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"Gaspreisrebellen" gewinnen Prozess Nach der Verkündung betont Gerichtssprecher Ulrich Thole, es sei Sache der Gasversorger, ihre Kalkulationsgrundlagen offen zu legen:

"Gaspreisrebellen" gewinnen Prozess

Landgericht: Auch bei Teilzahlung Gaszufuhr garantiert

(7. Januar 2006) Nach der Verkündung betont Gerichtssprecher Ulrich Thole, es sei Sache der Gasversorger, ihre Kalkulationsgrundlagen offen zu legen: "Der Verbraucher muss prüfen können, ob die Gaspreiserhöhung den Grundsätzen der Billigkeit entspricht." Die Beweislast dafür trage immer das Energieversorgungsunternehmen. "In Zukunft", so betont Thole, "wird es bei uns so sein, dass Energieversorgungsunternehmen, die erhöhte Preise verlangen, ihre Kalkulation aufdecken müssen, damit auch das Düsseldorfer Landgericht die Angemessenheit nachprüfen kann."

Außerdem rief das Landgericht die Gasanbieter auf, wegen ihrer Monopolstellung bei Preiserhöhungen ihre Kalkulation offen zu legen.

Ratinger forderte Einblick in Kalkulationsgrundlagen

Um mehr Offenheit war es auch jenem Ratinger Bürger gegangen, der den Musterprozess angestrengt hatte. Als die örtlichen Stadtwerke Anfang 2005 die Gastarife um 13 Prozent erhöhten, stemmte er sich gar nicht generell gegen die Verteuerung. Er erklärte, er könne sich durchaus vorstellen, den zunächst zurückgehaltenen Betrag doch noch zu zahlen. Doch wolle er zunächst eine detaillierte Begründung für den Preissprung sehen. Und dafür sei ein Einblick in die Kalkulationsgrundlagen nötig.

Stadtwerke: Zahlen sind "Geschäftsgeheimnis"

Dieses Zahlenmaterial freilich wollen die Ratinger Stadtwerke nicht jedem Kunden in die Hand geben. Der zuständige Marketing-Chef des Unternehmens, Uwe Behrendt, erklärte gegenüber wdr.de, die Daten seien "Geschäftsgeheimnis". Man dürfe nicht riskieren, dass die anderen Energieversorgern in die Hände fallen. Überrascht zeigte sich Behrendt darüber, dass auch das Gericht mehr Offenheit forderte: "Wir haben für diesen Prozess das Gericht mit umfangreichem Zahlenmaterial bestückt, das wir dem einzelnen Kunden nicht in die Hand geben können."
Offenbar reichten auch diese Angaben den Düsseldorfer Richtern noch nicht.

Neuer Preissprung angemessen?

Für Leonora Holling von der Bürgerinitiative ist der heutige Richterspruch nur ein erster Teilerfolg. Denn noch haben die Düsseldorfer Richter die Frage nicht entschieden, ob die 13-prozentige Erhöhung angemessen war oder nicht. Das ist Gegenstand eines zweiten Verfahrens. Im Musterfall hat sich die einbehaltene Summe auf inzwischen rund 500 Euro summiert. Ein Betrag, der im neuen Jahr Monat für Monat noch schneller steigen dürfte. Denn Anfang Januar haben sich die Ratinger Gastarife um weitere neun Prozent verteuert - eine Steigerung, die der Kläger auch nicht für ausreichend begründet hält und deshalb ebenfalls nicht zahlen will. Ein logischer Schritt, betont Leonora Holling: "Wenn die Stadtwerke nicht endlich für mehr Offenheit sorgen, dann müssen sie damit rechnen, dass die Ratinger Gaspreise ewig auf dem Stand von 2004 eingefroren bleiben."

letzte Änderung: 19.04.2023