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Energieprognose

US-Prognose

Energieverbrauch weltweit steigt

Energieverbrauch weltweit steigt

(13. September 2013) Die US Energy Information Administration (EIA) prognostiziert im „International Energy Outlook 2013“ zwischen 2010 und 2040 einen Zuwachs des Weltenergieverbrauchs um 56 Prozent. Der überwiegende Anteil der Zunahme entfällt dabei wegen des Wirtschaftswachstums auf Nicht-OECD-Staaten. Die regenerativen Energien und die Kernkraft sind mit einer Ausbaurate von je 2,5 Prozent pro Jahr die am schnellsten wachsenden Energiequellen.

80 Prozent des Zuwachses im Bereich der Ökostromerzeugung werde sich aus Wasser- und Windkraft speisen. 2040 machten fossile Energieträger immer noch 80 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs aus, wobei bei ihnen der Einsatz von Erdgas am schnellsten zunimmt. Der weltweite energiebedingte CO2-Ausstoß soll bis 2040 auf 45 Milliarden Tonnen steigen, das wären 46 Prozent mehr als 2010.

Internationale Energieagentur

Fragwürdige Prognosen

Fragwürdige Prognosen

(12. Juni 2013) Die Internationale Energieagentur (IEA) sagt eine Zunahme der Öl und Gasförderung in den USA voraus. Bereits in der Vergangenheit lag die IEA mit ihren Prognosen völlig falsch. Noch 2004 wurde für 2013 ein Ölpreis von 22 Dollar prognostiziert. Der tatsächliche Preis ist heute fünfmal höher.

Die weltweiten Subventionen für fossile Energien sind seit 2009 von 312 auf 523 Milliarden US-Dollar angestiegen. Immer mehr Staaten ruinieren ihre öffentlichen Haushalte, um durch heruntersubventionierte Energiepreise Aufstände zu verhindern. Der Bevölkerung wird eine heile Energiewelt vorgespielt, die es in Wirklichkeit nicht mehr gibt. Das kann auf Dauer nicht gutgehen.

Der Masterplan der Energiewende

Der Schlussbericht eines Forschungsprojekts im Auftrag des Bundesumweltministeriums.

Der Masterplan der Energiewende

Es gibt ihn doch: Den Masterplan der Energiewende. Es handelt sich um den Schlussbericht eines Forschungsprojekts im Auftrag des Bundesumweltministeriums. Er kommt vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Kooperation mit anderen Instituten.

(21. Juni 2012) Der umständliche Titel lautet: „Langfristszenarien und Strategien für den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Europa und global“, kurz „Leitstudie 2011“. Sie bindet die zahlreichen Ziele der Bundesregierung zu einem konsistenten Zukunftsplan zusammen. Danach sind die mittel- und langfristigen Regierungsziele bei Erneuerbaren, Energieeffizienz und Klimaschutz erreichbar. Außerdem werden die erneuerbaren Energien auf längere Sicht deutlich kostengünstiger als eine auf Kohle, Öl und Gas basierende Energieversorgung.

1257 PV-Module

Der Anteil erneuerbarer Energien im Strombereich 2020 liegt in allen Szenarien mit 40 Prozent deutlich über den gesetzten 35 Prozent. Für 2050 gehen die drei Hauptszenarien von einem Anteil Erneuerbarer von 85 Prozent bis 87 Prozent aus. Auch die Erneuerbare-Energien-Ziele im Bereich Mobilität und Wärme werden erreicht beziehungsweise übertroffen.

Die Forscher erwarten für 2030 bei konsequenter Umsetzung der Ziele durchschnittliche Kosten für Ökostrom von 7,6 Cent je Kilowattstunde, während sie für Strom aus Steinkohle und Erdgas bei über neun Cent je Kilowattstunde liegen werden. Gleichzeitig halbieren sich die Ausgaben für importierte fossile Energieträger bis 2030 durch verstärkte Nutzung erneuerbaren Energien von 70 Milliarden im Jahr 2010 auf 30 bis 35 Milliarden Euro pro Jahr.

Ermutigende Erneuerbare

Die Studie kommt zu folgenden Ergebnissen

  • Bei den erneuerbaren Energien wird auch künftig die Biomasse den weitaus überwiegenden Anteil stellen. Im Jahr 2030 hat sie noch einen Anteil von 46 Prozent an den erneuerbaren Energien.
  • Die Erneuerbare ergänzen einander teilweise und können dadurch zu gesicherten Kraftwerksleistung beitragen. Das kann man mit Klimadatensätzen durchrechnen.
  • Es besteht aufgrund eines unterstellten deutlichen Zubaus von Kraft-Wärme-Kopplungskraftwerken nur ein relativ geringer Bedarf an Neubau von Kondensationskraftwerken, selbst wenn man Strombezug aus dem Ausland ausschließt.
  • Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung bietet große Effizienzpotenziale und sollte zügig vorangetrieben werden.
  • Die Überschüsse der Erneuerbaren können fast vollständig durch Kurzzeitspeicher integriert werden.
  • Die Auslastung der reinen Kondensationskraftwerke nimmt bis 2030 im Vergleich zu heute deutlich ab.
  • Die durchschnittlichen Stromgestehungskosten aller installierten Neuanlagen lag 2010 bei 14 Cent je Kilowattstunde bei einem Maximum und sinkt bis 2020 auf einen Wert von 9,2 Cent und weiter auf 6,4 Cent im Jahr 2050.
  • Für alle Erneuerbaren ergeben sich längerfristig Gestehungskosten zwischen fünf und neun Cent je Kilowattstunde.
  • In neu errichteten fossilen Kraftwerken liegen die Stromgestehungskosten 2020 zwischen sechs und 7,7 Cent je Kilowattstunde und steigen bis 2030 auf 7,2 bis 9,4 Cent. Sie liegen damit dann über den Erzeugungskosten erneuerbar erzeugten Stroms.
  • Bereits ab 2026 ist die Stromerzeugung aus Erneuerbaren günstiger als aus fossilen Kraftwerken.
  • Die Energieverbraucher geben derzeit jährlich rund 200 Milliarden Euro für Energie aus, Brennstoffe (70 Milliarden), Kraftstoffe (45 Milliarden) und Strom (85 Milliarden). Im Jahr 2005 waren es noch 260 Milliarden Euro. Bei einer rein fossilen Energieversorgung würde der Betrag bis 2050 auf 415 Milliarden steigen. Lediglich substanzielle Effizienzsteigerung und erneuerbare Energien erlauben eine Abkoppelung von diesem Trend: So gelingt es, die Kosten nur vorübergehend klettern zu lassen. Im Jahr 2050 erreichen sie wieder das Niveau von 2011.

1257 Grafik Mittlere Stromkosten

Mittlere Stromgestehungskosten konventioneller Kraftwerke, des EE-Mixes und der Gesamtheit aller stromerzeugender Anlagen im Szenario 2011 A für eine Energiepreisentwicklung gemäß Preispfad
Quelle: Leitstudie 2011

Steigende Sicherheit

Der Umbau des Energiesystems auf Erneuerbare steigert die Sicherheit der Energieversorgung:

  • Die Energieversorgung macht sich zunehmend unabhängig von Energieimporten
  • Die überwiegend dezentrale Stromerzeugung senkt die strukturelle Verwundbarkeit der Netze sowie der Kraftwerke.
  • Größere Vielfalt der Energiequellen
  • Hohe Kostenstabilitität
  • Vermeidung internationaler Konflikte

1257 Grafik Endenergiebeitrag der Erneuerbaren

Endenergiebeitrag (Strom, Wärme, Kraftstoffe) der EE nach Energiequellen im Szenario 2011
Quelle: Leitstudie 2011

Klaffende Lücke

Zwischen den sachgerechten Zielen der Bundesregierung zur Energieeffizienz und den tatsächlich sich einstellenden Wirkungen der aktuellen Instrumente klafft derzeit jedoch eine immer größer werdende Lücke. Diese muss rasch durch wesentlich wirksamere Instrumente und Maßnahmen geschlossen werden. Ohne eine verstärkte, deutlich über bisherige Anstrengungen hinausgehende Energieeffizienzpolitik sind die ehrgeizigen Klima- und Ressourcenschutzziele des Energiekonzepts nicht erreichbar.

Die Studie führt eine umfangreiche Liste zahlreicher Maßnahmen auf, die dringend erforderlich sind, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Dazu gehören unter anderem:

Effizienzsteigerungen im Stromsektor

  • Abschied von direkten Elektroheizungen wie Nachtspeicheröfen.
  • Entwicklung von ordnungsrechtlichen Vorgaben für betriebliche und kommunale Energienutzungskonzepte und eine Verstärkung des Einspar-Contracting.
  • Neuausrichtung des Energie-(Strom-)steuergesetzes beziehungsweise der Ökosteuer in Richtung zusätzlicher ökonomischer Anreize zur Effizienzsteigerung.
  • Überprüfung von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen im Industriebereich.

Effizienzsteigerungen im Wärmesektor

  • Verschärfung der EnEV für Neubauten.
  • Ausarbeitung eines „Sanierungsfahrplans für den Bestand“.
  • Verbesserte Möglichkeiten für Energie-Contracting für Mietwohnungen.
  • Steuerliche Absetzbarkeit der Kosten energetischer Gebäudesanierungen.
  • Verpflichtung zur Entwicklung und Unterstützung kommunaler oder stadtteilbezogener koordinierter Sanierungs- und Wärmekonzepte im Hinblick auf bedarfsgerechte Nah-Wärmeversorgung aus KWK oder erneuerbaren Energien („Klimaschutzgesetze“).
  • Verpflichtung zur Abwärmenutzung.

Transformation der Stromversorgung

  • Die jetzigen Ausnahmeregelungen bei der EEG-Umlage sollten überprüft und auf ein möglichst geringes Maß reduziert werden.
  • Konventionelle Kraftwerke müssen künftig flexibler einsetzbar sein.
  • Auch erneuerbare Stromerzeugungsanlagen müssen Systemverantwortung übernehmen.
  • Beschleunigter Ausbau des Stromnetzes sowohl auf der Verteilungsebene als auch auf der Transportebene.
  • Verstärkte Anreize zum weiteren Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, vorrangig mit Wärmespeichern; Biomasse-KWK nur mit Wärmenutzungspflicht.
  • Die „optimale“ Struktur des zukünftigen Speicherbedarfs sollte in weiteren Untersuchungen möglichst genau ermittelt werden.
  • Die Rentabilität der erforderlichen „Backup“-Technologien muss gewährleistet sein. Angepasste Rahmenbedingungen des Strommarktes sollten auch Anforderungen an die Flexibilität und den Standort der Kraftwerke einbeziehen und diese honorieren (zum Beispiel mittels „Kapazitätsmärkten“).

Ausbau der Erneuerbaren im Wärmesektor

  • Ein budgetunabhängiges Förderinstrument ähnlich dem EEG im Strommarkt, das den Altbaubestand mit einbezieht.
  • Kommunen sollten verpflichtet werden, einheitlich strukturierte, flächendeckende Wärmepläne beziehungsweise Energiekonzepte zu erstellen. Der mögliche Beitrag von Nahwärmeversorgungen auf der Basis von Sonne und Erdwärme sollte dabei besondere Beachtung finden.
  • Weitere Entwicklungen zur Kostensenkung bei größeren Solarkollektorsystemen.
  • Weiterentwicklung kostengünstiger thermischer Langzeitspeicher.
  • Ausbau der Anreize für EE-gestützte Wärmenetze sowie Umstellung vorhandener Wärmenetze auf Erneuerbare.

Entwicklungsstrategien im Verkehrssektor

  • Anreize zur Marktausweitung leichterer und auch kleinerer Fahrzeuge, beispielsweise durch Einführung eines allgemeinen Tempolimits, Abschaffung der steuerlichen Vergünstigungen für Dienstwagen und Modifizierung der Pendlerpauschale.
  • Deutliche Verlagerung von Güterverkehr auf die Bahn.
  • Ein integriertes Mobilitätskonzept.
Prognose und Wirklichkeit

Entwicklung der Endenergiebereitstellung aus Erneuerbaren Energien in Deutschland

1257 Folie 14 Prognose und Wirklichkeit

Quelle: Folie 14 ,Vortrag am 24. Juni 2011 "Entwicklungslinien des EEG" von Dr. Volker Oschmann

Greenpeace-Ausstiegsplan

Greenpeace legte zum Berliner Energiegipfel einen Fahrplan für die Energiewende vor.

Greenpeace-Ausstiegsplan

(13. April 2011) Greenpeace legte zum Berliner Energiegipfel einen Fahrplan für die Energiewende vor. Nach Berechnungen der Umweltschutzorganisation können der Atomausstieg geordnet bis 2015, der Komplettausstieg aus Kohle bis 2040 und eine volle Energieversorgung mit erneuerbaren Energien bis 2050 umgesetzt werden.

Dafür müssten 16 Erdgaskraftwerke gebaut werden, die zum größten Teil schon in Bau seien, so Greenpeace. Parallel müsse der Anteil von hocheffizienten KWK-Anlagen gesteigert und der Ausbau der erneuerbaren Energien auf 40% bis 2020 erhöht werden. Zudem müsse ein Energieeffizienzgesetz beschlossen werden, das den Namen auch verdiene. Bis 2030 spare die Energiewende der Volkswirtschaft 300 Mrd Euro an Brennstoffkosten.

Shell erwartet Verdreifachung des Energiebedarfs bis 2050

So eine Studie

Shell erwartet Verdreifachung des Energiebedarfs bis 2050

(16. März 2011) Durch den steigenden Energiebedarf der von starkem Wachstum geprägten Ländern wie z.B. China und Indien, werden die Angebote an Energie und Rohstoffen mit der steigenden Nachfrage kaum mithalten können.

Bis zum Jahr 2050 könnte sich der weltweite Bedarf an Energie verdreifachen. Die Studie von Shell besagt weiterhin, dass sich ausschließlich durch alternative Energieträger der erhöhte Bedarf nicht decken lasse.

Eine Lösung wäre es laut Shell, einerseits die Nachfrage nach Energie zurückzufahren und gleichzeitig die Produktion von Energie zu erhöhen.

Erneuerbare

Der grüne Trend

Erneuerbare: Der grüne Trend

(21. Dezember 2010) Schon im Jahr 2030 könnten uns erneuerbare Energien zu 100 Prozent versorgen - zumindest, wenn das rasante Wachstum der vergangenen Jahre anhält. Eine mathematische Trendverlängerung beweist, dass das Zeitalter der Erneuerbaren bereits zum Greifen nahe ist.

Zunächst etwas Mathematik: Die Stromerzeugung aus Wind ist zwischen 1990 und 2009 auf das 533-fache gestiegen, von 71 auf 37.809 Gigawattstunden (37.809 / 71 = 533). Das jährliche Wachstum betrug im Schnitt über diese Jahre hinweg 40 Prozent: 71 * 1,4 *1,4 *... (19 mal ) ...* 1,4 ergibt 37.809. Ähnlich kann man die Wachstumsraten anderer erneuerbarer Energien ausrechnen und in die Zukunft verlängern.

1257_Anteil_Erneuerbare_Energieverbrauch_1998-2009

Deutschland benötigt jedes Jahr etwa 600 Terrawattstunden Strom. Schon im Jahr 2020 würde bei derzeitigem Wachstumstempo die deutsche Windstromerzeugung diesen Stromverbrauch um das Dreifache übersteigen.

Die Stromerzeugung aus Photovoltaik-Anlagen wächst gleichfalls rasch: Betrachtet man nur die vier Jahre zwischen 2005 und 2009, dann liegt die jährliche Wachstumsrate bei 57 Prozent. Wenn es in diesem Tempo weiterginge, dann läge 2020 die Stromerzeugung aus PV schon bei 863 Terrawattstunden und würde gleichfalls den hiesigen Stromverbrauch übersteigen.

Betrachten wir den Anteil der erneuerbaren Energie an der gesamten Endenergie. Er ist von 3,2 Prozent im Jahr 1998 auf 10,3 Prozent im Jahr 2009 gestiegen, also um das mehr als Dreifache entsprechend einer jährlichen Wachstumsrate von 11,2 Prozent. Im Jahr 2020 würde dieser Anteil dann bei 33 Prozent liegen, im Jahr 2030 bei 96 Prozent.

Diese Zahlen stellen natürlich keine Prognosen dar. Sie zeigen aber sehr deutlich, in welchem Tempo die erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahren gewachsen sind. Sie zeigen auch, dass wir uns mitten in einem radikalen Umbruch der gesamten Energieversorgung befinden.

Bereits im Jahr 2008 hat Andreas Henze die Wachstumsraten der Erneuerbaren fortgeschrieben. Bis 2016, rechnete Henze, erreicht man bei Fortdauer des bisherigen Wachstums 100 Prozent Ökostrom. Vergleicht man seine damaligen Rechnungen mit den tatsächlichen Zahlen bis 2009, dann lag Henze ziemlich richtig.

Alle Zahlen sind der Broschüre Erneuerbare Energien in Zahlen des Bundesumweltministeriums entnommen.

Greenpeace: Erdgas statt Atomstrom

Neue Studie aus Wuppertal

Greenpeace: Erdgas statt Atomstrom

(23. September 2010) Erdgas sei der einzige konventionelle Energieträger, der als Brücke ins Zeitalter der Erneuerbaren Energien noch gebraucht werde, so eine Studie des Wuppertal Instituts im Auftrag von Greenpeace.

Längere Laufzeiten von KKW und der Neubau von Kohlekraftwerken erhöhten nicht nur das Risikopotential dieser Technologien, sie gefährdeten auch massiv den zukunftsfähigen Umbau der Energieversorgung in Deutschland.

Greenpeace fordert von der Bundesregierung ein Energiekonzept, das einen verstärkten Einsatz von Erdgas in KWK, eine Laufzeitverkürzung für KKW bis 2015 und einen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2040 vorsieht.

Die Zukunft der Energie

Zahlreiche Studien und Gutachten analysieren Chancen und Grenzen der künftigen Energieversorgung.

Die Zukunft der Energie

Sonne und Windkraft, oder doch Atom? Mit welchen Energieträgern fahren künftig unsere Autos, und können wir uns Flugreisen in 40 Jahren noch leisten? Zahlreiche Studien und Gutachten analysieren Chancen und Grenzen der künftigen Energieversorgung. Teilweise herrscht Einigkeit, teils widersprechen sich die Analysen. Die wichtigsten Punkte auf einen Blick.

(15. September 2010) Nur wer zurückblickt, kann auch nach vorn schauen, sagen Zukunftsforscher. Schaut man auf die Energieversorgung der Vergangenheit zurück, stößt man auf die Quellen, die dauerhaft und sicher zur Verfügung stehen: Die Menschheit muss zur Sonne zurückkehren, die seit Jahrtausenden ihre Energiegrundlage bildete. Dagegen ist das fossil-nukleare Zeitalter noch keine 200 Jahre alt. Allerdings ist der Energieverbrauch seit 1800 geradezu explodiert und heute 1.000-mal größer als damals.

Unterschiedliche Bewertungen

Viele aktuelle Debatten zielen auf die Energieversorgung im Jahr 2020 ab. Doch wer 30 Jahre weiter denkt und die Energieversorgung im Jahr 2050 betrachtet, stellt schnell fest, dass viele Argumente obsolet werden: Wer langfristig rechnet, sieht, dass es keine Notausgänge mehr gibt. Das gilt für die CO2-Reduktion ebenso wie für den Energieverbrauch und den Energiemix.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Viele aktuelle Studien stimmen in zahlreichen Punkten überein:

  • Wer Energie spart, muss weniger Strom produzieren beziehungsweise reduziert den Brennstoffverbrauch. Deutliche Effizienzsteigerungen sind somit der Dreh- und Angelpunkt für die zukünftige Energieversorgung.
  • Dennoch sinkt der Stromverbrauch in vielen Szenarien nicht, weil Strom fossile Kraftstoffe ersetzt: So könnten die Autos der Zukunft mit Strom fahren statt mit Benzin. Doch solche Innovationen nutzen nichts, wenn der Strom nach wie vor aus fossilen Energieträgern stammt. Es gilt daher, die Stromproduktion vollständig umzustellen.
  • Um die Energieumstellung bis zum Jahr 2050 zu erreichen, müssen die ersten Umstellungen innerhalb der nächsten fünf Jahren beginnen.
  • Eine länderübergreifende Strategie bei der Erzeugung, Verteilung und Speicherung führt zu einem kostengünstigeren und effizienteren System.

Die Studien unterscheiden sich jedoch in ihren Bewertungen von Systemen, Kosten und Nutzen. Unterschiedliche Berechnungen zur Entwicklung der Energie- oder Rohstoffpreise sowie die Bewertung von Emissionszertifikaten führen zu erheblichen Differenzen bei der Beurteilung für die Kosten erneuerbarer Energien oder der Frage, ob die CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) sinnvoll ist.

Eine Frage der Rechenmethode

40 bis 100 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien hält die European Climate Foundation (ECF) für möglich. Zielvorgabe ist eine 80-prozentige Treibhausgas-Reduktion in den 27 EU-Staaten plus Norwegen und Schweiz bis 2050. Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Stromerzeugung um 95 bis 100 Prozent dekarbonisiert werden. Das kann man mit 40, 60, 80 oder 100 Prozent Erneuerbaren schaffen. Den Rest tragen jeweils zur Hälfte Atomkraft und Kohlekraftwerke bei, die sich dank CO2-Abscheidung „sauber" rechnen lassen. Die Berechnung kommt zu dem Schluss, dass es am kostengünstigsten ist, 40 Prozent der Stromerzeugung durch regenerative Quellen zu decken, denn für diesen Fall rechnen die Experten mit Stromerzeugungskosten von 7,3 bis 9 Cent je Kilowattstunde.

Die Studie des von der Bundesregierung eingesetzten Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) kommt dagegen trotz einem hohen Anteil von 100 Prozent Erneuerbarer auf geringere Erzeugungskosten: Im Unterschied zum ECF rechnet der SRU mit einem massiven Ausbau des Netzes und der Speicherkapazitäten und reduziert dadurch die Kosten der Erneuerbaren. Auf der anderen Seite benötigt man für den 40-Prozent-Mix des ECF 65 neue Atommeiler je Dekade und 190 Gigawatt-Kohlekraftwerke mit CCS. Darüber hinaus wäre ein massiver Ausbau der Stromverbindungen zwischen den EU-Staaten nötig. Es darf bezweifelt werden, dass die CO2-Abscheidetechnologien bis 2020 zur Verfügung stehen: Selbst das Kohleland Australien rechnet damit erst ab 2030.

Zurück in die Zukunft

Der European Renewable Energy Council (EREC) rechnet vom Ziel aus für ganz Europa rückwärts: 2050 sollen 100 Prozent von Strom, Wärmebedarf und Verkehr aus regenerativen Energien stammen. Dabei lässt die Analyse einen zehnprozentigen Import von Biomasse zu. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Endenergieverbrauch um 30 Prozent sinken: Neubauten haben ab 2020, alle Bestandsgebäude ab 2030 Nullenergie-Status. Biokraftstoffe sind dem Schwerlastverkehr vorbehalten, der Personenverkehr ist weitgehend elektrifiziert beziehungsweise auf die Schiene verlagert.

EREC rechnet mit nur 2,8 Billionen Euro Ausbaukosten bis 2050, ECF setzt dagegen sieben Billionen an. EREC bezieht im Unterschied zu ECF die vermiedenen Energieimporte (1,09 Billionen) und CO2-Kosten (3,8 Billionen) in die Betrachtung ein. EREC rechnet mit einem Ausbautempo, das gegenüber dem bisherigen Tempo nur moderat höher liegt. Bereits 2020 könnten so 39 Prozent des europäischen Stromes aus regenerativen Quellen stammen.

Modell Deutschland

Prognos und Öko-Institut haben die EREC-Annahmen für Deutschland bis ins Kleinste nachgerechnet. Bei einer 95-prozentigen CO2-Reduzierung entfallen auf jeden Bundesbürger nur noch 0,3 Tonnen CO2 - das sind 30-mal weniger als heute. Eines der Kernprobleme ist dabei die begrenzte Verfügbarkeit von Biomasse. Die gab es schon einmal in Deutschland im 18. Jahrhundert. Damals wurde die Knappheit durch Steinkohle überwunden. Deshalb gilt es, die aus Biomasse gewonnenen Treibstoffe nur dort einzusetzen, wo sie alternativlos sind: im Schwerlast- und Flugverkehr sowie bei Prozesswärme für die Industrie.

Der Wärmebedarf soll drastisch sinken. Dazu soll der Gebäudebestand in zwei Stufen bis 2050 vollständig auf Nullniveau saniert werden. Die Stromerzeugung wird auf Sonne und Wind umgestellt und es wird bis 2050 37 Prozent Strom gespart.

Die größte Herausforderung stellt die neue Infrastruktur dar, die für die Umstellung nötig ist. Die Studie schlägt ein Energie-Infrastruktur-Umbauprogramm sowie ein Stromspeicher-Ausbauprogramm vor und fordert, dass die öffentliche Hand diese Programme fördert.

1257 Strommast

Pikanterweise erstellt die Prognos AG derzeit auch das Energiekonzept für die Bundesregierung, das praktisch ein Laufzeitverlängerungskonzept ist: Im Vordergrund stehen dabei die Wirtschaftsinteressen der Stromkonzerne.

Kohle und AKW rechnen sich nicht

Die Studie des Sachverständigenrats (SRU), die in einer Vorabfassung veröffentlicht wurde, hat acht Szenarien durchgerechnet und mit den Realdaten abgeglichen. Dabei rechneten die Experten penibel auf die Stunde genau, wie viel Energie erzeugt und verbraucht wird. Fazit: Übersteigt der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung 30 Prozent, rechnen sich neue Kohlekraftwerke nicht mehr. Klettert der Prozentsatz auf 50, machen die bestehenden Atomkraftwerke schlapp, weil sie nicht tief genug geregelt werden können. Die Szenarien rechnen mit 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren, der teilweise aus Dänemark und Norwegen stammt. Zwar könnte Deutschland seinen Strom auch regenerativ selbst erzeugen.

Das aber wäre unnötig teuer und würde die heimischen Biomassen abrufen, die eigentlich für den Krafstoffsektor gebraucht werden. Norwegens Wasserspeicher hingegen können riesige Strommengen wochenlang parken. Die Stromerzeugungskosten liegen in diesem Modell bei sieben Cent je Kilowattstunde. Deshalb sollte man laut Studie möglichst bald mit dem Ausbau der Übertragungskapazität zwischen Deutschland und Norwegen beginnen. Das erfordert zwar zunächst Investitionen, weshalb bis 2017 die Stromerzeugungskosten steigen. In Folge sinken sie jedoch wieder.

Ökostrom für ganz Deutschland

Die aktuelle Studie des Umweltbundesamts berücksichtigt lediglich den Strombedarf und ist daher nicht mit anderen Szenarien vergleichbar. Die Experten halten eine Vollversorgung mit Ökostrom bis 2050 für möglich. Dabei gehen sie davon aus, dass der Stromverbrauch in 40 Jahren genauso hoch ist wie heute. Allerdings verteilt er sich in Zukunft anders: Effizientere Techniken senken den Bedarf auf der einen Seite, doch neue Stromverbraucher kommen hinzu: Wohnungen werden 2050 fast nur noch mit strombetriebenen Wärmepumpen beheizt, und jeder zweite Pkw ist ein Elektroauto.

Für die Studie haben Fraunhofer-Wissenschaftler stundenscharfe und regional aufgeschlüsselte Wetterdaten aus vier Jahren zugrunde gelegt. Wichtigste Stromquelle ist 2050 die Offshore-Windkraft: Neben Geothermie und Wasserkraft wird mit Biogas gearbeitet, mit dem Gaskraftwerke betrieben werden, falls der Wind nicht weht. Es müssten große Speicher gebaut werden, die überschüssigen Strom mehrere Wochen speichern können. Dazu soll der überschüssige Windstrom in Norddeutschland erst in Wasserstoff und dann in synthetisches Methan umgewandelt werden, das dann übers bestehende Gasnetz bundesweit verteilt, unterirdisch gelagert und bei Bedarf in Gaskraftwerken wieder verstromt wird.

Grünes England

Eine Studie des Centre for Alternative Technology (CAT) zeigt, wie man die britische Insel bis 2030 vollständig CO2-emissionsfrei bekommen kann. Dazu gilt es, den Energieverbrauch auf die Hälfte des heutigen Bedarfs zu reduzieren. Für die Gebäudedämmung empfehlen die Experten Naturmaterialien wie Holz und Stroh:

Neben dem Dämmeffekt könnte dies CO2-Minderung bewirken, weil die Biomaterialien Kohlenstoff enthalten. Der Transportsektor wird revolutioniert: Künftig sollen in England nur noch Leichtfahrzeuge fahren, die die Verbraucher mieten, statt sie zu kaufen. Biomasse-Treibstoff ist reserviert fürs Fliegen, für Schiffe und Schwerlastverkehr. Strom stammt zur Hälfte von Offshore-Anlagen, wobei Wellen- und Gezeitenenergie einen hohen Anteil haben. Die Kosten des Offshore-Windstroms entsprechen denen von CCS-Strom, so dass auf CCS ganz verzichtet werden kann.

Genauere Informationen enthält der Artikel: „Zurück in die Zukunft" von Hanne May, veröffentlicht in der Zeitschrift Neue Energie Heft 6/2010, aus dem wir mit freundlicher Genehmigung zitiert haben.

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letzte Änderung: 15.05.2018