Archiv-News zum Thema Atomstrom 2004
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Die Bayrische Landesbank vergibt 2 Mrd. Euro zu 2,6 % - Beschwerdein Brüssel
Bayerische Staatsregierung subventioniert finnischen Reaktorneubau
(20. Dezember 2004) - Atomenergie ist nach Jahrzehnten immer noch ein Fass ohne Boden. Dies beweisen die Subventionen, mit denen der neue Atomreaktor in Finnland ermöglicht werden soll. Die Subventionen sind nicht nur ein Mittelmissbrauch, sondern benachteiligen die Konkurrenz und damit auch die Erneuerbaren Energien, deren Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt wird.
Umso wichtiger ist, dass die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien (EREF) gegen diese Wettbewerbsverzerrung vorgeht. Gemeinsam mit der Rechtsanwaltskanzlei Kuhbier wird dagegen bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde kommt rechtzeitig bevor die EU-Kommission ihre Projektprüfung beginnt. Dabei ist hervorzuheben, dass diese staatlichen Beihilfen bisher nicht einmal von der Kommission notifiziert wurden und damit nicht mit EU-Recht vereinbar sind. Nach Ansicht der EREF wäre eine Finanzierung des neuen Atomkraftwerkes in Finnland ohne verbotene staatliche Beihilfen nicht möglich.
Aus deutscher Sicht ist vor allem problematisch, dass sich die Bayrische Landesbank mit Kreditkonditionen in das Projekt mit einem Kreditvolumen von rund 2 Mrd. EURO einbringt. Von einem Zinssatz von 2,6% können deutsche Mittelständler nur träumen. Letztlich führt das EU-rechts-widrige Vorgehen der bayrischen Staatsregierung dazu, dass der deutsche Steuerzahler einen finnischen Atomreaktor subventioniert. Dies muss mit allen legalen Mitteln verhindert werden!
Zeitgleich mit dem Ölpreis ist in den vergangenen Monaten auchder Preis für Uran an den Weltmärkten in die Höhegeschnellt.
Uranpreis steigt und steigt
(19. Dezember 2004) - Zeitgleich mit dem Ölpreis ist in den vergangenen Monaten auch der Preis für Uran an den Weltmärkten in die Höhe geschnellt. Noch Ende 2000 war Uran für gut sieben Dollar pro Imperial Pound (453,6 Gramm) zu bekommen, in diesen Wochen wurde nach einem rasanten Anstieg seit Jahresbeginn erstmals die20-Dollar-Marke überschritten. Zwar schlägt bei Atomkraftwerken ein steigender Rohstoffpreis weniger stark auf die Kosten einer Kilowattstunde Strom, als dies bei fossil befeuerten Kraftwerken der Fall ist. Doch unabhängig davon macht die Preisentwicklung am Uranmarkt gerade sehr deutlich, dass auch der Rohstoff der Atomwirtschaft nicht unbegrenzt zur Verfügung steht.
Weltweit werden derzeit pro Jahr 172 Millionen Pfund Uran verbraucht - aber zugleich nur 92 Millionen Pfund gefördert. Die Atomwirtschaft lebt derzeit von Lagerbeständen aus jahrelanger Überproduktion der Uranminen.
Der Analyst Rupert Stöger von der Performaxx Research zitiert Branchenexperten, die "langfristig ein Preisniveau von 100 Dollar erwarten". Das Ende der Vorräte ist schließlich kaum ferner als beim Öl: Bleibt es bei rund 440 arbeitenden Atomkraftwerken weltweit, werden die heute bekannten Reserven gerade noch 50 bis 70 Jahre reichen.
Entlassener Kraftwerkschef hatte mit Sicherheitskurs der EnBWabgerechnet - Ministerium verschweigt Anlass der Trennung
"Blankes Entsetzen" nach dem Vortrag des Atomexperten
(02. Dezember 2004) Entlassener Kraftwerkschef hatte mit Sicherheitskurs der EnBW abgerechnet - Ministerium verschweigt Anlass der Trennung
Warum wurde der Atomexperte Eberhard Grauf als Reaktorchef in Neckarwestheim gefeuert? Bis heute wird darüber gerätselt. Mit Fragen der Sicherheit, hieß es stets, habe der Fall nichts zu tun. Interne Dokumente belegen: Genau darum ging es im vorausgegangenen Streit.
Von Andreas Müller, Stuttgarter Zeitung
Der Umweltminister lobte sich selbst. Bei der Atomaufsicht, berichtete Stefan Mappus (CDU) unlängst in einem Festvortrag, habe er in wenigen Monaten "einige neue Akzente gesetzt". Besonders wichtig sei ihm, dass die Aufsichtsbehörde - also sein Haus - "transparent arbeitet" und eine "aktive Öffentlichkeitsarbeit" betreibe. Man habe es schließlich mit kritischen Medien zu tun.
Nun aber gerät Mappus in einen bösen Verdacht. Hat sein Ministerium, entgegen den schönen Worten, statt Information Desinformation betrieben? Diesen Eindruck erweckt ein Vorgang im Gemeinschaftskernkraftwerk Neckarwestheim (GKN), der plötzlich in einem völlig anderen Licht erscheint als bisher offiziell dargestellt.
Die Vorgeschichte ist bekannt: Ende Juni war der Vorstandschef der Energie Baden-Württemberg (EnBW), Utz Claassen, zu Besuch in Neckarwestheim. Neben einer Betriebsversammlung gab es auch eine Diskussion mit Führungskräften. Zwei Tage später wurde der Leiter des zweiten Reaktorblocks, Eberhard Grauf, Knall auf Fall abgelöst. Der Rauswurf verursachte bundesweit Aufsehen und Rätselraten: Was wurde dem international renommierten Atomexperten, der auch in der Reaktorsicherheitskommission des Bundes sitzt, zur Last gelegt?
Erst sagten das Ministerium und der Stromkonzern gar nichts. Dann, als Grauf gegen die Entlassung klagte, nannte die EnBW Gründe: Es habe ein "gravierendes Zerwürfnis" mit dem GKN-Management gegeben, der Reaktorchef sei ein "querulatorischer" Typ, seine "verbalen Ausfälle" gegen Vorgesetzte könne man nicht dulden. Die Arbeitsrichterin hielt die Begründung für reichlich dünn, doch sie konnte die Vorgänge nicht mehr klären: Grauf und die EnBW einigten sich außergerichtlich.
Wesentlich eingehender befasste sich das Ministerium mit dem Fall. Erst forderte es "detaillierte Auskunft" von der EnBW. Die Antwort laut Pressemitteilung: über die Reaktorsicherheit habe es "zu keiner Zeit unterschiedliche Auffassungen gegeben". Dann vernahm die Atomaufsicht Grauf selbst und weitere Teilnehmer der Besprechung. Das offizielle Ergebnis: es gebe "keinerlei Anhaltspunkte" dafür, dass ein Streit über Sicherheitsfragen zur Trennung führte. Anfang November musste die Befragung auf Wunsch des Bundesumweltministeriums wiederholt werden. Der Befund blieb der gleiche: "Fragen des sicheren Betriebs", wurde den Medien mitgeteilt, hätten bei dem Rauswurf keine Rolle gespielt. Damit sollte der leidige Fall endgültig zu den Akten gelegt werden.
Dumm nur, dass er dort nicht blieb. Die Protokolle der Befragung, die an mehrere Ministerien gingen, liegen inzwischen auch der Stuttgarter Zeitung vor. Sie zeichnen ein völlig anderes Bild der Vorgänge: Entgegen allen Dementis ging es bei Graufs Vortrag vor Claassen und der Managerrunde in erster Linie um Fragen der Reaktorsicherheit. Und da äußerte sich der langjährige Kraftwerkschef äußerst kritisch über den Kurs des Stromkonzerns.
Thema seiner Ausführungen waren die Konsequenzen aus den schweren Sicherheitsverstößen 2001 im Kernkraftwerk Philippsburg. Dort war ein Reaktor nach der Revision wieder angefahren worden, obwohl das Notkühlsystem nicht ordnungsgemäß zur Verfügung stand - ein "Blindflug" mit Folgen. Bei der EnBW mussten zwei Vorstände gehen, der damalige Umweltminister Ulrich Müller geriet an den Rand des Rücktritts, wochenlang stand der Atommeiler still. Erst als der damalige Konzernchef Gerhard Goll ein neues Sicherheitsmanagement versprach, durfte der Betrieb weitergehen.
Aus dem Debakel, musste Golls Nachfolger Claassen nun von Grauf hören, habe man nichts gelernt. Das zeige ein Vorfall vom Frühjahr 2004, als in Philippsburg leicht radioaktives Wasser ausgetreten war. Wieder hätten mehrere Barrieren nicht gegriffen, wieder seien - angeblich beseitigte - Organisationsdefizite die Ursache gewesen. Wenn Claassen den Vorfall mit dem Hinweis relativiere, das Wasser wäre sogar trinkbar gewesen, verkenne er die Tragweite. Mühsam aufgebautes Vertrauen werde auf diese Weise wieder zerstört - nach dem Motto: "Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück". Der Chef von Philippsburg, Hans-Josef Zimmer, wies die Vorwürfe entrüstet zurück. "Es musste der Eindruck entstehen, als sei Dr. Zimmer unfähig", berichtete ein Zeuge.
Aber auch mit dem neuen Sicherheitsmanagement ging Grauf hart ins Gericht. Die verschärfte Aufsicht habe dazu geführt, dass die Ingenieure vorrangig "paperwork" - Papierarbeit - verrichteten. Dafür fehlten sie im operativen Geschäft, wo man sie eigentlich dringender benötige. Unterm Strich werde die Situation "eher schlechter als besser". Was die EnBW auf Druck der Politik eingeführt habe, fuhr Grauf fort, seien "Alibi- und Beruhigungsinstrumentarien". Damit wecke man Erwartungen, die zu "immer größeren Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit" führten. "Im Anschluss an diese Darlegungen herrschte blankes Entsetzen", gab der kaufmännische GKN-Geschäftsführer Wolfgang Heni zu Protokoll.
Doch Grauf war noch nicht am Ende. Erst äußerte er sich zum Problem von "Innentätern", also Saboteuren in den eigenen Reihen: Allein mit einem Schraubenzieher könne ein Schichtleiter einiges Unheil anrichten. Kollegen hätten widersprochen, hieß es später, aber "Professor Claassen war hiervon völlig verschreckt". Dann schilderte er die Stimmungslage in der Belegschaft: Auf allen Ebenen herrsche Frust wegen unzumutbarer Arbeitsbelastungen. Der "Götz-von-Berlichingen-Standpunkt" habe inzwischen "in einem für den sicheren Betrieb eines Kernkraftwerks bedenklichen Maß um sich gegriffen".
Die Runde war konsterniert. Eine solche Generalabrechnung, noch dazu in Anwesenheit des Konzernchefs, hatte niemand erwartet. Claassen verabschiedete sich mit dem süffisanten Hinweis, die Neckarwestheimer müssten "in Managementfragen noch etwas nachlegen". Dann entschieden die Zurückgebliebenen, nun führe an einer Trennung von Grauf aber nichts mehr vorbei. Seine Kritik sei "destruktiv" und grob illoyal.
Egal, wie berechtigt die Bedenken des Atomexperten waren - wie konnte das Ministerium in Kenntnis dieser Vorgänge monatelang behaupten, sein Rauswurf habe mit dem Thema Sicherheit nichts zu tun gehabt? Mit den wider Erwarten publik gewordenen Fakten konfrontiert, reagierte Mappus recht einsilbig: Man bleibe bei der bisherigen Darstellung, ließ er seinen Sprecher ausrichten. "Richtig ist aber auch", räumte er erstmals ein, "dass Dr. Grauf in dem Gespräch am 30. Juni in GKN Sicherheitsfragen kritisch angesprochen hat. Dies hat aber nicht zur Kündigung geführt." So bekräftigt es auch die EnBW: Die bisher genannten Gründe gälten unverändert. Und das Bundesumweltministerium äußert sich nur sibyllinisch: "Die Befragung war aufschlussreich."
Zeitgleich mit dem Ölpreis ist in den vergangenen Monaten auchder Preis für Uran an den Weltmärkten in die Höhegeschnellt.
Der Uranpreis steigt und steigt - denn ein Ende der Vorräte ist in Sicht
(13. November 2004) - Zeitgleich mit dem Ölpreis ist in den vergangenen Monaten auch der Preis für Uran an den Weltmärkten in die Höhe geschnellt. Noch Ende 2000 war Uran für gut 7 Dollar zu bekommen, in diesen Wochen wurde nach einem rasanten Anstieg seit Jahresbeginn erstmals die 20-Dollar-Marke pro Imperial Pound (453,6 Gramm) überschritten. Traditionell werden Uranmengen weltweit in dieser Gewichtseinheit gehandelt.
Der Preisschub ist ein herber Dämpfer für die Verfechter der Atomkraft, die sich wegen steigender ölpreise eine Renaissance der Nuklearenergie erhoffen. Zwar schlägt bei Atomkraftwerken ein steigender Rohstoffpreis weniger stark auf die Kosten einer Kilowattstunde Strom durch, als dies bei fossil befeuerten Kraftwerken der Fall ist. Doch unabhängig davon macht die Preisentwicklung am Uranmarkt gerade sehr deutlich, dass auch der Rohstoff der Atomwirtschaft nicht unbegrenzt zur Verfügung steht.
Denn der aktuelle Preisanstieg ist nicht spekulativer Natur: Weltweit werden derzeit pro Jahr 172 Millionen Pfund Uran verbraucht - aber zugleich nur 92 Millionen Pfund gefördert. Die Atomwirtschaft lebt derzeit von Lagerbeständen, die durch jahrelange Überproduktion der Uranminen aufgebaut wurden. Eine kurzfristige Steigerung des Uranabbaus ist nicht möglich, da die bestehenden Bergwerke bereits maximal fördern und neue Minen erst in fünf bis sechs Jahren verfügbar sind. Zuvor werden sogar noch einige Uranvorkommen ausgeschöpft sein, was den Preisdruck nochmals erhöht.
Längst stellt sich daher die Atomwirtschaft auf einen weiteren Anstieg ein: "Bis auf 25 bis 30 Dollar kann der Preis ohne weiteres kurzfristig noch steigen", sagt ein Sprecher der französischen Atomfirma Cogema. Der jeweils montags ermittelte Kurs lag diese Woche bei 20,25 US-Dollar. An langfristige Prognosen wagt sich allerdings niemand heran - die Richtung ist aber eindeutig. Der Analyst Rupert Stöger von der Performaxx Research zitiert gar Branchenexperten, die "langfristig ein Preisniveau von 100 Dollar erwarten" Daher werden in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion {speziell Kasachstan) sowie in Kanada und Australien neue Bergwerke angelegt. Doch auch sie werden langfristig nicht die Preise drücken. Das Ende der Vorräte ist schließlich kaum ferner als beim Öl: Bleibt es bei rund 440 arbeitenden Atomkraftwerken weltweit, werden die heute bekannten Reserven gerade noch 50 bis 70 Jahre reichen.
BERNWARD JANZING, aus: TAZ v. 13.November 2004.
Das Kraftwerk Chapelcross in Schottland hat nach fast 45 Jahren denBetrieb eingestellt.
Ältestes KKW vom Netz
(4. Juli 2004) - Das älteste KKW der Welt hat nach fast 45 Jahren den Betrieb eingestellt. Das Kraftwerk Chapelcross nahe Annan in Schottland sei abgeschaltet worden, so die britische Betreibergesellschaft BNG. Chapelcross wurde 1959 eröffnet, um den Süden Schottlands mit Strom zu versorgen.
Ursprünglich sollte der Reaktor noch bis 2008 am Netz bleiben, bei einer Überprüfung zeigte sich jedoch, dass Chapelcross und der Reaktor Caler Hall im nordenglischen Sellafield Verluste machen. Auch Calder Hall soll nun abgeschaltet werden.
Ein Bericht der Bundesregierung veranschlagt die Gesamtkostenfür den endgültigen Abbau der Hanauer Plutoniumanlage auf238 Mio.
Hanau: 238-Millionen-Abbau
(5. Juli 2004) - Nach einem Bericht der Bundesregierung an den Haushaltsausschuss werden die Gesamtkosten für den endgültigen Abbau der Hanauer Plutoniumanlage auf 238 Mio. Euro veranschlagt, von denen der Bund rund 73 Mio. Euro trägt.
Der ursprünglich geplante Verkauf der Anlage für 50 Mio. Euro an China war am Widerstand der Grünen gescheitert. Alle noch vorhandenen Kernbrennstoffe sollen im französischen La Hague umgearbeitet werden. Die radioaktiven Abfälle, darunter 1660 kg Plutonium, werden dann von der RWE AG entsorgt.
Energiepolitischer Unsinn
Die Union fordert neue AKWs - selbst Energiekonzerne lehnen dies ab
(13. Juni 2004) - Die Weltkonferenz für erneuerbare Energien hat ein erstes Ergebnis: Die Opposition verfällt in energiepolitische Hilflosigkeit. Während die Regierung sich letzte Woche aufmachte, zukunftsfähige Alternativen zur Ölabhängigkeit auch weltweit voranzubringen, besinnt sich die Union auf die Verheißungen von gestern.
Vergessen wir die FDP, die nur nachplappert, was die Union zelebriert: zuerst das hirnlose Brüllen nach einem Aussetzen der Ökosteuer, dann das stammtischhafte Fordern eines Benzinpreisgipfels. Erst die originellen Neubaupläne für Atomkraftwerke, dann die Laufzeitverlängerung der bestehenden.
Die Union brilliert mit energiepolitischem Unsinn: Wer die Ökosteuer aussetzen will, verteuert Arbeit - das kann die CDU wohl kaum wollen. Und Benzinpreise werden nicht in Berlin, sondern an der Terminbörse in Rotterdam gemacht. Atomkraftwerke, schließlich, werden auf absehbare Zeit in Deutschland nicht mehr gebaut - egal wer regiert.
Denn erstens denken Energiekonzerne nicht in Wahlperioden - es könnte ja sein, dass auf eine CDU-geführte Regierung wieder eine grünbeteiligte folgt. Und zweitens wollen die Konzerne über neue Reaktoren frühestens dann nachdenken, wenn zwei Drittel aller Parlamentarier neue AKWs auch wollen - über einen längeren Zeitraum.
Nicht einmal in der Union gibt es eine solche Mehrheit, ganz zu schweigen vom Meinungsbild in der Gesamtbevölkerung. Atommüll, Störfall, Tschernobyl - man braucht die Reizworte überhaupt nicht, um sich klar zu machen: Wenn in den nächsten zehn Jahren der erste Teil des deutschen Kraftwerkparks erneuert wird, ist garantiert kein AKW dabei.
Bleibt der Vorschlag einer Laufzeitverlängerung. Der ist zwar mit den Konzernen machbar. Schließlich sind die oft abgeschriebenen AKWs Gelddruckmaschinen par excellence. Wer allerdings daran festhält, verhindert eigene zukunftsfähige Entwicklungen. In der Energiepolitik steht Rot-Grün derzeit tatsächlich für Innovation, die Union dagegen für neue Abhängigkeiten. Wie lange das so bleibt, hängt vom nächsten rot-grünen Streit um Kohle oder Windkraft ab.
Nick Reimer, taz
Nur noch 30 Prozent sind für eine weitere Nutzung derKernenergie.
"Stern"-Umfrage: Große Mehrheit der Deutschen lehnt neue Atomkraftwerke ab
(10. Juni 2004) - Eine weitere Nutzung der Atomenergie, wie sie CDU-Chefin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber befürworten, wird von der Mehrheit der Deutschen abgelehnt. In einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Hamburger Magazins stern (in dieser Woche bereits am Mittwoch im Handel) sprachen sich 47 Prozent der Befragten für einen allmählichen Verzicht auf die Kernenergie aus. 18 Prozent plädierten sogar dafür, so schnell wie möglich auszusteigen. Dafür, dass die Kernenergie weiter wie bisher genutzt werden soll, stimmen nur 30 Prozent.
Obwohl 53 Prozent der Bürger befürchten, es könnte in der Energieversorgung Deutschlands langfristig zu größeren Engpässen kommen, sind die Deutschen strikt gegen den Bau neuer Atomkraftwerke. 79 Prozent sprachen sich in der stern-Umfrage dagegen aus, dafür sind nur 18 Prozent. Eine Mehrheit von 51 Prozent ist auch dagegen, die bestehender Atomkraftwerke länger als vereinbart zu nutzen, dafür sind 42 Prozent der Deutschen.
Auf die hohen Öl- und Benzinpreise wollen die Bundesbürger nach der stern-Umfrage vor allem mit Sparen reagieren. 54 Prozent der Befragten gaben an, sie wollten künftig ihren Verbrauch an Benzin, Strom und anderen Energiearten reduzieren, 39 Prozent sagten, sie würden in Zukunft weniger Auto fahren, und 87 Prozent der Autofahrer wollen beim nächsten Autokauf ein Fahrzeug mit niedrigem Verbrauch auswählen.
Datenbasis: 1007 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger am 3. und 4. Juni. Statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte, Auftraggeber: stern. Quelle: Forsa.
Der Bestand an Jodtabletten als Mittel gegen die Folgen einesAtomunfalls wird erneuert.
Jodtabletten werden ausgetauscht
(25. Mai 2004)- Nach einer Meldung des Bundesumweltministeriums wird der Bestand der Länder an Jodtabletten erneuert. Die Tabletten werden bis Ende September an die Länder sowie sieben neu eingerichtete Zentrallager im Bundesgebiet ausgeliefert.
Durch ihre Einnahme soll bei einem Atomunfall verhindert werden, dass radioaktives Jod von der Schilddrüse aufgenommen wird. Dabei erfolgt die Ausgabe abgestuft: Bis zu 25 km ums Kernkraftwerk sorgen die Länder dafür, zwischen 25 und 100 km gibt es sieben Zentrallager. Finanziert werden die insgesamt 137 Mio. Jodtabletten von den Betreibern der Kernkraftwerke.
Die US-Regierung treibt den Bau neuer Atomanlagen wieder voran,obwohl die Kritik an der mangelnden Sicherheit bestehenderReaktoren wächst.
US-Atomstandards erschreckend schlecht
25 Jahre nach dem Beinahe-Unfall im Atomkraftwerk Harrisburg treibt die US-Regierung wieder den Bau neuer Atomanlagen voran. Dabei wächst zugleich die Kritik an der mangelnden Sicherheit bestehender Reaktoren.
(31. März 2004) - Ein Vierteljahrhundert ist seit der Beinahe-Katastrophe im Atomkraftwerk von Harrisburg in Pennsylvania vergangen. Und ausgerechnet im Jubiläumsjahr sieht sich die US-amerikanische Atomwirtschaft wachsender Kritik über die Sicherheit ihrer veralteten Reaktoren ausgesetzt. Die Angst vor einem Super-GAU liegt nicht nur in den zum Teil maroden Anlagen begründet, sondern auch im mangelnden Schutz vor Terroranschlägen.
Zwei Ereignisse haben den Befürchtungen der Atomkraftgegner jüngst neue Nahrung gegeben: An einem Atommeiler im Bundesstaat Ohio wurden massive Korrosionsschäden festgestellt. Säure in der Kühlflüssigkeit hatte ein fußballgroßes Loch in die Reaktorwand gefressen. Das Kraftwerk wurde abgeschaltet. Ein staatlicher Untersuchungsbericht zur Sicherheit der insgesamt 103 im Betrieb befindlichen Nuklearanlagen vor Anschlägen kam überdies zu dem Ergebnis, dass "die von der US-Atomaufsichtsbehörde vorgeschriebenen Standards erschreckend schlecht" seien.
Die Atomlobby wiegelt jedoch ab. Das muss sie auch, schließlich hat sie sich zum Ziel gesetzt, den Neubau von Reaktoren - seit dem Unfall am 28. März 1979 ging kein Meiler mehr ans Netz - wiederaufzunehmen. Die Bush-Regierung, noch nie verlegen, wenn es um Handlangerdienste für die Energiewirtschaft geht, zeigt sich unbeeindruckt durch die Attentate vom 11. September und Sicherheitsbedenken ihrer eigenen Beamten: Sie will den Bau neuer Atomkraftwerke vorantreiben. Ein umfangreiches Gesetzespaket zur Energiepolitik, das die Demokraten im Kongress bislang blockieren, soll Kraftwerksbetreiber durch Steueranreize zum Neubau ermuntern. Die Regierung hofft, dass so spätestens 2010 der erste neue Meiler ans Netz geht.
Washington subventioniert Linzenzanträge
Drei neue Standorte hat die Atomindustrie hierfür im Visier. Für alle laufen die ersten Genehmigungsverfahren bei der zuständigen Aufsichtsbehörde. Das Energieministerium in Washington subventioniert 50 Prozent der Kosten für den Lizenzantrag - ein weiteres deutliches Zeichen, wessen Interessen die Bush-Regierung vertritt. Zudem unterstützt sie den Wunsch vieler Energieunternehmen, die Betreiberlizenzen für ihre veralteten Anlagen um zwanzig Jahre zu verlängern.
Altersschwäche, Verschleiß und das Arbeiten an der Kapazitätsgrenze erhöhen nach Ansicht von Experten die Unfallgefahr. "Dieser Trend ist besorgniserregend", sagt David Lochbaum von der Union of Concerned Scientists. Der jüngste Fall in Ohio sei ein Alarmsignal. In den vergangenen Jahren hätten die Betreiberfirmen keine wesentlichen technischen Veränderungen vorgenommen, um die Anlagensicherheit zu erhöhen.
Nach dem 11. September wurde der Zugang zu Atomkraftwerken mittels Barrieren und mehr Wachpersonal erschwert. Auf ihren Betriebsgeländen gilt permanent Code Orange, die zweithöchste Sicherheitsstufe. Katastrophenschutzübungen hätten jedoch gezeigt, wie schlecht die Anlagen vorbereitet und geschützt seien, sagt Jim Riccio von Greenpeace. Solche Übungen würden wochenlang vorab angekündigt, so dass die Betreiber ausreichend Zeit hätten, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, um die vorgeschriebenen Standards zu erfüllen. "Das ist nicht besonders beruhigend."
Umweltorganisationen propagieren daher den Ausstieg aus der Atomkraft als beste Sicherheitsstrategie. Als ersten Schritt fordern sie, die Kraftwerklaufzeiten nicht mehr zu verlängern. Da der öffentliche Druck jedoch gering ist, besteht allenfalls die Hoffnung, dass der Kongress die umstrittenen Energiegesetze im Wahljahr nicht verabschieden wird. Wie sich ein Regierungswechsel im Weißen Haus auf die Atompolitik auswirken würde, ist ungewiss. Bush-Herausforderer John Kerry, der von Umweltgruppen gelobte Senator, vertritt bislang nur schwammige Positionen. Offenbar will er es sich weder mit moderaten Republikanern noch mit Wechselwählern verderben.
Michael Streck, taz
Das Bundesamt für Strahlenschutz reagiert auf fehlenden Schutzvon fünf Atomanlagen bei Flugzeugabstürzen
Bundesamt für Strahlenschutz: Fünf Atomreaktoren stilllegen
Das Bundesamt für Strahlenschutz reagiert auf fehlenden Schutz von fünf Atomanlagen bei Flugzeugabstürzen.
(23. Februar 2004) - Das Bundesamt für Strahlenschutz tritt wegen der Gefahren bei Anschlägen mit Flugzeugen auf AKWs für die Stilllegung der fünf ältesten deutschen Atommeiler ein. Das berichtet die TAZ in ihrer heutigen Ausgabe.
Der Präsident des Bundesamts, Wolfram König, appellierte an die Energieversorger, die AKWs Biblis A, Brunsbüttel, Isar 1, Obrigheim und Philippsburg 1 endgültig abzuschalten. Fehlende Strommengen könnten auf neuere Reaktoren übertragen werden.
"Ich rate den Betreibern zur Verbesserung der Sicherheit, von den Instrumenten Gebrauch zu machen, die ihnen die Vereinbarung über den Atomausstieg zur Verfügung stellt", sagte König gestern der taz. König hält es für nicht ausreichend, dass sich die AKW-Betreiber vor allem mit Vernebelungsmaschinen vor Terrorangriffen aus der Luft schützen wollen.
"Wenn der Eindruck entsteht, dass die Vernebelung die wesentliche Vorsorgemaßnahme ist, kann man nicht mit gesellschaftlicher Akzeptanz rechnen", betonte er. Nach einer Studie der Gesellschaft für Reaktorsicherheit kann bei den genannten älteren AKWs bereits ein Angriff mit einem kleinen Passagierflugzeug zu einer unbeherrschbaren Katastrophe führen. "
Kernkraft mit Höchstproduktion
(12. Februar 2004) - Die im Betrieb befindlichen 19 deutschen Kernkraftwerksblöcke haben 2003 insgesamt 165,1 Mrd. kWh Strom erzeugt, nochmals 0,2% mehr als im Vorjahr. Leistungsstärkstes Kernkraftwerk war erneut Isar 2 mit einer Jahresproduktion von 12,3 Mrd. kWh. Das entspreche, so das Deutsche Atomforum, etwa zwei Dritteln der Strommenge, die alle 15 000 Windkraftanlagen zusammen im vergangenen Jahr produziert haben.
Auch die vier Schweizer Kernkraftwerke (Beznau, Mühleberg, Gösgen und Leibstadt) konnten ihre Leistung 2003 nochmals steigern: um rund 1% auf 25,9 Mrd. kWh. Die Schweizer Kernkraftwerke steuerten damit laut VSE rund 40% zur inländischen Stromproduktion bei.
Atom-Terror-Gutachten öffentlich
(5. Februar 2004) - Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) veröffentlichte eine Zusammenfassung des Bundesumweltministeriums vom bislang geheimen Gutachten der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) zur Terrorgefahr für deutsche Kernkraftwerke.
Nach dem ein Jahr alten Gutachten kann der gezielte Absturz eines Verkehrsflugzeugs bei jedem deutschen KKW zu einem Supergau führen. Besonders gefährdet seien die neun älteren Anlagen Obrigheim, Stade, Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Philippsburg 1, Neckar 1 und Unterweser, denn hier könne schon der Absturz eines kleineren Verkehrsflugzeugs die Katastrophe auslösen.
Beim Absturz eines großen Flugzeugs auf einen Kernreaktor könnten auch die zehn neueren KKW außer Kontrolle geraten.
Die Bundesregierung und die Bundesländer wüssten seit langem von der Gefahr, so der BUND, blieben aber eine Erklärung schuldig, welche Gegenmaßnahmen sie ergreifen wollen.
Mehr Kernkraft
(13. Januar 2004) - Trotz Atomausstieg investieren E.ON und RWE nach einem Bericht der "Financial Times Deutschland" einen dreistelligen Millionenbetrag in die Erweiterung ihrer Kernkraftkapazität.
Mit technischen Verbesserungen an mehreren der 18 deutschen KKW werde die Leistung je Kraftwerk um 20 bis 30 MW gesteigert, insgesamt in den kommenden zwei Jahren um bis zu 300 MW.
RWE habe kürzlich die Kraftwerke Gundremmingen und Lingen umgerüstet, so die Zeitung, E.ON plane das in Grafenrheinfeld und Brokdorf. Überlegungen gebe es auch für Grohnde.
Optimiert werde der nichtnukleare Teil der Anlagen im Rahmen von Revisionen.
2001 wurde im Atomkonsens 2623,3 Mrd kWh als Höchstmenge für den noch zu erzeugenden Kernkraftstrom festgelegt. Von 1961 bis 2001 waren knapp 3100 Mrd kWh Atomstrom erzeugt worden.
Umweltminister lehnt einheitlich Normen und Standards fürÜberwachung, Stilllegung, Entsorgung und Verwaltung vonStillegungsfonds ab.
Trittin gegen EU-einheitliche Atomregelungen.
(13. Januar 2004) - Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat anlässlich der abschließenden Beratungen im Europäischen Parlament (EP) über die nukleare Sicherheit und Entsorgung die deutsche Position zu dem so genannten Nuklearpaket deutlich gemacht. Das meldet der Nachrichtendienst VWD. Trittin appelliert in einem Schreiben an die deutschen EP-Abgeordneten, sich für eine freiwillige, rechtlich unverbindliche Harmonisierung der Sicherheitsregeln auszusprechen. Damit stellt sich Deutschland klar gegen die von EU-Energiekommissarin Loyola de Palacio vorgeschlagene Richtlinie zur Nuklearsicherheit.
Nach dem Willen der EU-Kommissarin sollen künftig einheitliche Normen und Standards für die Überwachung von Kernkraftwerken (KKW), die Verwaltung von Stilllegungsfonds und die Entsorgung radioaktiver Abfälle eingeführt werden. So soll beispielsweise in jedem Mitgliedstaat eine unabhängige Behörde über die KKW-Sicherheit wachen, die ihrerseits von einer übergeordneten EU-Behörde kontrolliert wird. Bei der Verwaltung der Stilllegungsfonds müssten die EU-Länder entsprechend den Kommissionsvorgaben verantwortlich sein.
De Palacio fordert, dass die Finanzmittel aus den Fonds der KKW-Betreiber getrennt von den anderen Ressourcen bestehen und nur für den Abbau der Kraftwerke eingesetzt werden sollen. Zudem sieht die Richtlinie einen Zeitplan für die Lagerung radioaktiver Abfälle vor. Die EU-Staaten sollen bis spätestens 2008 Genehmigungen für die Endlagerstätte erteilen, die ab 2018 betriebsfähig sein sollten.
Das Konzept de Palacios bewertet der Bundesumweltminister als ungeeignet. Deutschland, Großbritannien, Schweden und Finnland plädieren für einen unverbindlichen Harmonisierungsprozess, d.h. die EU-Kommissarin müsste ihren Gesetzesvorschlag zurückziehen. Bereits im September 2003 hatten Bundeskanzler Gerhard Schröder und der britische Premierminister Tony Blair in einem Brief an den Kommissionspräsidenten Romano Prodi ihre Bedenken gegen den Vorschlag geäußert.
Das EU Parlament hat in diesem Bereich lediglich das Recht der Konsultation. Dennoch wird das EP-Votum als politisches Signal für den EU-Ministerrat und nicht zuletzt die Öffentlichkeit gesehen.
Das EP hatte im vorigen Jahr vor der Zustimmung zur Beschleunigungsrichtlinie auf eine gemeinsame Entschliessung von Parlament, Ministerrat und Kommission zu gemeinsamen Vorgehen bei den Sicherheitsfonds gedrängt und diese Entschließung auch durchgesetzt (vgl. Download).
Entscheidung Nr. 1229/2003/EG vom 26.06.2003 Netze Energiebereich - EU