
Thomas Seltmann ist unabhängiger Experte und Autor des Stiftung-Warentest-Ratgebers „Photovoltaik – Solarstrom vom Dach“. www.photovoltaikratgeber.info
(26. März 2014) Bei der Umsatzsteuer ist nicht einmal eine Gewinnerzielung notwendig. Wer regelmäßig Solarstrom erzeugt und nicht nur privat verbraucht, ist umsatzsteuerpflichtig. Und zwar unabhängig davon, ob er Gewinne erzielt. Aber damit ist es nicht getan.
Betroffene Steuerarten bei Photovoltaikanlagen
Umsatzsteuer | in der Regel |
Einkommensteuer | wenn gewinnbringend |
Gewerbesteuer | wenn gewinnbringend und wenn Freibetrag überschritten |
Grunderwerbsteuer | bei Verkauf des Grundstücks wenn Anlage mitverkauft wird und dem Eigenverbrauch dient sowie bei dachintegrierten Anlagen |
Bauabzugsteuer | Neu: nein |
Körperschaftsteuer | wenn gewinnbringend und der Betreiber eine Kapitalgesellschaft, Genossenschaft oder Verein (juristische Person) |
Völlig neu und gewöhnungsbedürftig für private Betreiber ist vor allem das Thema „Umsatzsteuer“. Neu gegründete Unternehmen wie PV-Anlagen von sonst nicht selbständig tätigen Betreibern müssen in den ersten beiden Jahren monatliche Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben und dann noch reguläre Jahreserklärungen ausfüllen.
Hinzu kommt die Forderung der Finanzverwaltung, alle Erklärungen nur noch elektronisch abzugeben. Wenigstens hier zeigen sich die Finanzämter kulant und lassen auf Anfrage in der Regel die Abgabe von Papierformularen weiterhin zu.
Umsatzsteuerpflicht finanziell vorteilhaft
Die meisten Anlagenbetreiber können sich von der Umsatzsteuerpflicht befreien lassen. Möglich ist das für Kleinunternehmer mit bis zu 17.500 Euro Umsatz pro Jahr. Diese Summe überschreiten Photovoltaikanlagen erst ab einer Größe von etwa 50 bis 100 Kilowatt Leistung. Jedoch bringt die Umsatzsteuerpflicht dem Betreiber einen wesentlichen finanziellen Vorteil. Sie berechtigt zur Vorsteuererstattung. Vorsteuer ist die Umsatzsteuer, die beispielsweise ein PV-Betreiber an seinen Installateur beim Kauf der Anlage bezahlt hat. Bei einem Steuersatz von 19 Prozent verbilligt sich die Anlage dadurch um rund 16 Prozent.
Für den verkauften Strom, genauer die dabei eingenommene Vergütung, muss der Betreiber Umsatzsteuer ans Finanzamt zahlen. Doch diese Umsatzsteuer für den eingespeisten Strom erhält der Betreiber laut EEG zusätzlich zur gesetzlichen Vergütung.
Unterm Strich heißt das: Der Betreiber kauft die Anlage günstiger und erhält die ans Finanzamt abzuführende Umsatzsteuer für den verkauften Strom zusätzlich zur Einspeisevergütung vom Netzbetreiber.
In den üblichen Wirtschaftlichkeitsrechnungen ist dieser Vorteil bereits berücksichtigt, jedoch ohne den Hinweis, dass der Betreiber sich dafür auf etwas Papierkram einlassen muss, indem er auf eine Umsatzsteuerbefreiung als Kleinunternehmer verzichtet und stattdessen „zur Umsatzsteuerpflicht optiert“.
Eigenverbrauch verkompliziert
Noch ein wenig komplizierter wird es, wenn der Strom nicht vollständig ins Netz gespeist wird, sondern im Privathaushalt verbraucht oder an Mieter, Nachbarn oder einen anderen Dritten geliefert wird. Auch dieser Solarstrom unterliegt der Umsatzsteuer. Anlagen, die zwischen 2009 und März 2012 gebaut wurden, erhalten dafür sogar eine besondere Vergütung.
Für die steuerliche Abrechnung dieser Vergütung musste sich der Fiskus eine besondere Vorgehensweise einfallen lassen. Rechnerisch wird demnach auch der direkt verbrauchte Solarstrom zunächst zum vollen Einspeise-Vergütungssatz ins Netz gespeist. Gleichzeitig wird der Strom zum Differenzbetrag zwischen Einspeisevergütung und Eigenverbrauchsvergütung wieder an den Verbraucher zurückgeliefert (siehe auch Einspeisung ans Finanzamt).
Damit wird auch hier die Umsatzsteuer für den vollen Vergütungssatz ans Finanzamt bezahlt. Der private Eigenverbrauch wird faktisch mit der Differenz zwischen Vollvergütung und Eigenverbrauchsvergütung angesetzt (Bemessungsgrundlage).
Weiterführende Veröffentlichungen
- Informationen und Ausfüllhilfe des Bayerischen Landesamtes für Steuern
- Auf der Internetseite www.pv-steuer.de wird ein kostengünstiges und aktuelles Excel-Tool für die steuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen angeboten.
Warum für den privaten Verbrauch Umsatzsteuer zu zahlen ist? Private Entnahmen von Produkten aus einem Unternehmen unterliegen der Umsatzsteuer. So wie der Bäcker privat gegessene Brötchen versteuert, muss das auch der Photovoltaikbetreiber mit seinem privat verbrauchten Solarstrom.
Für Neuanlagen gibt es ab April 2012 keine Vergütung mehr für den selbst verbrauchten Solarstrom. Wie hoch ist dann die Umsatzsteuer des selbst verbrauchten Stroms? Im Entwurf eines bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe der Energiedepesche noch nicht veröffentlichten Schreibens des Bundesfinanzministeriums wird als Bemessungsgrundlage der Strombezugspreis einschließlich Grundpreis des Versorgers genannt. Wer Strom für beispielsweise 20 Cent plus 2,4 Cent Grundpreis (sechs Euro pro Monat bei 3.000 Kilowattstunden Strombezug) bezieht, muss für den eigenverbrauchten Strom 22,4 * 19 % = 4,26 Cent Umsatzsteuer an das Finanzamt zahlen. Ertragssteuerlich (als Einnahme) sind dagegen nach Auskunft der bayerischen Finanzverwaltung die Selbstkosten (die in einem Jahr angefallene Abschreibung und die Betriebskosten geteilt durch die erzeugten Kilowattstunden, bei Neuanlagen etwa um 12 bis 15 Cent). Vereinfachend lässt die Steuerverwaltung hier einen Pauschalbetrag von 20 Cent pro Kilowattstunde zu.
Steuervorteile durch Abschreibung
Zu den Kosten zählt auch der Kaufpreis der Anlage, allerdings nicht im Jahr der Anschaffung, sondern verteilt über die steuerliche Nutzungsdauer von 20 Jahren. Mit Hilfe von Sonderabschreibung und Investitionsabzugsbetrag kann man anfangs unter bestimmten Voraussetzungen einen Großteil der Investition abschreiben und die rechnerischen Anfangsverluste steuermindernd mit anderen Einkunftsarten verrechnen. Wer beispielsweise eine hohe Sonderzahlung oder Abfindung vom Arbeitgeber bekommt, könnte so mit der Anschaffung einer Photovoltaikanlage im gleichen Jahr mehrere tausend Euro Steuern sparen.
Sogar für die Erben kann eine Photovoltaikanlage zum Steuersparmodell werden: Wer statt Geldvermögen eine Photovoltaikanlage vererbt oder überschreibt, ermöglicht seinen Nachkommen den (zur Zeit noch) wesentlich niedrigeren Steuersatz für das Vererben eines Gewerbebetriebs – das gilt jedenfalls zur Zeit noch.
Starthilfe vom Steuerberater
Zu raten ist dem Betreiber, sich im ersten und zweiten Jahr die Steuererklärung von einem Photovoltaikkundigen Steuerberater erstellen zu lassen. Einige bieten das zu kostengünstigen Pauschalhonoraren an.
Dafür braucht der Steuerberater alle Quittungen, Belege und Kontoauszüge, die mit der Solarstromanlage zusammenhängen. Einnahmen und Ausgaben werden aufgelistet und am Ende ergibt sich für das Geschäftsjahr ein Überschuss oder Verlust („Einnahmen-Überschuss-Rechnung“). Damit Gewinne aus der Photovoltaikanlage zu versteuern sind und Verluste geltend gemacht werden können, wird ein sogenannter „Totalgewinn“ vorausgesetzt. Das bedeutet: Im Rahmen der üblichen Nutzungsdauer der Anlage müssen wenigstens alle Kosten durch Erlöse wieder hereinkommen.
Wer bisher als Arbeitnehmer für die Steuererklärung einen Lohnsteuerhilfeverein zu Rate zog, kann das als gewerblicher Solarstromerzeuger nicht mehr tun. Den Lohnsteuerhelfern ist dann die Hilfe gesetzlich untersagt. Einige helfen trotzdem.