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Fernwärmepreis in Lübeck und der Kampf um Gerechtigkeit

Regionalgruppe Lübeck im Bund der Energieverbraucher e.V.

Der Bereich der Stadtwerke Lübeck im Forum

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Bürgerprotest: Beispiel Lübeck

Jedes Fernwärmeunternehmen macht seine eigenen Preise, denen die Kunden dann schutzlos ausgeliefert sind. Wo der Markt oder die Kartellbehörden die Kunden im Regen stehen lassen, gehen die Verbraucher in den Preisprotest. In Lübeck haben die Fernwärmekunden nach neun Jahren gemeinsamen zähen Kampfes schließlich gegen die Stadtwerke vor dem Bundesgerichtshof gesiegt. 

(14. Dezember 2014) In den Jahren 2000 bis 2002, also mit Beginn der Privatisierung der Stadtwerke, traf die etwa 20.000 Lübecker Fernwärmekunden eine Kostenexplosion: Rechnungen lagen um bis zu 200 Prozent über dem Betrag des Vorjahrs.

Viele Verbraucher waren finanziell komplett überfordert. Der Protest der betroffenen Bürger organisierte sich um Gunhild Duske als regelmäßig tagende Regionalgruppe des Bundes der Energieverbraucher.

622 2250 2321 Infostand der Regionalgruppe Lübeck

Informationsstand in der Fußgängerzone wirbt für Solidarität: Gunhild Duske, Anita Aumüller, Herta Liedl (von links)

Unter den Preisanpassungsklauseln für Fernwärme, die die Gruppe gesammelt und verglichen hatten, war die der Stadtwerke Lübeck eine absolute „Exotin“:

  • Eine zu hohe Ölpreisbindung fand sich in vielen Fällen, selbst wenn der Versorger die Fernwärme mit anderen Brennstoffen erzeugte.
  • Einen Faktor „fEG“, der die unbekannten variablen Bezugskosten für Gas darstellte, fand sich nirgendwo anders. Die Gruppe wertete dies als Verstoß gegen § 24 AVBFernwärmeV, das Transparenzgebot.

Die Stadtwerke sprachen den Kunden das Recht zur Kürzung oder Einbehaltung von Rechnungsbeträgen ab und drohten mit Liefersperren. Ein klarer Verstoß gegen § 30 AVBFernwärmeV. Eine Familie zog gegen die Stadtwerke vor Gericht – gestützt auf die Solidarität und die finanzielle Hilfe der Gruppe.

Gleich in der ersten Instanz hatte die Familie Erfolg, doch nur bezüglich der Transparenz der Abrechnungen. Nachdem die Stadtwerke die Abrechnungen mit detaillierten Angaben versehen hatten, klagten sie ihrerseits auf Zahlung der einbehaltenen Kosten. Eine kluge Amtsrichterin widmete sich nun der Preisanpassungsklausel, insbesondere dem Faktor „fEG“: Das war ein weiterer Fortschritt. Doch die Berufung der Stadtwerke führte zu einer Niederlage beim Landgericht Lübeck (Az. 25 C 3539/04). Erfolg brachte Jahre später die Revision beim Bundesgerichtshof. Der VIII. Senat befand: „Eine von einem Versorgungsunternehmen in Fernwärmelieferverträgen verwendete Preisanpassungsklausel ist mit den Transparenzanforderungen des § 24, Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV (Abs. 3 Satz 2 aF) nicht zu vereinbaren und daher unwirksam, wenn für die Berücksichtigung der Kostenentwicklung beim Erdgasbezug des Versorgungsunternehmens auf einen variablen Preisänderungsfaktor abgestellt wird, dessen Berechnungsweise für den Kunden nicht erkennbar ist.“ (Urteil vom 6. April 2011, Az. VIII ZR 66/09).

letzte Änderung: 14.12.2014