Archiv

Stand der Gesetzgebung

Papiertiger

Gebäudeenergiegesetz beschlossen

Papiertiger: Gebäudeenergiegesetz beschlossen

Von Louis-F. Stahl

(30. Juli 2020) Am 18. Juni 2020 wurde überraschend das seit Jahren debattierte Gebäudeenergiegesetz (GEG) vom Bundestag beschlossen und passierte am 7. Juli auch den Bundesrat.

1909 Haus mit Energieeffiziensklassen / Foto: fotomek / stock.adobe.com

Das Urteil von Experten ist niederschmetternd: Das GEG zementiert in der beschlossenen Fassung lediglich die bisher geltenden Mindeststandards, ohne eine neue Messlatte für die Energieeffizienz von Wohngebäuden zu setzen, obwohl mit den höheren Standards KfW-Effizienzhaus 55, 40, 40 Plus bis hin zu Passivhäusern bereits deutlich bessere Standards etabliert sind, die als neue gesetzliche Mindestanforderung hätten übernommen werden können, meint Klaus Michael, Gebäudeenergieexperte vom Bund der Energieverbraucher. Jürgen Leppig, Vorsitzender des Energieberaterverbandes GIH, bläst in das gleiche Horn: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der im Gesetz verankerte unambitionierte Niedrighausstandard den von der Europäischen Union geforderten Vorgaben Genüge tut.“

Bereits vor vier Jahren kündigten das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesumweltministerium gemeinsam an, dass der bisherige Flickenteppich aus Energieeinsparungsgesetz (EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) kurzfristig in einem neuen einheitlichen Gebäudeenergiegesetz zusammengeführt werden soll, das zudem neue Maßstäbe in Sachen Klimaschutz setzen sollte. Nach heftiger Kritik an den ersten Eckpunkten durch die Immobilienwirtschaft wurde im Januar 2017 ein weichgespülter Referentenentwurf veröffentlicht und nach abermals heftiger Kritik wieder kassiert. Mit der im April 2018 verschärften EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) geriet Deutschland erneut unter Druck, das Gesetz endlich auf den Weg zu bringen und die Ministerien legten im vergangenen Jahr abermals einen neuen, nochmals entschärften, GEG-Entwurf vor, der mit minimalsten Anpassungen nun beschlossen wurde.

Das Ergebnis nach jahrelangem Weichspülen ist zwar eine Vereinheitlichung und damit Vereinfachung der Rechtslage für Bauherren und Hausbesitzer, gleichwohl nach einhelliger Ansicht von Experten aber auch der kleinste gemeinsame Nenner – wenn nicht eine Bankrotterklärung – in Sachen Klimaschutz.

GEG

Gebäudeenergiegesetz wird Papiertiger

GEG: Gebäudeenergiegesetz wird Papiertiger

Die Energieeinsparverordnung (EnEV), das Energieeinsparungsgesetz (EnEG), das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) und die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie sollen in einem neuen einheitlichen Gebäudeenergiegesetz (GEG) zusammengefasst werden. Das Ergebnis ist als kleinster gemeinsamer Nenner bestenfalls ein Papiertiger, meint Klaus Michael.

(21. Februar 2020) Beinahe drei Jahre ist es nun her, dass der erste Referentenentwurf für ein neues Gebäudeenergiegesetz bekannt wurde (Energiedepesche 1/2017, S. 4). Bereits damals war das Gesetz erheblich verspätet und sollte möglichst schnell durch das Kabinett und den Bundestag gepeitscht werden. Doch es kam ganz anders: Acht führende Wirtschafts- und Energiepolitiker von CDU und CSU baten in einem Brief den damaligen Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) das Gesetz zu verschleppen – und dieser setzte es tatsächlich bis zur Bundestagswahl im Herbst 2017 nicht auf die Tagesordnung des Kabinetts. Wirtschaftsinteressen wogen damals schwerer als bezahlbarer Klimaschutz: Die Union hatte „erhebliche Zweifel“, dass die Verminderung der Treibhausgase in einem angemessenen Verhältnis zum Aufwand stehe und „große Sorge“, dass bestimmte Energieträger, wie die „erneuerbaren Energien“ bevorzugt werden könnten.
bdev.de/geg2017

159 558 1909 2877 Klaus Michael

Klaus Michael leitet das Niedrig-Energie-Institut Detmold, ist Energieberater, Passivhaus-Experte, öffentlich bestellter Sachverständiger für Wärmeschutz von Gebäuden und seit 1987 Mitglied im Bund der Energieverbraucher.

Es grüßt das Murmeltier

Eine Bundestagswahl und eine halbe Legislaturperiode später liegt nun ein neuer, aufgeweichter Referentenentwurf für das GEG vor – und der enthält große Fehler: So verlangt die EU-Gebäuderichtlinie, dass Deutschland definiert, was hierzulande ein „Niedrigstenergiegebäude“ ist. Dem GEG-Entwurf zufolge soll es dafür ausreichen, den bereits seit dem Jahr 2016 geltenden EnEV-Mindeststandard einzuhalten. Jahrelanger Stillstand wird also zum Zukunftsziel erklärt. Der Entwurf zaudert damit unnötig bei Anforderungen an den Wärmeschutz von Neubauten, obwohl alles dafür Nötige am Markt verfügbar ist. Zudem versucht er an den seit langem in der Kritik stehenden komplizierteren Primärenergie-Berechnungen festzuhalten. Dabei ist erwiesen, dass diese komplizierten Berechnungen sinnvolle Anforderungen an Dämmung, Heiztechnik, Lüftungstechnik und die Energieträgerwahl nicht sachdienlich zu lenken vermögen.

Mangelhafte Standards

Würde man stattdessen für alle Neubauten verlangen, dass ihre Außenbauteile, ungeachtet der verbauten Haustechnik, maximal diejenigen U-Werte haben dürfen, die schon seit Jahren im KfW-Förderprogramm „Energieeffizient Sanieren“ für die Altbausanierung vorgeschrieben sind, hätten wir deutlich wärmere Neubauten als es der jetzige GEG-Entwurf verlangt. Darüber hinaus wäre dann endlich allen Bauschaffenden klar, welche Anforderungen an die Gebäudehülle sowie Fenster- und Türlieferanten mindestens sinnvoll sind. Alle Bauherren würden aufatmen, nur die Energiebilanz-Berechner (wie ich) hätten Umsatzeinbußen. Im Neubaubereich wäre es ein Leichtes, die jetzigen Anforderungen an KfW-40-Effizienzhäuser zum Mindeststandard zu erklären. Im Gegenzug sollte die KfW-Neubau-Förderung nur für die noch bessere Passivhausbauweise oder für Nullenergiehäuser gezahlt werden. Kommunen müssten zudem berechtigt werden, in Kommunalsatzung oder B-Plan höhere energetische Qualitäten als die gesetzlichen Mindestanforderungen zu verlangen.

Heiztechnik im Fokus

Das medial vielbeachtete Verbot des Neueinbaus von Heizölheizungen soll laut dem GEG-Entwurf übrigens erst im Jahr 2026 kommen und wird selbst dann ein Papiertiger bleiben: Im Entwurf vorgesehene Schlupflöcher wie „Heizöl-Solar-Hybridheizungen“ machen den Neueinbau von Heizölheizungen auch über das Jahr 2030 hinaus möglich – und die werden ab dann noch 10 bis 20 Jahre laufen. Bei der Haustechnik, insbesondere bei der Heiztechnik und Brennstoffwahl, ist meines Erachtens heute keine sinnvolle Handlungsempfehlung oder Vorschrift möglich, deren Ergebnis in 10 oder 20 Jahren belastbar wäre. Ich plädiere daher für kurzfristig anpassbare Mindesteffizienzvorgaben für Einzeltechniken und Komponenten, wo diese bekannt und unstrittig sind. Bei der Wahl der Energieträger wird aber kein Energie-Baurecht wie das GEG die zu erwartende rasche Weiterentwicklung vernünftig vorhersehen können. Hier erscheint es sinnvoller, die Nachfrage nach alternativ möglichen Energieträgern nur durch die unterschiedliche Besteuerung dieser Energieträger und ihrer Emissionen zu gestalten. Die Entscheidung und das Zukunftsrisiko sollte der geneigte Investor selbst treffen.

Besser nicht als schlecht

Bei einer so zaghaften Klimaschutzpolitik wie bisher und auch jetzt, im Fall des GEG-Entwurfes, vermute ich nicht, dass die große Koalition in Berlin wiedergewählt wird. Jetzt auf den letzten Metern ein GEG zu verabschieden, das jahrealte Standards aus EnEV, EnEG sowie EEWärmeG in ein neues Gesetz zementiert und damit falsche Planungssicherheit suggeriert, wird absehbar in der nächsten Legislaturperiode von einer klimapolitisch glaubwürdigeren Regierung direkt wieder gekippt. Es wäre daher nicht schade, wenn auch dieser zweite Anlauf für das GEG im Sande verläuft. Statt über eine Zementierung des Status quo mit dem GEG sollten wir uns besser Gedanken darüber machen, wie auch im Bestand ein sinnvoller Zwang zur Sanierung besonders schlecht gedämmter und ineffizienter Altbauten sozialverträglich auf den Weg gebracht werden kann. Dies ist eine Debatte, vor der sich viele fürchten, die aber unvermeidbar ist.
bdev.de/geg2019

Neue Energieeinsparverordnung EnEV 2009 verabschiedet

(20. März 2009, ergänzt am 21.  und 29. April 2009) Nachdem Anfang März 2009 mit dem neuen Energieeinspargesetz (EnEG 2009) die Rechtsgrundlage geschaffen wurde, hat das Bundeskabinett nun die Energieeinsparverordnung novelliert (EnEV 2009). Mit ihr kommen verschärfte Anforderungen für Neubauten und Modernisierungen von Gebäuden.

Die Änderungsverordnung zur Energieeinsparverordnung wurde am 30. April 2009 im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt am 1. Oktober 2009 in Kraft.

Der Text der aktuellen Verordnung hier.

Anforderungen bei der Modernisierung von Gebäuden

Bei umfangreichen Modernisierungen hat der Bauherr künftig die Wahl zwischen der Einhaltung folgender Anforderungen:

  • Entweder müssen die geänderten Bauteile der Gebäudehülle gegenüber der EnEV2007 30 % verschärfte Anforderungen erfüllen (geringere U-Werte als bisher), oder
  • der Jahres-Primärenergiebedarf muss um 30 % niedriger liegen und die Gebäudehülle muss um 15 % besser gedämmt sein als nach den Anforderungen der EnEV 2007.
Nachrüstpflichten für Altbauten

Die Anforderung an die Qualität der Dämmung oberster nicht begehbarer Geschossdecken wird um 20 % gegenüber der Anforderung der EnEV 2007 verschärft.
Neu eingeführt wird eine Nachrüstpflicht für begehbare oberste Geschossdecken ab 1.1.2012.

Anforderungen an Neubauten

Für Neubauten werden neue Höchstwerte für den Jahresprimärenergiebedarf gelten. Diese liegen um durchschnittlich 30 % unter den bisherigen Werten.
An den Wärmeschutz werden Anforderungen gestellt, die um durchschnittlich 15 % unter den bisherigen Anforderungen liegen.
Als Standard Heizsystem gilt künftig eine Bennwert-Heizung plus Solaranlage zur Warmwasserbereitung.

Elektrische Nachtstromspeicherheizungen

Für elektrische Nachtstromspeicherheizungen gilt, dass diese stufenweise ab dem Jahr 2020 außer Betrieb genommen werden müssen. Diese Pflicht ist jedoch mit vielen Ausnahmen versehen. Zum Beispiel entfällt sie

  • bei einem Wärmeschutz, der mindestens dem Niveau der WSchV95 entspricht,
  • wenn öffentlich-rechtliche Pflichten, z.B. nach Bebauungsplänen, entgegenstehen,
  • wenn die Modernisierung auch bei Einsatz öffentlicher Fördermittel unwirtschaftlich wäre,
  • für Wohngebäude mit weniger als 6 Wohnungen.

Damit wird diese Anforderung ein ziemlich zahnloser Tiger sein.

Photovoltaik-Strom u.ä.

In unmittelbarem räumlichen Zusammenhang aus regenerativen Energien erzeugter Strom darf zur Erfüllung der EnEV-Anforderungen in bestimmten Maß angerechnet werden.

Kontrolle der Anforderungen
  • Der Unternehmer, der Modernisierungen durchführt, muss dem Bauherrn eine Bestätigung ausstellen, dass die Modernisierung die Anforderungen der EnEV einhält.
    Das Nicht-Ausstellen ist eine Ordnungswidrigkeit.
  • Schornsteinfeger werden mit Kontrollen beauftragt.
  • Verstöße gegen Neubau- oder Modernisierungsanforderungen der EnEV sollen als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden.

Ergänzung vom 21. April 2009: Neues Energieeinspargesetz für Gebäude verabschiedet

Neues Energieeinspargesetz verabschiedet

(18.02.09) Der Bundesrat hat nun den Weg für eine Verschärfung der Energieeinsparverordnung für Gebäude frei gemacht

Neues Energieeinspargesetz für Gebäude verabschiedet

(18. Februar 2009) Nach dem Bundestag hat am 13.02.2009 nun auch der Bundesrat seine Zustimmung für ein neues Energieeinsparungsgesetz (EnEG2009) gegeben.

Dadurch wurde das EnEG2005 erweitert und eine neue Grundlage für eine Verschärfung der Energieeinsparverordnung für Gebäude beschlossen.

Das EnEG2009 bildet eine Ermächtigungsgrundlage für die Bundesregierung, um Verordnungen zur Energieeinsparung bei Gebäuden zu erlassen. Weiter werden im Gesetz z.B. Bußgelder geregelt.

Was sind die wichtigsten neuen Regeln des EnEG?

  • Die Regierung erhält eine Ermächtigung für Regelungen zur Außerbetriebnahme von elektrischen Nachtspeicherheizungen.
  • Es wird neue Vorgaben für Nachrüstverpflichtungen an der Heizungsausstattung und der Wärmedämmung geben.
  • Es sollen Nachweise für durchzuführende Energiesparmaßnahmen eingeführt werden (Fachunternehmer- und Eigentümererklärungen)
  • Es werden Grundlagen für das Tätigwerden von Bezirksschornsteinfegermeistern bei der Überwachung von Anforderungen der EnEV geschaffen.

Sobald das neue EnEG2009 im neuen Wortlaut vorliegt, werden wir es veröffentlichen!

Auf Basis des EnEG2009 wird eine neue Energieeinsparverordnung kommen. Noch sind die detaillierten Anforderungen nicht vom Bundesrat beschlossen. Vorgesehen sind u.a.:

  • Höhere Anforderungen an Neubauten
  • Zusätzliche Maßnahmen zur Energieeinsparung im Gebäudebestand.

Im Artikelgesetz zur Änderung des EnEG2005 wurden auch Änderungen für das Schornsteinfegergesetz, das EEG und das Raumordnungsgesetz beschlossen. Genaueres hier Download Bundesrat Drucksache 38/09 zum EnEG vom 23.01.09 12.03.09 213 kB

letzte Änderung: 30.07.2020