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Monopolkommission: Aus dem Sondergutachten 2007

(Zivilrechtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB)

Monopolkommission: Aus dem Sondergutachten 2007

(Zivilrechtliche Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB)

  • Auffällig ist, dass die Grundsätze, die der Bundesgerichtshof in den beiden Urteilen zu § 315 BGB aufgestellt hat, nicht mit der Marktabgrenzung übereinstimmen, die das Bundeskartellamt bei der Anwendung der GWB-Bestimmungen im Energiesektor nach wie vor zugrunde legt und die von der Rechtsprechung in der Vergangenheit bestätigt wurden.
  • Die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs weichen ferner von der sachlichen Marktabgrenzung ab, die bislang im Wärmesektor anwendet wird. Das Bundeskartellamt grenzt bisher den Gasmarkt als eigenständigen Markt im Wärmesektor ab.
  • Die Monopolkommission beurteilt es generell positiv, dass sich Endverbraucher gegen missbräuchlich überhöhte Preise im Energiesektor zivilrechtlich zur Wehr setzen können. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Kartellbehörden bei Zuwiderhandlungen nicht zum Einschreiten verpflichtet sind, sondern vielmehr über ein Ermessen verfügen. Generell sollten Endverbraucher auf überhöhte Preise ihres gegenwärtigen Energieversorgers jedoch durch einen Wechsel zu einem günstigeren Anbieter reagieren.
  • Falls es keine echte Alternative zum Tarif des etablierten Anbieters geben sollte, ist die private Rechtsdurchsetzung die letzte Zuflucht. Sie stellt jedoch derzeit kein effektives Mittel gegen missbräuchlich überhöhte Energiepreise dar. Sie kann im Einzelfall zu einer Verbesserung des klagenden Endverbrauchers führen.
  • Nachdem Tariferhöhungen der Grundversorger in Deutschland Hunderte oder sogar Tausende von Zivilklagen der betroffenen Endkunden ausgelöst haben, zeigt sich, dass das vorhandene Instrumentarium des Zivilprozessrechts diesem Problem nicht gewachsen ist.
Gerichtsurteile im Kampf gegen überhöhte Preise

Stand: 29. November 2007

Gerichtsurteile im Kampf gegen überhöhte Preise

Verbraucher haben gewonnen

(nr = nicht rechtskräftig, r = rechtskräftig)

Eine Klage des Bund der Energieverbraucher gegen Preisgleitklauseln in Stromlieferverträgen von E.on Mitte hatte Erfolg (Landgericht Frankfurt, Az 2-02 O 250/06 nr). Der Verein klagte auch mit Erfolg gegen Preisgleitklauseln in Gaslieferverträgen der Rheinenergie Köln (Az 26 O 91/06 nr) und der Stadtwerke München (Az 12 O 18199/06 r). Vor dem Oberlandesgericht Bremen siegten Verbraucher mit einer Klage gegen die SWB wegen überhöhter Gaspreise (Az 5 U 42/06 nr). Auch die Klage eines Ehepaars gegen die überhöhten Gaspreise vor dem Landgericht Hanau war erfolgreich (nr).

Vattenfall muss die Stromversorgung eines Ehepaares wieder aufnehmen, das zwei Wochen ohne Strom war, weil der Konzern ihre Zahlungen falsch verrechnet hatte, (Amtsgericht Hamburg-Barmbeck vom 12. September 2007 Az 811a C337/07 nr).

Das Landgericht Limburg untersagte eine Stromsperre gegen einen Protestkunden (Az 5 O 56/07).

Das Amtsgericht Lingen weist Zahlungsklage des Versorger ab, weil die Billigkeit nicht bewiesen wurde (Az 12 C 925/06(XI)). Ein Chemieprofessor klagte mit Erfolg gegen die Preiserhöhung des Wärmepumpenstroms durch die Bergische Energie und Wasser GmbH und gegen die Kündigung seines Sondervertrags nach dem Unbilligkeitseinwand (Urteil Amtsgericht Wipperfürth vom 3. Juli 2007 Az 9 C 163/07 nr).

Die Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen Preisklauseln in Heizstromverträgen von E-on Hanse war erfolgreich (OLG Schleswig-Holstein, Urteil v. 15. November 2007, Az 2 U 1/07, r).

Vattenfall klagte gegen einen Verbraucher, der seine Stromrechnung rückwirkend für drei Jahre gekürzt hatte. Nach der mündlichen Verhandlung nimmt Vattenfall die Klage zurück, um ein Urteil zu vermeiden (Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg Az 7 C 285/06). Die Zahlungsklage von GEW Wilhelmshaven wird abgewiesen, weil die Zusammensetzung des Strom- und Gaspreises nicht hinreichend dargelegt wurde (Amtsgericht Wilhelmshaven Az 6 C 632/07 (I) r).

Die Klage der Ohra Hörselgas gegen einen Verbraucher auf vollständige Zahlung einer gekürzter Gasrechung wird abgewiesen (Amtsgericht Gotha Az 1 C 288/07 nr).

Verbraucher haben verloren

Die Sammelklage gegen die Gaspreise der Stadtwerke München wird vom Landgericht München abgewiesen (Az 12 O 17018/06 nr).

Sammelklage gegen die Gaspreise der Mainz-Kinzig-Gas und gegen die Gaspreise der Stadtwerke Dreieich wird vom Landgericht Frankfurt abgewiesen, (nr).

Die zwei Sammelklagen gegen die Gaspreise der EWE werden vom Landgericht Oldenburg abgewiesen, (nr).

Die Klage eines Kunden gegen Gaspreise der Stadtwerke wird vom Landgericht Rostock abgewiesen (Az 1 S 21/06 r).

Diese Zusammenfassung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Repräsentativität.

29.000 Stromkunden können Geld zurückverlangen

vzbv gewinnt Klage gegen Stromanbieter E.ON Hanse - Vertragsklauseln unwirksam

29.000 Stromkunden können Geld zurückverlangen

vzbv gewinnt Klage gegen Stromanbieter E.ON Hanse - Vertragsklauseln unwirksam

22.11.2007 - E.ON Hanse hatte 2004 versucht, neue Thermostromverträge auf dem Markt zu etablieren. Streitgegenstand waren Klauseln zur Preis- und Leistungsänderung. Die Klauseln in Verträgen für Nachtspeicherheizungen seien zu ungenau und intransparent, so das Oberlandesgericht Schleswig. Das Gericht wies die Berufung des Stromanbieters E.ON Hanse AG per Beschluss zurück.

"Die 29.000 Kunden, die den Thermostromvertrag von E.ON Hanse unterschrieben haben, sind die eigentlichen Gewinner des Verfahrens", sagt vzbv Vorstand Gerd Billen. Die Haushaltskunden können die zu viel gezahlten Beträge jetzt zurückverlangen. Da die Preisänderungsklauseln unwirksam sind, erfolgten die Preiserhöhungen in den Jahren 2006 und 2007 ohne Rechtsgrund. Für die Kunden war nicht ersichtlich, in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen sich der Preis ändern würde, so das Gericht. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein wird ein Formschreiben und weitere Informationen auf ihre Internetseite stellen, damit die Kunden zuviel gezahlte Beträge zurückfordern können.

Pikanterweise versuchte E.ON Hanse 2005 seine Heizstromkunden zum Abschluss der neuen Verträge mit den unwirksamen Klauseln zu bewegen. Damals haben etwa 7.000 Kunden die neuen Verträge nicht unterschrieben. Sie wurden in den teuren allgemeinen Tarif eingestuft. Einige von diesen Verbrauchern hatten den Preiserhöhungen widersprochen und weiterhin ihren alten Preis gezahlt. Ihre Meinung: E.ON Hanse muss beweisen, dass die Preiserhöhungen angemessen sind. Auch sie sind auf dem richtigen Weg, sagt vzbv-Vorstand Billen: "Ein Anbieter, der Verbraucher in solch miese Verträge drängen will, wäre schlecht beraten, von diesen Kunden Nachzahlungen zu verlangen. Schließlich wollten sich diese gerade nicht auf die Klauseln einlassen, die das Gericht jetzt für unwirksam erklärt hat."

Beschluss des OLG Schleswig vom 15.11.2007, AZ: 2 U 1/07

Informationen für E.ON Hanse ThermoStrom-Kunden sind von der Website der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein abrufbar unter dem Suchbegriff "Thermostrom".

swb verliert vor dem Bremer Oberlandesgericht

Großartiger Erfolg für Gaskunden

Großartiger Erfolg für Gaskunden

swb verliert vor dem Bremer Oberlandesgericht

(16. November 2007) Das Oberlandesgericht Bremen hat jetzt mit Urteil vom 16.11.2007 (Az.: 5 U 42/06) das Urteil des Landgerichts bestätigt. Damit sind die Preiserhöhungen der swb zwischen dem 01.10.2004 und dem 30.09.2006 hinfällig, weil sie ohne vertragliche Grundlage vorgenommen worden sind.

Die Verbraucherzentrale Bremen hatte im Mai 2005 eine Sammelklage initiiert, um die Gaspreiserhöhungen der swb überprüfen zu lassen. Bereits im Mai 2006 hat das Landgericht Bremen die Preisänderungsklauseln der swb wegen Intransparenz für ungültig erklärt.

Das Gericht hatte schon in der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober hervorgehoben, daß die wirtschaftlichen Konsequenzen des Wegfalls der Klausel beabsichtigt sind. Es kann nicht Aufgabe des Gerichts sein, die swb für die Verwendung einer intransparenten Klausel auch noch zu belohnen. Zudem hatte sich die swb während des Verfahren vehement geweigert hat, die Kalkulation offen zu legen.

Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Dr. Bölling hob anlässlich der Urteilsverkündung diesen Gedanken noch einmal hervor und betonte, dass das Urteil keine besondere Härte darstelle, weil die swb unter Umständen andere Möglichkeiten gehabt hätte, Preiserhöhungen zu vermeiden. Das Gericht konnte auch keine eigene wirksame Klausel aufstellen, weil ihm dazu schlicht die Zahlen der swb fehlten.

Das Urteil ist ein ungeheurer Erfolg für den Verbraucherschutz. Es hat bundesweite Bedeutung, da die meisten Energieversorger ähnliche unwirksame Klauseln verwenden.

Das Urteil wird zunächst nicht rechtskräftig, weil die swb in die Revision geht. Damit wird die Bremer Sammelklage vor dem Bundesgerichtshof verhandelt.

Strom-Rebellin siegt gegen Vattenfall

Bevor es zum Urteil kam, zog Vattenfall die Klage zurück.

Strom-Rebellin besiegt Vattenfall

(5. November 2007) Die Zeitung "Die Welt" berichtet über eine Rentnerin, die ihre Stromrechnung für drei Jahre rückwirkend gekürzt hatte. Die Rentnerin kürzte dem Stromversorger über drei Jahre rückwirkend die Stromrechnungen und Abschläge um 30 Prozent.

Daraufhin klagte Vattenfall auf Zahlung, nahm nach einer mündlichen Gerichtsverhandlung am 25.09.2007 jedoch die Klage wieder zurück. Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg (AZ: 7 C 285/06) unter Vorsitz von Frau Richterin Kriegelsteiner vertrat nämlich in der Verhandlung den Standpunkt, Vattenfall müsse gemäß § 315 BGB die Angemessenheit seiner Preise erst einmal nachweisen. Die Anwendbarkeit der Vorschrift begründe sich aus der Monopolstellung der Klägerin.

Bei ihrer Verteidigung hatte sich die beklagte Energierebellin zu dieser Problematik auf das Gutachten des Lehrstuhls für Energiewirtschaft und Public Sector Management der TU Dresden vom Januar 2007 berufen (http://www.tu-dresden.de/wwbwleeg/publications/publications.html).

Der Vattenfallkonzern müsse, so das Gericht, auch als Ganzes betrachtet werden, denn "vertikal integriert" biete das Unternehmen in Berlin Produktion, Netz und Vertrieb aus einer Hand.

Vattenfall lehnte jedoch ab, einen Beweis für die Billigkeit seiner Preise anzutreten. Bevor es zum Urteil kam, zog Vattenfall deshalb die Klage zurück.

Der Bund der Energieverbraucher weist darauf hin, dass es nach den jüngsten Urteilen des Bundesgerichtshofes auf eine Monopolsituation nicht ankommt: Jede einseitige Preiserhöhung muss der Billigkeit entsprechen. Offenbar wolle sich Vattenfall einen schwächeren Gegner als jene Rentnerin aussuchen und auch ein Gericht, dass vor der Übermacht bestbezahlter Anwaltskanzleien einknickt, um ein Exempel zu statuieren. Auch in anderen Fällen ziehen die Versorger ihre Klagen zurück, sobald sie vom Gericht Gegenwind bekommen.

Der vorliegende Fall zeige, dass man auch bei weitergehenden Preiskürzungen recht behalten könne.

OLG Bremen will Verbraucherklagen stattgeben

Das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen hält Gaspreiserhöhungen der Bremer swb AG zwischen Oktober 2004 und Januar 2006 um insgesamt gut 38% für unwirksam.

OLG Bremen will Verbraucherklagen stattgeben

(19. Oktober 2007) Das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen hält Gaspreiserhöhungen der Bremer swb AG zwischen Oktober 2004 und Januar 2006 um insgesamt gut 38% für unwirksam. In einer vorläufigen Stellungnahme wurde die Berufung der swb zurückgewiesen und das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Bei diesem hatte das Landgericht Bremen im Mai 2006 die vier Gaspreiserhöhungen von 4,01 auf 5,55 Cent pro kWh für unwirksam erklärt. Für die Gaskunden habe es keine Möglichkeit gegeben, die Erhöhungen nachzuvollziehen, so das OLG, das das Urteil am 16. November verkünden will.

Der Energieversorger hatte angegeben, lediglich die Preiserhöhungen seiner Vorlieferanten an die Kunden weitergegeben zu haben. Gegen die Preiserhöhungen hatten knapp 60 Kunden, unterstützt von der Verbraucherzentrale, eine Sammelklage gegen die swb eingereicht und in erster Instanz Recht bekommen.

Die in den Verträgen enthaltenen Klauseln zur Preisanpassung seien unverständlich, hieß es damals. Die swb hatte mit den Kunden seinerzeit vereinbart, dass die Gaspreise geändert werden könnten, wenn sich die Lohn- und Heizölkosten änderten.

Das Nebeneinander dieser beiden Faktoren sei aber für den Kunden nicht nachvollziehbar. Die Klauseln verstießen somit gegen das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen und seien unwirksam. Eine Rechtsgrundlage für die vorgenommenen Erhöhungen habe deshalb nicht bestanden.

Das OLG hat sich ebenso wie das Landgericht und anders als viele andere Gerichte bundesweit nicht auf auf eine "Billigkeitsprüfung" eingelassen, sondern die Verträge geprüft.

Die vorläufige Stellungnahme sei ein Erfolg auf der ganzen Linie, so die Verbraucherzentrale Bremen. Das OLG-Urteil werde bundesweite Bedeutung haben. 95% aller Anbieter hätten solche Preisanpassungsklauseln in ihren Verträgen verwendet.

Die Verbraucherzentrale erwarte neue Verträge und Rückerstattungen von 70 Mio Euro. Die swb dementierte diese Summe, steht aber zu ihrer Aussage, dass nicht nur die Kläger von eventuellen Rückzahlungen profitieren sollen, sondern alle rund 140.000 swb-Kunden in Bremen und Bremerhaven.

Gegen die Preiserhöhungen hatten dort einst fast 20.000 Kunden Widerspruch eingelegt, knapp 4000 Gaskunden behalten bis heute bei ihren Zahlungen den Teil der Rechnung ein, den sie für zu hoch halten.

Die swb sieht ein Dilemma: Einerseits habe das OLG wie mehrere andere Gerichte bestätigt, dass Preisanpassungen möglich sein müssten, wenn sich die Bezugskosten ändern, andererseits habe es darauf verwiesen, dass die dazu nötige Vertragsgestaltung ein kompliziertes juristisches Thema sei, bisher übliche Vertragsklauseln nicht mehr ausreichend transparent seien und die gesamte Energiebranche im Umbruch sei.

Es wird allgemein damit gerechnet, dass die swb Revision vor dem BGH einlegt.

Energiepreis-Erhöhung - Widerstand zwecklos?

Nicht immer ist es gut, Altes durch Neues zu ersetzen

Energiepreis-Erhöhung - Widerstand zwecklos?

(8. Oktober 2007) Die Heizperiode hat wieder angefangen und prompt verkünden die Energieversorger neue schamlose Erhöhungen ihrer Preise. Noch dürfen sich die Kunden von E.ON Thüringen freuen, deren Deal mit der Verbraucherzentrale noch bis zum 31.12.07 gilt. Auch die EVI Waltershausen will bis Jahresende ihre Preise stabil halten.

Darüber, dass man sich gegen die überhöhte Preise wehren kann, ist in der Vergangenheit genug berichtet worden. Mancher "Nichtrebell" belächelt unter Umständen, die wehrhaften Kunden und scheint die Meinung zu vertreten: "Es hat doch keinen Sinn - ihr müsst ja doch nachzahlen"

Das dies anders aussieht, zeigte erst kürzlich ein Vorfall vor der "eigenen Haustür". Die Stadtwerke Gotha (AG Gotha Az. 4 C 953/06) verklagten einen Kunden auf Nachzahlung, wegen dem von ihm gekürzten Energiepreis. Später zogen sie die Klage zurück, und können somit den vom Kunden gekürzten Differenzbetrag nie mehr einfordern. Obendrein müssen sie die gesamten Gerichtskosten tragen. Auch die Ohra Hörselgas (AG Gotha Az. 1 C 288/07) und die Stadtwerke Erfurt (AG Erfurt Az. 5 C 1938/07) verklagen derzeit einen Kunden. Apropos Stadtwerke Erfurt, die hatten 2005 schon einmal Klage eingereicht und sich dann aber dezent wieder zurückgezogen (AG Erfurt Az. 8 C 1051/05).

Nicht immer ist es gut, Altes durch Neues zu ersetzen. Wenn man vom Versorger neue Vertragsangebote zugesandt bekommt, sollte man sich bei einer unabhängigen Stelle informieren, ob der Gesetzgeber tatsächlich die EVU zwingt, durch die im November 2006 in Kraft getretenen StromGVV und GasGVV, neue Verträge mit ihren Kunden abzuschließen. Zumindest in ähnlichem Wortlaut werden die zugesandten Vertragsangebote einleitend begründet. Und wer nicht unterschreibt, würde dann in den "Allgemeinen Tarif" eingestuft oder gekündigt.

Die wenigsten Kunden dürften bisher nach dem "Allgemeinen Tarif" abgerechnet werden, also Tarifkunden sein, für die die neuen Verordnungen gelten. Alle anderen sind Sondervertragskunden, für diese gelten die mitgelieferten AGB's .

Es kann auch schon einmal vorgekommen sein, dass man entsprechend seines Verbrauches beliefert, aber nie AGB's erhalten hat. Woher leiten die Versorger dann ihr Recht her, die Preise zu erhöhen bzw überhaupt den alten Vertrag kündigen zu dürfen?

Im Fall der Stadtwerke Gotha enthalten die AGB eine Preisanpassungsklausel die gegen das Transparenzgebot (§307 BGB) verstößt und somit unwirksam ist. Im Klartext heist das, sie durften ihre Preise überhaupt nicht erhöhen. Transparenz heißt: Kann ich bei Vertragsabschluss erkennen, welche Preise im Laufe der Zeit auf mich zu kommen?

Wer die neuen Verträge unterschreibt, zementiert einen Preissockel, bei dem es auf die Angemessenheit (Billigkeit) gar nicht mehr ankommt. Man hat ihn schließlich vereinbart.

Ob alt oder neu: Verträge sind einzuhalten, und zwar von beiden Seiten. Deshalb sollte sich jeder vorher genau informieren auf was er sich mit seiner Unterschrift einlässt. Ausführliche Hilfe und viele Informationen findet man im Internet-Forum des Bundes der Energieverbraucher.

Eveline Marsell, Friedrichroda

Amtsgericht entscheidet: Verbraucher darf Strom- und Gaspreise kürzen

Das Amtsgericht Wilhelmshaven hat rechtskräftig eine Zahlungsklage des Energieversorger GEW gegen einen Verbraucher abgewiesen (Az 6 C 632/07(I), Urteil vom 18.09.2007)

Pressemitteilung vom Bund der Energieverbraucher e.V.

Amtsgericht entscheidet: Verbraucher darf Strom- und Gaspreise kürzen

(4. Oktober 2007) Das Amtsgericht Wilhelmshaven hat rechtskräftig eine Zahlungsklage des Energieversorger GEW gegen einen Verbraucher abgewiesen (Az 6 C 632/07(I), Urteil vom 18.09.2007). Der Versorger hatte dem Gericht seine Kalkulation nicht offengelegt und unterlag daraufhin mit seiner Zahlungsklage.

Das Amtsgericht begründet seine Entscheidung mit der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der Bund der Energieverbraucher hat die Entscheidung begrüßt. "Der Bundesgerichtshofs hat die Billigkeitsprüfung von Strom- und Gaspreisen ausdrücklich bestätigt, und zwar unabhängig davon, ob es eine Möglichkeit zum Anbieterwechsel gibt" bekräftigt der Verbandsvorsitzende Dr. Aribert Peters.

Insbesondere versuchen derzeit Versorger die Protestkunden einzuschüchtern, auch durch Drohung von Liefersperren. Das Bundeskartellamt stellt dazu in seinem jüngsten Jahresbericht fest, dass solche Drohungen nicht nur unzulässig sind, sondern auch einen Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bedeuten.

Im Jahresbericht 2005/06 des Bundeskartellamtes heisst es: "Im Verlauf des Jahres 2006 war eine zunehmende Praxis von Energieversorgungsunternehmen zu beobachten, Tarifkunden mit der Einstellung der Energieversorgung zu drohen, nachdem diese unter Berufung auf § 315 BGB die Billigkeit zurückliegender Preiserhöhungen für die Belieferung mit Erdgas (und auch mit Strom) bestritten und daraufhin ihre Zahlungen zwar nicht ganz eingestellt, aber den vom jeweiligen Versorgungsunternehmen geforderten Rechnungsbetrag entsprechend ihrem Einwand gekürzt hatten.

Das Bundeskartellamt hat dies unter dem Aspekt der kartellrechtlichen Missbrauchskontrolle aufgegriffen und die in seinem Zuständigkeitsbereich liegenden knapp 30 Energieversorgungsunternehmen darauf hingewiesen, dass es in solchen Fällen in der Androhung einer Versorgungssperre und erst recht in einer darauf folgenden Einstellung der Versorgung einen Verstoß gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung des jeweiligen Versorgungsunternehmens nach § 19 Abs 1 sieht...

Solange die Billigkeit streitig ist, sind entsprechende Entgeltforderungen erst fällig, wenn die Tarife bzw. tariflichen Preiserhöhungen auf Antrag des Versorgungsunternehmens im Wege richterlicher Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen worden sind. Solange also die Billigkeit nicht nachgewiesen oder gerichtlich festgestellt worden ist, besteht kein rechtlich schutzwürdiges Interesse des Versorgungsunternehmens an der Androhung einer Versorgungssperre".

Die Urteilsbegründung des Amtsgerichts Wilhelmshaven lautet:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts nicht dargelegt, wie sich die geltend gemachte Vergütung für den Strom- und Gasbezug zusammensetzt, wann sie in welchem Maße und warum die ursprünglich vereinbarten Preise gem. § 315 BGB erhöht hat. Es ist dem Gericht daher nicht möglich zu überprüfen, ob die unstreitig erfolgten und den geltend gemachten Rechnungen zugrundegelegten Erhöhungen gem. § 315 Abs. 3 BGB billig waren und damit Gültigkeit erlangt haben....

Der Bundesgerichtshof hat bereits durch Urteil vom 13.06.2007 über die Anwendbarkeit und die Voraussetzungen der Darlegungen im Rahmen der Anwendung des § 315 BGB auf Strom- und Gasbezugsverträge höchstrichterlich entschieden.

Die Auseinandersetzung geht weiter

In Hamburg musste Vattenfall eine Schlappe einstecken

Die Auseinandersetzung geht weiter

(23. September 2007, aktualisiert 27. September 2007) Auch nach den Grundsatzurteilen des Bundesgerichtshofs zur Billigkeitsprüfung geht die Auseinandersetzung vor den Instanzgerichten weiter. E.on Mitte hatte 15 Protestkunden in Paderborn verklagt. Vor dem Landgericht Dormund wäre die Klage von E.on beinahe abgewiesen worden, nun will E.on noch mit weiteren Daten versuchen, das Gericht von der Angemessenheit der Preiserhöhungen zu überzeugen.

In Hamburg musste Vattenfall eine Schlappe einstecken: Ein Hamburger Ehepaar hat sich geweigert, die hohen Strompreise bei Vattenfall zu zahlen. Es verlangte einen Nachweis der Angemessenheit der Preise und überwies nur den alten Abschlag. Vattenfall verrechnete die Zahlungen aber auf vermeintliche Rückstände, obwohl das Ehepaar ausdrücklich bestimmt hatte, die Zahlungen auf die aktuellen Abschläge zu verrechnen. Vattenfall stellte den Strom ab. Die Eheleute saßen zwei Wochen bei Kerzenschein. Nun hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek im Wege der einstweiligen Verfügung Vattenfall auferlegt, die Stromzufuhr umgehend wieder herzustellen (Urteil AG Hamburg-Barmbek vom 12.9.2007 - Az. 811a C 337/07 (nicht rechtskr.). Vattenfall hat den Strom inzwischen wieder angestellt. Ein Sieg der Verbraucher gegen die Arroganz der Macht!

Die 220 Kläger gegen die Preise der Stadtwerke München haben weniger Grund zur Freude München. Sie sind mit ihrer Klage gegen Gaspreiserhöhungen der Stadtwerke München vor Gericht gescheitert. Die Klage der Verbraucher sei abgewiesen worden, teilte das Landgericht München I am Donnerstag mit (Az.: 12 O 17018/06). Nach Auffassung der Kammer beruhten die Preiserhöhungen auf den höheren Bezugskosten des beklagten Unternehmens. Eine Weitergabe dieser Kosten an die Kunden sei nicht zu beanstanden, hieß es. Der Streitwert belief sich nach Angaben eines Gerichtssprechers auf 144 000 Euro..

Eine Zahlungsklage der Stadtwerke Gotha gegen einen Gaskunden wurde dagegen rechtskräftig abgewiesen.

Achtung bei Fernwärme

Fernwärmeverträge enthalten in der Regel eine Preisgleitklausel.

Achtung bei Fernwärme

(22. September 2007) Sämtliche Ausführungen und Empfehlungen z.B. in den Broschüren und Faltblättern und auch im Internet zur Kürzung von Energierechnungen vom Bund der Energieverbraucher bezogen sich stets nur auf Strom und Gas. Deshalb stellt sich die Frage, wie es sich bei Fernwärme verhält:

Fernwärmeverträge enthalten in der Regel eine Preisgleitklausel. Wenn nach dieser Formel der Preis automatisch rechnerisch bestimmt wird und kein Ermessensspielraum für den Versorger besteht ("kann angepasst werden.."), dann hat der Versorger dabei kein Recht zur einseitigen Preisbestimmung, so der Bundesgerichtshof.

Deshalb kommt in diesen Fällen der § 315 BGB nicht zur Anwendung. Der Versorger muss sich dann aber auch an diese Formel halten und die Preise entsprechend berechnen.

Allerdings muss die Preisgleitklausel den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, z.B. müssen alle darin verwendeten Größen nachprüfbar und allgemein veröffentlicht sein. Bei der Prüfung der Gültigkeit einer Preisgleitklausel muß aber auch die entsprechende Verordnung für Fernwärme in die Prüfung einbezogen werden.

Es ist auch zu prüfen, ob der Bezugsvertrag für Fernwärme überhaupt wirksam abgeschlossen wurde, ob also zum Beispiel der Versorger ein vom Verbraucher unterschriebenes Vertragsexemplar vorlegen kann. Ist der Vertrag nicht wirksam abgeschlossen worden, so gilt der allgemeine Tarif, der einseitig vom Versorger festgelegt ist und damit der Billigkeitskontrolle unterliegt.

Alle Verbraucher, die Fernwärmepreise gekürzt haben, sollten unbedingt noch einmal kritisch noch obigen Kriterien prüfen, ob sie ihre Kürzung aufrecht erhalten können und andernfalls rasch den geforderten Betrag entrichten. Der Prozesskostenfonds gilt für Fernwärme explizit nicht.

Strompreise müssen billig sein!

§ 315 BGB ist bei Preiserhöhungen für Strom- und Gaskunden in der Grundversorgung direkt anwendbar.

Strompreise müssen billig sein!

(11. September 2007) Die Versorgungswirtschaft und auch z.B. die sächsische Landeskartellbehörde behauptet, die Billigkeitsprüfung von Strompreisen sei durch das BGH-Urteil vom 28.3.07 endgültig abgelehnt worden. So schreibt die Landeskartellbehörde Sachsen-Anhalt am 6.07.2007: "Nach Auffassung der Landeskartellbehörde besteht für die Allgemeinen Stromtarife nicht die Möglichkeit der Überprüfung nach § 315 BGB. Im Urteil des BGH vom 28.03.2007 wird ausdrücklich erklärt, dass die Anwendung des § 315 BGB ausscheidet, wenn der Stromkunde die Möglichkeit hat, Strom von einem Anbieter seiner Wahl zu beziehen. Dieses Urteil hat nach hiesiger Auffassung Grundsatzcharakter und ist sehr wohl verallgemeinerungsfähig" .

Das ist rundweg falsch und deshalb besonders ärgerlich, weil das genaue Gegenteil zutreffend ist.

Das BGH Urteil vom 28.3.07 sagt, wie das Urteil vom 13.6.07 auch, dass die Billigkeitsprüfung auf den anfänglich vereinbarten Strom- bzw. Gaspreis keine Anwendung findet. Der BGH sagt in dem Urteil vom 28.3.07 aber ausdrücklich: "Anders mag es dagegen bei Preiserhöhungen liegen, die ein Versorgungsunternehmen im Rahmen eines bereits abgeschlossenen Vertrages gemäß § 4 Abs. 1, 2 AVBEltV vornimmt, weil diese einseitig in Ausübung eines gesetzlichen Leistungsveränderungsrechts erfolgen" (RdNr. 16).

Um die Wechselmöglichkeiten beim Strom geht es in dem Urteil vom 28.3.07 nur, weil die entsprechende Anwendung des § 315 BGB dadurch ausscheidet. Wie aber das Urteil vom 13.6.07 klarstellt, räumt der § 4 Abs. 1,2 AVBEltV (und entsprechend § 5 StromGVV http://www.gesetze-im-internet.de/stromgvv/__5.html) dem Gas- und Stromversorger ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht ein.

Deshalb ist der § 315 BGB bei Preiserhöhungen für Strom- und Gaskunden in der Grundversorgung direkt anwendbar. Auf eine entsprechende Anwendung und die Frage, ob ein Versorgerwechsel möglich ist, kommt es deshalb gar nicht mehr an.

Diese neue Linie des BGH liegt nach dem Urteil vom 13.6.07 nun noch klarer auf der Hand als vorher.

Bei Stromkunden ist dies noch wichtiger als bei Gaskunden, weil hier in der Regel alle Kunden, die den Anbieter und den Tarif nicht gewechselt haben, Tarifkunden oder Kunden der Grundversorgung sind, bei denen also zumindest die Preiserhöhungen der Billigkeit entsprechen müssen.

Die Konsequenzen sind dramatisch: Denn wenn man den Stromanbieter wechselt, akzeptiert man den Anfangspreis des neuen Anbieters, der dann einer Billigkeitskontrolle entzogen ist. Kürzt man dagegen als Tarifkunde den Jahr für Jahr gestiegenen Tarif unter Berufung auf den fehlenden Nachweis der Billigkeit, dann ist man rechtlich auf der sicheren Seite.

Allerdings wird der BGH wohl der Meinung sein, dass unwidersprochen gezahlte Erhöhungen nachträglich nicht mehr angegriffen werden können. Dieser Teil des BGH-Urteils vom 13.6.07 ist allerdings in höchstem Grad umstritten und nach Meinung von Experten wohl so auch nicht haltbar.

Fazit: Kürzen ist besser als Wechseln!
Neue Literatur zur Billigkeitsprüfung

Die Zeitschrift für neues Energierecht veröffentlicht in ihrer jüngsten Ausgabe wichtige Beiträge, die sich mit juristischen Aspekten der Billigkeitsprüfung befassen.

Neue Literatur zur Billigkeitsprüfung

Die Zeitschrift für neues Energierecht veröffentlicht in ihrer jüngsten Ausgabe wichtige Beiträge, die sich mit juristischen Aspekten der Billigkeitsprüfung befassen.

Gaspreise: Zusatzprofite 3 Mrd. Euro

Die Schere zwischen den Gaspreisen für Haushalte und den Gasimportpreisen aus dem Ausland ist in den vergangenen 18 Monaten weiter auseinandergegangen.

Gaspreise: Zusatzprofite 2,3 Mrd. Euro

(22. August 2007) Die Schere zwischen den Gaspreisen für Haushalte und den Gasimportpreisen aus dem Ausland ist in den vergangenen 18 Monaten weiter auseinandergegangen. In den letzten sechs Monaten lagen die Haushaltsgaspreise um etwa sieben Prozent oder 0,5 Cent höher als nach der Entwicklung der Gasimportpreise zu erwarten gewesen wäre. Das geht aus den amtlichen Statistiken für den Gasimport und den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Zahlen über die Gaspreisentwicklung für Haushalte hervor.

Der Bund der Energieverbraucher hat auf der Basis dieser Zahlen abgeschätzt, dass allein im Jahr 2007 die Haushaltskunden voraussichtlich mit zusätzlichen ungerechtfertigten Kosten in Höhe von 2,3 Milliarden Euro belastet werden.

Besonders verwerflich ist laut Bund der Energieverbraucher, dass aufgrund der Kürzungen der überhöhten Netzentgeltforderungen durch die Bundesnetzagentur sich die Haushaltsgaspreise eigentlich den Importpreisen hätten annähern müssen. Mit anderen Worten haben die Gasversorger nicht nur 2,3 Milliarden Euro zusätzlich auf die Preise aufgeschlagen, sondern darüber hinaus auch noch die Margen um die von der Bundesnetzagentur vorgeschriebenen Kürzungen der Netzentgelte extra erhöht.

Diagramm Gaspreise: Importpreise sinken stärker als Haushaltspreise

Grafik hochauflösend: Tabelle.jpg (744.28 kB)

Der Bund der Energieverbraucher hält die Preisgestaltung der Gasversorger für rechtswidrig. Sie widersprächen erstens der gesetzlich vorgeschriebenen billigen Preisgestaltung, deren Anwendung auf Gaspreise unlängst vom Bundesgerichtshof bestätigt worden ist, stellten zweitens den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar und widersprächen drittens der Forderung des Energiewirtschaftsgesetzes nach einer möglichst preisgünstigen Gasversorgung.

Den Verbrauchern empfiehlt der Verein, die Gaspreisforderungen der Versorger zu kürzen. Dabei sollten Verbraucher entsprechend den Empfehlungen des Bundes der Energieverbraucher und der Verbraucherzentralen vorgehen.

Landgericht untersagt Preisklausel der Stadtwerke München

Eine Preisgleitklausel in Verträgen mit Sondervertragskunden, die den Gaspreis an die Preisentwicklung von Heizöl bindet, hält das Landgericht für zulässig und weist die Klage ab.

Landgericht untersagt Preisklausel der Stadtwerke München

(22. August 2007, geändert 12. Oktober 2007) Das Landgericht München hat mit Urteil vom 9. August 2007 einer Klage des Bundes der Energieverbraucher gegen eine Preisänderungsklausel der Stadtwerke München stattgegeben (Az 12 O 18199/06). Nachdem die Stadtwerke ihre Berufung gegen das Urteil zurückgenommen haben, hat das Oberlandesgericht München am 4. Oktober 2007 dem Urteil Rechtskraft verliehen (Az: 29 U 4554/07).

Eine Klausel gegenüber Tarifkunden, in der die Stadtwerke sich eine jährliche Preisanpassung vorbehalten, erklärt das Gericht für unzulässig. Es handelt sich bei dem Tarif um ein Festpreisangebot, bei dem der Kunde für die Sicherheit des Festpreises einen Zuschlag bezahlt. Von diesem Festpreis können sich die Stadtwerke nur in den Grenzen der Regelungen für vertragliche Preisänderungsklauseln lösen und können sich gerade nicht auf ihr gesetzliches Preisbestimmungsrecht berufen.

Die Klausel verstößt gegen das Transparenzgebot, weil für den Kunden nicht hinreichend deutlich wird, dass die Stadtwerke ein Preisänderungsrecht haben. Die Klausel benachteiligt die Kunden unangemessen und verstößt überdies gegen das Transparenzgebot. Das Gericht hat daher die künftige Verwendung dieser Klausel untersagt.

In einer Verfügung hatte das Gericht zunächst am 14.1.2007 angeregt, dass die Stadtwerke München eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem Bund der Energieverbraucher abgeben, in der sie auf die künftige Verwendung der Klausel verzichten. Da die Stadtwerke dies ablehnten, unterlagen sie jetzt durch das rechtskräftige Urteil des Landgerichts.

Eine Preisgleitklausel in Verträgen mit Sondervertragskunden, die den Gaspreis an die Preisentwicklung von Heizöl bindet, hält das Landgericht dagegen für zulässig und hat eine entsprechende Klage des Bundes der Energieverbraucher abgewiesen. Denn es sei für den Kunden nachvollziehbar, wie sich die Preise änderten.

Gegen das Urteil hatten die Stadtwerke München zunächst Berufung eingelegt, diese jedoch zurückgenommen. Das Urteil ist damit rechtskräftig geworden.

 Download Urteil Landgericht München I vom 9. August 2007 - Az: 12 O 18199/06 

Punktsieg für Verbraucher

Am 16. August veranstaltete der Bund der Energieverbraucher ein Expertengespräch in Hannover. Rechtsanwälte und Experten aus den Verbraucherzentralen diskutierten über die Konsequenzen aus dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs zur

Punktsieg für Verbraucher

(17. August 2007, überarbeitet 16. September) - Am 16. August 2007 veranstaltete der Bund der Energieverbraucher ein Expertengespräch in Hannover. Rechtsanwälte und Experten aus den Verbraucherzentralen diskutierten über die Konsequenzen aus dem jüngsten Urteil des Bundesgerichtshofs zur Billigkeitsprüfung von Gaspreisen. Die wichtigsten Gesprächsergebnisse werden von Frau Rechtsanwältin Leonora Holling zusammengefasst.

2051 Rechtsexperten diskutieren in kleiner Runde

Rechtsexperten diskutieren in kleiner Runde (v.L. Petra Kristandt, Thorsten Meinecke, Joachim Bluhm, Andre Malitzi, Karin Goldbeck, Aribert Peters, Günter Hörmann, Lovis Wambach, Leonora Holling, Tobias Reininghaus, Thomas Fricke, Reinhard Weeg, Fabian Fehrenbach, Jürgen Schröder, Thorsten Kasper).

Am 13. Juni 2007 hat der Bundesgerichtshof das lang erwartete Grundsatzurteil zur Billigkeitsprüfung von Gaspreisen verkündet. Zunächst hatte die Gaswirtschaft das Urteil als Sieg gefeiert. Ein genauer Blick auf die inzwischen vorliegende Urteilsbegründung zeigt allerdings, dass die Verbraucher mit dem Urteil durchaus zufrieden sein können. Denn im Wesentlichen bestätigt es das Verbraucherrecht auf billige Gaspreise (§ 315 BGB). Für die meisten Gaskunden ist das Urteil kaum von Bedeutung, da es nur für Tarifkunden gilt, die meisten Gaskunden jedoch Sondervertragskunden sind.

Klage gegen Preise

Ein pensionierter Richter aus Heilbronn war mit der Gaspreiserhöhung seines Versorgers nicht einverstanden. Er reichte dagegen Klage ein und begehrte die gerichtliche Feststellung, dass die Preiserhöhung unbillig, also unangemessen sei. Das Amtsgericht Heilbronn gab dem Kläger zunächst Recht. Es stellte die Unwirksamheit der Erhöhung fest, weil der Versorger die Gründe für die Erhöhung nicht schlüssig dargelegt habe. Das Landgericht Heilbronn als Berufungsinstanz hob das Urteil des Amtsgerichts auf und wies die Klage ab, weil der Versorger inzwischen dem Landgericht die Erhöhungsgründe dargelegt hatte und diese Darstellung vom Kläger nicht bestritten wurde.

Der Bundesgerichtshof hat nun das Urteil des Landgerichts bestätigt. Nach der Urteilsverkündung und der Pressemitteilung dazu hatte die Gaswirtschaft zunächst triumphiert. Der BGH habe die Rechtsauffassung der Gaswirtschaft zur gerichtlichen Überprüfbarkeit von Gaspreisen in allen Punkten bestätigt. Doch nach Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsbegründung verflog die Euphorie rasch. Denn es wurde klar, dass der Bundesgerichtshof ganz im Gegenteil bestätigt hatte dass Gaspreiserhöhungen der Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB unterliegen. Das hatte die Gaswirtschaft bis dahin stets in Abrede gestellt.

Auffällig an der Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs ist, dass der BGH ausdrücklich den Umfang seiner eigenen Prüfungskompetenz herausstellt. Der BGH könne nur prüfen, was die Parteien in erster und zweiter Instanz selbst vorgetragen beziehungsweise als rechtsfehlerhaft beanstandet hatten. Der Kläger habe, so stellt der BGH fest, nur die Preiserhöhung angezweifelt, den vor der Erhöhung geltenden Preis jedoch nicht beanstandet. Der Versorger hatte dem Landgericht ferner ein Wirtschaftsprüfergutachten vorgelegt, in dem bestätigt wurde, das die Bezugskosten des Versorgers im selben Umfang gestiegen waren, wie die Endkundenpreise. Auch dieses Gutachten habe der Kläger nicht bestritten. Dazu konnte folglich auch die Revision nichts anderes feststellen.

Anfangspreis und Folgepreise

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Gaspreis bei Vertragsbeginn zwischen Kunde und Versorger vereinbart worden sei. Damit unterliege dieser Preis nicht der Billigkeitskontrolle, weil er nicht einseitig vom Versorger festgelegt wurde. Durch Gasentnahme erkläre sich der Verbraucher mit dem Preis einverstanden (Zustimmungsfiktion). Einige Teilnehmer äußerten die Vermutung, das der Bundesgerichtshof durch diese Sichtweise die Justiz im Lande vor einer Prozesslawine bewahren wollte.

Nicht kritisierte Preisanhebungen

Später vom Versorger geänderte Preise gelten als vereinbart, wenn der Verbraucher diesen nicht ausdrücklich widerspricht oder anstandslos zahlt. Auch hierin sieht der BGH ein Indiz, dass der Verbraucher den Preis akzeptiert. Hierbei reiche es aus, wenn der Verbraucher auf eine Jahresrechnung reagiert. Er müsse nicht jeder Preisanhebungen innerhalb eines Jahres widersprechen. Aber bei der Schlussrechnung muss er dies tun, will er nicht seine Rechte aus § 315 BGB verlieren. Ansonsten werde diese Erhöhungen behandelt wie der Anfangspreis.

Kritik

Diese beiden neuen Entscheidungsaspekte stoßen auf Kritik (so zum Beispiel Prof. Markert in RdE Heft 9/2007), weil sie weder mit der früheren Rechtssprechung des achten Zivilsenats, noch mit der Auffassung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs übereinstimmen und auch der sachlichen Logik entbehren. Grundsätzlich darf ein Schweigen, also eine widerspruchslose Zahlung, bei Privatleuten nicht als Zustimmung ausgelegt werden. Ob das Gericht anders entschieden hätte, wenn der Antrag des Klägers anders gelautet hätte, lässt sich nicht absehen.

Nachweis der Billigkeit

Zur Frage, wie die Billigkeit zu überprüfen ist, äußerte sich der BGH ausdrücklich nicht. Er gibt nur Hinweise, wie dies geschehen könnte. Hierzu gibt es in diesem Urteil einen Kernsatz, den jedes Versorgungsunternehmen sicher nicht gerne liest, da doch der Nachweis einer Bezugskostensteigerung ausreichen soll: "Eine auf die Bezugskostensteigerung gestützte Preiserhöhung kann allerdings unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird."

Selbst wenn die Gaspreise exakt parallel mit den Gasbezugskosten gestiegen sind, etwa durch teureren Einkauf des Versorgers, können sie durchaus unbillig sein. Denn der Versorger konnte möglicherweise in anderen Bereichen die Kosten senken. Er hätte also die Bezugskostensteigerung teilweise auffangen können und die Preiserhöhung hätte geringer ausfallen können. Um das bewerten zu können, muss der Versorger also die Entwicklung aller (!) seiner Kostenfaktoren darlegen.

Fazit

Das jüngste Urteil des Bundesgerichtshofs hat es schwerer gemacht, sich richtig gegen neue höhere Preise zu wehren. Die anfängliche Euphorie vieler Gasversorger, der BGH habe ihre Sicht bestätigt, war jedoch völlig verfrüht. Das Gegenteil ist der Fall. Der BGH hat die Verbraucherseite bestärkt und die Offenlegung der Gesamtkalkulation bestätigt. Doch nur diejenigen Verbraucher können Erfolg mit ihrem Protest haben, die sich gut informieren und beraten lassen.

Konsequenzen für Verbraucher

  • An der grundsätzlichen Rechtslage ändert sich für Verbraucher nichts, so die Einschätzung einiger mit der Materie vertrauten Richter und auch der meisten Rechtsexperten auf Verbraucherseite. Jedoch sollten sich Verbraucher im Detail so verhalten, dass ihr Protest auch nach der jüngsten BGH-Entscheidung Bestand hat.
  • Für meisten Gasverbraucher hat das Urteil nur geringe Bedeutung. Denn im konkreten Fall handelte es sich um einen Tarifkunden, während Heizgaskunden in der Regel Sondervertragskunden sind. Auf die Preise von Sondervertragskunden ist das Urteil jedoch nicht übertragbar. Während bei Tarifkunden der Versorger durch eine gesetzlichen Verordnung zur einseitigen Preisbestimmung berechtigt ist und dadurch der Billigkeitskontrolle unterliegt, hat er dieses Recht gegenüber Sondervertragskunden nur, wenn dies vertraglich vereinbart worden ist. Es hilft auch nichts wenn im Liefervertrag vereinbart wurde, dass die gesetzlichen Verordnungen Vertragsbestandteil sind. Das dort festgelegte Preisbestimmungsrecht muss zunächst auf seine Gültigkeit geprüft werden (nach § 307 BGB). In zahlreichen Gerichtsverfahren hat sich herausgestellt, dass es jeweils kein wirksames einseitiges Preisbestimmungsrecht gab. Sollte es jedoch ein wirksames Preisbestimmungsrecht geben, erst dann ist auf die festgelegten Preise die Billigkeitsprüfung nach § 315 direkt anwendbar, schreibt Professor Kurt Markert in seinem Urteilskommentar.
  • Verbraucher sollten durch die Formulierung ihres Widerspruchs klarstellen, dass sich der Einwand der Unbilligkeit auf den gesamten Gaspreis bezieht, und nicht nur auf die Erhöhung. Statt von Preiserhöhung sollte man also von einem "erhöhten Preis" sprechen. Wer in seinem Widerspruchsschreiben nur der Erhöhung widersprochen hat, sollte durch ein weiteres Schreiben klarstellen, dass er den gesamten Preis für unbillig überhöht hält.
  • Bei der Kürzung der Rechnung kann wie bisher verfahren werden. Jedoch sollte man zur Sicherheit zumindest den bei Vertragsbeginn geltenden Preis zahlen. Sofern in der Vergangenheit stärker gekürzt wurde, sollte man bis zu diesem Niveau den Preis nachentrichten.
  • Wer neu in den Protest einsteigt, für den gibt es je nach Risikobereitschaft zwei Möglichkeiten: Risikoarm ist die Kürzung auf das zuletzt ohne Widerspruch akzeptierte Preisniveau. Riskanter ist eine stärkere Kürzung, auch wenn man bisher ohne Beanstandung bezahlt hat. In beiden Fällen empfiehlt es sich, mit der Kürzung nicht unter das bei Vertragsbeginn geltenden Niveau zu gehen.
  • Zur Sicherheit alle Zahlungen nur unter Vorbehalt leisten.
  • Alles dies gilt für Gas und Strom in gleicher Weise.
ZDF: Dokumentation

Die 45minütige Doku wird am 14.8.07 um 21 Uhr ausgestrahlt.

ZDF: Dokumentation "Das Kartell - Deutschland im Griff der Energiekonzerne"

(07. August 2007) Die 45minütige Doku wird am 14.8.07 um 21 Uhr ausgestrahlt. Darin werden wir neben der Ebene des Protests gegen steigende Energiepreise vor allem viel Analyse bieten, was auf dem deutschen Energiemarkt in der Vergangenheit schief gelaufen ist bzw. immer noch schief läuft (EnWG, Strombörse, Netzzugang und Netzkosten, Verschmutzungsrechte, etc.). In dem Internetauftritt finden die Zuschauerinnen und Zuschauer ab dem 13.8. viele Zusatzinformationen und Links.

Gaspreisklage abgewiesen

Das Landgericht Frankfurt am Main hat zwei Sammelklagen von 80 Verbrauchern gegen überhöhte Gaspreise nach § 315 BGB zurückgewiesen.

Gaspreisklage abgewiesen

(7. August 2007) Das Landgericht Frankfurt am Main hat zwei Sammelklagen von 80 Verbrauchern gegen überhöhte Gaspreise nach § 315 BGB zurückgewiesen. Die Richter akzeptierten das Gesamtjahr 2005 als Überprüfungszeitraum und kamen zum Schluss, dass die Preiserhöhungen gerechtfertigt waren.

Die Bürgerinitiative erwägt, gegen das Urteil vorzugehen, sollte sich herausstellen, dass der angestellte Preisvergleich auf ungeprüften Listen der Gasversorger beruht. Vor dem Landgericht hatten 37 Kunden der Gasversorgung Main-Kinzig GmbH und 43 der Stadtwerke Dreieich GmbH geklagt.

BGH-Urteil vom 13. Juni 2007

Leitsätze des Urteils

BGH-Urteil vom 13. Juni 2007 veröffentlicht

Leitsätze des Urteils:

BGB § 315; EnWG 1998 § 10; AVBGasV § 4

a) Einseitige Tariferhöhugnen eines Gasversorgers gemäß § 4 Abs. 1 und 2 AVBGasV unterliegen der gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB.

b) Die gerichtliche Billigkeitskontrolle gemäß § 315 Abs. 3 BGB wird durch den Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 19 Abs. 4 Nr. 4, § 33 GWB nicht verdrängt.

c) Die auf einer vorgelagerten Lieferstufe praktizierte Bindung des Erdgaspreises an den Preis für leichtes Heizöl (sog. Anlegbarkeitsprinzip) ist nicht Gegenstand der Billigkeitskontrolle einer einseitigen Erhöhung des Gaspreises, den ein Gasversorger seinen Tarifkunden in Rechnung stellt.

d) Eine Tariferhöhung, mit der lediglich gestiegene Bezugskosten des Gasversorgers an die Tarifkunden weitergegeben werden, entspricht grundsätzlich der Billigkeit; sie kann allerdings unbillig sein, wenn und soweit der Anstieg der Bezugskosten durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen wird.

e) Eine einseitige Erhöhung des Gastarifs kann unbillig sein, wenn und soweit bereits der vor der Erhöhung geltende Tarif unbillig überhöht war. Das setzt voraus, dass auch dieser Tarif der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB unterliegt. Daran fehlt es, wenn der Tarif zwischen dem Versorger und dem Tarifkunden vereinbart ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 28. März 2007 - VIII ZR 144/06, z.V. in BGHZ bestimmt).

f) Ein von dem Gasversorger einseitig erhöhter Tarif wird zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem erhöhten Tarif basierende Jahresabrechnung des Versorgers unbeanstandet hinnimmt, indem er weiterhin Gas von diesem bezieht, ohne die Tariferhöhung in angemessener Zeit gemäß § 315 BGB als unbillig zu beanstanden.

BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06 - LG Heilbronn AG Heilbronn

Protest nicht aufgeben! Musterbrief hilft

Derzeit bekommen sehr viele Protestkunden Post von ihrem Versorger oder deren Anwälten.

Protest nicht aufgeben! Musterbrief hilft

(30. Juli 2007) Derzeit bekommen sehr viele Protestkunden Post von ihrem Versorger oder deren Anwälten. Dort wird unter Verweis auf das BGH Urteil vom 13. Juni 2007 ein Klage angedroht für den Fall, dass die Forderungen des Versorgers nicht beglichen werden.

Der Bund der Energieverbraucher rät allen betroffenen Verbrauchern: Lassen Sie sich davon bitte nicht verunsichern. Die Versorger wollen jetzt schnell Fakten schaffen durch unverschämte Drohbriefe, in denen die Rechtslage wieder einmal völlig verzerrt dargestellt wird.

Die Protestkunden sollen dadurch zermürbt und zur Aufgabe veranlasst werden.

Jedoch gibt es dafür keinerlei Grundlage.

Der Bund der Energieverbraucher hat im Internet ein Antwortschreiben bereitgestellt:

Musterantwort BGH.doc (75.7 kB)

Musterantwort BGH.pdf (38.69 kB)

FAZ: Wechseln oder klagen lassen

Der Bericht zitiert außerdem Verbraucherschützer, die Gaskunden sollten nun grundsätzlich gegen jede Preiserhöhung Widerspruch einlegen..

FAZ: Wechseln oder kürzen

(20. Juni 2007) "Einfach mal den Lieferanten wechseln" empfiehlt die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" als Konsequenz aus dem BGH-Urteil der vergangenen Woche. Der Bericht zitiert außerdem Verbraucherschützer, die Gaskunden sollten nun grundsätzlich gegen jede Preiserhöhung Widerspruch einlegen, die Erhöhung nur unter Vorbehalt zahlen oder die Preiserhöhung aus der Jahresrechnung herausrechnen und kürzen.

Sie sollten allerdings nicht mehr selbst vor Gericht ziehen. Das sollten sie den Gasversorgern überlassen, die dann auch die Gerichtskosten vorstrecken müssten. Kunden würden dann profitieren, wenn ein Gericht Gaspreise eines Versorgers für unbillig erklärt. Nur wer sich aber vorher wehre, gehe dann nicht leer aus.

Neue Rechtsverordnung kein Kündigungsgrund

Bis zum 8. November 2007 sind alle Ver­träge auf die Vorgaben der neuen Grundversorgungsverordnung Strom und Gas umzustel­len

Neue Rechtsverordnung kein Kündigungsgrund

(17. Juni 2007) Neue Rechtsverordnungen haben vielen Verbrauchern Post ihres Versorgers beschert: Von der blo­ßen Mit­teilung über die Anpassung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingun­gen über Ver­tragskündigungen bis hin zur automatischen Annahme neuer Vertrags­bedingun­gen reicht die Palette, mit der Anbieter ihre Kunden derzeit mehr ver­wirren denn informieren.

"Bis zum 8. November 2007 sind alle Ver­träge auf die Vorgaben der neuen Grundversorgungsverordnung Strom und Gas umzustel­len", zeigt die Verbraucherzentrale NRW das Zeitfenster auf, "doch es müssen in der Regel weder alte Verträge gekündigt werden noch darf die Vertragsum­stellung Anlass für eine Preiserhöhung sein."

Per Verord­nung ist Gas- und Stromanbietern nun vorgeschrieben, Preisänderungen mindestens sechs Wochen vorher öffentlich bekannt zu machen und dem Kunden schriftlich mit­zuteilen.

Außerdem: Haben Kunden Einwände gegen die Billigkeit von Rech­nungen oder Abschlagsberech­nungen erhoben, geraten sie nach der neuen Rechtsverordnung nicht in Zah­lungsverzug und der Ver­sorger darf deshalb keine Liefersperre androhen oder verhängen.

Und: Säu­migen Zahlern muss eine Sperre jetzt mit einer Frist von mindestens vier Wochen angekündigt wer­den. "Die Umstellung auf verbraucher­freundliche Vorgaben ist sicher zu begrü­ßen, doch darf sie keinen Anlass für Übervortei­lung bieten. Auch sollten Kunden die Umstellung zur Suche nach dem güns­tigsten Angebot nutzen", gibt die Verbraucherzentrale NRW folgende Tipps mit auf den Weg:

Grundversorgung oder Sonderkunde?

Wer bislang weder den Anbieter gewechselt noch mit seinem örtlichen Stadtwerk einen Vertrag zu beson­deren Konditionen abgeschlossen hat, gilt als "Haushaltskunde in der Grundversorgung" - für ihn gelten die allgemeinen Preise und Bedingun­gen, zu denen jeder Haushalt versorgt werden muss. Bei Kunden in der Grundversorgung darf der Anbieter den laufenden Ver­trag nicht kündigen. Vielmehr genügt zur Umstellung auf die neuen Verordnungen, dass er sie in der Tageszeitung oder auf seiner Inter­netseite bekannt gibt.

Für Ver­braucher, die mit ihrem Stadtwerk oder einem anderen Versorger einen Sondervertrag ("Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung") zu günstigeren Preisen mit beson­deren Vertragsbedingungen vereinbart ha­ben, muss die Vertragsum­stellung bis zum 8. November 2007 erfolgen:

Enthält der jetzige Ver­trag eine so genannte Vertragsanpassungsklausel, die es dem Ver­sorger gestattet, auf geänderte Rechtsgrundlagen umzu­stellen, ist eine Kündigung nicht zulässig. Auch hier genügt eine Mittei­lung, dass der Vertrag an die neuen Verordnungen angepasst wird.

Fehlt in lau­fenden Lieferverträgen diese Klausel jedoch, kann der Versorger den alten Vertrag kündigen und den Abschluss eines neuen Vertrages verlangen.

Neue Vertragsangebote

Werden Grundversorgungskunden Sonder­ver­träge zu günstigeren Konditionen angeboten, fahren Kunden damit in der Regel besser. Auf jeden Fall sollten die Preise mit Blick auf die individu­elle Verbrauchsmenge geprüft werden. Und natürlich lohnt sich auch ein Vergleich mit anderen Anbietern.

Sonderkunden, deren alter Vertrag gekündigt werden soll, müssen prüfen, ob das neue Vertrags­angebot zugleich eine Preiserhöhung enthält! Erhöhungen sind nur zulässig, wenn der Versorger auf die Änderung ausdrücklich hinweist, der alte Vertrag eine Preisänderungsklausel enthält und die Anhebung nachvollziehbar begründet wird.

Bevor ein neuer Vertrag mit höheren Preisen unterschrie­ben wird, sollte man sich Rat in einer Beratungs­stelle der Verbraucher­zentrale einholen.

Außerdem: Werden Sonderkunden im Rahmen der Vertragsumstellung günstigere Konditi­onen angeboten, wird der neue Vertrag nur wirksam, wenn sich der Kunde damit ausdrücklich einverstan­den erklärt.

Angebote und Preise vergleichen

Um den günstigsten Anbieter aus­fin­dig zu machen, muss man zunächst die Bestandteile von Strom­preisen kennen. Die setzen sich nämlich zusammen aus dem ver­brauchs­unab­hängigen Grundpreis in Euro pro Monat oder Jahr und dem Verbrauchs- oder Arbeitspreis in Cent pro Kilowattstunde. Wichtig ist es, immer nur Bruttopreise miteinander zu vergleichen, in denen Stromsteuer, aktuelle Mehrwertsteuer, alle sonstigen Abgaben und das Netznutzungsentgelt schon enthalten sind.

Außerdem: Um das individuell günstigste Angebot zu finden, ist der eigene Stromver­brauch pro Jahr eine wichtige Größe. Preisrechner im Internet (zum Beispiel www.verivox.de, www.stromtarife.de. www.stromseite.de) helfen - durch Eingabe von Post­leitzahl und des persönlichen Jahresver­brauchs - beim Vergleich verfügbarer Angebote.

Wichtig: Anbieter bieten Kunden zum Teil einen Bonus zum Beispiel von 25 Euro an, wenn der Vertrag bis zu einem bestimmten Zeitpunkt unterschrieben wird. Auch diesen Preisvorteil in den Vergleich einbeziehen!

Alte Rechte vorbehalten

Wer bei seinem Versorger oder einem ande­ren Anbieter einen neuen Vertrag abschließt, sollte schriftlich mitteilen, dass der Abschluss nur aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt und man sich alle Rechte aus dem bisherigen Vertrag vorbehält. Damit wird dem Argu­ment des Versorgers vorgebeugt, dass durch den Neu­abschluss die Schlussrechnung aus dem alten Vertrag anerkannt werde und Kunden nun auch keine Ansprüche mehr geltend machen könnten. Das ist beson­ders für alle jene wichtig, die gegen Preiserhö­hungen bereits Widerspruch eingelegt haben.

Preis-Akzeptanz

Beim Vertragsabschluss akzeptieren Kunden den ver­einbarten (neuen) Preis. Hiergegen kann nicht mehr mit dem Hin­weis auf Unbilligkeit vorgegangen werden. Bei weiteren Preiserhöhun­gen ist dies dann jedoch wieder möglich. Mehr Informationen enthält die Verbraucherinformation "Strom- und Gasliefer­ver­träge", die es als kostenlosen Download im Internet unter www.vz-nrw.de/stromliefervertraege gibt. (Quelle: VZ NRW).

Kürzung um 30 % rechtens

(15.06.07) Aktuelle Urteile zur Billigkeitskontrolle von Energiepreisen

Kürzung um 30 % rechtens

Aktuelle Urteile zur Billigkeitskontrolle von Energiepreisen

Landgericht Hannover - Stadtwerke erleiden Niederlage

Urteil vom 19. Februar 2007, Az: 21 O 88/06 Im Streit um angeblich überhöhte Gaspreise haben die Stadtwerke Hannover vor Gericht eine Niederlage erlitten. Das Landgericht Hannover unterstellte den Stadtwerken in einem Urteil um 30 Prozent überhöhte Tarife. Geklagt hatten elf Verbraucher gegen den 2004 berechneten Gastarif. Die Stadtwerke weigerten sich jedoch, dem Gericht die verlangte Einsicht in ihre Gebührenkalkulation zu geben. Deshalb folgte das Gericht in seinem Urteil der Annahme der Kläger, dass die Tarife um 30 Prozent zu hoch seien. Die Stadtwerke kündigten an, in Berufung zu gehen.

Der Gasversorger hatte dem Gericht lediglich Wirtschaftsprüfungstestate vorgelegt. Diese ließ das Gericht jedoch nicht gelten: "Wollte man Testate als ausreichend ansehen, hieße dies, die Kontrolle in die Hand eines von dem zu kontrollierenden Unternehmen beauftragten, bezahlten und von ihm informierten Sachverständigen zu geben (...)." "Mithin war festzustellen, dass ein 70 Prozent des Tarifpreises übersteigendes Entgelt, gleich ob Arbeits- oder Grund/Messpreis der Beklagten nicht zusteht." Dies gilt, so das Urteil, ab dem Datum des Unbilligkeitseinwands.

Gutachten reichen nicht aus

Landgericht Duisburg - Urteil vom 10. Mai 2007, Az: 5 S 76/06

Das Urteil des Amtsgerichts Dinslaken, das der Zahlungsklage der Stadtwerke Dinslaken gegen einen Verbraucher Recht gegeben hatte, wird abgeändert. Die eigentlich zulässige Billigkeitsprüfung ist dem Landgericht nicht möglich, weil der Versorger die dafür notwendige Kalkulation nicht vorgelegt hat. Die vorliegenden Gutachten reichten nicht aus. Die Offenlegung verschlechtere die Wettbewerbsposition nicht, da auch andere Versorger dazu verpflichtet seien.

Stadtwerke müssen Zahlen offen legen

Landgericht Düsseldorf - Beschluss vom 14. Februar 2007, Az: 12 O 542/05

Die Stadtwerke Ratingen müssen ihre Kalkulation offen legen, um dem Gericht in einer Zahlungsklage gegen Protestkunden die Billigkeitskontrolle zu ermöglichen.

Als Faktoren zählt der Beschluss auf: Netzentgelte, Finanzierungskosten, Sach- und Personalkosten, Vertriebskosten, Bezugskosten, Zuordnung auf verschiedene Abnehmergruppen und Gewinn. Alle Veränderungen dieser Faktoren sind darzulegen und zu beweisen. Die Benennung eines veränderten Faktors genügt nicht, weil Änderungen eines Kostenfaktors durch anderweitige Kostensenkungen kompensiert werden können. Deshalb könne nicht allein aus erhöhten Bezugskosten auf die Billigkeit der Preiserhöhung geschlossen werden. Es wäre denkbar, dass andere Faktoren - beispielsweise Refinanzierungskosten - erheblich gesunken seien.

Kunden unangemessen benachteiligt

Landgericht Kassel - Urteil vom 05. Februar 2007, Az: 6 O 33/07

Ein Verbraucher klagte auf Feststellung der Unbilligkeit einer Gaspreiserhöhung und verlangte den aufgrund der unwirksamen Preiserhöhung zuviel gezahlten Betrag zurück.

Das Landgericht Kassel entschied nicht darüber, ob eine besondere Preisanpassungsregelung vereinbart worden war, was zwischen den Parteien streitig war. Denn das Preisänderungsrecht sei wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden unwirksam. Die Unwirksamkeit der Preiserhöhung folge aus § 315 BGB. Dieser sei wegen der Monopolstellung des Versorgers anwendbar und werde nicht vom Kartellrecht verdrängt. Der erweiterten Darlegungslast zur Billigkeit des verlangten Preises sei das Unternehmen nicht nachgekommen. Der Verweis auf gestiegene Bezugskosten und hypothetische Annahmen in einem Wirtschaftsprüfergutachten würden dazu nicht genügen.

Das Gericht forderte weitere Angaben zur Zusammensetzung der Kosten- und Gewinnpositionen. Auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen könne sich der Versorger nicht berufen. Da das Unternehmen diese Anforderungen nicht erfüllte, war die Klage sowohl hinsichtlich der Feststellung der Unbilligkeit als auch bezüglich der Rückforderung für die Vergangenheit begründet.

Gekürzte Beträge rechtens

Landgericht Essen - Urteil vom 17. April 2006, Az: 19 O 520/06

Das Landgericht Essen hat einer Sammelklage gegen die Erhöhung von Gaspreisen Recht gegeben. 166 Bürger hatten gegen die Stadtwerke geklagt und müssen nun sämtliche Preiserhöhungen seit September 2004 nicht bezahlen. Nach Angaben der Kläger waren die Preise in dem Zeitraum um 49 Prozent gestiegen.

Die Preiskalkulation muss der Gasversorger aber nicht offen legen, wie von den Klägern gefordert. Das Urteil stützt sich auf eine Preisänderungsklausel in den Gasbezugsverträgen, die unzulässig ist, weil der Kunde nicht erkennen kann, welche Preisänderung auf ihn zukommt und wie die höheren Preise zustande kommen.

Auf die Billigkeit der Preise kommt es deshalb nach Ansicht des Gerichts gar nicht mehr an. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, dann brauchen die Kläger keine über den Preis von September 2004 hinausgehenden Gaspreise zu zahlen. Etwa 1.500 der 150.000 Essener Haushalte, die mit Gas heizen, hatten sich gegen die Preiserhöhung gewehrt. Wer die Preise gekürzt hat, der wird bestätigt, wenn das Urteil Bestand hat. Wer dagegen mit oder ohne Vorbehalt den verlangten Preis gezahlt hat, muss dann sein Geld zurückklagen.

BGH: Gaspreiserhöhungen unterliegen Billigkeitskontrolle

In einem Grundsatzverfahren urteilte der Bundesgerichtshof (BGH), Karlsruhe, über die Frage, ob Gerichte in Zukunft Gaspreiserhöhungen umfassend auf ihre Berechtigung überprüfen können

BGH: Gaspreiserhöhungen unterliegen Billigkeitskontrolle

(14. Juni 2007) In einem Grundsatzverfahren urteilte der Bundesgerichtshof (BGH), Karlsruhe, über die Frage, ob Gerichte in Zukunft Gaspreiserhöhungen umfassend auf ihre Berechtigung überprüfen können (Urteil vom 13. Juni 2007, AZ VIII ZR 36/06). Er lehnte die Klage eines pensionierten Richters gegen die Gaspreiserhöhung der Heilbronner Versorgungsgesellschaft wegen unbilliger Gaspreise ab.

Grundsätzlich unterlägen Gaspreiserhöhungen für Tarifgaskunden der direkten gerichtlichen Billigkeitskontrolle nach § 315 BGB, so der BGH. Auf eine Monopolstellung kommt es dabei nicht an.

Das Urteil betrifft nicht die Frage der Zulässigkeit von Preiserhöhungen aufgrund Allgemeiner Geschäftsbedingungen in Sonderverträgen (sog. Heizgas- Sonderpreise). In solchen Sonderverträgen besteht kein gesetzliches Preisänderungsrecht. Es kommt entscheidend darauf an, ob allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam in Verträge einbezogen wurden und ob darin enthaltene Preisänderungsvorbehalte mit dem Transparenzgebot des § 307 BGB vereinbar und wirksam sind.

Nach der Rechtsprechung des BGH entspricht der weite Spielraum der Billigkeit nicht den Anforderungen an eine solche Formularbestimmung.

Eine aufgrund eines gesetzlichen Preisänderungsrechts zulässige Gaspreiserhöhung wird also, wenn sie vom Verbraucher schriftlich angezweifelt nur fällig, sofern sie angemessen ist, was gerichtlich überprüfbar ist. Der Verbraucher muss dafür nicht vor Gericht klagen, wie es der Heilbronner Richter getan hat, sondern kann eine gerichtliche Klärung auch im Zahlungsprozess des Versorgers verlangen.

Wenn ein Verbraucher jedoch ein Preiserhöhung unwidersprochen hinnimmt und bezahlt, dann kann er später nicht mehr deren Billigkeit anzweifeln, so der Bundesgerichtshof. In einem früheren Urteil hatte der BGH in dieser Frage anders entschieden. Der Bund der Energieverbraucher rät deshalb allen Gas- und Stromkunden, gegen jede Preiserhöhung sofort Einspruch einzulegen.

Der BGH hatte nicht darüber zu entscheiden, ob die bereits vor der Preiserhöhung geforderten Tarife unbillig überhöht waren. Eine Überprüfung der vor der Preiserhöhung geltenden Tarife auf ihre Billigkeit komme nicht in Betracht, weil es sich um zwischen den Parteien vereinbarte Preise handle. Der klagende Richter hätte die früheren Preiserhöhungen zur Überprüfung stellen können. Jedoch hatte er diese bezahlt und auch nicht beanstandet und könne deswegen nicht später dagegen vorgehen.

Der Bund der Energieverbraucher hat das Urteil begrüsst. Es stellt endlich klar, dass Gaspreiserhöhungen der Billigkeit entsprechen müssen und dass es dafür auf eine Monopolsituation nicht ankommt. Verbraucher sollten allen Preisanhebungen und auch dem Gesamtpreis schriftlich widersprechen.

Hunderttausende von Protestkunden, die den geforderten Gas- und Strompreis nicht bezahlt haben, können aufatmen. Denn nach diesem Grundsatzurteil wird der geforderte Preis erst dann zur Zahlung fällig, wenn ein Gericht dessen Billigkeit bestätigt.

Workshop diskutiert über BGB § 315

Am 11. Juni 2007 wurde auf einem Workshop des Instituts für Energierecht der Freien Universität Berlin über die aktuelle Rechtssprechung zur Billigkeitsprüfung nach § 315 diskutiert.

Workshop diskutiert über BGB § 315

(12. Juni 2007) Am 11. Juni 2007 wurde auf einem Workshop des Instituts für Energierecht der Freien Universität Berlin über die aktuelle Rechtssprechung zur Billigkeitsprüfung nach § 315 diskutiert. Der Direktor des Instituts Prof. Franz Jürgen Säcker referierte über die jüngste Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Billigkeitsprüfung bei Strompreisen und trug dazu zwölf Thesen vor. Workshop Thesen Prof. Säcker 11.06.2007.pdf (35.42 kB)

Die Billigkeitsprüfung gelte unmittelbar für alle vereinbarten einseitigen Preisbestimmungsrechte, so Prof. Säcker, und zwar unabhängig von der Machtstellung der Parteien. Auch ein Verweis auf künftige Preisblätter stelle nach gängiger Meinung auch des BGH ein einseitiges Preisbestimmungsrecht dar. Allerdings müsse diese Vereinbarung rechtswirksam sein, also zB klar und verständlich formuliert werden. Maßstab der Prüfung sei die Interessenlage beider Parteien unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass die Energieversorgung so preisgünstig wie möglich zu gestalten sei. Wenn der Kunde begründete Zweifel an der Höhe des Ausgangspreises vorträgt, dann unterliege auch dieser Asugangspreis der Billigkeitsprüfung. Bei der Billigkeitsprüfung sind nur die Kosten der effizienten Leistungserbringung anzusetzen, denn unnötige Kosten können überhöhte Preise nicht rechtfertigen.

2051 Franz Jürgen Säcker

Prof. Franz Jürgen Säcker

Gegen die These von Prof. Säcker, dass die Billigkeitsprüfung sich in erster Linie auf Preiserhöhungen bezögen und durch verbehaltlose Zahlungen verwirkt würden, wandte sich in der Diskussion Prof. Markert. Es gehe, so Markert, immer um die Billigkeitsprüfung des Gesamtpreises. Und angesichts der unklaren Rechtslage könne das Recht auf billige Preise auch nicht so schnell verwirkt werden.

Peter Becker bemängelte, dass der Gesetzgeber die Entwicklung der Preise in den vergangenen Jahren nicht zur Kenntnis nimmt. Es gebe seit dem Jahr 1998 reichhaltiges empirisches Material zur Entwicklung der Kosten, das unberücksichtigt bleibe.

Dr. Christoph Helle, Generalbevollmächtigter der MVV nannte in seinem Vortrag konkrete Zahlen: 1998 kostete eine Kilowattstunde Strom laut UCPTE-Statistik 3 Pfenning je Kilowattstunde. Derzeit läge dieser Preis bei 9 Pfennnig.

Neuer Strompreisschock stößt auf Widerstand: Demonstration in Gifhorn

Unmut über die hohen Energiepreise trieb über 300 Bürger von Gifhorn und Umgebung auf die Straße.

Demonstration in Gifhorn

(4. Juni 2007) - Unmut über die hohen Energiepreise trieb über 300 Bürger von Gifhorn und Umgebung auf die Straße. Die Bürgerinitiative "Gaspreise runter" und der Bund der Energieverbraucher hatten zu einer Demonstration aufgerufen. "Die Versorger machen Gewinne satt und uns Verbraucher platt" stand auf einem der zahlreichen Transparente. Aktueller Anlass war die Abschaffung der Strompreisgenehmigungspflicht am 1. Juli 2007. "Wir wollen den Bürgern Mut machen, sich zu wehren" sagt BI-Sprecher Jan Steinhauer auf der Abschlusskundgebung.

Demonstration Gaspreisprotest Gifhorn

Verbraucher sollten Neueinstufungen widersprechen

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2007 (Az. VIII ZR 144/06)

Verbraucher sollten Neueinstufungen widersprechen

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2007 (Az. VIII ZR 144/06)

(4. Juni 2007) - Dr. Heckel aus Obersdorf hatte gegen die Preise seines Stromversorgers Widerspruch gemäß § 315 BGB eingelegt. Daraufhin hat das EVU eine Kündigung des Versorgungsverhältnisses ausgesprochen und den Kunden in den Allgemeinen Tarif des EVUs eingestuft. Auch diesen noch höheren Preis zahlte Herr Dr. Heckel nicht.

Das zuständige Amtsgericht verurteilte den Kunden auf die Zahlungsklage des Versorgers hin zur Begleichung der erhöhten Entgelte nach dem Allgemeinen Tarif. Das Landgericht bestätigte dieses Urteil.

Der Bundesgerichtshof allerdings hob das Urteil des Landgerichts auf und wies es wegen mangelnder Sachaufklärung an das Landgericht zurück. Das Landgericht hatte offen gelassen, ob der Versorger überhaupt den Vertrag hätte kündigen dürfen, und, was noch entscheidender erscheint, ob der Kunde Tarif- oder Sondervertragskunde war.

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs meinte, dass sich das EVU und der Kunde im Zeitpunkt der Stromentnahme stillschweigend auf den "jeweiligen Allgemeinen Tarif" geeinigt hätten, weshalb der Anfangspreis nicht einseitig bestimmt wurde und dem Kunden kein Widerspruchsrecht nach §315 BGB zustehe. Der Kunde habe sich faktisch mit dem Ausgangspreis des Allgemeinen Tarifes einverstanden erklärt.

Ein Widerspruch nach § 315 BGB sei nur für zukünftige Preiserhöhungen des Versorgers möglich.

Wegen der Abweichung zu bisherigen Urteilen und der anders lautenden Meinung des Kartellsenats ist zu erwarten, dass diese Entscheidung des VIII. Senates weder verallgemeinungsfähig, noch als abschließend anzusehen ist. Möglicherweise hat auch die ungenügende Sachaufklärung durch die Vorinstanzen zu dieser Entscheidung beigetragen.

Praktische Konsequenz Alle Verbraucherinnen und Verbraucher, die - warum auch immer - durch ihren Versorger in einen neuen Haushaltskunden-Tarif eingestuft werden, sollten ausdrücklich dieser Einstufung widersprechen. Sie sollten auch deutlich erklären, nicht mit dem neuen Anfangstarif stillschweigend einverstanden zu sein. Dann steht der Weg über § 315 BGB nach wie vor offen, was auch der VIII. Senat ausdrücklich so bestätigt hat.

Leonora Holling, Rechtsanwältin, Düsseldorf

Augenmaß bei Preiskürzungen angesagt

Bei einseitig festgelegten Gas- und Strompreisen haben Verbraucher ein Recht auf angemessene Preise, die der so genannten Billigkeit entsprechen.

Augenmaß angesagt

(4. Juni 2007) - Bei einseitig festgelegten Gas- und Strompreisen haben Verbraucher ein Recht auf angemessene Preise, die der so genannten Billigkeit entsprechen. Das folgt schon aus den § 1 und 2 des Energiewirtschaftsgesetzes, wonach Energieversorgungsunternehmen u.a. zu einer "möglichst preisgünstigen Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas verpflichtet sind".

Dabei schulden die Versorger den Nachweis, dass ihre Preisforderungen diesem Erfordernis entsprechen. Dies geht, wie die Rechtsprechung herausgearbeitet hat, nur durch Vorlage der Kalkulation.

Wenn sich der Versorger weigert, seine Preiskalkulation einem Gericht zur Prüfung offen zu legen, dann scheitert er mit einer Zahlungsklage, vorausgesetzt, der Kunde hat die Begleichung der Rechnung mit einem Verweis auf fehlende Billigkeit verweigert.

Haben Verbraucher und Versorger den Preis jedoch vereinbart, dann kann der Verbraucher die fehlende Billigkeit dieses Preises später nicht mehr kritisieren, sondern sich lediglich gegen weitere Preissteigerungen wehren. Denn in diesen Fällen liegt keine einseitige Preisfestsetzung vor. Dies hat in den vergangenen Monaten eine Reihe von Gerichten so entschieden. Auch der Bundesgerichtshof hat das in seiner jüngsten Entscheidung bestätigt.

Falsch ist jedoch die Behauptung vieler Versorgungsunternehmen, dass der Bundesgerichtshof die Billigkeitskontrolle wegen des Wettbewerbs für nicht mehr anwendbar hält.

Wer neue Verträge mit Versorgern abschließt, etwa, weil er den Anbieter wechselt, muss daher auf der Hut sein. In solchen Fällen sollte man klarstellen, dass man den Preis nicht akzeptiert. Andernfalls muss man später davon absehen, den Preis wegen fehlender Billigkeit zu kürzen.

Kürzung eines bisher vorbehaltslos gezahlten Strom- oder Gaspreises möglich?

Auch wer bisher einen Gas- oder Strompreis vorbehaltslos gezahlt hat, kann ab dem schriftlichen Widerspruch die Zahlung dieses Preises verweigern. Dabei kann er sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 5. Februar 2003 berufen, wonach die Billigkeitskontrolle nicht deswegen ausscheidet, weil der geforderte Strompreis zunächst vorbehaltslos gezahlt wurde (Az: VIII ZR 111/02).

Kritischer ist es, wenn man Zahlungen zurückfordert, die vor dem Zeitpunkt des Widerspruchs vorbehaltslos geleistet worden sind. Auch hier kann man sich auf die genannte Entscheidung des Bundesgerichtshofs berufen. In diesem Gerichtsverfahren wurden allerderdings die zuviel gezahlten Beträge in einer Klage des Verbrauchers zurückgefordert. Dies lässt sich deshalb nicht ohne weiteres auf eine Kürzung der laufenden Zahlungen übertragen. Vorsicht ist deshalb angebracht, weil dies nicht alle Gerichte so entscheiden und oft nur im einstweilige Verfügungsverfahren gestritten wird. Dort ist eine Berufung noch schwieriger als im normalen Gerichtsverfahren.

Das Landgericht Duisburg schreibt dazu: Zwar ist in der vorbehaltslosen Zahlung ein Anerkenntnis der alten Arbeitspreise zu sehen, so dass keine Rückforderungsansprüche mehr möglich sind. "Dies führt aber nicht dazu, dass der alte Arbeitspreis als Sockelbetrag der Billigkeitskontrolle entzogen wäre …" (Urteil vom 10. Mai 2007, Az: 5 S 76/06).

Kürzung auch bei Preissenkung möglich?

Viele Versorger senken derzeit die Gaspreise. Das ist zwar erfreulich. Jedoch sind die Preissenkungen höchst unzureichend angesichts der zuvor um die Größenordnung von 1,5 Ct/kWh überhöhten Preise, der deutlichen Senkung der Bezugspreise und der Senkung der Netzentgelte, die die Netzagentur angeordnet hat. Auch bei Preissenkungen müssen die neu festgesetzten Preise billigem Ermessen entsprechen.

Dazu wieder das Landgericht Duisburg: "Es hätte konkreter Darlegung bedurft, warum nicht auch ein höherer Margenverlust tragbar gewesen wäre". Woher weiß der Verbraucher, ob die Beschaffungskosten nicht weit stärker gesunken sind als die Endverbraucherpreise? Auch ist nicht abschätzbar, was der Versorger konkret unternommen hat, um günstigere Preise bei Vorlieferanten zu erreichen, so das Landgericht Duisburg.

Wenn der Versorger den Grundpreis senkt, dann bleibt der Widerspruch gegen den überhöhten Arbeitspreis ohnehin gültig.

Fazit Wer bereits Widerspruch eingelegt hat und die geforderten Preis nicht in vollem Umfang zahlt, der sollte dabei bleiben. Wer erstmalig Widerspruch einlegt, der kann dies auch jetzt tun in einer Phase der Preissenkungen. Denn die Preissenkungen sind, so muss nach den bekannten Daten vermutet werden, weit geringer, als dies einem billigem Preis entsprechen würde.

Die künftigen Zahlungen können auch unter dem Arbeitspreis liegen, der bisher vorbehaltslos gezahlt wurde. Jedoch sollte davon abgesehen werden, früher überhöht geleistete Zahlungen künftig in Abzug zu bringen.

Merke: Der § 315 BGB greift nur, wenn und soweit der Preis bei oder nach Vertragsabschluss einseitig festgelegt wurde. Deshalb sollte man immer die gesamte Tariffestsetzung als unbillig rügen unter Verweis auf das Urteil des BGH vom 05.07.2005 - X ZR 60/04 unter II 1 b. Die Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB hat zur Folge, daß die vom Versorgungsunternehmen angesetzten Tarife für den Kunden nur verbindlich sind, wenn sie der Billigkeit entsprechen (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Entspricht die Tarifbestimmung nicht der Billigkeit, so wird sie, sofern das Versorgungsunternehmen dies beantragt, ersatzweise im Wege der richterlichen Leistungsbestimmung durch Urteil getroffen (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB; vgl. Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 294 f.). Erst die vom Gericht neu festgesetzten niedrigeren Tarife sind für den Kunden verbindlich, und erst mit der Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils wird die Forderung des Versorgungsunternehmens fällig und kann der Kunde in Verzug geraten (BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 174/94, NJW 1996, 1054; MünchKomm./Gottwald, BGB, 4. Aufl., § 315 Rdn. 49; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 315 Rdn. 17; Staudinger/Rieble, aaO Rdn. 276); erst von diesem Zeitpunkt an besteht mithin eine im gerichtlichen Verfahren durchsetzbare Forderung des Versorgungsunternehmens.

Gericht: Gaspreisänderungsklausel mit Ölpreisbindung unwirksam

Das Landgericht Rostock hat in einem neuen Urteil vom 26.04.2007 (Az.: 4 O 316/06) entschieden, dass ein Erdgasversorger sich bei Preiserhöhungen nicht auf die Entwicklung des Preises für leichtes Heizöl und auf geänderte Marktverhältnisse

Gericht: Gaspreisänderungsklausel mit Ölpreisbindung unwirksam

(11. Mai 2007) Das Landgericht Rostock hat in einem neuen Urteil vom 26.04.2007 (Az.: 4 O 316/06) entschieden, dass ein Erdgasversorger sich bei Preiserhöhungen nicht auf die Entwicklung des Preises für leichtes Heizöl und auf geänderte Marktverhältnisse berufen dürfe. Geklagt hatte der Bund der Energieverbraucher.

Nach Ansicht des Landgerichts waren die Preisänderungsklauseln in den Sonderverträgen der Stadtwerke Rostock für den Kunden nicht ausreichend verständlich. Der Verbraucher könne nicht nachvollziehen, wann es zu Preisänderungen welchen Ausmaßes komme. Das Unternehmen konnte nach dem Wortlaut der Klauseln die Preise ohne jede Einschränkung erhöhen. Zu Preissenkungen bei Kostenrückgängen war das Unternehmen nicht verpflichtet. Weiter stellt das Gericht fest: "Die Klausel benachteiligt die Vertragspartner der Beklagten bereits deshalb unangemessen, weil sie ganz allgemein auf den Preis für leichtes Heizöl als Grundlage der Preisanpassung des Arbeitspreises abstellt." Damit hat das Urteil für viele Gasversorgungsverhältnisse Bedeutung, da sich viele Unternehmen bei Preisänderungen auf die Ölpreisentwicklung beziehen.

Auch das Preisänderungsrecht bei Veränderung der Marktverhältnisse ließ nach Auffassung des Gerichts jede in Allgemeinen Geschäftsbedingungen notwendige Konkretisierung vermissen. Es sei nicht klar, auf welchen Markt Bezug genommen werde sowie welche Änderungen in welchem Umfang weitergegeben werden könnten.

Das Kündigungsrecht der Kunden bei Preisänderungen konnte diese Unzulänglichkeiten nicht kompensieren. "Das folgt bereits daraus, dass die Beklagte unstreitig in dem Gebiet, in dem ihre Erdgasleitungen verlegt sind, ein faktisches Lieferungsmonopol für Erdgas besitzt mit der Folge, dass der Kunde nicht (kurzfristig) den Anbieter wechseln kann.", so das Landgericht.

Die Preisänderungsklauseln seien wegen Ihrer Intransparenz und Unangemessenheit unwirksam. Das Unternehmen darf sich bei Preisänderungen nicht mehr auf die Vertragsbedingungen berufen und sie in zukünftigen Verträgen nicht mehr verwenden.

Gaspreise der Vorlieferanten an die Stadtwerke um ca. 20% zu hoch

Berufung auf Ölpreisbindung nicht akzeptabel

Gaspreise der Vorlieferanten an die Stadtwerke um ca. 20% zu hoch

Berufung auf Ölpreisbindung nicht akzeptabel 

(26. April 2007) - Gasversorger könnten ihr Gas auch günstiger als bisher einkaufen. Das ergibt sich aus Brancheninformationen, die dem Bund der Energieverbraucher vorliegen. Die mögliche Einsparung beziffert der Verbraucherverein mit ca. 0,5 Cent je Kilowattstunde gegenüber dem branchenüblichen Citygate-Einkaufspreis.

Citygate-Preise sind daher nachweislich als überhöht und damit unbillig im Sinne des § 315 BGB anzusehen.

"Die Stadtwerke sind an günstigen Gaslieferungen gar nicht interessiert, weil sie die Kosten des Gasbezugs von den Verbrauchern zurückerhalten. Das ist von freien Gashändlern bestätigt worden, die vergeblich versucht haben, den Gasversorgern günstigere Gasbezüge zu vermitteln" bemängelt Vereinsvorsitzender Dr. Aribert Peters.

Soweit sich ein Gasversorger in laufenden Gerichtsverfahren auf gestiegene Gasbezugskosten auf der Basis von Citygate-Verträgen beruft, ist eine solche Argumentation unzutreffend.

Es gibt darüber hinaus weitere Ursachen für zu hohe Preise wie missbräuchlich überhöhte Netzentgelte und andere nicht an die Kunden weitergegebene Einsparungen der Gasvorsorger. Dies führt zu weiteren Preisüberhöhungen von etwa zehn Prozent. Die Bescheide der Bundesnetzagentur belegen diese eindrucksvoll. Der Bund der Energieverbraucher geht deshalb von insgesamt ca. 30% Preisüberhöhung aus.

"Ölpreis-gebundene Gasvorbezugskosten dürfen von Gerichten nicht als rechtfertigendes objektiv-strukturelles Kostenelement anerkannt werden. Dies hat das Bundeskartellamt im Rahmen der Überprüfung der Erdgaspreise für Haushalts- und Kleingewerbekunden ausdrücklich festgestellt," fasst der Peters zusammen.

Verbraucher gewinnen Sammelklage in Essen

Das Landgericht Essen hat einer Sammelklage gegen die Erhöhung von Gaspreisen Recht gegeben. 166 Bürger hatten gegen die Stadtwerke Essen geklagt und müssen nun sämtliche Preiserhöhungen seit September 2004 nicht bezahlen.

Verbraucher gewinnen Sammelklage in Essen

(19. April 2007) - Das Landgericht Essen hat einer Sammelklage gegen die Erhöhung von Gaspreisen Recht gegeben. 166 Bürger hatten gegen die Stadtwerke Essen geklagt und müssen nun sämtliche Preiserhöhungen seit September 2004 nicht bezahlen. Nach Angaben der Kläger waren die Preise in dem Zeitraum um 49 Prozent gestiegen.

Die Preiskalkulation muss der Gasversorger aber nicht offen legen, wie von den Klägern gefordert. Die Stadtwerke Essen können das Urteil nun vor dem Oberlandesgericht Hamm anfechten. Das Urteil stützt sich auf eine Preisänderungsklausel in den Gasbezugsverträgen, die unzulässig ist, weil der Kunde nicht erkennen kann, welche Preisänderung auf ihn zukommen und wie die höheren Preise zustande kommen.

Auf die Billigkeit der Preise kommt es deshalb nach Ansicht des Gerichts gar nicht mehr an. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, dann brauchen die Kläger keine über den Preis von September 2004 hinausgehende Gaspreise zu zahlen.

Etwa 1.500 der 150.000 Essener Haushalte, die mit Gas heizen, hatten sich gegen die Preiserhöhung gewehrt. Wer die Preise gekürzt hat, der wird bestätigt, wenn das Urteil Bestand hat. Wer dagegen mit oder ohne Vorbehalt den verlangten Preis gezahlt hat, muss dann sein Geld zurückklagen (LG Essen, Urteil vom 17.4.2006, Az: 19 O 520/06).

Details dazu auf der Seite www.baurechtsexperte.de.

Die Internetseite zum Prozess: http://www.sammelklage-gegen-stadtwerke-essen.de/

In Nordrhein-Westfalen war es das erste Urteil dieser Art. Bundesweit gab es bereits acht vergleichbare Urteile.

Zwar können Gas-Kunden in Essen seit dem 1. April auch in Essen zwischen zwei Gas-Lieferanten wählen. Doch der Alternativ-Anbieter "E wie einfach" gehört zu Eon-Ruhrgas. Das Essener Unternehmen ist über eine Tochter an den Essener Stadtwerken beteiligt. Eine Tatsache, die auch dem Richter des Landgerichts nicht verborgen blieb. So bleibe das Geld wenigstens "in der Familie", sagte er bei der Verhandlung. Die Anwesenden Kläger lachten; die Vertreter der Stadtwerke blieben dagegen verdächtig ruhig.

Bundesgerichtshof: Revision erfolgreich

Urteil des Landgerichts Potsdam aufgehoben - Zahlungskürzung begründet keine Vertragskündigung.

Bundesgerichtshof: Revision erfolgreich

Urteil des Landgerichts Potsdam aufgehoben - Zahlungskürzung begründet keine Vertragskündigung

(3. April 2007) - Das Landgericht Potsdam hat der Zahlungsklage des Stromversorgers E.dis gegen einen Verbraucher, der die Stromrechnung gekürzt hatte, stattgegeben. Dagegen hatte der Verbraucher mit Unterstützung des Bundes der Energieverbraucher Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Der Bundesgerichtshof hat am 25. März 2007 das Urteil des Landgerichts mit Urteil vom 25. März 2007 aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen (Az. VIII ZR 144/06).

Der Strompreis beim Neuabschluss eines Vertrags unterliegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofs keiner Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB. Denn dies würde eine einseitige Preisbestimmung voraussetzen. Beim Neuabschluss gab es jedoch keine einseitige Preisfestsetzung. Denn der Verbraucher hat dem Preis zugestimmt -- der damalige Strompreis war im Prinzip bekannt. Deshalb könne der Verbraucher dann später nicht mehr die fehlende Billigkeit dieses Preises bemängeln.

E.dis hat jedoch nach dem Unbilligkeitseinwand und der Preiskürzung den Verbraucher in einen schlechteren Tarif eingestuft. Der Bundesgerichtshof hat dem Landgericht angekreidet, dass es die Berechtigung dafür nicht geprüft habe. Deshalb wurde das Urteil des Landgerichts aufgehoben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

"Gerichte prüfen Strompreise nicht mehr", wurde die BGH-Entscheidung in der Presse vielfach falsch dargestellt, als unterlägen Strompreise keiner Billigkeitskontrolle.

"Selbst in einem liberalisierten Strommarkt unterliegen Strompreiserhöhungen der Billigkeitskontrolle", stellt dazu Dr. Aribert Peters, der Vorsitzende des Bundes der Energieverbraucher fest. Denn bei einer Preiserhöhung beruft sich der Versorger ja gerade auf sein Recht zur einseitigen Preisfestsetzung. Dann ist zu prüfen, ob der Versorger die Preise überhaupt erhöhen darf und ob die Preiserhöhungsklauseln den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und sollte dies der Fall sein, ob der verlangte Gesamtpreis der Billigkeit entspricht.

Vor Abschluss einen neuen Strom- oder Gasliefervertrags sollten Verbraucher deshalb beachten, dass der Vertragsabschluss als Einigung auf einen Preis verstanden werden kann, so Peters. Die Preise laufender Verträge könnten jedoch um die unangemessenen Erhöhungen der Vergangenheit gekürzt werden.

Verbraucherzentrale warnt vor unseriösen Vertragsänderungen

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg macht darauf aufmerksam, dass der Energieversorger Badenova zu unrühmlichen Methoden greift, um Gaskunden längerfristig zu binden.

Verbraucherzentrale warnt vor unseriösen Vertragsverlängerungen

(26. März 2007) - Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg macht darauf aufmerksam, dass der Energieversorger Badenova zu unrühmlichen Methoden greift, um Gaskunden längerfristig zu binden. Dem Bund der Energieverbraucher sind ähnliche Praktiken auch anderer Gasversorger bekannt.

Die Verbraucherzentrale berichtet, den Kunden würde in einem Schreiben des Unternehmens mitgeteilt, dass ihr Vertrag - wenn sie nicht aktiv schriftlich widersprechen - ab dem 01.April 2007 zu einem Sondervertrag mit zwölfmonatiger Bindung umgestellt würde.

Die Verbraucherzentrale empfiehlt, das Schreiben zu ignorieren. Nach Auskunft der Badenova wurden nur Tarifkunden der Gasgrundversorgung angeschrieben, für die es keine zusätzlichen Vertragsbedingungen gebe. Nach dieser Verordnung ist ein Vertragsabschluss durch Stillschweigen nicht vorgesehen.

"Auch das Gesetz sagt klar, dass ein Vertrag nicht durch Stillschweigen auf ein vorgelegtes Angebot zustande kommen kann," klärt Andrea Benzing-Schairer Energieexpertin der Verbraucherzentrale auf. Kurioser Weise bedarf laut Preisübersicht des Unternehmens ein Wechsel zu den Tarifen medi plus 12 ausdrücklich der schriftlichen Zustimmung des Kunden.

Hintergrund für die Kundenverwirrung scheinen Änderungen in der Badenova-Gastarifstruktur zum 1. April zu sein. Der bisherige Tarif Medi wird ersetzt durch einen Tarif Medi pur und einen Tarif Medi PLUS 12. Während zahlreiche Gasanbieter Ihre Preise Anfang April senken, verbilligt die Badenova Ihr Gas nur für Kunden, die eine 12monatige Vertragsbindung akzeptieren und damit die sich abzeichnenden Wechselmöglichkeiten aufgeben. Genaue Vertragsbedingungen für die neuen Tarife seien weder im Kundenanschreiben noch auf der Website des Unternehmens zu finden.

Landgericht Frankfurt: Entega-Gaspreise zu hoch

Die Entega, Vertriebstochter der Heag Südhessische Energie AG (HSE/Darmstadt), darf von ihren Kunden keine höheren Erdgaspreise verlangen als ihr Schwesterunternehmen E-Ben (Bensheim).

Landgericht Frankfurt: Entega-Gaspreise zu hoch

(15. März 2007) - Die Entega, Vertriebstochter der Heag Südhessische Energie AG (HSE/Darmstadt), darf von ihren Kunden keine höheren Erdgaspreise verlangen als ihr Schwesterunternehmen E-Ben (Bensheim). Zwei Einfamilienhausbesitzer, die in Lorsch und Pfungstadt auf der Grundlage von Standardverträgen Erdgas von der Entega beziehen, haben wegen Preisspaltung geklagt und am Mittwoch vor dem Frankfurter Landgericht in erster Instanz Recht bekommen.

Eine Berufung wurde zugelassen, die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor (Az: 2-06 O 476/06 und 2-06 O 469/06).

Entega-Geschäftsführer Karl-Heinz Koch sagte, er halte den Vorwurf der Preisspalterei für unbegründet: "Wir beliefern alle unsere Kunden zu grundsätzlich gleichen Konditionen und Preisen.

Gegenüber E-Ben sind wir nicht weisungsbefugt und haben auch keinen Einfluss auf deren Preisgestaltung." E-Ben ist ebenfalls eine Tochter der HSE.

Die beiden Kläger hatten sich nach Angaben des Konkurrenten Gruppen-Gas und Elektrizitätswerk Bergstraße AG (GGEW/Bensheim) darüber geärgert, dass sie weiterhin hohe Gaspreise zahlen müssten, obwohl E-Ben nur wenige Kilometer entfernt Erdgas viel billiger anbietet. Die Entega-Kunden können nun nach Auffassung des Landgerichts Frankfurt eine Absenkung auf diesen Preis verlangen. Laut GGEW ist das Urteil auf alle Kunden der Entega übertragbar, die Erdgas auf der Grundlage von Standardverträgen beziehen. Deshalb ist das Urteil laut GGEW-Chef Peter Müller auch "ein Knüller".

Der Bund der Energieverbraucher hat alle Entega-Kunden dazu aufgerufen, die Gaspreise mindestens auf das Niveau der E-Ben-Preise zu kürzen.

Bundesgerichtshof-Urteil zu Gaspreiserhöhung frühestens im Juni

Der Bundesgerichtshof (BGH) wird seine mit Spannung erwartete Grundsatzentscheidung über die Klagemöglichkeit von Verbrauchern gegen Gaspreiserhöhungen frühestens im Juni fällen.

Bundesgerichtshof-Urteil zu Gaspreiserhöhung frühestens im Juni

(15. März 2007) - Der Bundesgerichtshof (BGH) wird seine mit Spannung erwartete Grundsatzentscheidung über die Klagemöglichkeit von Verbrauchern gegen Gaspreiserhöhungen frühestens im Juni fällen. Wie das Karlsruher Gericht am Mittwoch bekannt gab, werden die Richter die Verhandlung am 13. Juni noch einmal aufnehmen. Erst danach werde ein Urteil verkündet. Ursprünglich war die Entscheidung bereits am 14. März erwartet worden.

Der zuständige VIII. Zivilsenat teilte dann aber mit, dass er noch weitergehende Rechtsfragen erörtern wolle. Neben den Gaspreiserhöhungen will er nun auch die Ausgangspreise in den Blick nehmen. So erläuterte der Vorsitzende Richter Wolfgang Ball, dass Gastarife auch dann unbillig sein könnten, wenn die Preiserhöhung zwar nachvollziehbar seien, aber bereits die Ausgangspreise zu hoch waren. In der ersten mündlichen Verhandlung im Dezember 2006 habe der Senat diese Rechtsfrage noch für unbeachtlich gehalten und nur die Preiserhöhung erörtert. Im Laufe der Beratung seien ihm aber Zweifel gekommen, so dass die Bundesrichter die Erörterung nun nachholen wollen.

Zwei wichtige Rechtsauffassungen des Bundesgerichtshofs scheinen damit bereits vor Prozessende klar:

  • Die Gaspreise unterliegen grundsätzlich der Billigkeitskontrolle und
  • nicht nur die Gaspreiserhöhungen sondern der gesamte Gaspreis muss der Billigkeit entsprechen.

Im Ausgangsverfahren hatte ein pensionierter Richter aus Heilbronn gegen die Gaspreiserhöhung seines Versorgungsunternehmens geklagt.

Günther Jauch klärt auf

Am Stammtisch und im Freundeskreis wird der neue Widerstand gegendie Stromrechnung zum Standardthema - nun gesellt sich auchShowmaster Günter Jauch dazu.

Günther Jauch klärt auf

(10. März 2007) - Am Stammtisch und im Freundeskreis wird der neue Widerstand gegen die Stromrechnung zum Standardthema.

Günther Jauch

Selbst der Showmaster Günter Jauch forderte vor Millionen von Fernsehzuschauern eine Quizkandidatin, die über gestiegene Gaspreise klagte, mit einer Selbstverständlichkeit zum Zahlungsboykott auf, als warne er vor einer Betrügerorganisation. "Sie wissen, dass Sie das nicht bezahlen müssen?", klärte er die Kandidatin auf. Ein erboster Leserbriefschreiber, der sich über seinen Energieversorger geärgert hatte, forderte im "Spiegel" sogar zur "Enteignung dieses gemeingefährlichen Unternehmens" auf. Von Politikern, meist denen von der Hinterbank, sind solche Forderungen ständig zu hören.
Aus: Der Rauswurf aus dem Paradies - Wohlstandskiller Energie, Karl-Heinz Büschemann (Seite 43)

Kein Grundsatzurteil des BGH zu Strompreiserhöhungen

Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wird anders als allgemeinerwartet bis auf weiteres kein Grundsatzurteil zu einer Klage gegenStrompreiserhöhungen fällen.

Kein Grundsatzurteil des BGH zu Strompreiserhöhungen

(28. Februar 2007) - Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wird anders als allgemein erwartet bis auf weiteres kein Grundsatzurteil zu einer Klage gegen Strompreiserhöhungen fällen. Der BGH werde zwar am 28. März eine Entscheidung über die Revisionsklage eines Kunden aus dem Raum Potsdam gegen den Energiekonzern E.ON bekannt geben, kündigte der Vorsitzende Richter des 8. Zivilsenats, Wolfgang Ball, am Mittwoch nach der Verhandlung in dem Fall an. Der BGH werde aber wohl nicht darüber urteilen, ob von Energieversorgern einseitig erhöhte Strompreise auch im liberalisierten Strommarkt von den Zivilgerichten auf ihre Angemessenheit überprüft werden können.

Die «tatsächlichen Gegebenheiten» des vorliegenden Falls ließen die Entscheidung über die Grundsatzfrage der «Billigkeitskontrolle» von Strompreisen voraussichtlich nicht zu, sagte Ball. In einigen zentralen Punkten zum Vertragsverhältnis zwischen dem klagenden Kunden und dem Stromversorger sei «noch Aufklärungsarbeit zu leisten».

Der Klage lag ein Urteil des Landgerichts Potsdam zugrunde, das E.ON edis recht gegeben hatte. Der Kläger-Anwalt rechnete nach der Verhandlung damit, dass die Sache an das Landgericht Potsdam zur Änderung des ursprünglichen Urteils zurückverwiesen wird.

Die E.ON edis AG verlangt von dem Kunden die Zahlung von 1579 Euro für gelieferten Strom im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 6. November 2003. Der Kunde hatte gegen eine für 1. Mai 2002 angekündigte Strompreiserhöhung damit protestiert, nur den niedrigeren vorherigen Tarif von 10,33 Cent pro Kilowattstunde zu bezahlen. Er hält die Erhöhung für unbillig und unverbindlich. Unklar ist in dem Fall aber laut BGH, ob der Stromlieferungsvertrag zum zunächst geltenden Tarif «local plus» überhaupt wirksam beendet und ein Vertrag zum höheren Tarif «local classic» wirksam zustande gekommen ist.

(AZ: VIII ZR 144/06)

Gerichte bestätigen Verbraucherprotest: Gaspreise der Stadtwerke Hannover um 30 Prozent zu hoch

Im Streit um angeblich überhöhte Gaspreise haben die Stadtwerke Hannover vor Gericht eine Niederlage erlitten.

Gerichte bestätigen Verbraucherprotest: Gaspreise der Stadtwerke Hannover um 30 Prozent zu hoch

(22. Februar 2007) - Im Streit um angeblich überhöhte Gaspreise haben die Stadtwerke Hannover vor Gericht eine Niederlage erlitten. Das Landgericht Hannover unterstellte den Stadtwerken in einem Urteil vom Montag um 30 Prozent überhöhte Tarife. Geklagt hatten elf Verbraucher gegen den 2004 berechneten Gastarif. Die Stadtwerke weigerten sich jedoch, dem Gericht die verlangte Einsicht in ihre Gebührenkalkulation zu geben. Deshalb folgte das Gericht in seinem Urteil der Annahme der Kläger, dass die Tarife um 30 Prozent zu hoch seien. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Stadtwerke kündigten an, in Berufung zu gehen.

Die vorgelegten Wirtschaftsprüfungstestate lässt das Urteil nicht gelten: "Wollte man Testate als ausreichend ansehen, hieße dies, die Kontrolle in die Hand eines von dem zu kontrollierenden Unternehmen beauftragten, bezahlten und von ihm informierten Sachverständigen zu geben". ..."Mithin war festzustellen, dass ein 70% des Tarifpreises übersteigendes Entgelt, gleich ob Arbeits- oder Grund/Messpreis der Beklagten nicht zusteht".

Das Landgericht Düsseldorf hat am 14.02.2007 in einem Beschluss festgehalten, dass die Stadtwerke Ratingen ihre Kalkulation offenlegen müssen, um mit einer Zahlungsklage gegen Protestkunden dem Gericht eine Billigkeitskontrolle zu ermöglichen (Az 12 O 542/05).

Als Faktoren zählt der Beschluss auf: Netzentgelte, Finanzierungskosten, Sach- und Personalkosten, Vertriebskosten, Bezugskosten, Zuordnung auf verschiedene Abnehmergruppen und Gewinn. Alle Veränderungen dieser Faktoren sind darzulegen und zu beweisen. Die Bennenung eines veränderten Faktors genügt nicht, weil Änderung eines Kostenfaktors durch anderweitige Kostensenkungen kompensiert werden können.

Deshalb könne nicht allein aus erhöhten Bezugskosten auf die Billigkeit der Preiserhöhung geschlossen werden. Es wäre denkbar, dass andere Faktoren - beispielsweise Refinanzierungskosten - erheblich gesunken wären.

 


Präsident des Bundesgerichtshofs stärkt Verbraucherrechte

Die Strom- und Gaspreise sind stark gestiegen und es gibtverstärkt Zweifel, ob die Preise der Billigkeit entsprechen.Derzeit gibt es eine Prozesswelle, die mittlerweile auch beim BGHankommen ist.

Präsident des Bundesgerichtshofs stärkt Verbraucherrechte

Die Strom- und Gaspreise sind stark gestiegen und es gibt verstärkt Zweifel, ob die Preise der Billigkeit entsprechen. Derzeit gibt es eine Prozesswelle, die mittlerweile auch beim Bundesgerichtshof (BGH) ankommen ist. Im Schrifttum wird die kundenfreundliche Rechtsprechung kritisiert, die derzeit zu beobachten ist. Sie entspricht aber der geltenden Rechtslage. Das sagte der Präsident des Bundesgerichtshofs, Professor Günter Hirsch, auf einer Tagung in Berlin.

2051 2576 Prof. Günter Hirsch

Prof. Günter Hirsch

(5. Februar 2007) - Prof. Günter Hirsch, Präsident des Bundesgerichtshofs, hat die Rechte der Verbraucher auf eine Billigkeitsprüfung der Energiepreise bestätigt. Er referierte auf der Jahrestagung des Instituts für Energierecht am 4. Dezember 2006 in Berlin. Prof. Hirsch äußerte sich mit großer Zurückhaltung, weil es eine Reihe von laufenden Verfahren beim BGH gebe und weil er nur ein Richter eines Senats sei, der sich mit der Materie zu befassen habe.

Bei Lieferungen der Daseinsvorsorge, auf die ein Vertragspartner angewiesen ist, kommt § 315 BGB zumindest in analoger Form zur Anwendung, sofern der Preis einseitig festgelegt wird. Hierfür bedarf es keines Monopols auf Versorgerseite.

Für die Anwendbarkeit des § 315 BGB ist es unerheblich, ob der Verbraucher der einseitigen Preisbestimmung ausdrücklich zugestimmt hat. Entscheidend ist alleine, dass der Versorger ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt, so wie es bei den Dauerschuldverhältnissen der Energieversorgung üblich ist.

Etwas anderes gilt nur, wenn der Energielieferungsvertrag eine wirksame Preisanpassungsklausel einschließe, wonach der Preis automatisch einem bestimmten klaren und prüfbaren Regelwerk folge.

Die Billigkeit eines Preises kann nur durch Prüfung des Gesamtpreises beurteilt werden. Die Prüfung einzelner Preisbestandteile oder nur einer Preiserhöhung genügt nicht. Dabei sind Anfangspreis und Folgepreis nach den selben Grundsätzen zu beurteilen.

Wenn ein Tarifkunde einem Versorgungsvertrag eingeht, dann hat damit in der Regel keinem bestimmten Preis zugestimmt, sondern nur dem Verfahren der einseitigen Preisbestimmung. Die danach einseitig bestimmten Preise unterliegen dann aber der Billigkeitskontrolle, ohne dass es auf das Bestehen eines Monopols auf Versorgerseite ankommt.

Die Maßstäbe des Kartellrechts und der Billigkeitsprüfung sind nicht deckungsgleich, weshalb die Vorschriften des Kartellrechts und Zivilrechts nebeneinander gültig sind. Die Vorschriften des Kartellrechts verdrängen also die des Zivilrechts und damit den Anspruch des Verbrauchers auf eine Billigkeitskontrolle nicht. Daran hat sich auch mit der 6. GWB-Novelle nichts geändert.

Eine behördliche Genehmigung der Strompreise bedeutet nicht, dass diese Preise billig sind. Die behördliche Genehmigung ist nur ein Indiz und kann eine Billigkeitsprüfung nicht ersetzen. Auch einseitig festgelegte Fernwärmepreise unterliegen grundsätzlich der Billigkeitskontrolle. Die Darlegungs- und Beweislast obliegt dem Preisbestimmer, also dem Versorgungsunternehmen. Ein Problem sind die dabei die Geschäftsgeheimnisse. Die sachlichen Gründe für ein Geheimhaltungsinteresse müssen vom Gericht geprüft werden.

E.ON Mitte unterliegt vor dem Landgericht Frankfurt

Das Landgericht Frankfurt hat die von E.ON-Mitte (ehemals Stadtwerke Gelnhausen) seit Jahren verwendete Preisänderungsklausel für den Stromtarif-Vario für rechtswidrig erklärt.

E.ON Mitte unterliegt vor dem Landgericht Frankfurt

(22. Januar 2007) - Das Landgericht Frankfurt hat die von E.ON-Mitte (ehemals Stadtwerke Gelnhausen) seit Jahren verwendete Preisänderungsklausel für den Stromtarif-Vario für rechtswidrig erklärt. Damit gab das Landgericht einer Klage des Bundes der Energieverbraucher auf Unterlassung der in den Stromsonderverträgen des Unternehmens verwendeten Preisänderungsklausel statt. Zum ersten Male in der Bundesrepublik Deutschland ist eine Preisänderungsklausel im Strombereich gekippt worden.

E.ON Mitte hatte während des Gerichtsverfahren Widerklage gegen die Klage erhoben. Diese Widerklage wurde vom Landgericht abgewiesen.

Gegen das Urteil, das in schriftlicher Form noch nicht vorliegt, hat E.on Berufung eingelegt.

Statistiken widerlegen das Märchen von der Ölpreisbindung der Gaspreise

Der Bund der Energieverbraucher hat die überhöhten Gaspreise kritisiert.

Statistiken widerlegen das Märchen von der Ölpreisbindung der Gaspreise

(20. Januar 2007) - Der Bund der Energieverbraucher hat die überhöhten Gaspreise kritisiert. Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass Gaspreisen für Haushalte keineswegs wie immer behauptet wird an die Ölpreise geknüpft sind. Vielmehr steigen die Gaspreise schneller als die Ölpreise. Das belegen die Statistiken des Statistischen Bundesamtes überdeutlich.

 

Hochauflösende Grafik hier: Download Grafik Gas- und HEL-Preisindex Deutschland (Stand 19.01.07)

Die Indexwerte des Statistischen Bundesamtes liegen zwischen dem Jahr 2000 und November 2006 im Durchschnitt für Heizöl bei 106 und für Erdgas bei 124 Indexpunkten, bezogen auf den Jahresdurchschnitt 2000 = 100%. Aber bereits in den Jahren vor 2000 waren die Gaspreise stets schneller als die Ölpreise gestiegen, so dass nach Schätzungen des Bundes der Energieverbraucher die Gaspreise derzeit um mindestens 25 Prozent zu hoch sind.

Der Verbraucherpreisindes für Heizöl HEL stand im November 2006 bei 135, während er für Gas bei 166 stand (Jahresdurchschnitt 2000 = 100%). Damit ist auf der Basis statistisch gesicherter Daten widerlegt, daß sich die Endverbraucherpreise für Gas und Heizöl im "Gleichschritt" bewegen. Die Grafik widerlegt das Märchen vom Gleichklang der Öl- und Gaspreise. .

Verbraucher dürfen Gaspreise kürzen - Entflechtungsauflagen der EU gefordert

Der Bund der Energieverbraucher ermutigt Verbraucher zur Kürzung der Gasrechnung. Dies sollte dem Versorger schriftlich mit Bezug auf den § 315 BGB mitgeteilt werden.

Verbraucher dürfen Gaspreise kürzen - Entflechtungsauflagen der EU gefordert

(5. Januar 2007) - Der Bund der Energieverbraucher ermutigt Verbraucher zur Kürzung der Gasrechnung. Dies sollte dem Versorger schriftlich mit Bezug auf den § 315 BGB mitgeteilt werden (Musterbrief hier: http://www.energieverbraucher.de/de/Allgemein/energiepreise_runter/site__1703/).

Der Versorger darf nach einer neuen Verordnung (http://www.gesetze-im-internet.de/gasgvv/__17.html) die Versorgung nicht einstellen oder damit drohen. Die riesigen Gaspreisunterschiede beweisen, dass die Gasversorger den fehlenden Wettbewerb zu überhöhten Preissteigerungen mißbraucht haben (http://www.energieverbraucher.de/de/Energiebezug/Erdgas/Preise/Billige_Gaspreise/site__1543/).

Solange der Versorger seine Preiskalkulation nicht offenlegt, hat er keine Chance, den gekürzten Betrag vor Gericht einzuklagen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine entsprechende Zahlungsklage abgelehnt. Die Darlegung, gegenüber anderen Monopolunternehmen auf dem Erdgasmarkt unterdurchschnittliche Preise zu fordern, genügte dem Gericht nicht als Beweis für die Angemessenheit der Preise. Dieser relative Preisvergleich schließt nicht die Möglichkeit aus, dass alle Monopolisten mehr als das fordern, was nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung angemessen ist. http://www.energieverbraucher.de/de/Allgemein/Service/Container_Urteilssammlung/site__1859/ Das Gericht hält es also für möglich, dass selbst der günstigste Anbieter noch überhöhte Preise verlangt. Das Amtsgericht Lingen hatte ebenfalls am 13. November 2006 die Gaspreiserhöhung der Stadtwerke für unbillig und daher für unwirksam erklärt (http://www.energieverbraucher.de/de/Allgemein/Service/Container_Urteilssammlung/site__1910/).

Der von der EU im Jahr 1998 angestossene Wettbewerb im Strom- und Gasbereich ist in Deutschland an den monopolistischen Strukturen und der engen Verflechtung von Politik und Energiewirtschaft gescheitert (Beispiele: Schröder, Clement, Müller). Das hat zu gravierend überhöhten Energiepreisen mit jährlichen Mehrbelastungen der Verbraucher von über 20 Milliarden Euro geführt
(http://www.energieverbraucher.de/de/Energiebezug/Strom/Preise/site__378/) und zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit(http://www.energieverbraucher.de/de/Energiebezug/Strom/Sicherheit_und_Qualitaet/site__1293/)

Deshalb ist es höchste Zeit, die grossen Energiekonzerne zu entflechten und die Transportnetze zu verstaatlichen. Der Bund der Energieverbraucher fordert von der EU, entsprechende Änderungen auch in Deutschland zu erzwingen, da Deutschland zu einer entsprechenden Änderung selbst nicht in der Lage ist.

Bad Oldesloe: Ohne Vorlage der Kalkulation keine Preiserhöhung

Gericht lehnt Klage des Versorgers ab

Bad Oldesloe: Ohne Vorlage der Kalkulation keine Preiserhöhung

(21. Januar 2007) Das Amtsgericht Bad Oldesloe lehnt Klage der Vereinigten Stadtwerke gegen einen Verbraucher ab, weil der Versorger die Kalkulation nicht offen gelegt hat (Urteil vom 10.11.2006, Aktenzeichen: 2 C 404/05).

Im vorliegenden Fall klagte der Versorger den noch offenen Restbetrag für Strom und Fernwärme aus der Jahresabrechnung für das Jahr 2004 ein. Der Versorger hatte den Leistungspreis erhöht. Für die Lieferung von Strom bestand ein Sondertarif; für die Anpassung der Fernwärme enthielt der Vertrag eine Preisanpassungsklausel.

Der Versorger vertrat die Ansicht, die Preiserhöhung für Strom sei rechtmäßig, weil das zuständige Ministerium für dieselbe Abrechnungsperiode die Erhöhung des Allgemeinen Tarifs genehmigt habe und der Sondertarif in demselben Verhältnis erhöht worden sei. Außerdem sei der konkret gewählte Sondertarif einer der günstigsten in Deutschland überhaupt.

Im Hinblick auf die Erhöhung des Bezugspreises für die Fernwärme habe man sich an die vertraglich vereinbarte Preisanpassungsklausel gehalten.

Der Verbraucher bestritt, dass die einseitigen Preisanpassungen des Versorgers billigem Ermessen entsprachen (§ 315 BGB). Die Tatsache, dass der Allgemeine Tarif vom zuständigen Ministerium genehmigt wurde, lasse sich nicht ohne weiteres auf den Sondertarif übertragen. Auch ein ursprünglich günstiger Tarif könne unangemessen erhöht werden. Außerdem ließen sich die Angaben des Versorgers nicht überprüfen, solange er seine Kalkulation nicht offen gelegt habe.

Die Preisanpassungsklausel für die Lieferung von Fernwärme sei nicht nachvollziehbar. Der Versorger müsse die einzelnen Faktoren, nach denen der Preis bemessen wird, begründen.

Das Gericht schloss sich der Auffassung des Verbrauchers an. Die Preisanpassungen eines Versorgers müssen grundsätzlich der Billigkeit entsprechen. Dies gilt auch für einen liberalisierten Markt. § 315 BGB verfolge nicht den Zweck, eine Monopolstellung des Versorgers zu regulieren, sondern soll das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Versorger und Verbraucher ausgleichen. Es sei deshalb unerheblich, ob der Kunde zwischen mehreren Anbietern wählen kann.

Aus diesem Grund müsse der Versorger nachweisen, welche allgemeinen und besonderen Kosten, die sich aus der Erzeugung und Weiterleitung des Stroms ergeben, durch die Preise abzudecken sind und welchen Gewinn sie hierbei erzielen will, der in angemessenem Umfang die Bildung von Rücklagen, die Finanzierung von Investitionen oder die Verzinsung des Eigenkapitals erlaubt. Die Vorlage des Genehmigungsbescheids ist zwar ein Indiz für die Angemessenheit der Preiserhöhung. Die Indizwirkung bezieht sich allerdings nur auf den genehmigten Tarif selbst und kann nicht auf Sondertarife übertragen werden. Es ist daher unerheblich, ob der Sondertarif günstiger als der allgemeine Tarif ist.

Die Preiserhöhung für Fernwärme hält das Gericht für unbegründet, weil der Versorger deren Notwendigkeit nicht anhand der in der Preisanpassungsklausel beschriebenen Kriterien dargelegt hat. Die einzelnen Faktoren der Preisanpassungsklausel müssen für den Kunden nachvollziehbar sein. Im vorliegenden Fall konnte die Preiserhöhung bereits rein rechnerisch nicht nachvollzogen werden; außerdem wurde die Erdgassteuer nicht berücksichtigt.

Die Berufung wurde zugelassen.

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letzte Änderung: 19.04.2023